• Christian Lassen to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: Bonn · Date: 17.07.1825
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Lassen
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 17.07.1825
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 370508637
  • Bibliography: Schlegel, August Wilhelm; Lassen, Christian: Briefwechsel. Hg. v. Willibald Kirfel. Bonn 1914, S. 141‒147.
  • Incipit: „[1] Paris, den 17ten Julii 25.
    Hochwohlgebohrner Herr Professor!
    Hochzuverehrender Lehrer!
    Ewr. Hochwohlgebohren Schreiben ist grade zur rechten Zeit eingetroffen, um mich noch hier [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-34965
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.14,Nr.43
  • Number of Pages: 7 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 23,7 x 19,1 cm
    Language
  • German
[1] Paris, den 17ten Julii 25.
Hochwohlgebohrner Herr Professor!
Hochzuverehrender Lehrer!
Ewr. Hochwohlgebohren Schreiben ist grade zur rechten Zeit eingetroffen, um mich noch hier zu treffen und es freuet mich sehr, daß meine übergroße Eile mich nicht nach Bonn gebracht hat, ehe Sie es wünschten. Ich habe meine Vergleichungen denn gleich wieder angefangen, und zwar zuerst den Devanâg[ari] Codex, weil dieser mich wohl am längsten aufhalten wird, den Anfang des zweiten Buchs habe ich ganz abschreiben müssen; die Sachen scheinen sich aber jetzt zu ebnen und ich hoffe in nicht gar zu langer Zeit damit fertig zu werden. ‒
Ich hoffe, daß Sie nicht daran zweifeln werden, daß ich bei der Ausgabe des Râm[âyana] so viel Hülfe leisten werde, wie ich nur kann; ich halte dieses für meine Pflicht, die ich sehr gerne erfülle. Zwar kann ich nur einen Beistand im mechanischen Theile des Werkes auf mich laden, weil Sie bei dem rein gelehrten Theile weder meine Beihülfe noch die irgend eines andern Indologen in Anspruch nehmen dürfen. Aber bei einem Werke von der Masse des Râmâyana kann die Befreiung von dem mechanischen Theile schon eine große Erleichterung verschaffen. Um Sie davon zu überzeugen, daß ich nicht unterlasse, so weit ich es vermag, den Theil Ihres Werkes, den Sie mir anzuvertrauen die Ehre erzeigt haben, habe ich die Telinga-Schrift gelernt und die Vergleichung des zweiten Buchs in diesem Codex angefangen. Zwar muß ich mir noch etwas mehr Sicherheit in der [2] Lesung dieser trostlosesten aller Schriftarten erwerben, ehe ich förmlich zur Vergleichung schreiten kann. So viel kann ich Ihnen aber schon melden, daß der Text in diesem Manuscript auf ein Haar derselbe ist als in den andern nicht commentirten Hdschften. Es soll von Ihnen abhängen, ob ich auch noch das erste Buch vergleichen soll; vielleicht werden Sie keine vollständige Vergleichung wünschen, sondern nur eine Auswahl von solchen Capiteln, wo die größten Verschiedenheiten vorkommen; ich bin einigermaaßen besorgt, meine Augen, die durch die Bengalischen Manuscripte eben nicht an Sehkraft gewonnen haben, gar zu sehr zu verderben. Die Mühseligkeiten, die mit der Vergleichung von Telinga-Manuscripten verknüpft sind, lassen sich nicht leicht ohne eigene Erfahrung begreifen. Das Ganze ist an und für sich ein Gekritzel, das sich auf den ersten Blick nicht leicht als die sichtbare Bezeichnung menschlicher Worte erkennen läßt, dazu bloß eingekratzt auf einem zerbrechlichen Blatte, ohne Dinte und die Erleichterung, die die Verschiedenheit der Farbe des Materials und der Dinte bei allen andern Manuscripten darbietet. Dazu sehen sich viele Buchstaben ganz ähnlich und das System der Gruppirung mehrerer Consonanten und der Consonanten mit den Vocalen ist in der That sehr willkührlich, bald steht der Vocal nach einer Gruppe, bald mitten darin und zwischen den Consonanten, die zusammengehören; die i & ī lassen sich überall nur errathen und sind ohne Fernröhre nicht leicht zu entdecken. [3] Das Manuscript des Râm[âyana] ist aber, so weit ich urtheilen kann, ein ziemlich correctes und sehr wohl erhalten und für ein Telinga Manusrcipt ohne Zweifel ein sehr deutlich geschriebenes.
