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Jetzt ist er in Pohlen, und ich hoffe ihn in der Mitte des Januars wieder zu sehen, es ist eine Prüfungszeit für ihn. Mir ist gewißermaasen die Ruhe wohlthätig die bey mir eingetreten ist, und daß ich mich ganz mit <span class="index-121 tp-28189 ">meinem Gustchen</span> beschäftigen kann. – Ich weiß nicht ob du ganz zufrieden seyn wirst, daß <span class="index-180 tp-28190 ">die Schwiegerinn</span> nach <span class="index-16 tp-28191 ">Wien</span> gegangen, nach meinem besten Ueberlegen war es daß Beste, sowohl für <span class="index-180 tp-90519 index-8 tp-90518 ">meine Geschwister</span>, als für mich wenn <span class="overstrike-1 ">du</span> <span class="overstrike-1 ">ich</span> <span class="offset-4 ">du</span> ein vertrauliches Stündchen bey mir zubrächtest wollte ich dir das so detailliren daß du mir völlig recht geben solltest. Erstlich opfre ich mich gewiß gern meinen Freunden auf, sobald ich Nutzen daraus ersehe, aber wenn dieses nicht ist so treten meine eignen Rechte wieder ein, und ich <span class="notice-1277 ">[2]</span> muß dann an mich denken, Meine Gesundheit und mein Gemüth erfordern nothwendig eine tiefe Ruhe in meinem Innren, das ist das Element in das ich lebe und äußere Bequemlichkeiten opfre ich gern dafür auf darinnen contrastire ich ganz mit meiner Schwiegerinn und auch ist dieß der Einzige Punkt worinnen ich mit <span class="index-8 tp-28192 ">Friedrich</span> contrastire, sie opfern für die Bequemlichkeit und Pflege des Leibes wenn es Noth thut die Ruhe des Gemüths auf. Der Gedanke warum ich wünschte, die Schwiegerinn sollte eine Zeitlang bey mir <span class="overstrike-1 ">leben</span> <span class="offset-4 ">seyn *</span><span class="notice-1275 ">laß ja mit keinem Worte an Friedrich merken was ich dir über ihn geschrieben.</span>, war, daß beyde ämsig an einen baldigen Verein arbeiten sollte, er dort fleißig, sie hier, ud daß ich so villeicht ein weniges dazu beytrüge, daß sie sich einen etwas bequemern Herd bauen könnten wenn dieß der Fall gewesen wäre, wenn sie fleißig gearbeitet, ud zurück gelegt hätten, dann hätte sie ein Jahr bey mir bleiben mögen, so war es das Gegentheil Friedrich gewöhnte sich dort almählich an das Leben eines <span class="family-courier ">Garçon</span> ud der Schwiegerinn wurde es auch wieder schwerer, sich in eine ungemächliche Lage zu versetzen. Die Hauptsache für mich war, daß Friedrich mir so oft gesagt, daß sie ihm zu seinen Arbeiten unentbehrlich ist, und hierinnen scheint sie vil Verdienste zu haben sie ehrt seine Arbeitstunden, und vermeidet alles was ihn aus dieser günstigen Lage heraus bringen könnte, dann glaube ich kann sie sich erstaunlich in seine Ideen hineindenken, sie ist ordentlich sein Nachhall, er kann das Bedürfniß befriedigen, über seine Ideen zu reden, ohne dadurch um seine Zeit gebracht zu werden, eine stille Geselligkeit ist alles was Friedrich braucht, und was am günstigsten für seine Geistesprodukte ist, ein häusliches Leben ist ihm eigentlich Bedürfniß, wenn es nur einmal wirklich ein recht ordentliches <span class="overstrike-1 ">Leben würde</span> häusliches Leben würde! An meiner Schwiegerinn habe ich mehr Schätze <span class="notice-1278 ">[3]</span> des Gemüths gefunden, als ich vorher an ihr kannte aber sie <span class="underline-1 ">thut</span> nicht genug, die Kraft sie alle in der nützlichste Anwendung zu bringen <span class="offset-4 ">fehlt ihr</span>. Oekonomisches Talent hat sie gar nicht. An einem Gebäude daß man aufzuführen wünscht, täglich unermüdet ein Steinchen hinzuzutragen, wenn man die Vollendung auch noch so <span class="notice-45047 ">weit</span> von sich entfernt sieht, doch nicht die Geduld verlieren, ud nie gutwillig einen Rückschritt machen, daß ist eine weibliche Tugend die ihr fehlt. Diese Wahrnehmung hat mich innigst betrübt die Theilnahme, und die Ueberzeugung die ich nun bekam, daß ich mit meinen Kräften viel zu wenig bei diesen zwey Menschen helfen zu können machte mich wirklich unglücklich. Wenn die Verlegung zu Stande komt wie es doch allen Anschein hat, wird jetzt wieder alles gut seyn, wie lange daß muß man sehn du hast als ein großmüthiger Bruder gehandelt ich habe es ein paar mal negirt gegen meine Schwiegerinn, daß du den Wunsch aufgeopfert ein Pferd zu halten, um ihnen dieses Geld desto wichtiger zu machen, was Ihnen die brüderliche Liebe opfert. An die Wieder gabe der 200 <span class="notice-44999 ">r.</span> denke jetzt nicht ich kann es nicht ausstehen, daß alles auf dich losgeht, mein Gustchen verliert es doch einmal nicht, wenn es in deinen Händen ist. Diese Zuverläßigkeit die man auf dich haben kann, diese <span class="family-courier ">loyalität</span> darinnen hat die <span class="index-222 tp-28193 ">Fr. v. Stael</span> ganz recht, daß sie darinnen solch einen Großen werth auf dich setzt, ich möchte sie Friedrichen wenn ich könnte mit jeder Aufopferung erkaufen. Ueber den Plan sich mit <span class="index-1311 tp-28195 index-608 tp-28194 ">den Söhnen</span> hier zu vereinigen, ist mir vorher gar nichts mitgetheilt daß änderte ganz die Lage der Sachen, an er<span class="notice-45758 ">bitten</span> für die Schwiegerinn war gar nicht zu denken, daß war ein unruhiges hin und her laufen, bald sie zu den Söhnen bald die Söhne zu ihr, auf so ein schnelles, einwirken und Erziehen halte ich nichts, es wür<span class="notice-1279 ">[4]</span>de auf die Länge auch den Söhnen zu vil Zeit gekostet haben, mein <span class="index-121 tp-90520 ">Gustchen</span> brachte es ganz aus ihrem Gleise, und es würde auch darum nicht lange so fort gegangen seyn. Doch ist ihr hierseyn von großem Nutzen gewesen, die zwey Söhne sind sehr hübsch und ordentlich eingerichtet, wobey ich mir auch schmeichle daß mein Rath auch mit zu beygetragen hat. Sie haben einen sehr gründlichen Untericht bey <span class="index-2017 tp-90516 ">Matthäi</span>, ihre häusliche Verfassung ist gut und ordentlich, die Empfehlung von <span class="index-180 tp-28197 ">Friedrichs Frau</span> war sehr günstig, <span class="index-835 tp-28198 ">Schubert</span>, <span class="index-1680 tp-28199 ">Riquet</span> ud noch einige haben ihnen ihr Haus geöfnet des Abends hinzugehen wenn sie wollen. zu mir kommen sie oft ud wir lesen den Ariost, es sind bis jetzt noch ganz unverdorbne junge Leute, und <span class="index-608 tp-28196 ">Philip</span> ist ein liebenswürdiger Junge, er scheint auch Talent für die Kunst zu haben. Das einzige was ich noch wünschte daß sie einen gründlichen Unterricht in der Religion, <span class="offset-4 ">bekämen</span> doch da dieser Catholisch seyn soll, hat sich dieß hir nicht finden wollen. <span class="index-4348 tp-28200 ">Der alte Veith</span> ist der gutmüthigste Mensch von der Welt, voller Liebe zu seinen Kindern, man muß ihm nach seiner Handlungsart schätzen. Schubert hat einen Ruf nach <span class="index-351 tp-90521 ">Nürnberg</span> als <span class="overstrike-1 ">Rektor</span> <span class="family-courier offset-4 ">director</span> bekommen und wird in wenig Wochen dahin gehen, es ist ein treflicher Mensch. <span class="index-1112 tp-28201 ">Adam Müller</span> sitzt in keinen Rosengarten, unglaublicher weise hat <span class="index-5001 tp-91231 ">eine Dame</span> mit der er villeicht nur hat tändeln wollen die sich ganz ernsthaft in ihn verliebt, sie ist nun von <span class="index-18993 tp-91232 ">ihrem Manne</span> geschieden, hat kein Vermögen, fühlt sich unglücklich daß sie ihre Ehre und <span class="index-18994 tp-91233 ">ihre Kinder</span> verloren hat, Weint Tag ud Nacht kann doch von Müllern nicht lassen, das kleine Adämchen ist wieder gestorben alles dieses ist so publick geworden, wie es gar nicht sollte – Von meiner Erzählung über Friedrich muß ich dir noch nachholen, daß so wie von dem fortdauernden Frieden gewiß waren, ud sich zufällig eine gute Gelegenheit fand, die Schwiegerinn noch Geld in der Tasche hat, ich vermehrte es mit 24 <span class="notice-45000 ">r.</span> trat sie die <span class="notice-3891 ">Reise an freylich Friedrichen etwas unerwartet, er hatte nur </span><span class="notice-3891 underline-1 ">eine</span><span class="notice-3891 ">, aber große Stube sie sind es beyde nicht gewohnt sich im Nothfall eng zu behelfen, da war also große Noth, ich bekam Briefe die mich ganz um meine Ruhe brachten da ich doch die Sache wenn auch nicht bevör</span><span class="notice-3891 notice-1280 ">[3]</span><span class="notice-3891 ">dert doch gut geheißen hatte. nun ist endlich eine erträgliche Wohnung da, doch schicke ich stündliche Stoßgebete gen Himmel, daß </span><span class="notice-3891 index-651 tp-90523 ">die Vorlesung</span><span class="notice-3891 "> zu Stande kommen mag. Auf allen Fall da Friedrich seine Frau einmal ernähren </span><span class="notice-3891 underline-1 ">muß</span><span class="notice-3891 "> </span><span class="notice-3891 offset-4 ">ist es am besten</span><span class="notice-3891 "> sie tragen, sie dulden, sie arbeiten </span><span class="notice-3891 notice-1281 ">[2]</span><span class="notice-3891 "> mit einander. Wie schön wäre es gewesen du hättest den Winter in Wien zugebracht, konntest du nicht allein da hin gehen, und mit diesen beiden leben, wenn </span><span class="notice-3891 index-222 tp-90522 ">die Fr. v. Stael</span><span class="notice-3891 "> Hindernisse hatte? </span><span class="notice-3891 index-946 tp-28202 ">Deine Vorlesungen</span><span class="notice-3891 "> wenn sie heraus kommen möchte ich gleich besitzen. Schreib mir ja </span><span class="notice-3891 notice-1282 ">[1]</span><span class="notice-3891 "> von allem was du thust und treibst. Dem Andenken der Fr. v. Stael empfiehl mich aufs Angelegentlichste, ich wünschte auch zu wißen was sie machte und wie ihre litterarischen Arbeiten vor </span><span class="notice-3891 offset-4 ">wärts</span><span class="notice-3891 "> </span><span class="notice-3891 overstrike-1 ">sich</span><span class="notice-3891 "> gehen. Widmet sie sich noch immer so ganz der Gesellschaft? ich gewinne der Einsamkeit immer mehr Geschmack ab. Mein einsames Zimmer ist mir ein Elisium <br>Charlotte Ernst</span>', 'isaprint' => false, 'isnewtranslation' => true, 'statemsg' => 'betamsg23', 'cittitle' => 'www.august-wilhelm-schlegel.de/briefedigital/briefid/2626', 'description' => 'Charlotte Ernst an August Wilhelm von Schlegel am 27. November [1808], Dresden, Coppet', 'adressatort' => 'Coppet <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/1027948-9">GND</a>', 'absendeort' => 'Dresden <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/37172-5">GND</a>', 'date' => '27. 