• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Köln · Place of Destination: Coppet · Date: 10.09.1804
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Köln
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 10.09.1804
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 149‒151.
  • Weitere Drucke: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 26. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Pariser und Kölner Lebensjahre (1802‒1808). Erster Teil Juni 1802 ‒ Dezember 1805). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hans Dierkes. Paderborn 2018, S. 243‒244.
  • Incipit: „[1] Kölln. Am 10ten Sept. 1804
    Ich danke Dir herzlich, geliebter Bruder, für Deinen lezten Brief und für die überschickte Anweisung. Ich [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-8
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,I,18
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs. m. U.
  • Format: 18,9 x 11,9 cm
    Language
  • German
[1] Kölln. Am 10ten Sept. 1804
Ich danke Dir herzlich, geliebter Bruder, für Deinen lezten Brief und für die überschickte Anweisung. Ich werde nun unverzüglich aufbrechen; diese Woche beschliesse ich meine Vorlesungen, die ohnehin durch die Ankunft Buonaparteʼs und den allgemeinen Lerm etwas gestört worden; und unmittelbar darauf reise ich, wahrscheinlich schon Sonntags am 16ten September. Wenige Tage also nur nachdem Du den jetzigen Brief erhältst, bin ich selbst bei Dir und dann wollen wir uns eine rechte Güte thun mit Sprechen. Wir wollen es uns nicht stören lassen, daß ich der schönen Einladung nach Italien für dießmal entsagen muß, und desto fröhlicher zusammen sein, so lange es uns gegönnt ist; überdieß hoffe ich doch mit Zuversicht, daß schon dießmal auf ein oder die andre Art ein [2] baldiges Wiedersehn verabredet werden kann. Ehe Du die Schweiz ganz wieder verlässest, wirst Du doch gewiß Paris sehen wollen, und da müssen wir denn zusammen sein.
Man macht alle mögliche Anstalt mich hier zu fixiren; freilich wird es vor der Hand wohl nur auf eine ziemlich provisorische Art geschehen, es geschieht aber in der Hoffnung, daß sehr bald eine ganz befriedigende Anstellung nachfolgen soll. Dieß wird mir nun wohl fast nothwendig machen, den Rückweg über Paris zu nehmen, um mein Interesse dort zu betreiben; welches ich erst nur wegen der Sakuntala wünschte.
Die Pilgrimmschaft nach Eleusis habʼ ich [3] noch erhalten, so wie auch eben heute Schleiermacherʼs Plato und die Dramatischen Fantasien von S.[ophie] B.[ernhardi]. – Den Pellegrin auf den ich sehr begierig bin, aber noch nicht. – Die neuesten Deutschen Gedichte sind mir ordentlich schwer zu verstehn; ich weiß nicht ob ich schon alt geworden bin, oder man dort wirklich so rasend romantisch ist, wie es mir vorkommt.
Von der Mutter habʼ ich einen sehr beruhigenden Brief.
Der Frau von Staël bitte ich es nebst den besten Empfehlungen auf alle Weise ans Herz zu legen, daß wir jene kurze Zeit ja so viel als nur immer möglich beisammen sein und sie benutzen können.
Die Uebersetzung des Neckerschen Nachlasses würde meine Frau besonders in Rücksicht der Einleitung wohl recht gern über[4]nehmen, wenn nicht anders im Buche selbst zu viel Politik ist; allein es ist mit solchen Sachen gar zu ängstlich wegen der Collision, und da hat man am Ende nur Verdruß davon, nämlich den, die überflüßigen Klagen eines jammernden Buchhändlers anhören zu müssen. Der einzige in der Nähe der es besorgen könnte, wäre Willmans; Mahlmann ist nicht nur überhaupt ein schwaches Subjekt sondern auch absonderlich der schläfrigste aller Schlafmützen. Eigentlich ists aber auch schon viel zu spät, da das Werk schon im November erscheinen soll, und ich zweifle daß es noch einer von meinen Buchhändlern nimmt; doch hab ich W.[ilmans] zum Ueberfluß gefragt – Uebersezt wird es freilich werden, aber bei solchen Sachen ist diese Unvermeidlichkeit der Collision eben das schlimme.
[5] Mit Fichteʼs Skeptizismus, das wird viel Aufsehn machen; nun kann Schelling freilich vor ihm Ruhe haben, und sein Wesen forttreiben bis es sich von selbst in Rauch auflößt. – Auch soll schon viel davon in den Zeitungen der Gegner Geschrei erhoben sein. – Ich finde es gar nicht so weit von seiner bisherigen Philosophie abliegend, als es auf den ersten Anblick scheint; doch bin ich äusserst begierig, welche Wendung er der Sache geben wird.
Nun lebe recht wohl bis auf baldiges Wiedersehn. Ich umarme Dich von Herzensgrunde. Die besten Grüsse von meiner Frau.
Friedrich.
