• Christian Lassen to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: London · Place of Destination: Bonn · Date: 20.08.1824
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Lassen
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: London
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 20.08.1824
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 370508637
  • Bibliography: Schlegel, August Wilhelm; Lassen, Christian: Briefwechsel. Hg. v. Willibald Kirfel. Bonn 1914, S. 59‒62.
  • Incipit: „London, d. 20sten August 24.
    Hochwohlgebohrner Herr Professor!
    Hochverehrtester Lehrer!
    Ich habe mir eine kleine Versündigung ankommen lassen, indem ich diesen Brief schon vor [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-34965
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.14,Nr.24
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 22,7 x 18,5 cm
    Language
  • German
London, d. 20sten August 24.
Hochwohlgebohrner Herr Professor!
Hochverehrtester Lehrer!
Ich habe mir eine kleine Versündigung ankommen lassen, indem ich diesen Brief schon vor acht Tagen hätte schreiben sollen; da ich aber bei der jetzigen Ruhe aller Dinge keinen Stof hatte, als meine Codices und das Ramayanam, habe ich mir erlaubt die Sache bis heute aufzuschieben; ich habe freilich auch jetzt nichts besseres Ewr. Hochwohlgebohren anzubieten. ‒ Mit dem zweiten Bande nach den Devanag[ari] Hdschrften werde ich in acht Tagen hoffentlich zu Ende seyn und dann unverzüglich an den dritten schreiten; von dem Bengalischen Manuscript habe ich mich entschlossen eine vollständige Abschrift zu nehmen, was freilich etwas mehr Zeit kosten wird, aber Ihnen von großer Erleichterung seyn, da das Beziehen auf irgend eine der andern Recensionen von großer Weitläufigkeit ist und leicht zu Versehen führen kann. Mit dem Toddʼschen Cod. bin ich über die erste Hälfte des 3ten Bandes hinaus. Ich halte es für das zweckmäßigste mit diesem Codex fortzufahren und das 4te Buch gleich abzuschreiben, um ihn nachher für einige Zeit auf die Seite schieben zu können. Sie würden mich aber sehr verbinden, wenn Sie mir schrieben, ob ich den dritten Band mir anschaffen darf oder nicht; bei dem Bengal. Manuscript würde es mir zu großer Zeitersparniß gereichen und so viel mir von meiner frühern Lectüre erinnerlich ist, würde es vielleicht möglich gewesen seyn, auch die Devan[agari] Hdschrf. nach der gedruckten Ausgabe zu vergleichen; denn die Abweichungen scheinen mir nicht groß zu seyn. Wenn nur Ein Text bei der Vergleichung zu Grunde gelegt wird, kann die Verification der Collationen nicht sehr erschwert werden, und ich würde natürlich, sobald die Abweichungen nicht einzelne Stellen beträfen, ganze Capitel abschreiben. Ich wünschte freilich sehr, in allen Manuscripten gleichzeitig über das [2] dritte Buch arbeiten zu können; die Dinge sind mir hier neu und man kann die Aufmerksamkeit nicht genug schärfen. Ich möchte beinahe sagen, daß ich mit dem epischen Stile zu vertraut geworden bin; denn die stehenden Redensarten laufen mir oft zu geläufig unter der Feder weg; ein etwas abweichender Text, wie der Bengalische wohl seyn wird, würde mich zwingen sehr genau aufzupassen. ‒ Ich bedaure, daß ich noch keine Aussicht habe, meine Collationen Ihnen auf einem sichern Wege zukommen zu lassen; ich kann Ihnen außer dem Rest zum ersten Buche auch noch ein Buch mit Abschriften aus dem Toddʼschen Manuscript und einigen Capiteln des zweiten Buches vollständig redigirt zusenden. Der Anfang des XV. Vol. der As[iatic] Resear[ches] wage ich morgen mit einem sichern Reisenden abzuschicken und ich hoffe, daß Sie das Paket in etwa vierzehn Tagen erhalten können. Herr Colebrooke wird Ihnen auch den Anfang der Abhdlgen. der hiesigen Societät zustellen, sobald der Druck etwas weiter vorgerückt ist; denn auch der Druck scheint holy days haben zu müssen. Haughton ist leider wieder unwohl und ich habe ihn seit lange nicht gesehen; sobald ich ihn sehe, werde ich ihn zu bewegen suchen, von seinem Manu Ihnen zu senden, was seitdem fertig geworden. Sonst ruhen die Sanskrita-Sachen hier, wie immer; Sanscrita sunt, non leguntur. Wilkins, der mir äußerlich wenigstens so gut ist, wie immer, ist ganz in die Geographie des hintern Indiens vertieft; man