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Ich hatte von <span class="index-132 tp-28064 ">der Bernhardin</span> nichts von deiner Abreise gehört, so wie sie mir überhaupt gar nichts geschrieben hat, zuerst erfuhr es <span class="index-129 tp-28065 ">mein Mann</span> von <span class="index-8831 tp-55230 ">der Fr. Bischofswerder</span> aber auch noch ungewiß, bis wir es in den Zeitungen lasen, du kannst also denken wie interreßant mir es war von dir selbst darüber zu hören. Ich freue mich unendlich daß du eine so würdige und <span class="notice-23553 ">noble</span> Freundinn an <span class="index-222 tp-28066 ">der Fr. v. Stael</span> gefunden hast, ich freue mich daß ich mich in meinem Urtheil über sie ni ht betrogen habe, unter allen unseren Romanenschriftstellerinnen habe ich bey ihr den mehrsten Geist gefunden, und ächtes Feuer fürs Gute. Es dauert mich jetzt um so mehr daß ich nicht versucht habe sie zu sehen, da sie für dich so wichtig geworden, ich hatte große Lust dazu und <span class="index-8832 tp-55233 ">Hofrath Müller</span> redete mir zu, <span class="overstrike-1 ">sie</span> vielleicht führt sie ihr Weg einmal über <span class="index-13 tp-28067 ">Dresden</span>, das würde <span class="notice-2233 ">[2]</span> für mich sehr merkwürdig seyn. Wenn <span class="overstrike-1 ">Sie</span> du es ihr etwan gesagt hast daß du eine Schwester in Dresden hast, so sage ihr doch daß sie an mir eine große Bewunderinn hat. Das erste warum ich dich bitte mir von den etwanigen Reiseplanen die im Werke sind mitzutheilen ich genieße dieses alles in Gedanken mit, du hast gewiß keine treuere Theilnehmendere Freundinn als an mir, ich kann es dir nur so wenig bezeugen, da wir <span class="overstrike-1 ">mit</span> <span class="offset-4 ">durch</span> unsrer Lage so aus einander gerückt sind. Meine Reise nach <span class="index-15 tp-28068 ">Berlin</span> war mir einzig darum so wünschens werth um dir einmal wieder nahe zu kommen, ich fürchtete sonst bey dir almählich in Vergeßenheit zu kommen. – Das Zweyte worum ich dich sehr bitte, ist mir etwas von <span class="index-132 tp-55234 ">der Bernhardin</span> zu melden, ich weiß so <span class="overstrike-1 ">lange</span> manches von ihrer Lage und ihren Absichten und nun erfahre ich so wenig von ihr als wenn sie in einem andern Welttheile wäre, denn auch <span class="index-122 tp-55236 ">die Albertin</span> weiß nichts, und doch nehme ich an diesem zarten interreßanten Wesen so viel Antheil! und <span class="index-96 tp-28069 index-44 tp-28070 ">die zwey prächtige Jungen</span> die sie hat! noch niemals hate ich mich <span class="notice-2234 ">[3]</span> an fremde Kinder so <span class="family-courier ">attachirt</span> als an diese Die Trennung von dieser Familie wird dir doch auch wohl sehr schwer geworden seyn! Jetzt erst bin ich dahin gelangt, <span class="index-5627 tp-36420 index-145 tp-36419 index-5626 tp-36421 index-5628 tp-36422 ">deine Vorlesungen</span> die du in <span class="index-144 tp-28071 ">der Europa</span> gerückt hast zu lesen, sie sind so äußerst wichtig für mich, daß ich es für mich nicht genug beklagen kann, daß ich nicht unter die glücklichen gehört hate, die <span class="index-3628 tp-55244 ">deine Vorlesungen</span> vollständig haben hören können. Wenn ehr