Sir Alex[ander] Johnston ist wieder abgereist; er läßt sich Ihnen bestens empfehlen und giebt seinerseits auch die Zustimmung zu den Schwimmstunden seines Sohnes. Die Bücher, die ich für Sie von London mitgebracht, sowohl als einen großen Theil der meinigen, habe ich durch Herrn Würz schon abgesendet; leider auch meinen Wilson, den ich jetzt nöthig habe. Der Bericht von Rémusat ist mir zugestellt; da Sie ihn wohl früher wünschen, als ich ihn mitbringen kann, werde ich ihn an Herrn Würz geben. Das 29ste Heft des J[ournal] Asiatic ist auch Herrn Würz vom Buchhändler der As[iatischen] Soc[ietät] zugesendet; und die Bücher, die für Sie auf Langlesʼ Auction erstanden worden, werden Sie auch mit derselben Sendung erhalten. Ueber das Manuscript von Durgâ Mâh[atmyam] habe ich Herrn Würz noch nicht befragen können, es soll aber nächstens geschehen. Ich bin Ewr. Hochwohlgebohren meinen ergebensten Dank schuldig für das Anerbieten, für den Amara Kôsha eine Vorrede zu schreiben. Herr Richter hatte schon den Wunsch geäußert, ich hatte mir vorgenommen, Sie persönlich um diesen großen Beweis Ihrer Gewogenheit anzusprechen. Was die Materialien zu der neuen Ausgabe betrifft, so ist es mir bald einleuchtend [4] geworden, daß mit den Hdschften und Commentaren nur wenig zu machen ist; die Manuscripte bieten nichts dar als Fehler und einige Verschiedenheiten in der Orthographie gewisser Wörter; die Orthographie aber reguliren wir nach weit strengern Grundsätzen als die Pandits selbst, und in zweifelhaften Fällen geben die Manuscripte selten den Ausschlag. Die Commentatoren geben weniges, was nicht schon in Wilson steht. Die Hauptsache glaube ich, wird seyn, die Wörter im Am[ara] Kôsha mit Belegen classischer Stellen zu versehen, soweit unsere Quellen oder richtiger meine Belesenheit in den Quellen reichen. Manu, und die Bhag[avad] Gîtâ sind die beiden Hauptbücher unter den zugänglichen; die Dichter bieten für eine andre Classe von Wörtern vieles dar; zumahl die modernen, bei denen aber die Commentare sich immer in der Erklärung auf den Amara berufen. Die gedruckten Commentare sowohl als meine eigenen Auszüge vorzüglich zum Gîta Gôvinda und Mâlatî Mâdhava geben eine nicht geringe Masse von Material, so daß die Verarbeitung eigentlich das Schwierigste bei der Sache ist. Die Uebereinkunft mit Herrn Richter ist in Ordnung, es hängt nur noch davon ab, ob wir den Bogen 4to auf demselben Papier, wie Ihre Gîtâ, für 23 Th. Pr. Cour. oder wo möglich darunter haben können. Ich thue vielleicht am besten, selbst schriftlich bei Herrn Thormann darüber Erkundigungen einzuziehen.