hegt jetzt große Hoffnungen zu einer neuen Präsidentschaft trans Gangem, und es wird eben eine Charte des Birmanischen Reichs gestochen; ich weiß nicht, ob die Gränzen der neuen Provinzen schon darauf werden abgestochen seyn. Ich mache beiläufig einen Catalog über die Toddʼschen Manuscripte für die As[iatic] Society; die Mehrzahl ist freilich in Hindî und dem gelehrten Dialect der Jainas; doch ist auch ein Mahâbhâr[ata] darunter. Herr Colebrooke ist sehr thätig für die Mimansa Philosophie. ‒ [3] Wenn Sie Prof. Scholz sehen, haben Sie vielleicht die Güte ihm zu sagen, daß ich seine Bücher dem Brittisch. Museum präsentirt habe, und dafür ein Danksagungs-Schreiben der Curatoren erhalten habe. Die schriftlichen Aufträge, die er mir aufgegeben, wird Herr Baber (od. ein ähnlich getaufter Gelehrter, der Herausgeber des Facsimile des berühmten Cod[ex] Alexandr[inus]) schriftlich beantworten. Wenn er Vergleichungen haben will, muß er selbst kommen, denn erstens ist hier keiner, ders thut, und zweitens würde ein solcher nicht unter einer Guinea täglich arbeiten; eine eigene Reise würde also wohl wohlfeiler kommen. Endlich ist in der Royal Society ein sehr schöner Pergament-Codex des N[euen] T[estaments] mit Eluzial-Schrift vorhanden; Herr Lee würde ihm mit der größten Liberalität zum Gebrauch desselben verhelfen. ‒ Herr Bohte hat die empfehlenden Worte, die Sie die Güte gehabt haben, ihm für seinen Catalog zu versprechen, sehr auf dem Herzen und Sie würden ihn sehr erfreuen, wenn er erführe, wann er hoffen dürfte, dieselben zu erhalten. Uebrigens ist sein Catalog noch lange nicht fertig, ob er ihm wohl viele schlafloose Nächte verursacht. In meinen Nebenstunden bin ich auf ein eigentlich wohl unnützes Capitel der Indischen Litteratur gerathen, auf die gereimten Gedichte nehmlich. Es ist vielleicht nicht uninteressant zu bemerken, daß in den Gedichten dieser Classe, die ich für die ältesten halte, die Theorie des Reims ganz dieselbe ist, wie im Deutschen, und nicht, wie im Ghaṭa Karpara u. a. eine völlige Gleichheit der reimenden Sylben erfordert wird. Die Reime fallen im Gîta Gôvinda bloß auf 2 od. 3 Sylben, selten auf eine: der Reim kann sowohl einen Dactyl als einen Anapäst enthalten, aber nicht andre 3sylbige Füße. Die Bemerkung, die Sie im letzten Hefte Ihrer Bibliothek über die Sylbenabtheilg in den Hdschften machten, muß sogar auf die metrische Abtheilung der Verse ausgedehnt werden. Doch genug hievon. Erlauben Sie mir schließlich mich zu unterzeichnen,
[Ewr. Hoch]wohlgebohren
dankbarsten und ergebensten
Chr. Laßen.
[4]
London, d. 20sten August 24.
Hochwohlgebohrner Herr Professor!
Hochverehrtester Lehrer!
Ich habe mir eine kleine Versündigung ankommen lassen, indem ich diesen Brief schon vor acht Tagen hätte schreiben sollen; da ich aber bei der jetzigen Ruhe aller Dinge keinen Stof hatte, als meine Codices und das Ramayanam, habe ich mir erlaubt die Sache bis heute aufzuschieben; ich habe freilich auch jetzt nichts besseres Ewr. Hochwohlgebohren anzubieten. ‒ Mit dem zweiten Bande nach den Devanag[ari] Hdschrften werde ich in acht Tagen hoffentlich zu Ende seyn und dann unverzüglich an den dritten schreiten; von dem Bengalischen Manuscript habe ich mich entschlossen eine vollständige Abschrift zu nehmen, was freilich etwas mehr Zeit kosten wird, aber Ihnen von großer Erleichterung seyn, da das Beziehen auf irgend eine der andern Recensionen von großer Weitläufigkeit ist und leicht zu Versehen führen kann. Mit dem Toddʼschen Cod. bin ich über die erste Hälfte des 3ten Bandes hinaus. Ich halte es für das zweckmäßigste mit diesem Codex fortzufahren und das 4te Buch gleich abzuschreiben, um ihn nachher für einige Zeit auf die Seite schieben zu können. Sie würden mich aber sehr verbinden, wenn Sie mir schrieben, ob ich den dritten Band mir anschaffen darf oder nicht; bei dem Bengal. Manuscript würde es mir zu großer Zeitersparniß gereichen und so viel mir von meiner frühern Lectüre erinnerlich ist, würde es vielleicht möglich gewesen seyn, auch die Devan[agari] Hdschrf. nach der gedruckten Ausgabe zu vergleichen; denn die Abweichungen scheinen mir nicht groß zu seyn. Wenn nur Ein Text bei der Vergleichung zu Grunde gelegt wird, kann die Verification der Collationen nicht sehr erschwert