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Schubert hat einen Ruf nach <span class="index-351 tp-90521 ">Nürnberg</span> als <span class="overstrike-1 ">Rektor</span> <span class="family-courier offset-4 ">director</span> bekommen und wird in wenig Wochen dahin gehen, es ist ein treflicher Mensch. <span class="index-1112 tp-28201 ">Adam Müller</span> sitzt in keinen Rosengarten, unglaublicher weise hat <span class="index-5001 tp-91231 ">eine Dame</span> mit der er villeicht nur hat tändeln wollen die sich ganz ernsthaft in ihn verliebt, sie ist nun von <span class="index-18993 tp-91232 ">ihrem Manne</span> geschieden, hat kein Vermögen, fühlt sich unglücklich daß sie ihre Ehre und <span class="index-18994 tp-91233 ">ihre Kinder</span> verloren hat, Weint Tag ud Nacht kann doch von Müllern nicht lassen, das kleine Adämchen ist wieder gestorben alles dieses ist so publick geworden, wie es gar nicht sollte – Von meiner Erzählung über Friedrich muß ich dir noch nachholen, daß so wie von dem fortdauernden Frieden gewiß waren, ud sich zufällig eine gute Gelegenheit fand, die Schwiegerinn noch Geld in der Tasche hat, ich vermehrte es mit 24 <span class="notice-45000 ">r.</span> trat sie die <span class="notice-3891 ">Reise an freylich Friedrichen etwas unerwartet, er hatte nur </span><span class="notice-3891 underline-1 ">eine</span><span class="notice-3891 ">, aber große Stube sie sind es beyde nicht gewohnt sich im Nothfall eng zu behelfen, da war also große Noth, ich bekam Briefe die mich ganz um meine Ruhe brachten da ich doch die Sache wenn auch nicht bevör</span><span class="notice-3891 notice-1280 ">[3]</span><span class="notice-3891 ">dert doch gut geheißen hatte. nun ist endlich eine erträgliche Wohnung da, doch schicke ich stündliche Stoßgebete gen Himmel, daß </span><span class="notice-3891 index-651 tp-90523 ">die Vorlesung</span><span class="notice-3891 "> zu Stande kommen mag. Auf allen Fall da Friedrich seine Frau einmal ernähren </span><span class="notice-3891 underline-1 ">muß</span><span class="notice-3891 "> </span><span class="notice-3891 offset-4 ">ist es am besten</span><span class="notice-3891 "> sie tragen, sie dulden, sie arbeiten </span><span class="notice-3891 notice-1281 ">[2]</span><span class="notice-3891 "> mit einander. Wie schön wäre es gewesen du hättest den Winter in Wien zugebracht, konntest du nicht allein da hin gehen, und mit diesen beiden leben, wenn </span><span class="notice-3891 index-222 tp-90522 ">die Fr. v. Stael</span><span class="notice-3891 "> Hindernisse hatte? </span><span class="notice-3891 index-946 tp-28202 ">Deine Vorlesungen</span><span class="notice-3891 "> wenn sie heraus kommen möchte ich gleich besitzen. Schreib mir ja </span><span class="notice-3891 notice-1282 ">[1]</span><span class="notice-3891 "> von allem was du thust und treibst. Dem Andenken der Fr. v. Stael empfiehl mich aufs Angelegentlichste, ich wünschte auch zu wißen was sie machte und wie ihre litterarischen Arbeiten vor </span><span class="notice-3891 offset-4 ">wärts</span><span class="notice-3891 "> </span><span class="notice-3891 overstrike-1 ">sich</span><span class="notice-3891 "> gehen. Widmet sie sich noch immer so ganz der Gesellschaft? ich gewinne der Einsamkeit immer mehr Geschmack ab. Mein einsames Zimmer ist mir ein Elisium <br>Charlotte Ernst</span>', '36_xml' => '<p><milestone unit="start" n="1276"/>[1]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1276"/> den 27 <hi rend="offset:4">ten</hi><lb/><hi rend="family:Courier">Nov.</hi><lb/>Mein Geliebtester Bruder<lb/>Es ist eine lange Zeit hingegangen daß ich nicht an dich geschrieben habe, aber ich habe ganze 8 Wochen so unruhig und geschäftvoll zugebracht, daß ich auch nicht einmal an <persName key="264">meine Mutter</persName> geschrieben das Briefschreiben ist immer das Erste was da wegfällt weil es einmal nicht in die Liste meiner gewöhnlichen Geschäfte mit angerechnet ist, also ein <hi rend="family:Courier">hors dʼoeuvres</hi> wozu schon eine besondre Muße seyn muß das unruhige Leben <persName key="129">meines Mannes</persName> in seinem Amte, zieht mich mit hinein, ich suche es ihm so vil als möglich zu erleichtern, daß er es nicht so ganz fühlt was es drückendes <hi rend="overstrike:1">für den Geist hat</hi> und Einförmiges für den Geist hat. und so bin ich diesen letzten Theil des Sommers bald in <placeName key="13">Dresden</placeName>, bald in <placeName key="1524">Pillnitz</placeName> an keinen Ort lange, und an keinem recht zu Hause gewesen es war mit sehr vil Unbequemlichkeit verbunden, seit der <hi rend="overstrike:1">neuen</hi> französischen <hi rend="family:Courier">allianz</hi> kommen jetzt Dinge in seinem Dienste vor, von denen man vorher gar nichts wußte und der alte Schlendrian ist ganz verlassen. Jetzt ist er in Pohlen, und ich hoffe ihn in der Mitte des Januars wieder zu sehen, es ist eine Prüfungszeit für ihn. Mir ist gewißermaasen die Ruhe wohlthätig die bey mir eingetreten ist, und daß ich mich ganz mit <persName key="121">meinem Gustchen</persName> beschäftigen kann. – Ich weiß nicht ob du ganz zufrieden seyn wirst, daß <persName key="180">die Schwiegerinn</persName> nach <placeName key="16">Wien</placeName> gegangen, nach meinem besten Ueberlegen war es daß Beste, sowohl für <persName key="180"><persName key="8">meine Geschwister</persName></persName>, als für mich wenn <hi rend="overstrike:1">du</hi> <hi rend="overstrike:1">ich</hi> <hi rend="offset:4">du</hi> ein vertrauliches Stündchen bey mir zubrächtest wollte ich dir das so detailliren daß du mir völlig recht geben solltest. Erstlich opfre ich mich gewiß gern meinen Freunden auf, sobald ich Nutzen daraus ersehe, aber wenn dieses nicht ist so treten meine eignen Rechte wieder ein, und ich <milestone unit="start" n="1277"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1277"/> muß dann an mich denken, Meine Gesundheit und mein Gemüth erfordern nothwendig eine tiefe Ruhe in meinem Innren, das ist das Element in das ich lebe und äußere Bequemlichkeiten opfre ich gern dafür auf darinnen contrastire ich ganz mit meiner Schwiegerinn und auch ist dieß der Einzige Punkt worinnen ich mit <persName key="8">Friedrich</persName> contrastire, sie opfern für die Bequemlichkeit und Pflege des Leibes wenn es Noth thut die Ruhe des Gemüths auf. Der Gedanke warum ich wünschte, die Schwiegerinn sollte eine Zeitlang bey mir <hi rend="overstrike:1">leben</hi> <hi rend="offset:4">seyn *</hi><milestone unit="start" n="1275"/>laß ja mit keinem Worte an Friedrich merken was ich dir über ihn geschrieben.<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Einfügung am unteren Blattrand</title></note><milestone unit="end" n="1275"/>, war, daß beyde ämsig an einen baldigen Verein arbeiten sollte, er dort fleißig, sie hier, ud daß ich so villeicht ein weniges dazu beytrüge, daß sie sich einen etwas bequemern Herd bauen könnten wenn dieß der Fall gewesen wäre, wenn sie fleißig gearbeitet, ud zurück gelegt hätten, dann hätte sie ein Jahr bey mir bleiben mögen, so war es das Gegentheil Friedrich gewöhnte sich dort almählich an das Leben eines <hi rend="family:Courier">Garçon</hi> ud der Schwiegerinn wurde es auch wieder schwerer, sich in eine ungemächliche Lage zu versetzen. Die Hauptsache für mich war, daß Friedrich mir so oft gesagt, daß sie ihm zu seinen Arbeiten unentbehrlich ist, und hierinnen scheint sie vil Verdienste zu haben sie ehrt seine Arbeitstunden, und vermeidet alles was ihn aus dieser günstigen Lage heraus bringen könnte, dann glaube ich kann sie sich erstaunlich in seine Ideen hineindenken, sie ist ordentlich sein Nachhall, er kann das Bedürfniß befriedigen, über seine Ideen zu reden, ohne dadurch um seine Zeit gebracht zu werden, eine stille Geselligkeit ist alles was Friedrich braucht, und was am günstigsten für seine Geistesprodukte ist, ein häusliches Leben ist ihm eigentlich Bedürfniß, wenn es nur einmal wirklich ein recht ordentliches <hi rend="overstrike:1">Leben würde</hi> häusliches Leben würde! An meiner Schwiegerinn habe ich mehr Schätze <milestone unit="start" n="1278"/>[3]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1278"/> des Gemüths gefunden, als ich vorher an ihr kannte aber sie <hi rend="underline:1">thut</hi> nicht genug, die Kraft sie alle in der nützlichste Anwendung zu bringen <hi rend="offset:4">fehlt ihr</hi>. Oekonomisches Talent hat sie gar nicht. An einem Gebäude daß man aufzuführen wünscht, täglich unermüdet ein Steinchen hinzuzutragen, wenn man die Vollendung auch noch so <milestone unit="start" n="45047"/>weit<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Unsichere Lesung</title></note><milestone unit="end" n="45047"/> von sich entfernt sieht, doch nicht die Geduld verlieren, ud nie gutwillig einen Rückschritt machen, daß ist eine weibliche Tugend die ihr fehlt. Diese Wahrnehmung hat mich innigst betrübt die Theilnahme, und die Ueberzeugung die ich nun bekam, daß ich mit meinen Kräften viel zu wenig bei diesen zwey Menschen helfen zu können machte mich wirklich unglücklich. Wenn die Verlegung zu Stande komt wie es doch allen Anschein hat, wird jetzt wieder alles gut seyn, wie lange daß muß man sehn du hast als ein großmüthiger Bruder gehandelt ich habe es ein paar mal negirt gegen meine Schwiegerinn, daß du den Wunsch aufgeopfert ein Pferd zu halten, um ihnen dieses Geld desto wichtiger zu machen, was Ihnen die brüderliche Liebe opfert. An die Wieder gabe der 200 <milestone unit="start" n="44999"/>r.