[5] Außer der Ausgabe des Am[ara] Kôsha muß ich wohl an die Vorbereitung meiner Dissertation denken; in der Wahl bin ich aber einigermaaßen verlegen. Ich habe daran gedacht, Prolegomena zum Gîta Gôvinda zu schreiben; sie würden schon ein weites Feld für kritische und grammatische Untersuchungen eröffnen; auch zum Theil für Untersuchungen über den Verfasser und sein Gedicht, die freilich auf ein negatives Resultat hinauslaufen. Versmaaße enthält das G[îta] G[ôvinda] mehr als irgend ein andres Gedicht; wenn ich von grammatischen Untersuchungen rede, so meine ich es folgendermaaßen. Die größte Schwierigkeit der künftigen Poesie der Indier besteht in der richtigen Auffassung der zusammengesetzter Wörter. Jedes componirte Wort läßt sich als ein contrahirter Satz betrachten und die Hermeneutik besteht eigentlich darin, diese Worte aufzulösen und jedes Glied mit den gehörigen Flexionen zu versehen. Die Classen, die die Indischen Grammatiker und nach ihnen die Engländer aufgestellt haben, reichen nur für die gewöhnlichen Fälle aus. Aber da die Verhältnisse zwischen Substantiven und Adjectiven, wovon es sich hier vorzüglich handelt, bestimmbar sind, so lassen sich auch alle componirten Wörter auf gewisse Classen zurückführen. Freilich giebt es viele Fälle, wo in einem langen Compositum mehr als eine Art von Zusammensetzung vorkömmt. Diese Fälle alle entwickelt würden eine Syntax für die modernen Indischen Dichter geben; denn die Syntax der Sätze, die im Griechischen [6] die Hauptschwierigkeit macht existirt, genau genommen, beinahe gar nicht im Sanskrit, am wenigsten bei den spätern Dichtern. Eine Untersuchung dieser Art würde nicht unwichtig seyn, es käme nur darauf an sie scharf durchzuführen und ich wünschte mit Hülfe der Beispiele, die der G[îta] G[ôvinda] darbietet, wenigstens den Versuch zu machen, vielleicht aber schickt sich das Thema nicht zu einer Doctor-Disputation; Ewr. Hochwohlgebohren werden darüber am besten ein Urtheil fällen können.
Ich habe auch die Materialien zu einer andern Arbeit beisammen, aber sie sind zu weitläufig um sich in eine kurze Dissertation einzwängen zu lassen. Dieses ist eine Prâkrit Grammatik. Dieser Dialect des Sanskrits scheint mir für die vergleichende Grammatik nicht ohne großes Interesse zu seyn. Wir finden hier wieder dieselben Erscheinungen wiederkehren, als in andern abgeleiteten Sprachen, Vereinfachung der Flexionen und die Anwendung von Partikeln statt der Casus und von verb[a] auxiliar[ia] statt der synthetischen Tempora. Es lassen sich außerdem mehrere interessante Untersuchungen in Beziehung auf das Sanskrit und die allg. vergleichende Sprachkunde damit verbinden. Es kömmt hinzu, daß ich einige Angaben über die Localität des Prâkrits gefunden, die Colebrooke ganz entgangen sind. Sollten Ewr. Hochwohlgebohren, wenn ich meine Abhandlung ausgearbeitet haben werde und sie Ihres Beifalls nicht ganz unwürdig befunden wird, geneigt [7] seyn, ihr einen Platz in der Indischen Bibliothek zu schenken? Ich habe zweierlei dabei im Auge: erstens dem Auslande das Verdienst der Priorität abzugewinnen, und zweitens ein persönliches Interesse, weil ich dabei einige Bekanntschaft mit der Methode der Indischen Grammatiker an den Tag legen könnte, einer Methode, die in der That nicht ganz leicht ist und ehe man den Schlüssel dazu hat, sehr mystisch aussieht; die aber dennoch, wenigstens mir, sehr sinnreich zu seyn scheint und bei weitem verständlicher, als manche Regeln, die auf unsere Weise in Worten ausgedrückt sind. Sie werden fragen, wo ich selbst die Weisheit her habe; das Geheimniß steckt in einem sehr guten Commentar zu den Sûtras der Vararuchi, mit dessen Hülfe ich mich zuerst hineinstudiert habe.