werden wir <span class="index-167 tp-36830 index-261 tp-55237 ">den </span><span class="index-167 tp-36830 index-261 tp-55237 index-166 tp-36829 ">Calderon</span><span class="index-167 tp-36830 index-261 tp-55237 ">i</span> und <span class="index-344 tp-36832 ">den </span><span class="index-344 tp-36832 index-4 tp-36831 ">Schakespear</span> bekommen? Vorige Woche habe ich <span class="index-31 tp-36833 ">Fromann</span> aus <span class="index-12 tp-28072 ">Jena</span> kennen lernen. Theile mir ja von deinen litterarischen Arbeiten und Planen mit hat <span class="index-222 tp-55238 ">die Fr. v. Stael</span> nichts im Werke. Was hältst du von <span class="index-8 tp-28074 ">Friedrichs</span> Existenz in <span class="index-172 tp-28073 ">Cöln</span>? sie scheint mir angenehm aber <span class="family-courier ">precair</span> zu seyn, was mögen <span class="index-180 tp-28076 index-8 tp-28075 ">die guten Leute</span> mit dem meubliren, und wieder den Verkauf der Sachen für unnütz Geld verthan haben!<br>Mit <span class="index-122 tp-36834 ">der Albertin</span> ist es nun einmal ein verpfuschtes Leben, und recht wird es wohl nicht wieder ins Gleis kommen, auch ist sie sehr kränklich, <span class="index-8358 tp-56096 index-8955 tp-56097 ">Graffs</span> bezeugen sich als ihre treuen Freunde.<br>Von <span class="index-130 tp-55235 index-48 tp-28077 ">Tieks</span> erfahre ich gar nichts, ich glaube sie werden nach <span class="index-282 tp-28078 ">Töplitz</span> reisen<br><span class="notice-2235 ">[4]</span> wir leben ziemlich gesund in unserm gewöhnlichen leben recht vergnügt fort.<br>Uebermorgen wird <span class="index-121 tp-28081 ">unsers Gustchen</span> Geburtstag seyn, da wird eine kleine <span class="family-courier ">fete</span> bey uns seyn – Wenn man sich nur einmal nach <span class="index-228 tp-28079 ">Coppet</span> versetzen könnte um die herrliche Aussicht mit dir zu genießen! –<br><br><span class="cite tp-44864 ">Sie sind auf einmal von </span><span class="cite tp-44864 index-15 tp-55240 ">Berlin</span><span class="cite tp-44864 "> weggezaubert, werthester Herr Bruder, und schienen doch für Berlin so nothwendig zu seyn.</span> Da, wo es <span class="index-129 tp-55241 ">mir</span> durch Sie so außerordentlich wohl gefiel, würde es mir nun ohne Sie nicht einen Augenblick gefallen können. Ich ergötze mich noch an den Reminiscenzen vom dasigen schönen Leben. Bey meinem sterilen Tagewerk ist eine Verjüngung meines Geistes gewesen. Mit groser Begierde lese ich <span class="index-3628 tp-55243 ">Ihre Vorlesungen</span> in <span class="index-144 tp-55242 ">der Europa</span>, es ist mir, als hörte ich Ihren überzeugenden Vortrag von Ihren Lippen fließen, umgeben von der stillen Aufmerksamkeit Ihrer zahlreichen Zuhörer, unter denen ich mich 3mal zu befinden so glücklich war.<br>Von uns, verborgen im stillen häuslichen Leben kann ich Ihnen durchaus nicht Ausgezeichnetes melden. Desto herzlicher lieben wir Sie, und denken an unsren entfernten zärtlichen Bruder Ihr Bruder L. 