• August Wilhelm von Schlegel to Christian Friedrich Tieck

  • Place of Dispatch: Coppet · Place of Destination: Bern · Date: 22. April [1812]
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Christian Friedrich Tieck
  • Place of Dispatch: Coppet
  • Place of Destination: Bern
  • Date: 22. April [1812]
  • Notations: Datum (Jahr) sowie Absende- und Empfangsort erschlossen. – Datierung durch den Kontext.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-37187
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.7,Nr.66(49)
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 19,1 x 11,7 cm
  • Incipit: „[1] d. 22sten April
    Lieber Freund!
    Ich schreibe dir wiewohl unter heftigen Kopfschmerzen. Ich bin überzeugt, wenn du morgen nicht mehr in [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
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[1] d. 22sten April
Lieber Freund!
Ich schreibe dir wiewohl unter heftigen Kopfschmerzen. Ich bin überzeugt, wenn du morgen nicht mehr in B. bist, so wirst du eine Anstalt wegen des Briefes getroffen haben, daß er M. zur Eröffnung eingehändigt wird.
Gestern schickte ich durch die Diligence 8 Carol. an dich ab, aber ich bin in dennoch in Sorgen, wie du auskommen wirst. Nun, das Wetter ist jetzt schön, und muß es jenseits der Alpen noch weit mehr seyn, so daß du ohne Unbequemlichkeit die wohlfeilsten Arten zu reisen wählen kannst. Ich bin nicht eher ruhig bis ich dich in Carrara weiß, ich hoffe du wirst mir unterwegs oft Nachricht von dir geben.
Da ich die ehemalige Gemeinschaft der Güter zwischen uns als hergestellt betrachte, so kann es dich vielleicht verletzen, aber ich kann doch nicht umhin dich zur Sparsamkeit zu ermahnen. Es ist zu wesentlich für das Gedeihen deiner Kunst künftig immer in Vorrath zu seyn. Ich werde dich in Carrara nach besten Kräften unterstützen, bis zx du Zahlungen von dem Prinzen haben kannst. Aber ich bin jetzt selbst nicht in sonderlichen Umständen. Da die Unger xxx den Verlag des Shaksp. hat verkaufen müssen, so habe ich ihr 25 Frdʼor zurückzuzahlen, voraus[2]empfangnes Honorar, das ich nicht abverdient. Dann muß ich mir nächstens verschiednes an Kleidung u Wäsche anschaffen. Sonst sehe ich den Sommer keine beträchtliche Ausgabe voraus, außer die Reise nach Interlachen wenn ich so glücklich wäre, sie machen zu können.
Du könntest mir sagen, ich habe selbst keine gute Ordnung in meinen Angelegenheiten gehabt, sonst hätte ich in einer günstigen Lage viel vor mich bringen können. Allein das frühere weißt du, dann habe ich den Trost gehabt meine Mutter eine Anzahl Jahre über den Druck der Zeiten wegzuheben – dann habe ich meinen Bruder in Cöln losgemacht u in Wien zuerst eingerichtet. Mein einziges kleines Erwerbniß ist bis jetzt meine Bibliothek, die ich wohl auf 8 bis 10000 Livres schätze. Sie trägt axx mir auch wieder ein, sie ist mir bey meinen gelehrten Arbeiten unentbehrlich u von deren Ertrage darf ich in der Folge zurückzulegen hoffen. So bald es möglich ist, mußt auch du deinerseits hierauf denken. Solten uns die gemeinsten Menschen in der Sorge für ihren eignen Wohlstand überlegen seyn?
Melde mir, wie es mit den Schulden in Rom steht. Dieß ängstigt mich sehr bey Knorrings Unordnung in Geschäften. Übrigens wundert es mich daß deine Schwester vom wieder gesunkenen russischen Curs schreibt. Durch die Aussicht zum Kriege war ja wegen des Englischen Handels der Curs beträchtlich [3] gestiegen. Man glaubt noch an eine Möglichkeit des Friedens u dann an einen Congreß in Dresden. Auch an die Neutralität Osterreichs. In Frankr. regen sich hier u da Unruhen wegen ausbrechender Hungersnoth. Deswegen will vielleicht N. seine Hauptstadt nicht gern verlassen. Der Teufel mag aus diesem verwirrten Zustande der Welt klug werden.
Schick mir doch die Adresse des Tabacksmagazins oder noch besser: ein Pfund in einer blechernen Büchse, durch den Waarenwagen wenn es dir nicht zu viel Umstände macht.
Es ist 11 Uhr u noch kein Brief – das wäre sehr betrübt, so müßte ich bis zum Freytage warten
Fr. v. St. fühlt sich etwas erleichtert, doch scheint mir das Übel durchaus langwierig zu seyn.
Da sind die Briefe zu meiner großen Freude. Ich muß aber schließen. Nimm alles obige auf wie ich es gebe, d. h. mit herzlicher Freundschaft.