<note type="Sachkommentar"><title>Reichstaler</title></note><milestone unit="end" n="44999"/> denke jetzt nicht ich kann es nicht ausstehen, daß alles auf dich losgeht, mein Gustchen verliert es doch einmal nicht, wenn es in deinen Händen ist. Diese Zuverläßigkeit die man auf dich haben kann, diese <hi rend="family:Courier">loyalität</hi> darinnen hat die <persName key="222">Fr. v. Stael</persName> ganz recht, daß sie darinnen solch einen Großen werth auf dich setzt, ich möchte sie Friedrichen wenn ich könnte mit jeder Aufopferung erkaufen. Ueber den Plan sich mit <persName key="1311"><persName key="608">den Söhnen</persName></persName> hier zu vereinigen, ist mir vorher gar nichts mitgetheilt daß änderte ganz die Lage der Sachen, an er<milestone unit="start" n="45758"/>bitten<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Unsichere Lesung</title></note><milestone unit="end" n="45758"/> für die Schwiegerinn war gar nicht zu denken, daß war ein unruhiges hin und her laufen, bald sie zu den Söhnen bald die Söhne zu ihr, auf so ein schnelles, einwirken und Erziehen halte ich nichts, es wür<milestone unit="start" n="1279"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1279"/>de auf die Länge auch den Söhnen zu vil Zeit gekostet haben, mein <persName key="121">Gustchen</persName> brachte es ganz aus ihrem Gleise, und es würde auch darum nicht lange so fort gegangen seyn. Doch ist ihr hierseyn von großem Nutzen gewesen, die zwey Söhne sind sehr hübsch und ordentlich eingerichtet, wobey ich mir auch schmeichle daß mein Rath auch mit zu beygetragen hat. Sie haben einen sehr gründlichen Untericht bey <persName key="2017">Matthäi</persName>, ihre häusliche Verfassung ist gut und ordentlich, die Empfehlung von <persName key="180">Friedrichs Frau</persName> war sehr günstig, <persName key="835">Schubert</persName>, <persName key="1680">Riquet</persName> ud noch einige haben ihnen ihr Haus geöfnet des Abends hinzugehen wenn sie wollen. zu mir kommen sie oft ud wir lesen den Ariost, es sind bis jetzt noch ganz unverdorbne junge Leute, und <persName key="608">Philip</persName> ist ein liebenswürdiger Junge, er scheint auch Talent für die Kunst zu haben. Das einzige was ich noch wünschte daß sie einen gründlichen Unterricht in der Religion, <hi rend="offset:4">bekämen</hi> doch da dieser Catholisch seyn soll, hat sich dieß hir nicht finden wollen. <persName key="4348">Der alte Veith</persName> ist der gutmüthigste Mensch von der Welt, voller Liebe zu seinen Kindern, man muß ihm nach seiner Handlungsart schätzen. 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Das einzige was ich noch wünschte daß sie einen gründlichen Unterricht in der Religion, <hi rend="offset:4">bekämen</hi> doch da dieser Catholisch seyn soll, hat sich dieß hir nicht finden wollen. <anchor type="b" n="4348" ana="11" xml:id="NidB28200"/>Der alte Veith<anchor type="e" n="4348" ana="11" xml:id="NidE28200"/> ist der gutmüthigste Mensch von der Welt, voller Liebe zu seinen Kindern, man muß ihm nach seiner Handlungsart schätzen. Schubert hat einen Ruf nach <anchor type="b" n="351" ana="10" xml:id="NidB90521"/>Nürnberg<anchor type="e" n="351" ana="10" xml:id="NidE90521"/> als <hi rend="overstrike:1">Rektor</hi> <hi rend="family:Courier;offset:4">director</hi> bekommen und wird in wenig Wochen dahin gehen, es ist ein treflicher Mensch. <anchor type="b" n="1112" ana="11" xml:id="NidB28201"/>Adam Müller<anchor type="e" n="1112" ana="11" xml:id="NidE28201"/> sitzt in keinen Rosengarten, unglaublicher weise hat <anchor type="b" n="5001" ana="11" xml:id="NidB91231"/>eine Dame<anchor type="e" n="5001" ana="11" xml:id="NidE91231"/> mit der er villeicht nur hat tändeln wollen die sich ganz ernsthaft in ihn verliebt, sie ist nun von <anchor type="b" n="18993" ana="11" xml:id="NidB91232"/>ihrem Manne<anchor type="e" n="18993" ana="11" xml:id="NidE91232"/> geschieden, hat kein Vermögen, fühlt sich unglücklich daß sie ihre Ehre und <anchor type="b" n="18994" ana="11" xml:id="NidB91233"/>ihre Kinder<anchor type="e" n="18994" ana="11" xml:id="NidE91233"/> verloren hat, Weint Tag ud Nacht kann doch von Müllern nicht lassen, das kleine Adämchen ist wieder gestorben alles dieses ist so publick geworden, wie es gar nicht sollte – Von meiner Erzählung über Friedrich muß ich dir noch nachholen, daß so wie von dem fortdauernden Frieden gewiß waren, ud sich zufällig eine gute Gelegenheit fand, die Schwiegerinn noch Geld in der Tasche hat, ich vermehrte es mit 24 <milestone unit="start" n="45000"/>r.<note type="Sachkommentar"><title>Reichstaler</title></note><milestone unit="end" n="45000"/> trat sie die <milestone unit="start" n="3891"/>Reise an freylich Friedrichen etwas unerwartet, er hatte nur <hi rend="underline:1">eine</hi>, aber große Stube sie sind es beyde nicht gewohnt sich im Nothfall eng zu behelfen, da war also große Noth, ich bekam Briefe die mich ganz um meine Ruhe brachten da ich doch die Sache wenn auch nicht bevör<milestone unit="start" n="1280"/>[3]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1280"/>dert doch gut geheißen hatte. nun ist endlich eine erträgliche Wohnung da, doch schicke ich stündliche Stoßgebete gen Himmel, daß <anchor type="b" n="651" ana="12" xml:id="NidB90523"/>die Vorlesung<anchor type="e" n="651" ana="12" xml:id="NidE90523"/> zu Stande kommen mag. Auf allen Fall da Friedrich seine Frau einmal ernähren <hi rend="underline:1">muß</hi> <hi rend="offset:4">ist es am besten</hi> sie tragen, sie dulden, sie arbeiten <milestone unit="start" n="1281"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1281"/> mit einander. Wie schön wäre es gewesen du hättest den Winter in Wien zugebracht, konntest du nicht allein da hin gehen, und mit diesen beiden leben, wenn <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB90522"/>die Fr. v. Stael<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE90522"/> Hindernisse hatte? <anchor type="b" n="946" ana="12" xml:id="NidB28202"/>Deine Vorlesungen<anchor type="e" n="946" ana="12" xml:id="NidE28202"/> wenn sie heraus kommen möchte ich gleich besitzen. Schreib mir ja <milestone unit="start" n="1282"/>[1]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1282"/> von allem was du thust und treibst. Dem Andenken der Fr. v. Stael empfiehl mich aufs Angelegentlichste, ich wünschte auch zu wißen was sie machte und wie ihre litterarischen Arbeiten vor <hi rend="offset:4">wärts</hi> <hi rend="overstrike:1">sich</hi> gehen. Widmet sie sich noch immer so ganz der Gesellschaft? ich gewinne der Einsamkeit immer mehr Geschmack ab. Mein einsames Zimmer ist mir ein Elisium <lb/>Charlotte Ernst<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Randbeschriftung</title></note><milestone unit="end" n="3891"/>', '36_absender' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_altDat' => '27. November [1808]', '36_datengeberhand' => 'Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden', '36_purlhand' => 'APP2712-Bd-5', '36_signaturhand' => 'Mscr.Dresd.App.2712,B,18,14', '36_h1zahl' => '4 S. auf Doppelbl., hs. m. 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den Geist hat</span> und Einförmiges für den Geist hat. und so bin ich diesen letzten Theil des Sommers bald in <span class="index-13 tp-28186 ">Dresden</span>, bald in <span class="index-1524 tp-28187 ">Pillnitz</span> an keinen Ort lange, und an keinem recht zu Hause gewesen es war mit sehr vil Unbequemlichkeit verbunden, seit der <span class="overstrike-1 ">neuen</span> französischen <span class="family-courier ">allianz</span> kommen jetzt Dinge in seinem Dienste vor, von denen man vorher gar nichts wußte und der alte Schlendrian ist ganz verlassen. Jetzt ist er in Pohlen, und ich hoffe ihn in der Mitte des Januars wieder zu sehen, es ist eine Prüfungszeit für ihn. Mir ist gewißermaasen die Ruhe wohlthätig die bey mir eingetreten ist, und daß ich mich ganz mit <span class="index-121 tp-28189 ">meinem Gustchen</span> beschäftigen kann. – Ich weiß nicht ob du ganz zufrieden seyn wirst, daß <span class="index-180 tp-28190 ">die Schwiegerinn</span> nach <span class="index-16 tp-28191 ">Wien</span> gegangen, nach meinem besten Ueberlegen war es daß Beste, sowohl für <span class="index-180 tp-90519 index-8 tp-90518 ">meine Geschwister</span>, als für mich wenn <span class="overstrike-1 ">du</span> <span class="overstrike-1 ">ich</span> <span class="offset-4 ">du</span> ein vertrauliches Stündchen bey mir zubrächtest wollte ich dir das so detailliren daß du mir völlig recht geben solltest. Erstlich opfre ich mich gewiß gern meinen Freunden auf, sobald ich Nutzen daraus ersehe, aber wenn dieses nicht ist so treten meine eignen Rechte wieder ein, und ich <span class="notice-1277 ">[2]</span> muß dann an mich denken, Meine Gesundheit und mein Gemüth erfordern nothwendig eine tiefe Ruhe in meinem Innren, das ist das Element in das ich lebe und äußere Bequemlichkeiten opfre ich gern dafür auf darinnen contrastire ich ganz mit meiner Schwiegerinn und auch ist dieß der Einzige Punkt worinnen ich mit <span class="index-8 tp-28192 ">Friedrich</span> contrastire, sie opfern für die Bequemlichkeit und Pflege des Leibes wenn es Noth thut die Ruhe des Gemüths auf. Der Gedanke warum ich wünschte, die Schwiegerinn sollte eine Zeitlang bey mir <span class="overstrike-1 ">leben</span> <span class="offset-4 ">seyn *</span><span class="notice-1275 ">laß ja mit keinem Worte an Friedrich merken was ich dir über ihn geschrieben.</span>, war, daß beyde ämsig an einen baldigen Verein arbeiten sollte, er dort fleißig, sie hier, ud daß ich so villeicht ein weniges dazu beytrüge, daß sie sich einen etwas bequemern Herd bauen könnten wenn dieß der Fall gewesen wäre, wenn sie fleißig gearbeitet, ud zurück gelegt hätten, dann hätte sie ein Jahr bey mir bleiben mögen, so war es das Gegentheil Friedrich gewöhnte sich dort almählich an das Leben eines <span class="family-courier ">Garçon</span> ud der Schwiegerinn wurde es auch wieder schwerer, sich in eine ungemächliche Lage zu versetzen. Die Hauptsache für mich war, daß Friedrich mir so oft gesagt, daß sie ihm zu seinen Arbeiten unentbehrlich ist, und hierinnen scheint sie vil Verdienste zu haben sie ehrt seine Arbeitstunden, und vermeidet alles was ihn aus dieser günstigen Lage heraus bringen könnte, dann glaube ich kann sie sich erstaunlich in seine Ideen hineindenken, sie ist ordentlich sein Nachhall, er kann das Bedürfniß befriedigen, über seine Ideen zu reden, ohne dadurch um seine Zeit gebracht zu werden, eine stille Geselligkeit ist alles was Friedrich braucht, und was am günstigsten für seine Geistesprodukte ist, ein häusliches Leben ist ihm eigentlich Bedürfniß, wenn es nur einmal wirklich ein recht ordentliches <span class="overstrike-1 ">Leben würde</span> häusliches Leben würde! An meiner Schwiegerinn habe ich mehr Schätze <span class="notice-1278 ">[3]</span> des Gemüths gefunden, als ich vorher an ihr kannte aber sie <span class="underline-1 ">thut</span> nicht genug, die Kraft sie alle in der nützlichste Anwendung zu bringen <span class="offset-4 ">fehlt ihr</span>. Oekonomisches Talent hat sie gar nicht. An einem Gebäude daß man aufzuführen wünscht, täglich unermüdet ein Steinchen hinzuzutragen, wenn man die Vollendung auch noch so <span class="notice-45047 ">weit</span> von sich entfernt sieht, doch nicht die Geduld verlieren, ud nie gutwillig einen Rückschritt machen, daß ist eine weibliche Tugend die ihr fehlt. Diese Wahrnehmung hat mich innigst betrübt die Theilnahme, und die Ueberzeugung die ich nun bekam, daß ich mit meinen Kräften viel zu wenig bei diesen zwey Menschen helfen zu können machte mich wirklich unglücklich. Wenn die Verlegung zu Stande komt wie es doch allen Anschein hat, wird jetzt wieder alles gut seyn, wie lange daß muß man sehn du hast als ein großmüthiger Bruder gehandelt ich habe es ein paar mal negirt gegen meine Schwiegerinn, daß du den Wunsch aufgeopfert ein Pferd zu halten, um ihnen dieses Geld desto wichtiger zu machen, was Ihnen die brüderliche Liebe opfert. An die Wieder gabe der 200 <span class="notice-44999 ">r.