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Stael<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE28066"/> gefunden hast, ich freue mich daß ich mich in meinem Urtheil über sie ni ht betrogen habe, unter allen unseren Romanenschriftstellerinnen habe ich bey ihr den mehrsten Geist gefunden, und ächtes Feuer fürs Gute. Es dauert mich jetzt um so mehr daß ich nicht versucht habe sie zu sehen, da sie für dich so wichtig geworden, ich hatte große Lust dazu und <anchor type="b" n="8832" ana="11" xml:id="NidB55233"/>Hofrath Müller<anchor type="e" n="8832" ana="11" xml:id="NidE55233"/> redete mir zu, <hi rend="overstrike:1">sie</hi> vielleicht führt sie ihr Weg einmal über <anchor type="b" n="13" ana="10" xml:id="NidB28067"/>Dresden<anchor type="e" n="13" ana="10" xml:id="NidE28067"/>, das würde <milestone unit="start" n="2233"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="2233"/> für mich sehr merkwürdig seyn. Wenn <hi rend="overstrike:1">Sie</hi> du es ihr etwan gesagt hast daß du eine Schwester in Dresden hast, so sage ihr doch daß sie an mir eine große Bewunderinn hat. Das erste warum ich dich bitte mir von den etwanigen Reiseplanen die im Werke sind mitzutheilen ich genieße dieses alles in Gedanken mit, du hast gewiß keine treuere Theilnehmendere Freundinn als an mir, ich kann es dir nur so wenig bezeugen, da wir <hi rend="overstrike:1">mit</hi> <hi rend="offset:4">durch</hi> unsrer Lage so aus einander gerückt sind. Meine Reise nach <anchor type="b" n="15" ana="10" xml:id="NidB28068"/>Berlin<anchor type="e" n="15" ana="10" xml:id="NidE28068"/> war mir einzig darum so wünschens werth um dir einmal wieder nahe zu kommen, ich fürchtete sonst bey dir almählich in Vergeßenheit zu kommen. – Das Zweyte worum ich dich sehr bitte, ist mir etwas von <anchor type="b" n="132" ana="11" xml:id="NidB55234"/>der Bernhardin<anchor type="e" n="132" ana="11" xml:id="NidE55234"/> zu melden, ich weiß so <hi rend="overstrike:1">lange</hi> manches von ihrer Lage und ihren Absichten und nun erfahre ich so wenig von ihr als wenn sie in einem andern Welttheile wäre, denn auch <anchor type="b" n="122" ana="11" xml:id="NidB55236"/>die Albertin<anchor type="e" n="122" ana="11" xml:id="NidE55236"/> weiß nichts, und doch nehme ich an diesem zarten interreßanten Wesen so viel Antheil! und <anchor type="b" n="96" ana="11" xml:id="NidB28069"/><anchor type="b" n="44" ana="11" xml:id="NidB28070"/>die zwey prächtige Jungen<anchor type="e" n="44" ana="11" xml:id="NidE28070"/><anchor type="e" n="96" ana="11" xml:id="NidE28069"/> die sie hat! noch niemals hate ich mich <milestone unit="start" n="2234"/>[3]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="2234"/> an fremde Kinder so <hi rend="family:Courier">attachirt</hi> als an diese Die Trennung von dieser Familie wird dir doch auch wohl sehr schwer geworden seyn! Jetzt erst bin ich dahin gelangt, <anchor type="b" n="5627" ana="12" xml:id="NidB36420"/><anchor type="b" n="145" ana="12" xml:id="NidB36419"/><anchor type="b" n="5626" ana="12" xml:id="NidB36421"/><anchor type="b" n="5628" ana="12" xml:id="NidB36422"/>deine Vorlesungen<anchor type="e" n="5628" ana="12" xml:id="NidE36422"/><anchor type="e" n="5626" ana="12" xml:id="NidE36421"/><anchor type="e" n="145" ana="12" xml:id="NidE36419"/><anchor type="e" n="5627" ana="12" xml:id="NidE36420"/> die du in <anchor type="b" n="144" ana="13" xml:id="NidB28071"/>der Europa<anchor type="e" n="144" ana="13" xml:id="NidE28071"/> gerückt hast zu lesen, sie sind so äußerst wichtig für mich, daß ich es für mich nicht genug