[6] Was Unger betrift, so weißt Du ja wohl von alten Zeiten, daß ich ihm noch ziemlich viel Geld schuldig bin, und daß der dumme Kerl niemals andre Sachen von mir hat verlegen wollen. Er hatte mir im Winter einigemal durch Fremde nach Paris geschrieben; aber alle diese Briefe waren nicht an mich gelangt und da ich nun also auch nicht antwortete und er obendrein hörte daß ich in Kölln sei, so mochte er darüber theils entrüstet theils in Angst gerathen sein; und daher ist jenes gekommen was ich Dir schon früher schrieb.
[1] Kölln. Am 10ten Sept. 1804
Ich danke Dir herzlich, geliebter Bruder, für Deinen lezten Brief und für die überschickte Anweisung. Ich werde nun unverzüglich aufbrechen; diese Woche beschliesse ich meine Vorlesungen, die ohnehin durch die Ankunft Buonaparteʼs und den allgemeinen Lerm etwas gestört worden; und unmittelbar darauf reise ich, wahrscheinlich schon Sonntags am 16ten September. Wenige Tage also nur nachdem Du den jetzigen Brief erhältst, bin ich selbst bei Dir und dann wollen wir uns eine rechte Güte thun mit Sprechen. Wir wollen es uns nicht stören lassen, daß ich der schönen Einladung nach Italien für dießmal entsagen muß, und desto fröhlicher zusammen sein, so lange es uns gegönnt ist; überdieß hoffe ich doch mit Zuversicht, daß schon dießmal auf ein oder die andre Art ein [2] baldiges Wiedersehn verabredet werden kann. Ehe Du die Schweiz ganz wieder verlässest, wirst Du doch gewiß Paris sehen wollen, und da müssen wir denn zusammen sein.
Man macht alle mögliche Anstalt mich hier zu fixiren; freilich wird es vor der Hand wohl nur auf eine ziemlich provisorische Art geschehen, es geschieht aber in der Hoffnung, daß sehr bald eine ganz befriedigende Anstellung nachfolgen soll. Dieß wird mir nun wohl fast nothwendig machen, den Rückweg über Paris zu nehmen, um mein Interesse dort zu betreiben; welches ich erst nur wegen der Sakuntala wünschte.
Die Pilgrimmschaft nach Eleusis habʼ ich [3] noch erhalten, so wie auch eben heute Schleiermacherʼs Plato und die Dramatischen Fantasien von S.[ophie] B.[ernhardi]. – Den Pellegrin auf den ich sehr begierig bin, aber noch nicht. – Die neuesten Deutschen Gedichte sind mir ordentlich schwer zu verstehn; ich weiß nicht ob ich schon alt geworden bin, oder man dort wirklich so rasend romantisch ist, wie es mir vorkommt.
Von der Mutter habʼ ich einen sehr beruhigenden Brief.
Der Frau von Staël bitte ich es nebst den besten Empfehlungen auf alle Weise ans Herz zu legen, daß wir jene kurze Zeit ja so viel als nur immer möglich beisammen sein und sie benutzen können.
Die Uebersetzung des Neckerschen Nachlasses würde meine Frau besonders in Rücksicht der Einleitung wohl recht gern über[4]nehmen, wenn nicht anders im Buche selbst zu viel Politik ist; allein es ist mit solchen Sachen gar zu ängstlich wegen der Collision, und da hat man am Ende nur Verdruß davon, nämlich den, die überflüßigen Klagen eines jammernden Buchhändlers anhören zu müssen. Der einzige in der Nähe der es besorgen könnte, wäre Willmans; Mahlmann ist nicht nur überhaupt ein schwaches Subjekt sondern auch absonderlich der schläfrigste aller Schlafmützen. Eigentlich ists aber auch schon viel zu spät, da das Werk schon im November erscheinen soll, und ich zweifle daß es noch einer von meinen Buchhändlern nimmt; doch hab ich W.[ilmans] zum Ueberfluß gefragt – Uebersezt wird es freilich werden, aber bei solchen Sachen ist diese Unvermeidlichkeit der Collision eben das schlimme.
[5] Mit Fichteʼs Skeptizismus, das wird viel Aufsehn machen; nun kann Schelling freilich vor ihm Ruhe haben, und sein Wesen forttreiben bis es sich von selbst in Rauch auflößt. – Auch soll schon viel davon in den Zeitungen der Gegner Geschrei erhoben sein. – Ich finde es gar nicht so weit von seiner bisherigen Philosophie abliegend, als es auf den ersten Anblick scheint; doch bin ich äusserst begierig, welche Wendung er der Sache geben wird.
Nun lebe recht wohl bis auf baldiges Wiedersehn. Ich umarme Dich von Herzensgrunde. Die besten Grüsse von meiner Frau.
Friedrich.
[6] Was Unger betrift, so weißt Du ja wohl von alten Zeiten, daß ich ihm noch ziemlich viel Geld schuldig bin, und daß der dumme Kerl niemals andre Sachen von mir hat verlegen wollen. Er hatte mir im Winter einigemal durch Fremde nach Paris geschrieben; aber alle diese Briefe waren nicht an mich gelangt und da ich nun also auch nicht antwortete und er obendrein hörte daß ich in Kölln sei, so mochte er darüber theils entrüstet theils in Angst gerathen sein; und daher ist jenes gekommen was ich Dir schon früher schrieb.
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