</span> denke jetzt nicht ich kann es nicht ausstehen, daß alles auf dich losgeht, mein Gustchen verliert es doch einmal nicht, wenn es in deinen Händen ist. Diese Zuverläßigkeit die man auf dich haben kann, diese <span class="family-courier ">loyalität</span> darinnen hat die <span class="index-222 tp-28193 ">Fr. v. Stael</span> ganz recht, daß sie darinnen solch einen Großen werth auf dich setzt, ich möchte sie Friedrichen wenn ich könnte mit jeder Aufopferung erkaufen. Ueber den Plan sich mit <span class="index-1311 tp-28195 index-608 tp-28194 ">den Söhnen</span> hier zu vereinigen, ist mir vorher gar nichts mitgetheilt daß änderte ganz die Lage der Sachen, an er<span class="notice-45758 ">bitten</span> für die Schwiegerinn war gar nicht zu denken, daß war ein unruhiges hin und her laufen, bald sie zu den Söhnen bald die Söhne zu ihr, auf so ein schnelles, einwirken und Erziehen halte ich nichts, es wür<span class="notice-1279 ">[4]</span>de auf die Länge auch den Söhnen zu vil Zeit gekostet haben, mein <span class="index-121 tp-90520 ">Gustchen</span> brachte es ganz aus ihrem Gleise, und es würde auch darum nicht lange so fort gegangen seyn. Doch ist ihr hierseyn von großem Nutzen gewesen, die zwey Söhne sind sehr hübsch und ordentlich eingerichtet, wobey ich mir auch schmeichle daß mein Rath auch mit zu beygetragen hat. Sie haben einen sehr gründlichen Untericht bey <span class="index-2017 tp-90516 ">Matthäi</span>, ihre häusliche Verfassung ist gut und ordentlich, die Empfehlung von <span class="index-180 tp-28197 ">Friedrichs Frau</span> war sehr günstig, <span class="index-835 tp-28198 ">Schubert</span>, <span class="index-1680 tp-28199 ">Riquet</span> ud noch einige haben ihnen ihr Haus geöfnet des Abends hinzugehen wenn sie wollen. zu mir kommen sie oft ud wir lesen den Ariost, es sind bis jetzt noch ganz unverdorbne junge Leute, und <span class="index-608 tp-28196 ">Philip</span> ist ein liebenswürdiger Junge, er scheint auch Talent für die Kunst zu haben. Das einzige was ich noch wünschte daß sie einen gründlichen Unterricht in der Religion, <span class="offset-4 ">bekämen</span> doch da dieser Catholisch seyn soll, hat sich dieß hir nicht finden wollen. <span class="index-4348 tp-28200 ">Der alte Veith</span> ist der gutmüthigste Mensch von der Welt, voller Liebe zu seinen Kindern, man muß ihm nach seiner Handlungsart schätzen. Schubert hat einen Ruf nach <span class="index-351 tp-90521 ">Nürnberg</span> als <span class="overstrike-1 ">Rektor</span> <span class="family-courier offset-4 ">director</span> bekommen und wird in wenig Wochen dahin gehen, es ist ein treflicher Mensch. <span class="index-1112 tp-28201 ">Adam Müller</span> sitzt in keinen Rosengarten, unglaublicher weise hat <span class="index-5001 tp-91231 ">eine Dame</span> mit der er villeicht nur hat tändeln wollen die sich ganz ernsthaft in ihn verliebt, sie ist nun von <span class="index-18993 tp-91232 ">ihrem Manne</span> geschieden, hat kein Vermögen, fühlt sich unglücklich daß sie ihre Ehre und <span class="index-18994 tp-91233 ">ihre Kinder</span> verloren hat, Weint Tag ud Nacht kann doch von Müllern nicht lassen, das kleine Adämchen ist wieder gestorben alles dieses ist so publick geworden, wie es gar nicht sollte – Von meiner Erzählung über Friedrich muß ich dir noch nachholen, daß so wie von dem fortdauernden Frieden gewiß waren, ud sich zufällig eine gute Gelegenheit fand, die Schwiegerinn noch Geld in der Tasche hat, ich vermehrte es mit 24 <span class="notice-45000 ">r.</span> trat sie die <span class="notice-3891 ">Reise an freylich Friedrichen etwas unerwartet, er hatte nur </span><span class="notice-3891 underline-1 ">eine</span><span class="notice-3891 ">, aber große Stube sie sind es beyde nicht gewohnt sich im Nothfall eng zu behelfen, da war also große Noth, ich bekam Briefe die mich ganz um meine Ruhe brachten da ich doch die Sache wenn auch nicht bevör</span><span class="notice-3891 notice-1280 ">[3]</span><span class="notice-3891 ">dert doch gut geheißen hatte. nun ist endlich eine erträgliche Wohnung da, doch schicke ich stündliche Stoßgebete gen Himmel, daß </span><span class="notice-3891 index-651 tp-90523 ">die Vorlesung</span><span class="notice-3891 "> zu Stande kommen mag. Auf allen Fall da Friedrich seine Frau einmal ernähren </span><span class="notice-3891 underline-1 ">muß</span><span class="notice-3891 "> </span><span class="notice-3891 offset-4 ">ist es am besten</span><span class="notice-3891 "> sie tragen, sie dulden, sie arbeiten </span><span class="notice-3891 notice-1281 ">[2]</span><span class="notice-3891 "> mit einander. Wie schön wäre es gewesen du hättest den Winter in Wien zugebracht, konntest du nicht allein da hin gehen, und mit diesen beiden leben, wenn </span><span class="notice-3891 index-222 tp-90522 ">die Fr. v. Stael</span><span class="notice-3891 "> Hindernisse hatte? </span><span class="notice-3891 index-946 tp-28202 ">Deine Vorlesungen</span><span class="notice-3891 "> wenn sie heraus kommen möchte ich gleich besitzen. Schreib mir ja </span><span class="notice-3891 notice-1282 ">[1]</span><span class="notice-3891 "> von allem was du thust und treibst. Dem Andenken der Fr. v. Stael empfiehl mich aufs Angelegentlichste, ich wünschte auch zu wißen was sie machte und wie ihre litterarischen Arbeiten vor </span><span class="notice-3891 offset-4 ">wärts</span><span class="notice-3891 "> </span><span class="notice-3891 overstrike-1 ">sich</span><span class="notice-3891 "> gehen. Widmet sie sich noch immer so ganz der Gesellschaft? ich gewinne der Einsamkeit immer mehr Geschmack ab. Mein einsames Zimmer ist mir ein Elisium <br>Charlotte Ernst</span>' $isaprint = false $isnewtranslation = true $statemsg = 'betamsg23' $cittitle = 'www.august-wilhelm-schlegel.de/briefedigital/briefid/2626' $description = 'Charlotte Ernst an August Wilhelm von Schlegel am 27. November [1808], Dresden, Coppet' $adressatort = 'Coppet <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/1027948-9">GND</a>' $absendeort = 'Dresden <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/37172-5">GND</a>' $date = '27. 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nicht so ganz fühlt was es drückendes <span class="overstrike-1 ">für den Geist hat</span> und Einförmiges für den Geist hat. und so bin ich diesen letzten Theil des Sommers bald in <span class="index-13 tp-28186 ">Dresden</span>, bald in <span class="index-1524 tp-28187 ">Pillnitz</span> an keinen Ort lange, und an keinem recht zu Hause gewesen es war mit sehr vil Unbequemlichkeit verbunden, seit der <span class="overstrike-1 ">neuen</span> französischen <span class="family-courier ">allianz</span> kommen jetzt Dinge in seinem Dienste vor, von denen man vorher gar nichts wußte und der alte Schlendrian ist ganz verlassen. Jetzt ist er in Pohlen, und ich hoffe ihn in der Mitte des Januars wieder zu sehen, es ist eine Prüfungszeit für ihn. Mir ist gewißermaasen die Ruhe wohlthätig die bey mir eingetreten ist, und daß ich mich ganz mit <span class="index-121 tp-28189 ">meinem Gustchen</span> beschäftigen kann. – Ich weiß nicht ob du ganz zufrieden seyn wirst, daß <span class="index-180 tp-28190 ">die Schwiegerinn</span> nach <span class="index-16 tp-28191 ">Wien</span> gegangen, nach meinem besten Ueberlegen war es daß Beste, sowohl für <span class="index-180 tp-90519 index-8 tp-90518 ">meine Geschwister</span>, als für mich wenn <span class="overstrike-1 ">du</span> <span class="overstrike-1 ">ich</span> <span class="offset-4 ">du</span> ein vertrauliches Stündchen bey mir zubrächtest wollte ich dir das so detailliren daß du mir völlig recht geben solltest. Erstlich opfre ich mich gewiß gern meinen Freunden auf, sobald ich Nutzen daraus ersehe, aber wenn dieses nicht ist so treten meine eignen Rechte wieder ein, und ich <span class="notice-1277 ">[2]</span> muß dann an mich denken, Meine Gesundheit und mein Gemüth erfordern nothwendig eine tiefe Ruhe in meinem Innren, das ist das Element in das ich lebe und äußere Bequemlichkeiten opfre ich gern dafür auf darinnen contrastire ich ganz mit meiner Schwiegerinn und auch ist dieß der Einzige Punkt worinnen ich mit <span class="index-8 tp-28192 ">Friedrich</span> contrastire, sie opfern für die Bequemlichkeit und Pflege des Leibes wenn es Noth thut die Ruhe des Gemüths auf. Der Gedanke warum ich wünschte, die Schwiegerinn sollte eine Zeitlang bey mir <span class="overstrike-1 ">leben</span> <span class="offset-4 ">seyn *</span><span class="notice-1275 ">laß ja mit keinem Worte an Friedrich merken was ich dir über ihn geschrieben.