beklagen kann, daß ich nicht unter die glücklichen gehört hate, die <anchor type="b" n="3628" ana="12" xml:id="NidB55244"/>deine Vorlesungen<anchor type="e" n="3628" ana="12" xml:id="NidE55244"/> vollständig haben hören können. Wenn ehr werden wir <anchor type="b" n="167" ana="12" xml:id="NidB36830"/><anchor type="b" n="261" ana="12" xml:id="NidB55237"/>den <anchor type="b" n="166" ana="11" xml:id="NidB36829"/>Calderon<anchor type="e" n="166" ana="11" xml:id="NidE36829"/>i<anchor type="e" n="261" ana="12" xml:id="NidE55237"/><anchor type="e" n="167" ana="12" xml:id="NidE36830"/> und <anchor type="b" n="344" ana="12" xml:id="NidB36832"/>den <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB36831"/>Schakespear<anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE36831"/><anchor type="e" n="344" ana="12" xml:id="NidE36832"/> bekommen? Vorige Woche habe ich <anchor type="b" n="31" ana="11" xml:id="NidB36833"/>Fromann<anchor type="e" n="31" ana="11" xml:id="NidE36833"/> aus <anchor type="b" n="12" ana="10" xml:id="NidB28072"/>Jena<anchor type="e" n="12" ana="10" xml:id="NidE28072"/> kennen lernen. Theile mir ja von deinen litterarischen Arbeiten und Planen mit hat <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB55238"/>die Fr. v. Stael<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE55238"/> nichts im Werke. Was hältst du von <anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB28074"/>Friedrichs<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE28074"/> Existenz in <anchor type="b" n="172" ana="10" xml:id="NidB28073"/>Cöln<anchor type="e" n="172" ana="10" xml:id="NidE28073"/>? sie scheint mir angenehm aber <hi rend="family:Courier">precair</hi> zu seyn, was mögen <anchor type="b" n="180" ana="11" xml:id="NidB28076"/><anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB28075"/>die guten Leute<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE28075"/><anchor type="e" n="180" ana="11" xml:id="NidE28076"/> mit dem meubliren, und wieder den Verkauf der Sachen für unnütz Geld verthan haben!<lb/>Mit <anchor type="b" n="122" ana="11" xml:id="NidB36834"/>der Albertin<anchor type="e" n="122" ana="11" xml:id="NidE36834"/> ist es nun einmal ein verpfuschtes Leben, und recht wird es wohl nicht wieder ins Gleis kommen, auch ist sie sehr kränklich, <anchor type="b" n="8358" ana="11" xml:id="NidB56096"/><anchor type="b" n="8955" ana="11" xml:id="NidB56097"/>Graffs<anchor type="e" n="8955" ana="11" xml:id="NidE56097"/><anchor type="e" n="8358" ana="11" xml:id="NidE56096"/> bezeugen sich als ihre treuen Freunde.<lb/>Von <anchor type="b" n="130" ana="11" xml:id="NidB55235"/><anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB28077"/>Tieks<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE28077"/><anchor type="e" n="130" ana="11" xml:id="NidE55235"/> erfahre ich gar nichts, ich glaube sie werden nach <anchor type="b" n="282" ana="10" xml:id="NidB28078"/>Töplitz<anchor type="e" n="282" ana="10" xml:id="NidE28078"/> reisen<lb/><milestone unit="start" n="2235"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="2235"/> wir leben ziemlich gesund in unserm gewöhnlichen leben recht vergnügt fort.