Daß in Dijon u Besançon das Gefängnißfieber herrscht, wußten wir längst, aber nicht, daß es sich nach der Schweiz verbreitet habe. Mit Spanien, das ist ganz richtig.
Schwer ist das Lied allerdings noch – aber die Lesearten sind, wie ich sie geordnet, wohl ziemlich richtig, das will ich dir durch beygefügte Glossen beweisen. Aber dein Bruder hat es durchaus nicht verstanden.
[4] [leer]
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[1] d. 22sten April
Lieber Freund!
Ich schreibe dir wiewohl unter heftigen Kopfschmerzen. Ich bin überzeugt, wenn du morgen nicht mehr in B. bist, so wirst du eine Anstalt wegen des Briefes getroffen haben, daß er M. zur Eröffnung eingehändigt wird.
Gestern schickte ich durch die Diligence 8 Carol. an dich ab, aber ich bin in dennoch in Sorgen, wie du auskommen wirst. Nun, das Wetter ist jetzt schön, und muß es jenseits der Alpen noch weit mehr seyn, so daß du ohne Unbequemlichkeit die wohlfeilsten Arten zu reisen wählen kannst. Ich bin nicht eher ruhig bis ich dich in Carrara weiß, ich hoffe du wirst mir unterwegs oft Nachricht von dir geben.
Da ich die ehemalige Gemeinschaft der Güter zwischen uns als hergestellt betrachte, so kann es dich vielleicht verletzen, aber ich kann doch nicht umhin dich zur Sparsamkeit zu ermahnen. Es ist zu wesentlich für das Gedeihen deiner Kunst künftig immer in Vorrath zu seyn. Ich werde dich in Carrara nach besten Kräften unterstützen, bis zx du Zahlungen von dem Prinzen haben kannst. Aber ich bin jetzt selbst nicht in sonderlichen Umständen. Da die Unger xxx den Verlag des Shaksp. hat verkaufen müssen, so habe ich ihr 25 Frdʼor zurückzuzahlen, voraus[2]empfangnes Honorar, das ich nicht abverdient. Dann muß ich mir nächstens verschiednes an Kleidung u Wäsche anschaffen. Sonst sehe ich den Sommer keine beträchtliche Ausgabe voraus, außer die Reise nach Interlachen wenn ich so glücklich wäre, sie machen zu können.
Du könntest mir sagen, ich habe selbst keine gute Ordnung in meinen Angelegenheiten gehabt, sonst hätte ich in einer günstigen Lage viel vor mich bringen können. Allein das frühere weißt du, dann habe ich den Trost gehabt meine Mutter eine Anzahl Jahre über den Druck der Zeiten wegzuheben – dann habe ich meinen Bruder in Cöln losgemacht u in Wien zuerst eingerichtet. Mein einziges kleines Erwerbniß ist bis jetzt meine Bibliothek, die ich wohl auf 8 bis 10000 Livres schätze. Sie trägt axx mir auch wieder ein, sie ist mir bey meinen gelehrten Arbeiten unentbehrlich u von deren Ertrage darf ich in der Folge zurückzulegen hoffen. So bald es möglich ist, mußt auch du deinerseits hierauf denken. Solten uns die gemeinsten Menschen in der Sorge für ihren eignen Wohlstand überlegen seyn?
Melde mir, wie es mit den Schulden in Rom steht. Dieß ängstigt mich sehr bey Knorrings Unordnung in Geschäften. Übrigens wundert es mich daß deine Schwester vom wieder gesunkenen russischen Curs schreibt. Durch die Aussicht zum Kriege war ja wegen des Englischen Handels der Curs beträchtlich [3] gestiegen. Man glaubt noch an eine Möglichkeit des Friedens u dann an einen Congreß in Dresden. Auch an die Neutralität Osterreichs. In Frankr. regen sich hier u da Unruhen wegen ausbrechender Hungersnoth. Deswegen will vielleicht N. seine Hauptstadt nicht gern verlassen. Der Teufel mag aus diesem verwirrten Zustande der Welt klug werden.
Schick mir doch die Adresse des Tabacksmagazins oder noch besser: ein Pfund in einer blechernen Büchse, durch den Waarenwagen wenn es dir nicht zu viel Umstände macht.
Es ist 11 Uhr u noch kein Brief – das wäre sehr betrübt, so müßte ich bis zum Freytage warten
Fr. v. St. fühlt sich etwas erleichtert, doch scheint mir das Übel durchaus langwierig zu seyn.
Da sind die Briefe zu meiner großen Freude. Ich muß aber schließen. Nimm alles obige auf wie ich es gebe, d. h. mit herzlicher Freundschaft.
Daß in Dijon u Besançon das Gefängnißfieber herrscht, wußten wir längst, aber nicht, daß es sich nach der Schweiz verbreitet habe. Mit Spanien, das ist ganz richtig.
Schwer ist das Lied allerdings noch – aber die Lesearten sind, wie ich sie geordnet, wohl ziemlich richtig, das will ich dir durch beygefügte Glossen beweisen. Aber dein Bruder hat es durchaus nicht verstanden.
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