</span>, war, daß beyde ämsig an einen baldigen Verein arbeiten sollte, er dort fleißig, sie hier, ud daß ich so villeicht ein weniges dazu beytrüge, daß sie sich einen etwas bequemern Herd bauen könnten wenn dieß der Fall gewesen wäre, wenn sie fleißig gearbeitet, ud zurück gelegt hätten, dann hätte sie ein Jahr bey mir bleiben mögen, so war es das Gegentheil Friedrich gewöhnte sich dort almählich an das Leben eines <span class="family-courier ">Garçon</span> ud der Schwiegerinn wurde es auch wieder schwerer, sich in eine ungemächliche Lage zu versetzen. Die Hauptsache für mich war, daß Friedrich mir so oft gesagt, daß sie ihm zu seinen Arbeiten unentbehrlich ist, und hierinnen scheint sie vil Verdienste zu haben sie ehrt seine Arbeitstunden, und vermeidet alles was ihn aus dieser günstigen Lage heraus bringen könnte, dann glaube ich kann sie sich erstaunlich in seine Ideen hineindenken, sie ist ordentlich sein Nachhall, er kann das Bedürfniß befriedigen, über seine Ideen zu reden, ohne dadurch um seine Zeit gebracht zu werden, eine stille Geselligkeit ist alles was Friedrich braucht, und was am günstigsten für seine Geistesprodukte ist, ein häusliches Leben ist ihm eigentlich Bedürfniß, wenn es nur einmal wirklich ein recht ordentliches <span class="overstrike-1 ">Leben würde</span> häusliches Leben würde! An meiner Schwiegerinn habe ich mehr Schätze <span class="notice-1278 ">[3]</span> des Gemüths gefunden, als ich vorher an ihr kannte aber sie <span class="underline-1 ">thut</span> nicht genug, die Kraft sie alle in der nützlichste Anwendung zu bringen <span class="offset-4 ">fehlt ihr</span>. Oekonomisches Talent hat sie gar nicht. An einem Gebäude daß man aufzuführen wünscht, täglich unermüdet ein Steinchen hinzuzutragen, wenn man die Vollendung auch noch so <span class="notice-45047 ">weit</span> von sich entfernt sieht, doch nicht die Geduld verlieren, ud nie gutwillig einen Rückschritt machen, daß ist eine weibliche Tugend die ihr fehlt. Diese Wahrnehmung hat mich innigst betrübt die Theilnahme, und die Ueberzeugung die ich nun bekam, daß ich mit meinen Kräften viel zu wenig bei diesen zwey Menschen helfen zu können machte mich wirklich unglücklich. Wenn die Verlegung zu Stande komt wie es doch allen Anschein hat, wird jetzt wieder alles gut seyn, wie lange daß muß man sehn du hast als ein großmüthiger Bruder gehandelt ich habe es ein paar mal negirt gegen meine Schwiegerinn, daß du den Wunsch aufgeopfert ein Pferd zu halten, um ihnen dieses Geld desto wichtiger zu machen, was Ihnen die brüderliche Liebe opfert. An die Wieder gabe der 200 <span class="notice-44999 ">r.</span> denke jetzt nicht ich kann es nicht ausstehen, daß alles auf dich losgeht, mein Gustchen verliert es doch einmal nicht, wenn es in deinen Händen ist. Diese Zuverläßigkeit die man auf dich haben kann, diese <span class="family-courier ">loyalität</span> darinnen hat die <span class="index-222 tp-28193 ">Fr. v. Stael</span> ganz recht, daß sie darinnen solch einen Großen werth auf dich setzt, ich möchte sie Friedrichen wenn ich könnte mit jeder Aufopferung erkaufen. Ueber den Plan sich mit <span class="index-1311 tp-28195 index-608 tp-28194 ">den Söhnen</span> hier zu vereinigen, ist mir vorher gar nichts mitgetheilt daß änderte ganz die Lage der Sachen, an er<span class="notice-45758 ">bitten</span> für die Schwiegerinn war gar nicht zu denken, daß war ein unruhiges hin und her laufen, bald sie zu den Söhnen bald die Söhne zu ihr, auf so ein schnelles, einwirken und Erziehen halte ich nichts, es wür<span class="notice-1279 ">[4]</span>de auf die Länge auch den Söhnen zu vil Zeit gekostet haben, mein <span class="index-121 tp-90520 ">Gustchen</span> brachte es ganz aus ihrem Gleise, und es würde auch darum nicht lange so fort gegangen seyn. Doch ist ihr hierseyn von großem Nutzen gewesen, die zwey Söhne sind sehr hübsch und ordentlich eingerichtet, wobey ich mir auch schmeichle daß mein Rath auch mit zu beygetragen hat. Sie haben einen sehr gründlichen Untericht bey <span class="index-2017 tp-90516 ">Matthäi</span>, ihre häusliche Verfassung ist gut und ordentlich, die Empfehlung von <span class="index-180 tp-28197 ">Friedrichs Frau</span> war sehr günstig, <span class="index-835 tp-28198 ">Schubert</span>, <span class="index-1680 tp-28199 ">Riquet</span> ud noch einige haben ihnen ihr Haus geöfnet des Abends hinzugehen wenn sie wollen. zu mir kommen sie oft ud wir lesen den Ariost, es sind bis jetzt noch ganz unverdorbne junge Leute, und <span class="index-608 tp-28196 ">Philip</span> ist ein liebenswürdiger Junge, er scheint auch Talent für die Kunst zu haben. Das einzige was ich noch wünschte daß sie einen gründlichen Unterricht in der Religion, <span class="offset-4 ">bekämen</span> doch da dieser Catholisch seyn soll, hat sich dieß hir nicht finden wollen. <span class="index-4348 tp-28200 ">Der alte Veith</span> ist der gutmüthigste Mensch von der Welt, voller Liebe zu seinen Kindern, man muß ihm nach seiner Handlungsart schätzen. Schubert hat einen Ruf nach <span class="index-351 tp-90521 ">Nürnberg</span> als <span class="overstrike-1 ">Rektor</span> <span class="family-courier offset-4 ">director</span> bekommen und wird in wenig Wochen dahin gehen, es ist ein treflicher Mensch. <span class="index-1112 tp-28201 ">Adam Müller</span> sitzt in keinen Rosengarten, unglaublicher weise hat <span class="index-5001 tp-91231 ">eine Dame</span> mit der er villeicht nur hat tändeln wollen die sich ganz ernsthaft in ihn verliebt, sie ist nun von <span class="index-18993 tp-91232 ">ihrem Manne</span> geschieden, hat kein Vermögen, fühlt sich unglücklich daß sie ihre Ehre und <span class="index-18994 tp-91233 ">ihre Kinder</span> verloren hat, Weint Tag ud Nacht kann doch von Müllern nicht lassen, das kleine Adämchen ist wieder gestorben alles dieses ist so publick geworden, wie es gar nicht sollte – Von meiner Erzählung über Friedrich muß ich dir noch nachholen, daß so wie von dem fortdauernden Frieden gewiß waren, ud sich zufällig eine gute Gelegenheit fand, die Schwiegerinn noch Geld in der Tasche hat, ich vermehrte es mit 24 <span class="notice-45000 ">r.</span> trat sie die <span class="notice-3891 ">Reise an freylich Friedrichen etwas unerwartet, er hatte nur </span><span class="notice-3891 underline-1 ">eine</span><span class="notice-3891 ">, aber große Stube sie sind es beyde nicht gewohnt sich im Nothfall eng zu behelfen, da war also große Noth, ich bekam Briefe die mich ganz um meine Ruhe brachten da ich doch die Sache wenn auch nicht bevör</span><span class="notice-3891 notice-1280 ">[3]</span><span class="notice-3891 ">dert doch gut geheißen hatte. nun ist endlich eine erträgliche Wohnung da, doch schicke ich stündliche Stoßgebete gen Himmel, daß </span><span class="notice-3891 index-651 tp-90523 ">die Vorlesung</span><span class="notice-3891 "> zu Stande kommen mag. Auf allen Fall da Friedrich seine Frau einmal ernähren </span><span class="notice-3891 underline-1 ">muß</span><span class="notice-3891 "> </span><span class="notice-3891 offset-4 ">ist es am besten</span><span class="notice-3891 "> sie tragen, sie dulden, sie arbeiten </span><span class="notice-3891 notice-1281 ">[2]</span><span class="notice-3891 "> mit einander. Wie schön wäre es gewesen du hättest den Winter in Wien zugebracht, konntest du nicht allein da hin gehen, und mit diesen beiden leben, wenn </span><span class="notice-3891 index-222 tp-90522 ">die Fr. v. Stael</span><span class="notice-3891 "> Hindernisse hatte? </span><span class="notice-3891 index-946 tp-28202 ">Deine Vorlesungen</span><span class="notice-3891 "> wenn sie heraus kommen möchte ich gleich besitzen. Schreib mir ja </span><span class="notice-3891 notice-1282 ">[1]</span><span class="notice-3891 "> von allem was du thust und treibst. Dem Andenken der Fr. v. Stael empfiehl mich aufs Angelegentlichste, ich wünschte auch zu wißen was sie machte und wie ihre litterarischen Arbeiten vor </span><span class="notice-3891 offset-4 ">wärts</span><span class="notice-3891 "> </span><span class="notice-3891 overstrike-1 ">sich</span><span class="notice-3891 "> gehen. Widmet sie sich noch immer so ganz der Gesellschaft? ich gewinne der Einsamkeit immer mehr Geschmack ab. Mein einsames Zimmer ist mir ein Elisium <br>Charlotte Ernst</span>', '36_xml' => '<p><milestone unit="start" n="1276"/>[1]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1276"/> den 27 <hi rend="offset:4">ten</hi><lb/><hi rend="family:Courier">Nov.</hi><lb/>Mein Geliebtester Bruder<lb/>Es ist eine lange Zeit hingegangen daß ich nicht an dich geschrieben habe, aber ich habe ganze 8 Wochen so unruhig und geschäftvoll zugebracht, daß ich auch nicht einmal an <persName key="264">meine Mutter</persName> geschrieben das Briefschreiben ist immer das Erste was da wegfällt weil es einmal nicht in die Liste meiner gewöhnlichen Geschäfte mit angerechnet ist, also ein <hi rend="family:Courier">hors dʼoeuvres</hi> wozu schon eine besondre Muße seyn muß das unruhige Leben <persName key="129">meines Mannes</persName> in seinem Amte, zieht mich mit hinein, ich suche es ihm so vil als möglich zu erleichtern, daß er es nicht so ganz fühlt was es drückendes <hi rend="overstrike:1">für den Geist hat</hi> und Einförmiges für den Geist hat. und so bin ich diesen letzten Theil des Sommers bald in <placeName key="13">Dresden</placeName>, bald in <placeName key="1524">Pillnitz</placeName> an keinen Ort lange, und an keinem recht zu Hause gewesen es war mit sehr vil Unbequemlichkeit verbunden, seit der <hi rend="overstrike:1">neuen</hi> französischen <hi rend="family:Courier">allianz</hi> kommen jetzt Dinge in seinem Dienste vor, von denen man vorher gar nichts wußte und der alte Schlendrian ist ganz verlassen. 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Der Gedanke warum ich wünschte, die Schwiegerinn sollte eine Zeitlang bey mir <hi rend="overstrike:1">leben</hi> <hi rend="offset:4">seyn *</hi><milestone unit="start" n="1275"/>laß ja mit keinem Worte an Friedrich merken was ich dir über ihn geschrieben.