<lb/>Uebermorgen wird <anchor type="b" n="121" ana="11" xml:id="NidB28081"/>unsers Gustchen<anchor type="e" n="121" ana="11" xml:id="NidE28081"/> Geburtstag seyn, da wird eine kleine <hi rend="family:Courier">fete</hi> bey uns seyn – Wenn man sich nur einmal nach <anchor type="b" n="228" ana="10" xml:id="NidB28079"/>Coppet<anchor type="e" n="228" ana="10" xml:id="NidE28079"/> versetzen könnte um die herrliche Aussicht mit dir zu genießen! –<lb/><lb/><anchor type="b" n="6716" ana="16" xml:id="NidB44864"/>Sie sind auf einmal von <anchor type="b" n="15" ana="10" xml:id="NidB55240"/>Berlin<anchor type="e" n="15" ana="10" xml:id="NidE55240"/> weggezaubert, werthester Herr Bruder, und schienen doch für Berlin so nothwendig zu seyn.<anchor type="e" n="6716" ana="16" xml:id="NidE44864"/> Da, wo es <anchor type="b" n="129" ana="11" xml:id="NidB55241"/>mir<anchor type="e" n="129" ana="11" xml:id="NidE55241"/> durch Sie so außerordentlich wohl gefiel, würde es mir nun ohne Sie nicht einen Augenblick gefallen können. Ich ergötze mich noch an den Reminiscenzen vom dasigen schönen Leben. Bey meinem sterilen Tagewerk ist eine Verjüngung meines Geistes gewesen. Mit groser Begierde lese ich <anchor type="b" n="3628" ana="12" xml:id="NidB55243"/>Ihre Vorlesungen<anchor type="e" n="3628" ana="12" xml:id="NidE55243"/> in <anchor type="b" n="144" ana="13" xml:id="NidB55242"/>der Europa<anchor type="e" n="144" ana="13" xml:id="NidE55242"/>, es ist mir, als hörte ich Ihren überzeugenden Vortrag von Ihren Lippen fließen, umgeben von der stillen Aufmerksamkeit Ihrer zahlreichen Zuhörer, unter denen ich mich 3mal zu befinden so glücklich war.<lb/>Von uns, verborgen im stillen häuslichen Leben kann ich Ihnen durchaus nicht Ausgezeichnetes melden. Desto herzlicher lieben wir Sie, und denken an unsren entfernten zärtlichen Bruder Ihr Bruder L. Emmanuel<lb/>Ernst.<lb/><anchor type="b" n="1524" ana="10" xml:id="NidB28080"/>Pillnitz<anchor type="e" n="1524" ana="10" xml:id="NidE28080"/>, d. 15. <hi rend="family:Courier">Jul.</hi> 1804', '36_anmerkungextern' => 'Empfangsort erschlossen. – Charlotte Ernst lässt bei „ch“-Schreibungen oft das „c“ weg. 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[1] Jede Nachricht liebster Bruder die du mir von deiner Lage, und von deinem Seyn und Thun giebst, l ist meinem Herzen äußerst werth, wende daher manchmal ein halbes Stundchen an mir, jetzt bin ich nun noch weniger in der Lage etwas durch die dritte Hand von dir zu erfahren als sonst. Ich hatte von der Bernhardin nichts von deiner Abreise gehört, so wie sie mir überhaupt gar nichts geschrieben hat, zuerst erfuhr es mein Mann von der Fr. Bischofswerder aber auch noch ungewiß, bis wir es in den Zeitungen lasen, du kannst also denken wie interreßant mir es war von dir selbst darüber zu hören. Ich freue mich unendlich daß du eine so würdige und noble Freundinn an der Fr. v. Stael gefunden hast, ich freue mich daß ich mich in meinem Urtheil über sie ni ht betrogen habe, unter allen unseren Romanenschriftstellerinnen habe ich bey ihr den mehrsten Geist gefunden, und ächtes Feuer fürs Gute. Es dauert mich jetzt um so mehr daß ich nicht versucht habe sie zu sehen, da sie für dich so wichtig geworden, ich hatte große Lust dazu und Hofrath Müller redete mir zu, sie vielleicht führt sie ihr Weg einmal über Dresden, das würde [2] für mich sehr merkwürdig seyn. Wenn Sie du es ihr etwan gesagt hast