Ich muß heute Ihre Geduld weit mehr in Anspruch nehmen, als ich eigentlich darf; und ich will Sie deswegen nicht länger mit meinen eigenen Angelegenheiten aufhalten. Ich rechne, daß ich in der zweiten Hälfte des Augusts fertig seyn werde und um nicht Ihre Güte zu mißbrauchen, will ich zusehen, mit 300 Fr., die Reise eingeschlossen, fortzukommen. Ich muß Sie nochmals bitten, mit meinem vahunâ lâpêna Nachsicht zu haben und habe die Ehre zu seyn,
Ewr. Hochwohlgebohren
ergebenster und dankbarster
Chr. Laßen.
[8]
[1] Paris, den 17ten Julii 25.
Hochwohlgebohrner Herr Professor!
Hochzuverehrender Lehrer!
Ewr. Hochwohlgebohren Schreiben ist grade zur rechten Zeit eingetroffen, um mich noch hier zu treffen und es freuet mich sehr, daß meine übergroße Eile mich nicht nach Bonn gebracht hat, ehe Sie es wünschten. Ich habe meine Vergleichungen denn gleich wieder angefangen, und zwar zuerst den Devanâg[ari] Codex, weil dieser mich wohl am längsten aufhalten wird, den Anfang des zweiten Buchs habe ich ganz abschreiben müssen; die Sachen scheinen sich aber jetzt zu ebnen und ich hoffe in nicht gar zu langer Zeit damit fertig zu werden. ‒
Ich hoffe, daß Sie nicht daran zweifeln werden, daß ich bei der Ausgabe des Râm[âyana] so viel Hülfe leisten werde, wie ich nur kann; ich halte dieses für meine Pflicht, die ich sehr gerne erfülle. Zwar kann ich nur einen Beistand im mechanischen Theile des Werkes auf mich laden, weil Sie bei dem rein gelehrten Theile weder meine Beihülfe noch die irgend eines andern Indologen in Anspruch nehmen dürfen. Aber bei einem Werke von der Masse des Râmâyana kann die Befreiung von dem mechanischen Theile schon eine große Erleichterung verschaffen. Um Sie davon zu überzeugen, daß ich nicht unterlasse, so weit ich es vermag, den Theil Ihres Werkes, den Sie mir anzuvertrauen die Ehre erzeigt haben, habe ich die Telinga-Schrift gelernt und die Vergleichung des zweiten Buchs in diesem Codex angefangen. Zwar muß ich mir noch etwas mehr Sicherheit in der [2] Lesung dieser trostlosesten aller Schriftarten erwerben, ehe ich förmlich zur Vergleichung schreiten kann. So viel kann ich Ihnen aber schon melden, daß der Text in diesem Manuscript auf ein Haar derselbe ist als in den andern nicht commentirten Hdschften. Es soll von Ihnen abhängen, ob ich auch noch das erste Buch vergleichen soll; vielleicht werden Sie keine vollständige Vergleichung wünschen, sondern nur eine Auswahl von solchen Capiteln, wo die größten Verschiedenheiten vorkommen; ich bin einigermaaßen besorgt, meine Augen, die durch die Bengalischen Manuscripte eben nicht an Sehkraft gewonnen haben, gar zu sehr zu verderben. Die Mühseligkeiten, die mit der Vergleichung von Telinga-Manuscripten verknüpft sind, lassen sich nicht leicht ohne eigene Erfahrung begreifen. Das Ganze ist an und für sich ein Gekritzel, das sich auf den ersten Blick nicht leicht als die sichtbare Bezeichnung menschlicher Worte erkennen läßt, dazu bloß eingekratzt auf einem zerbrechlichen Blatte, ohne Dinte und die Erleichterung, die die Verschiedenheit der Farbe des Materials und der Dinte bei allen andern Manuscripten darbietet. Dazu sehen sich viele Buchstaben ganz ähnlich und das System der Gruppirung mehrerer Consonanten und der Consonanten mit den Vocalen ist in der That sehr willkührlich, bald steht der Vocal nach einer Gruppe, bald mitten darin und zwischen den Consonanten, die zusammengehören; die i & ī lassen sich überall nur errathen und sind ohne Fernröhre nicht leicht zu entdecken. [3] Das Manuscript des Râm[âyana] ist aber, so weit ich urtheilen kann, ein ziemlich correctes und sehr wohl erhalten und für ein Telinga Manusrcipt ohne Zweifel ein sehr deutlich geschriebenes.