<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Einfügung am unteren Blattrand</title></note><milestone unit="end" n="1275"/>, war, daß beyde ämsig an einen baldigen Verein arbeiten sollte, er dort fleißig, sie hier, ud daß ich so villeicht ein weniges dazu beytrüge, daß sie sich einen etwas bequemern Herd bauen könnten wenn dieß der Fall gewesen wäre, wenn sie fleißig gearbeitet, ud zurück gelegt hätten, dann hätte sie ein Jahr bey mir bleiben mögen, so war es das Gegentheil Friedrich gewöhnte sich dort almählich an das Leben eines <hi rend="family:Courier">Garçon</hi> ud der Schwiegerinn wurde es auch wieder schwerer, sich in eine ungemächliche Lage zu versetzen. Die Hauptsache für mich war, daß Friedrich mir so oft gesagt, daß sie ihm zu seinen Arbeiten unentbehrlich ist, und hierinnen scheint sie vil Verdienste zu haben sie ehrt seine Arbeitstunden, und vermeidet alles was ihn aus dieser günstigen Lage heraus bringen könnte, dann glaube ich kann sie sich erstaunlich in seine Ideen hineindenken, sie ist ordentlich sein Nachhall, er kann das Bedürfniß befriedigen, über seine Ideen zu reden, ohne dadurch um seine Zeit gebracht zu werden, eine stille Geselligkeit ist alles was Friedrich braucht, und was am günstigsten für seine Geistesprodukte ist, ein häusliches Leben ist ihm eigentlich Bedürfniß, wenn es nur einmal wirklich ein recht ordentliches <hi rend="overstrike:1">Leben würde</hi> häusliches Leben würde! An meiner Schwiegerinn habe ich mehr Schätze <milestone unit="start" n="1278"/>[3]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1278"/> des Gemüths gefunden, als ich vorher an ihr kannte aber sie <hi rend="underline:1">thut</hi> nicht genug, die Kraft sie alle in der nützlichste Anwendung zu bringen <hi rend="offset:4">fehlt ihr</hi>. Oekonomisches Talent hat sie gar nicht. An einem Gebäude daß man aufzuführen wünscht, täglich unermüdet ein Steinchen hinzuzutragen, wenn man die Vollendung auch noch so <milestone unit="start" n="45047"/>weit<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Unsichere Lesung</title></note><milestone unit="end" n="45047"/> von sich entfernt sieht, doch nicht die Geduld verlieren, ud nie gutwillig einen Rückschritt machen, daß ist eine weibliche Tugend die ihr fehlt. Diese Wahrnehmung hat mich innigst betrübt die Theilnahme, und die Ueberzeugung die ich nun bekam, daß ich mit meinen Kräften viel zu wenig bei diesen zwey Menschen helfen zu können machte mich wirklich unglücklich. Wenn die Verlegung zu Stande komt wie es doch allen Anschein hat, wird jetzt wieder alles gut seyn, wie lange daß muß man sehn du hast als ein großmüthiger Bruder gehandelt ich habe es ein paar mal negirt gegen meine Schwiegerinn, daß du den Wunsch aufgeopfert ein Pferd zu halten, um ihnen dieses Geld desto wichtiger zu machen, was Ihnen die brüderliche Liebe opfert. An die Wieder gabe der 200 <milestone unit="start" n="44999"/>r.<note type="Sachkommentar"><title>Reichstaler</title></note><milestone unit="end" n="44999"/> denke jetzt nicht ich kann es nicht ausstehen, daß alles auf dich losgeht, mein Gustchen verliert es doch einmal nicht, wenn es in deinen Händen ist. Diese Zuverläßigkeit die man auf dich haben kann, diese <hi rend="family:Courier">loyalität</hi> darinnen hat die <persName key="222">Fr. v. Stael</persName> ganz recht, daß sie darinnen solch einen Großen werth auf dich setzt, ich möchte sie Friedrichen wenn ich könnte mit jeder Aufopferung erkaufen. Ueber den Plan sich mit <persName key="1311"><persName key="608">den Söhnen</persName></persName> hier zu vereinigen, ist mir vorher gar nichts mitgetheilt daß änderte ganz die Lage der Sachen, an er<milestone unit="start" n="45758"/>bitten<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Unsichere Lesung</title></note><milestone unit="end" n="45758"/> für die Schwiegerinn war gar nicht zu denken, daß war ein unruhiges hin und her laufen, bald sie zu den Söhnen bald die Söhne zu ihr, auf so ein schnelles, einwirken und Erziehen halte ich nichts, es wür<milestone unit="start" n="1279"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1279"/>de auf die Länge auch den Söhnen zu vil Zeit gekostet haben, mein <persName key="121">Gustchen</persName> brachte es ganz aus ihrem Gleise, und es würde auch darum nicht lange so fort gegangen seyn. Doch ist ihr hierseyn von großem Nutzen gewesen, die zwey Söhne sind sehr hübsch und ordentlich eingerichtet, wobey ich mir auch schmeichle daß mein Rath auch mit zu beygetragen hat. Sie haben einen sehr gründlichen Untericht bey <persName key="2017">Matthäi</persName>, ihre häusliche Verfassung ist gut und ordentlich, die Empfehlung von <persName key="180">Friedrichs Frau</persName> war sehr günstig, <persName key="835">Schubert</persName>, <persName key="1680">Riquet</persName> ud noch einige haben ihnen ihr Haus geöfnet des Abends hinzugehen wenn sie wollen. zu mir kommen sie oft ud wir lesen den Ariost, es sind bis jetzt noch ganz unverdorbne junge Leute, und <persName key="608">Philip</persName> ist ein liebenswürdiger Junge, er scheint auch Talent für die Kunst zu haben. Das einzige was ich noch wünschte daß sie einen gründlichen Unterricht in der Religion, <hi rend="offset:4">bekämen</hi> doch da dieser Catholisch seyn soll, hat sich dieß hir nicht finden wollen. <persName key="4348">Der alte Veith</persName> ist der gutmüthigste Mensch von der Welt, voller Liebe zu seinen Kindern, man muß ihm nach seiner Handlungsart schätzen. Schubert hat einen Ruf nach <placeName key="351">Nürnberg</placeName> als <hi rend="overstrike:1">Rektor</hi> <hi rend="family:Courier;offset:4">director</hi> bekommen und wird in wenig Wochen dahin gehen, es ist ein treflicher Mensch. <persName key="1112">Adam Müller</persName> sitzt in keinen Rosengarten, unglaublicher weise hat <persName key="5001">eine Dame</persName> mit der er villeicht nur hat tändeln wollen die sich ganz ernsthaft in ihn verliebt, sie ist nun von <persName key="18993">ihrem Manne</persName> geschieden, hat kein Vermögen, fühlt sich unglücklich daß sie ihre Ehre und <persName key="18994">ihre Kinder</persName> verloren hat, Weint Tag ud Nacht kann doch von Müllern nicht lassen, das kleine Adämchen ist wieder gestorben alles dieses ist so publick geworden, wie es gar nicht sollte – Von meiner Erzählung über Friedrich muß ich dir noch nachholen, daß so wie von dem fortdauernden Frieden gewiß waren, ud sich zufällig eine gute Gelegenheit fand, die Schwiegerinn noch Geld in der Tasche hat, ich vermehrte es mit 24 <milestone unit="start" n="45000"/>r.<note type="Sachkommentar"><title>Reichstaler</title></note><milestone unit="end" n="45000"/> trat sie die <milestone unit="start" n="3891"/>Reise an freylich Friedrichen etwas unerwartet, er hatte nur <hi rend="underline:1">eine</hi>, aber große Stube sie sind es beyde nicht gewohnt sich im Nothfall eng zu behelfen, da war also große Noth, ich bekam Briefe die mich ganz um meine Ruhe brachten da ich doch die Sache wenn auch nicht bevör<milestone unit="start" n="1280"/>[3]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1280"/>dert doch gut geheißen hatte. nun ist endlich eine erträgliche Wohnung da, doch schicke ich stündliche Stoßgebete gen Himmel, daß <name key="651" type="work">die Vorlesung</name> zu Stande kommen mag. Auf allen Fall da Friedrich seine Frau einmal ernähren <hi rend="underline:1">muß</hi> <hi rend="offset:4">ist es am besten</hi> sie tragen, sie dulden, sie arbeiten <milestone unit="start" n="1281"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1281"/> mit einander. Wie schön wäre es gewesen du hättest den Winter in Wien zugebracht, konntest du nicht allein da hin gehen, und mit diesen beiden leben, wenn <persName key="222">die Fr. v. Stael</persName> Hindernisse hatte? <name key="946" type="work">Deine Vorlesungen</name> wenn sie heraus kommen möchte ich gleich besitzen. Schreib mir ja <milestone unit="start" n="1282"/>[1]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1282"/> von allem was du thust und treibst. Dem Andenken der Fr. v. Stael empfiehl mich aufs Angelegentlichste, ich wünschte auch zu wißen was sie machte und wie ihre litterarischen Arbeiten vor <hi rend="offset:4">wärts</hi> <hi rend="overstrike:1">sich</hi> gehen. Widmet sie sich noch immer so ganz der Gesellschaft? ich gewinne der Einsamkeit immer mehr Geschmack ab. Mein einsames Zimmer ist mir ein Elisium <lb/>Charlotte Ernst<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Randbeschriftung</title></note><milestone unit="end" n="3891"/></p>', '36_xml_standoff' => '<milestone unit="start" n="1276"/>[1]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1276"/> den 27 <hi rend="offset:4">ten</hi><lb/><hi rend="family:Courier">Nov.</hi><lb/>Mein Geliebtester Bruder<lb/>Es ist eine lange Zeit hingegangen daß ich nicht an dich geschrieben habe, aber ich habe ganze 8 Wochen so unruhig und geschäftvoll zugebracht, daß ich auch nicht einmal an <anchor type="b" n="264" ana="11" xml:id="NidB28184"/>meine Mutter<anchor type="e" n="264" ana="11" xml:id="NidE28184"/> geschrieben das Briefschreiben ist immer das Erste was da wegfällt weil es einmal nicht in die Liste meiner gewöhnlichen Geschäfte mit angerechnet ist, also ein <hi rend="family:Courier">hors dʼoeuvres</hi> wozu schon eine besondre Muße seyn muß das unruhige Leben <anchor type="b" n="129" ana="11" xml:id="NidB28185"/>meines Mannes<anchor type="e" n="129" ana="11" xml:id="NidE28185"/> in seinem Amte, zieht mich mit hinein, ich suche es ihm so vil als möglich zu erleichtern, daß er es nicht so ganz fühlt was es drückendes <hi rend="overstrike:1">für den Geist hat</hi> und Einförmiges für den Geist hat. und so bin ich diesen letzten Theil des Sommers bald in <anchor type="b" n="13" ana="10" xml:id="NidB28186"/>Dresden<anchor type="e" n="13" ana="10" xml:id="NidE28186"/>, bald in <anchor type="b" n="1524" ana="10" xml:id="NidB28187"/>Pillnitz<anchor type="e" n="1524" ana="10" xml:id="NidE28187"/> an keinen Ort lange, und an keinem recht zu Hause gewesen es war mit sehr vil Unbequemlichkeit verbunden, seit der <hi rend="overstrike:1">neuen</hi> französischen <hi rend="family:Courier">allianz</hi> kommen jetzt Dinge in seinem Dienste vor, von denen man vorher gar nichts wußte und der alte Schlendrian ist ganz verlassen. Jetzt ist er in Pohlen, und ich hoffe ihn in der Mitte des Januars wieder zu sehen, es ist eine Prüfungszeit für ihn. 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So war sie eine der engsten Vertrauten August Wilhelms, der mit ihr über seine innersten Sorgen und Ängste sprach. In ihrem Briefwechsel standen aber auch die Ausbildung ihrer Tochter Augusta zur Portraitmalerin und die gemeinsame Sorge um deren problematische Ehe mit dem russischen Obristen Heinrich Ludwig von Buttlar im Mittelpunkt.', '39_geburtsort' => array( 'ID' => '173', 'content' => 'Hannover', 'bemerkung' => 'GND:4023349-2', 'LmAdd' => array() ), '39_gebdatumfrei' => '1759', '39_toddatumfrei' => '1826', '39_status_person' => 'Vollständig', 'folders' => array( (int) 0 => 'Personen', (int) 1 => 'Personen' ), '_label' => '', '_descr' => '', '_model' => 'Person', '_model_title' => 'Person', '_model_titles' => 'People', '_url' => '' ) $version = 'version-10-19' $domain = 'https://august-wilhelm-schlegel.de' $url = 'https://august-wilhelm-schlegel.de/version-10-19' $purl_web = 'https://august-wilhelm-schlegel.de/version-10-19/briefid/2626' $state = '15.10.2019' $citation = 'Digitale Edition der Korrespondenz August Wilhelm Schlegels [15.10.2019]; Charlotte Ernst an August Wilhelm von Schlegel; 27. 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[1] den 27 ten
Nov.