daß du eine Schwester in Dresden hast, so sage ihr doch daß sie an mir eine große Bewunderinn hat. Das erste warum ich dich bitte mir von den etwanigen Reiseplanen die im Werke sind mitzutheilen ich genieße dieses alles in Gedanken mit, du hast gewiß keine treuere Theilnehmendere Freundinn als an mir, ich kann es dir nur so wenig bezeugen, da wir mit durch unsrer Lage so aus einander gerückt sind. Meine Reise nach Berlin war mir einzig darum so wünschens werth um dir einmal wieder nahe zu kommen, ich fürchtete sonst bey dir almählich in Vergeßenheit zu kommen. – Das Zweyte worum ich dich sehr bitte, ist mir etwas von der Bernhardin zu melden, ich weiß so lange manches von ihrer Lage und ihren Absichten und nun erfahre ich so wenig von ihr als wenn sie in einem andern Welttheile wäre, denn auch die Albertin weiß nichts, und doch nehme ich an diesem zarten interreßanten Wesen so viel Antheil! und die zwey prächtige Jungen die sie hat! noch niemals hate ich mich [3] an fremde Kinder so attachirt als an diese Die Trennung von dieser Familie wird dir doch auch wohl sehr schwer geworden seyn! Jetzt erst bin ich dahin gelangt, deine Vorlesungen die du in der Europa gerückt hast zu lesen, sie sind so äußerst wichtig für mich, daß ich es für mich nicht genug beklagen kann, daß ich nicht unter die glücklichen gehört hate, die deine Vorlesungen vollständig haben hören können. Wenn ehr werden wir den Calderoni und den Schakespear bekommen? Vorige Woche habe ich Fromann aus Jena kennen lernen. Theile mir ja von deinen litterarischen Arbeiten und Planen mit hat die Fr. v. Stael nichts im Werke. Was hältst du von Friedrichs Existenz in Cöln? sie scheint mir angenehm aber precair zu seyn, was mögen die guten Leute mit dem meubliren, und wieder den Verkauf der Sachen für unnütz Geld verthan haben!
Mit der Albertin ist es nun einmal ein verpfuschtes Leben, und recht wird es wohl nicht wieder ins Gleis kommen, auch ist sie sehr kränklich, Graffs bezeugen sich als ihre treuen Freunde.
Von Tieks erfahre ich gar nichts, ich glaube sie werden nach Töplitz reisen
[4] wir leben ziemlich gesund in unserm gewöhnlichen leben recht vergnügt fort.
Uebermorgen wird unsers Gustchen Geburtstag seyn, da wird eine kleine fete bey uns seyn – Wenn man sich nur einmal nach Coppet versetzen könnte um die herrliche Aussicht mit dir zu genießen! –
Sie sind auf einmal von Berlin weggezaubert, werthester Herr Bruder, und schienen doch für Berlin so nothwendig zu seyn. Da, wo es mir durch Sie so außerordentlich wohl gefiel, würde es mir nun ohne Sie nicht einen Augenblick gefallen können. Ich ergötze mich noch an den Reminiscenzen vom dasigen schönen Leben. Bey meinem sterilen Tagewerk ist eine Verjüngung meines Geistes gewesen. Mit groser Begierde lese ich Ihre Vorlesungen in der Europa, es ist mir, als hörte ich Ihren überzeugenden Vortrag von Ihren Lippen fließen, umgeben von der stillen Aufmerksamkeit Ihrer zahlreichen Zuhörer, unter denen ich mich 3mal zu befinden so glücklich war.
Von uns, verborgen im stillen häuslichen Leben kann ich Ihnen durchaus nicht Ausgezeichnetes melden. Desto herzlicher lieben wir Sie, und denken an unsren entfernten zärtlichen Bruder Ihr Bruder L. Emmanuel
Ernst.
Pillnitz, d. 15. Jul. 1804
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