Sir Alex[ander] Johnston ist wieder abgereist; er läßt sich Ihnen bestens empfehlen und giebt seinerseits auch die Zustimmung zu den Schwimmstunden seines Sohnes. Die Bücher, die ich für Sie von London mitgebracht, sowohl als einen großen Theil der meinigen, habe ich durch Herrn Würz schon abgesendet; leider auch meinen Wilson, den ich jetzt nöthig habe. Der Bericht von Rémusat ist mir zugestellt; da Sie ihn wohl früher wünschen, als ich ihn mitbringen kann, werde ich ihn an Herrn Würz geben. Das 29ste Heft des J[ournal] Asiatic ist auch Herrn Würz vom Buchhändler der As[iatischen] Soc[ietät] zugesendet; und die Bücher, die für Sie auf Langlesʼ Auction erstanden worden, werden Sie auch mit derselben Sendung erhalten. Ueber das Manuscript von Durgâ Mâh[atmyam] habe ich Herrn Würz noch nicht befragen können, es soll aber nächstens geschehen. Ich bin Ewr. Hochwohlgebohren meinen ergebensten Dank schuldig für das Anerbieten, für den Amara Kôsha eine Vorrede zu schreiben. Herr Richter hatte schon den Wunsch geäußert, ich hatte mir vorgenommen, Sie persönlich um diesen großen Beweis Ihrer Gewogenheit anzusprechen. Was die Materialien zu der neuen Ausgabe betrifft, so ist es mir bald einleuchtend [4] geworden, daß mit den Hdschften und Commentaren nur wenig zu machen ist; die Manuscripte bieten nichts dar als Fehler und einige Verschiedenheiten in der Orthographie gewisser Wörter; die Orthographie aber reguliren wir nach weit strengern Grundsätzen als die Pandits selbst, und in zweifelhaften Fällen geben die Manuscripte selten den Ausschlag. Die Commentatoren geben weniges, was nicht schon in Wilson steht. Die Hauptsache glaube ich, wird seyn, die Wörter im Am[ara] Kôsha mit Belegen classischer Stellen zu versehen, soweit unsere Quellen oder richtiger meine Belesenheit in den Quellen reichen. Manu, und die Bhag[avad] Gîtâ sind die beiden Hauptbücher unter den zugänglichen; die Dichter bieten für eine andre Classe von Wörtern vieles dar; zumahl die modernen, bei denen aber die Commentare sich immer in der Erklärung auf den Amara berufen. Die gedruckten Commentare sowohl als meine eigenen Auszüge vorzüglich zum Gîta Gôvinda und Mâlatî Mâdhava geben eine nicht geringe Masse von Material, so daß die Verarbeitung eigentlich das Schwierigste bei der Sache ist. Die Uebereinkunft mit Herrn Richter ist in Ordnung, es hängt nur noch davon ab, ob wir den Bogen 4to auf demselben Papier, wie Ihre Gîtâ, für 23 Th. Pr. Cour. oder wo möglich darunter haben können. Ich thue vielleicht am besten, selbst schriftlich bei Herrn Thormann darüber Erkundigungen einzuziehen.