Mein Geliebtester Bruder
Es ist eine lange Zeit hingegangen daß ich nicht an dich geschrieben habe, aber ich habe ganze 8 Wochen so unruhig und geschäftvoll zugebracht, daß ich auch nicht einmal an meine Mutter geschrieben das Briefschreiben ist immer das Erste was da wegfällt weil es einmal nicht in die Liste meiner gewöhnlichen Geschäfte mit angerechnet ist, also ein hors dʼoeuvres wozu schon eine besondre Muße seyn muß das unruhige Leben meines Mannes in seinem Amte, zieht mich mit hinein, ich suche es ihm so vil als möglich zu erleichtern, daß er es nicht so ganz fühlt was es drückendes für den Geist hat und Einförmiges für den Geist hat. und so bin ich diesen letzten Theil des Sommers bald in Dresden, bald in Pillnitz an keinen Ort lange, und an keinem recht zu Hause gewesen es war mit sehr vil Unbequemlichkeit verbunden, seit der neuen französischen allianz kommen jetzt Dinge in seinem Dienste vor, von denen man vorher gar nichts wußte und der alte Schlendrian ist ganz verlassen. Jetzt ist er in Pohlen, und ich hoffe ihn in der Mitte des Januars wieder zu sehen, es ist eine Prüfungszeit für ihn. Mir ist gewißermaasen die Ruhe wohlthätig die bey mir eingetreten ist, und daß ich mich ganz mit meinem Gustchen beschäftigen kann. – Ich weiß nicht ob du ganz zufrieden seyn wirst, daß die Schwiegerinn nach Wien gegangen, nach meinem besten Ueberlegen war es daß Beste, sowohl für meine Geschwister, als für mich wenn du ich du ein vertrauliches Stündchen bey mir zubrächtest wollte ich dir das so detailliren daß du mir völlig recht geben solltest. Erstlich opfre ich mich gewiß gern meinen Freunden auf, sobald ich Nutzen daraus ersehe, aber wenn dieses nicht ist so treten meine eignen Rechte wieder ein, und ich [2] muß dann an mich denken, Meine Gesundheit und mein Gemüth erfordern nothwendig eine tiefe Ruhe in meinem Innren, das ist das Element in das ich lebe und äußere Bequemlichkeiten opfre ich gern dafür auf darinnen contrastire ich ganz mit meiner Schwiegerinn und auch ist dieß der Einzige Punkt worinnen ich mit Friedrich contrastire, sie opfern für die Bequemlichkeit und Pflege des Leibes wenn es Noth thut die Ruhe des Gemüths auf. Der Gedanke warum ich wünschte, die Schwiegerinn sollte eine Zeitlang bey mir leben seyn *laß ja mit keinem Worte an Friedrich merken was ich dir über ihn geschrieben., war, daß beyde ämsig an einen baldigen Verein arbeiten sollte, er dort fleißig, sie hier, ud daß ich so villeicht ein weniges dazu beytrüge, daß sie sich einen etwas bequemern Herd bauen könnten wenn dieß der Fall gewesen wäre, wenn sie fleißig gearbeitet, ud zurück gelegt hätten, dann hätte sie ein Jahr bey mir bleiben mögen, so war es das Gegentheil Friedrich gewöhnte sich dort almählich an das Leben eines Garçon ud der Schwiegerinn wurde es auch wieder schwerer, sich in eine ungemächliche Lage zu versetzen. Die Hauptsache für mich war, daß Friedrich mir so oft gesagt, daß sie ihm zu seinen Arbeiten unentbehrlich ist, und hierinnen scheint sie vil Verdienste zu haben sie ehrt seine Arbeitstunden, und vermeidet alles was ihn aus dieser günstigen Lage heraus bringen könnte, dann glaube ich kann sie sich erstaunlich in seine Ideen hineindenken, sie ist ordentlich sein Nachhall, er kann das Bedürfniß befriedigen, über seine Ideen zu reden, ohne dadurch um seine Zeit gebracht zu werden, eine stille Geselligkeit ist alles was Friedrich braucht, und was am günstigsten für seine Geistesprodukte ist, ein häusliches Leben ist ihm eigentlich Bedürfniß, wenn es nur einmal wirklich ein recht ordentliches Leben würde häusliches Leben würde! An meiner Schwiegerinn habe ich mehr Schätze [3] des Gemüths gefunden, als ich vorher an ihr kannte aber sie thut nicht genug, die Kraft sie alle in der nützlichste Anwendung zu bringen fehlt ihr. Oekonomisches Talent hat sie gar nicht. An einem Gebäude daß man aufzuführen wünscht, täglich unermüdet ein Steinchen hinzuzutragen, wenn man die Vollendung auch noch so weit von sich entfernt sieht, doch nicht die Geduld verlieren, ud nie gutwillig einen Rückschritt machen, daß ist eine weibliche Tugend die ihr fehlt. Diese Wahrnehmung hat mich innigst betrübt die Theilnahme, und die Ueberzeugung die ich nun bekam, daß ich mit meinen Kräften viel zu wenig bei diesen zwey Menschen helfen zu können machte mich wirklich unglücklich. Wenn die Verlegung zu Stande komt wie es doch allen Anschein hat, wird jetzt wieder alles gut seyn, wie lange daß muß man sehn du hast als ein großmüthiger Bruder gehandelt ich habe es ein paar mal negirt gegen meine Schwiegerinn, daß du den Wunsch aufgeopfert ein Pferd zu halten, um ihnen dieses Geld desto wichtiger zu machen, was Ihnen die brüderliche Liebe opfert. An die Wieder gabe der 200 r. denke jetzt nicht ich kann es nicht ausstehen, daß alles auf dich losgeht, mein Gustchen verliert es doch einmal nicht, wenn es in deinen Händen ist. Diese Zuverläßigkeit die man auf dich haben kann, diese loyalität darinnen hat die Fr. v. Stael ganz recht, daß sie darinnen solch einen Großen werth auf dich setzt, ich möchte sie Friedrichen wenn ich könnte mit jeder Aufopferung erkaufen. Ueber den Plan sich mit den Söhnen hier zu vereinigen, ist mir vorher gar nichts mitgetheilt daß änderte ganz die Lage der Sachen, an erbitten für die Schwiegerinn war gar nicht zu denken, daß war ein unruhiges hin und her laufen, bald sie zu den Söhnen bald die Söhne zu ihr, auf so ein schnelles, einwirken und Erziehen halte ich nichts, es wür[4]de auf die Länge auch den Söhnen zu vil Zeit gekostet haben, mein Gustchen brachte es ganz aus ihrem Gleise, und es würde auch darum nicht lange so fort gegangen seyn. Doch ist ihr hierseyn von großem Nutzen gewesen, die zwey Söhne sind sehr hübsch und ordentlich eingerichtet, wobey ich mir auch schmeichle daß mein Rath auch mit zu beygetragen hat. Sie haben einen sehr gründlichen Untericht bey Matthäi, ihre häusliche Verfassung ist gut und ordentlich, die Empfehlung von Friedrichs Frau war sehr günstig, Schubert, Riquet ud noch einige haben ihnen ihr Haus geöfnet des Abends hinzugehen wenn sie wollen. zu mir kommen sie oft ud wir lesen den Ariost, es sind bis jetzt noch ganz unverdorbne junge Leute, und Philip ist ein liebenswürdiger Junge, er scheint auch Talent für die Kunst zu haben. Das einzige was ich noch wünschte daß sie einen gründlichen Unterricht in der Religion, bekämen doch da dieser Catholisch seyn soll, hat sich dieß hir nicht finden wollen. Der alte Veith ist der gutmüthigste Mensch von der Welt, voller Liebe zu seinen Kindern, man muß ihm nach seiner Handlungsart schätzen. Schubert hat einen Ruf nach Nürnberg als Rektor director bekommen und wird in wenig Wochen dahin gehen, es ist ein treflicher Mensch. Adam Müller sitzt in keinen Rosengarten, unglaublicher weise hat eine Dame mit der er villeicht nur hat tändeln wollen die sich ganz ernsthaft in ihn verliebt, sie ist nun von ihrem Manne geschieden, hat kein Vermögen, fühlt sich unglücklich daß sie ihre Ehre und ihre Kinder verloren hat, Weint Tag ud Nacht kann doch von Müllern nicht lassen, das kleine Adämchen ist wieder gestorben alles dieses ist so publick geworden, wie es gar nicht sollte – Von meiner Erzählung über Friedrich muß ich dir noch nachholen, daß so wie von dem fortdauernden Frieden gewiß waren, ud sich zufällig eine gute Gelegenheit fand, die Schwiegerinn noch Geld in der Tasche hat, ich vermehrte es mit 24 r. trat sie die Reise an freylich Friedrichen etwas unerwartet, er hatte nur eine, aber große Stube sie sind es beyde nicht gewohnt sich im Nothfall eng zu behelfen, da war also große Noth, ich bekam Briefe die mich ganz um meine Ruhe brachten da ich doch die Sache wenn auch nicht bevör[3]dert doch gut geheißen hatte. nun ist endlich eine erträgliche Wohnung da, doch schicke ich stündliche Stoßgebete gen Himmel, daß die Vorlesung zu Stande kommen mag. Auf allen Fall da Friedrich seine Frau einmal ernähren muß ist es am besten sie tragen, sie dulden, sie arbeiten [2] mit einander. Wie schön wäre es gewesen du hättest den Winter in Wien zugebracht, konntest du nicht allein da hin gehen, und mit diesen beiden leben, wenn die Fr. v. Stael Hindernisse hatte? Deine Vorlesungen wenn sie heraus kommen möchte ich gleich besitzen. Schreib mir ja [1] von allem was du thust und treibst. Dem Andenken der Fr. v. Stael empfiehl mich aufs Angelegentlichste, ich wünschte auch zu wißen was sie machte und wie ihre litterarischen Arbeiten vor wärts sich gehen. Widmet sie sich noch immer so ganz der Gesellschaft? ich gewinne der Einsamkeit immer mehr Geschmack ab. Mein einsames Zimmer ist mir ein Elisium
Charlotte Ernst
Nov.