werden, und ich würde natürlich, sobald die Abweichungen nicht einzelne Stellen beträfen, ganze Capitel abschreiben. Ich wünschte freilich sehr, in allen Manuscripten gleichzeitig über das [2] dritte Buch arbeiten zu können; die Dinge sind mir hier neu und man kann die Aufmerksamkeit nicht genug schärfen. Ich möchte beinahe sagen, daß ich mit dem epischen Stile zu vertraut geworden bin; denn die stehenden Redensarten laufen mir oft zu geläufig unter der Feder weg; ein etwas abweichender Text, wie der Bengalische wohl seyn wird, würde mich zwingen sehr genau aufzupassen. ‒ Ich bedaure, daß ich noch keine Aussicht habe, meine Collationen Ihnen auf einem sichern Wege zukommen zu lassen; ich kann Ihnen außer dem Rest zum ersten Buche auch noch ein Buch mit Abschriften aus dem Toddʼschen Manuscript und einigen Capiteln des zweiten Buches vollständig redigirt zusenden. Der Anfang des XV. Vol. der As[iatic] Resear[ches] wage ich morgen mit einem sichern Reisenden abzuschicken und ich hoffe, daß Sie das Paket in etwa vierzehn Tagen erhalten können. Herr Colebrooke wird Ihnen auch den Anfang der Abhdlgen. der hiesigen Societät zustellen, sobald der Druck etwas weiter vorgerückt ist; denn auch der Druck scheint holy days haben zu müssen. Haughton ist leider wieder unwohl und ich habe ihn seit lange nicht gesehen; sobald ich ihn sehe, werde ich ihn zu bewegen suchen, von seinem Manu Ihnen zu senden, was seitdem fertig geworden. Sonst ruhen die Sanskrita-Sachen hier, wie immer; Sanscrita sunt, non leguntur. Wilkins, der mir äußerlich wenigstens so gut ist, wie immer, ist ganz in die Geographie des hintern Indiens vertieft; man hegt jetzt große Hoffnungen zu einer neuen Präsidentschaft trans Gangem, und es wird eben eine Charte des Birmanischen Reichs gestochen; ich weiß nicht, ob die Gränzen der neuen Provinzen schon darauf werden abgestochen seyn. Ich mache beiläufig einen Catalog über die Toddʼschen Manuscripte für die As[iatic] Society; die Mehrzahl ist freilich in Hindî und dem gelehrten Dialect der Jainas; doch ist auch ein Mahâbhâr[ata] darunter. Herr Colebrooke ist sehr thätig für die Mimansa Philosophie. ‒ [3] Wenn Sie Prof. Scholz sehen, haben Sie vielleicht die Güte ihm zu sagen, daß ich seine Bücher dem Brittisch. Museum präsentirt habe, und dafür ein Danksagungs-Schreiben der Curatoren erhalten habe. Die schriftlichen Aufträge, die er mir aufgegeben, wird Herr Baber (od. ein ähnlich getaufter Gelehrter, der Herausgeber des Facsimile des berühmten Cod[ex] Alexandr[inus]) schriftlich beantworten. Wenn er Vergleichungen haben will, muß er selbst kommen, denn erstens ist hier keiner, ders thut, und zweitens würde ein solcher nicht unter einer Guinea täglich arbeiten; eine eigene Reise würde also wohl wohlfeiler kommen. Endlich ist in der Royal Society ein sehr schöner Pergament-Codex des N[euen] T[estaments] mit Eluzial-Schrift vorhanden; Herr Lee würde ihm mit der größten Liberalität zum Gebrauch desselben verhelfen. ‒ Herr Bohte hat die empfehlenden Worte, die Sie die Güte gehabt haben, ihm für seinen Catalog zu versprechen, sehr auf dem Herzen und Sie würden ihn sehr erfreuen, wenn er erführe, wann er hoffen dürfte, dieselben zu erhalten. Uebrigens ist sein Catalog noch lange nicht fertig, ob er ihm wohl viele schlafloose Nächte verursacht. In meinen Nebenstunden bin ich auf ein eigentlich wohl unnützes Capitel der Indischen Litteratur gerathen, auf die gereimten Gedichte nehmlich. Es ist vielleicht nicht uninteressant zu bemerken, daß in den Gedichten dieser Classe, die ich für die ältesten halte, die Theorie des Reims ganz dieselbe ist, wie im Deutschen, und nicht, wie im Ghaṭa Karpara u. a. eine völlige Gleichheit der reimenden Sylben erfordert wird. Die Reime fallen im Gîta Gôvinda bloß auf 2 od. 3 Sylben, selten auf eine: der Reim kann sowohl einen Dactyl als einen Anapäst enthalten, aber nicht andre 3sylbige Füße. Die Bemerkung, die Sie im letzten Hefte Ihrer Bibliothek über die Sylbenabtheilg in den Hdschften machten, muß sogar auf die metrische Abtheilung der Verse ausgedehnt werden. Doch genug hievon. Erlauben Sie mir schließlich mich zu unterzeichnen,
[Ewr. Hoch]wohlgebohren
dankbarsten und ergebensten
Chr. Laßen.
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