[5] Außer der Ausgabe des Am[ara] Kôsha muß ich wohl an die Vorbereitung meiner Dissertation denken; in der Wahl bin ich aber einigermaaßen verlegen. Ich habe daran gedacht, Prolegomena zum Gîta Gôvinda zu schreiben; sie würden schon ein weites Feld für kritische und grammatische Untersuchungen eröffnen; auch zum Theil für Untersuchungen über den Verfasser und sein Gedicht, die freilich auf ein negatives Resultat hinauslaufen. Versmaaße enthält das G[îta] G[ôvinda] mehr als irgend ein andres Gedicht; wenn ich von grammatischen Untersuchungen rede, so meine ich es folgendermaaßen. Die größte Schwierigkeit der künftigen Poesie der Indier besteht in der richtigen Auffassung der zusammengesetzter Wörter. Jedes componirte Wort läßt sich als ein contrahirter Satz betrachten und die Hermeneutik besteht eigentlich darin, diese Worte aufzulösen und jedes Glied mit den gehörigen Flexionen zu versehen. Die Classen, die die Indischen Grammatiker und nach ihnen die Engländer aufgestellt haben, reichen nur für die gewöhnlichen Fälle aus. Aber da die Verhältnisse zwischen Substantiven und Adjectiven, wovon es sich hier vorzüglich handelt, bestimmbar sind, so lassen sich auch alle componirten Wörter auf gewisse Classen zurückführen. Freilich giebt es viele Fälle, wo in einem langen Compositum mehr als eine Art von Zusammensetzung vorkömmt. Diese Fälle alle entwickelt würden eine Syntax für die modernen Indischen Dichter geben; denn die Syntax der Sätze, die im Griechischen [6] die Hauptschwierigkeit macht existirt, genau genommen, beinahe gar nicht im Sanskrit, am wenigsten bei den spätern Dichtern. Eine Untersuchung dieser Art würde nicht unwichtig seyn, es käme nur darauf an sie scharf durchzuführen und ich wünschte mit Hülfe der Beispiele, die der G[îta] G[ôvinda] darbietet, wenigstens den Versuch zu machen, vielleicht aber schickt sich das Thema nicht zu einer Doctor-Disputation; Ewr. Hochwohlgebohren werden darüber am besten ein Urtheil fällen können.
Ich habe auch die Materialien zu einer andern Arbeit beisammen, aber sie sind zu weitläufig um sich in eine kurze Dissertation einzwängen zu lassen. Dieses ist eine Prâkrit Grammatik. Dieser Dialect des Sanskrits scheint mir für die vergleichende Grammatik nicht ohne großes Interesse zu seyn. Wir finden hier wieder dieselben Erscheinungen wiederkehren, als in andern abgeleiteten Sprachen, Vereinfachung der Flexionen und die Anwendung von Partikeln statt der Casus und von verb[a] auxiliar[ia] statt der synthetischen Tempora. Es lassen sich außerdem mehrere interessante Untersuchungen in Beziehung auf das Sanskrit und die allg. vergleichende Sprachkunde damit verbinden. Es kömmt hinzu, daß ich einige Angaben über die Localität des Prâkrits gefunden, die Colebrooke ganz entgangen sind. Sollten Ewr. Hochwohlgebohren, wenn ich meine Abhandlung ausgearbeitet haben werde und sie Ihres Beifalls nicht ganz unwürdig befunden wird, geneigt [7] seyn, ihr einen Platz in der Indischen Bibliothek zu schenken? Ich habe zweierlei dabei im Auge: erstens dem Auslande das Verdienst der Priorität abzugewinnen, und zweitens ein persönliches Interesse, weil ich dabei einige Bekanntschaft mit der Methode der Indischen Grammatiker an den Tag legen könnte, einer Methode, die in der That nicht ganz leicht ist und ehe man den Schlüssel dazu hat, sehr mystisch aussieht; die aber dennoch, wenigstens mir, sehr sinnreich zu seyn scheint und bei weitem verständlicher, als manche Regeln, die auf unsere Weise in Worten ausgedrückt sind. Sie werden fragen, wo ich selbst die Weisheit her habe; das Geheimniß steckt in einem sehr guten Commentar zu den Sûtras der Vararuchi, mit dessen Hülfe ich mich zuerst hineinstudiert habe.
Ich muß heute Ihre Geduld weit mehr in Anspruch nehmen, als ich eigentlich darf; und ich will Sie deswegen nicht länger mit meinen eigenen Angelegenheiten aufhalten. Ich rechne, daß ich in der zweiten Hälfte des Augusts fertig seyn werde und um nicht Ihre Güte zu mißbrauchen, will ich zusehen, mit 300 Fr., die Reise eingeschlossen, fortzukommen. Ich muß Sie nochmals bitten, mit meinem vahunâ lâpêna Nachsicht zu haben und habe die Ehre zu seyn,
Ewr. Hochwohlgebohren
ergebenster und dankbarster
Chr. Laßen.
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