Mein Geliebtester Bruder
Es ist eine lange Zeit hingegangen daß ich nicht an dich geschrieben habe, aber ich habe ganze 8 Wochen so unruhig und geschäftvoll zugebracht, daß ich auch nicht einmal an meine Mutter geschrieben das Briefschreiben ist immer das Erste was da wegfällt weil es einmal nicht in die Liste meiner gewöhnlichen Geschäfte mit angerechnet ist, also ein hors dʼoeuvres wozu schon eine besondre Muße seyn muß das unruhige Leben meines Mannes in seinem Amte, zieht mich mit hinein, ich suche es ihm so vil als möglich zu erleichtern, daß er es nicht so ganz fühlt was es drückendes für den Geist hat und Einförmiges für den Geist hat. und so bin ich diesen letzten Theil des Sommers bald in Dresden, bald in Pillnitz an keinen Ort lange, und an keinem recht zu Hause gewesen es war mit sehr vil Unbequemlichkeit verbunden, seit der neuen französischen allianz kommen jetzt Dinge in seinem Dienste vor, von denen man vorher gar nichts wußte und der alte Schlendrian ist ganz verlassen. Jetzt ist er in Pohlen, und ich hoffe ihn in der Mitte des Januars wieder zu sehen, es ist eine Prüfungszeit für ihn. Mir ist gewißermaasen die Ruhe wohlthätig die bey mir eingetreten ist, und daß ich mich ganz mit meinem Gustchen beschäftigen kann. – Ich weiß nicht ob du ganz zufrieden seyn wirst, daß die Schwiegerinn nach Wien gegangen, nach meinem besten Ueberlegen war es daß Beste, sowohl für meine Geschwister, als für mich wenn du ich du ein vertrauliches Stündchen bey mir zubrächtest wollte ich dir das so detailliren daß du mir völlig recht geben solltest. Erstlich opfre ich mich gewiß gern meinen Freunden auf, sobald ich Nutzen daraus ersehe, aber wenn dieses nicht ist so treten meine eignen Rechte wieder ein, und ich [2] muß dann an mich denken, Meine Gesundheit und mein Gemüth erfordern nothwendig eine tiefe Ruhe in meinem Innren, das ist das Element in das ich lebe und äußere Bequemlichkeiten opfre ich gern dafür auf darinnen contrastire ich ganz mit meiner Schwiegerinn und auch ist dieß der Einzige Punkt worinnen ich mit Friedrich contrastire, sie opfern für die Bequemlichkeit und Pflege des Leibes wenn es Noth thut die Ruhe des Gemüths auf. Der Gedanke warum ich wünschte, die Schwiegerinn sollte eine Zeitlang bey mir leben seyn *laß ja mit keinem Worte an Friedrich merken was ich dir über ihn geschrieben., war, daß beyde ämsig an einen baldigen Verein arbeiten sollte, er dort fleißig, sie hier, ud daß ich so villeicht ein weniges dazu beytrüge, daß sie sich einen etwas bequemern Herd bauen könnten wenn dieß der Fall gewesen wäre, wenn sie fleißig gearbeitet, ud zurück gelegt hätten, dann hätte sie ein Jahr bey mir bleiben mögen, so war es das Gegentheil Friedrich gewöhnte sich dort almählich an das Leben eines Garçon ud der Schwiegerinn wurde es auch wieder schwerer, sich in eine ungemächliche Lage zu versetzen. Die Hauptsache für mich war, daß Friedrich mir so oft gesagt, daß sie ihm zu seinen Arbeiten unentbehrlich ist, und hierinnen scheint sie vil Verdienste zu haben sie ehrt seine Arbeitstunden, und vermeidet alles was ihn aus dieser günstigen Lage heraus bringen könnte, dann glaube ich kann sie sich erstaunlich in seine Ideen hineindenken, sie ist ordentlich sein Nachhall, er kann das Bedürfniß befriedigen, über seine Ideen zu reden, ohne dadurch um seine Zeit gebracht zu werden, eine stille Geselligkeit ist alles was Friedrich braucht, und was am günstigsten für seine Geistesprodukte ist, ein häusliches Leben ist ihm eigentlich Bedürfniß, wenn es nur einmal wirklich ein recht ordentliches Leben würde häusliches Leben würde! An meiner Schwiegerinn habe ich mehr Schätze [3] des Gemüths gefunden, als ich vorher an ihr kannte aber sie thut nicht genug, die Kraft sie alle in der nützlichste Anwendung zu bringen fehlt ihr. Oekonomisches Talent hat sie gar nicht. An einem Gebäude daß man aufzuführen wünscht, täglich unermüdet ein Steinchen hinzuzutragen, wenn man die Vollendung auch noch so weit von sich entfernt sieht, doch nicht die Geduld verlieren, ud nie gutwillig einen Rückschritt machen, daß ist eine weibliche Tugend die ihr fehlt. Diese Wahrnehmung hat mich innigst betrübt die Theilnahme, und die Ueberzeugung die ich nun bekam, daß ich mit meinen Kräften viel zu wenig bei diesen zwey Menschen helfen zu können machte mich wirklich unglücklich. Wenn die Verlegung zu Stande komt wie es doch allen Anschein hat, wird jetzt wieder alles gut seyn, wie lange daß muß man sehn du hast als ein großmüthiger Bruder gehandelt ich habe es ein paar mal negirt gegen meine Schwiegerinn, daß du den Wunsch aufgeopfert ein Pferd zu halten, um ihnen dieses Geld desto wichtiger zu machen, was Ihnen die brüderliche Liebe opfert. An die Wieder gabe der 200 r. denke jetzt nicht ich kann es nicht ausstehen, daß alles auf dich losgeht, mein Gustchen verliert es doch einmal nicht, wenn es in deinen Händen ist. Diese Zuverläßigkeit die man auf dich haben kann, diese loyalität darinnen hat die Fr. v. Stael ganz recht, daß sie darinnen solch einen Großen werth auf dich setzt, ich möchte sie Friedrichen wenn ich könnte mit jeder Aufopferung erkaufen. Ueber den Plan sich mit den Söhnen hier zu vereinigen, ist mir vorher gar nichts mitgetheilt daß änderte ganz die Lage der Sachen, an erbitten für die Schwiegerinn war gar nicht zu denken, daß war ein unruhiges hin und her laufen, bald sie zu den Söhnen bald die Söhne zu ihr, auf so ein schnelles, einwirken und Erziehen halte ich nichts, es wür[4]de auf die Länge auch den Söhnen zu vil Zeit gekostet haben, mein Gustchen brachte es ganz aus ihrem Gleise, und es würde auch darum nicht lange so fort gegangen seyn. Doch ist ihr hierseyn von großem Nutzen gewesen, die zwey Söhne sind sehr hübsch und ordentlich eingerichtet, wobey ich mir auch schmeichle daß mein Rath auch mit zu beygetragen hat. Sie haben einen sehr gründlichen Untericht bey Matthäi, ihre häusliche Verfassung ist gut und ordentlich, die Empfehlung von Friedrichs Frau war sehr günstig, Schubert, Riquet ud noch einige haben ihnen ihr Haus geöfnet des Abends hinzugehen wenn sie wollen. zu mir kommen sie oft ud wir lesen den Ariost, es sind bis jetzt noch ganz unverdorbne junge Leute, und Philip ist ein liebenswürdiger Junge, er scheint auch Talent für die Kunst zu haben. Das einzige was ich noch wünschte daß sie einen gründlichen Unterricht in der Religion, bekämen doch da dieser Catholisch seyn soll, hat sich dieß hir nicht finden wollen. Der alte Veith ist der gutmüthigste Mensch von der Welt, voller Liebe zu seinen Kindern, man muß ihm nach seiner Handlungsart schätzen. Schubert hat einen Ruf nach Nürnberg als Rektor director bekommen und wird in wenig Wochen dahin gehen, es ist ein treflicher Mensch. Adam Müller sitzt in keinen Rosengarten, unglaublicher weise hat eine Dame mit der er villeicht nur hat tändeln wollen die sich ganz ernsthaft in ihn verliebt, sie ist nun von ihrem Manne geschieden, hat kein Vermögen, fühlt sich unglücklich daß sie ihre Ehre und ihre Kinder verloren hat, Weint Tag ud Nacht kann doch von Müllern nicht lassen, das kleine Adämchen ist wieder gestorben alles dieses ist so publick geworden, wie es gar nicht sollte – Von meiner Erzählung über Friedrich muß ich dir noch nachholen, daß so wie von dem fortdauernden Frieden gewiß waren, ud sich zufällig eine gute Gelegenheit fand, die Schwiegerinn noch Geld in der Tasche hat, ich vermehrte es mit 24 r. trat sie die Reise an freylich Friedrichen etwas unerwartet, er hatte nur eine, aber große Stube sie sind es beyde nicht gewohnt sich im Nothfall eng zu behelfen, da war also große Noth, ich bekam Briefe die mich ganz um meine Ruhe brachten da ich doch die Sache wenn auch nicht bevör[3]dert doch gut geheißen hatte. nun ist endlich eine erträgliche Wohnung da, doch schicke ich stündliche Stoßgebete gen Himmel, daß die Vorlesung zu Stande kommen mag. Auf allen Fall da Friedrich seine Frau einmal ernähren muß ist es am besten sie tragen, sie dulden, sie arbeiten [2] mit einander. Wie schön wäre es gewesen du hättest den Winter in Wien zugebracht, konntest du nicht allein da hin gehen, und mit diesen beiden leben, wenn die Fr. v. Stael Hindernisse hatte? Deine Vorlesungen wenn sie heraus kommen möchte ich gleich besitzen. Schreib mir ja [1] von allem was du thust und treibst. Dem Andenken der Fr. v. Stael empfiehl mich aufs Angelegentlichste, ich wünschte auch zu wißen was sie machte und wie ihre litterarischen Arbeiten vor wärts sich gehen. Widmet sie sich noch immer so ganz der Gesellschaft? ich gewinne der Einsamkeit immer mehr Geschmack ab. Mein einsames Zimmer ist mir ein Elisium
Charlotte Ernst