• Johann Carl Fürchtegott Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Hannover · Place of Destination: Chaumont-sur-Loire · Date: 03.06.1810
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Johann Carl Fürchtegott Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Hannover
  • Place of Destination: Chaumont-sur-Loire
  • Date: 03.06.1810
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-5
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,18,58
  • Number of Pages: 2 S., hs. m. U.
  • Format: 19 x 11,3 cm
  • Incipit: „[1] Hannover d. 3 Junius 1810
    Liebster Bruder, durch Deine Briefe hast Du nicht nur meine Mutter, sondern uns alle recht [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
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[1] Hannover d. 3 Junius 1810
Liebster Bruder, durch Deine Briefe hast Du nicht nur meine Mutter, sondern uns alle recht herzlich erfreuet. Der Reichthum dieser Briefe, die alle so intressant waren, ist uns ein Ersatz für das lange Harren darauf. Freylich erfuhr ich wohl zuweilen durch die Zeitungen, wo Du Dich aufhieltest, aber auch weiter nichts. Jezt weiß ich doch, wie dieser Ort beschaffen ist, was Du da treibst, und wie lange man etwa Dich dort noch suchen darf. So malerisch Du auch Deinen dortigen Aufenthalt beschreibst, so gefiel mir doch Dein Aufenthalt in Coppet beßer. Glücklich bist Du, daß Du so sehr viel für die Deinigen thun kannst. Deinen erhaltenen Wechsel habe ich hier sogleich erhoben, und 357 r. 18 g. in Pistolen dafür erhalten. Deiner Anweisung gemäß habe ich der Mutter sogleich nach dessen Empfang 10 Carolinen oder 55 r. in Louisdʼor davon ausgezahlt, und werde nun alle Quartale damit fortfahren, und Dir dieses Geld, so wie die mir angewiesenen 5 Carolinen getreulich berechnen. Meine Mutter hast Du dadurch großer Sorgen entrissen, und ist sie damit sehr haushälterisch, und sucht nach und nach alle noch rückständigen Posten abzutragen. Dem Wechsel des Mädchens, wovon sie Dir schreibt, habe ich ihr jezt widerrathen. Im Ganzen geht es recht gut, und werde ich sie Deiner Anweißung gemäß durch ein Trinkgeld ermuntern. Deinen Brief an Moritz habe ich sogleich besorgt; ich mag aber das von ihm verlangte nicht erst ab[2]warten, da es zu lange aufhalten möchte. Den Taufschein habe ich inzwischen auf die verlangte Art besorgt, und gerichtlich bescheinigen lassen. Er erfolgt hiebey. Ich habe es ihm überlassen, Dir die bedeutenden Recensionen über Deine Wercke zu melden. Mir ist es jezt nicht vergönnt, viel zu lesen, und gleich Dir durch das wissenschaftliche Studium von allem unangenehmen mich abzuziehen. Das practische Leben treibt mich nun einmal mit sich fort, wenn es mich gleich bis jezt noch nicht den wissenschaftlichen Sinn geraubt hat. Alle meine übrige Zeit muß ich jezt bey der nahe bevorstehenden Veränderung den Westphälischen Rechten widmen, welches ein weitläuftiges Studium ist. Was mein künftiges Schicksal seyn wird, weiß ich noch nicht, und erfährt dieß keiner zuvor. Das Consistorium wird wahrscheinlich bleiben, aber nicht in seiner vorigen Gestalt. Alle Processe kommen davon ab, und diese geben die besten Einkünfte. Unnöthige Besorgniße wollen wir uns nicht machen, und sind resignirt, auf alles was kommen mag. So viel sehen wir indessen wohl ein, daß wir das schwerlich wieder erlangen können, was wir gehabt haben. Unangenehm ist es auch, sich wieder auf die Sollicitanten Banck versetzt zu sehen, nach dem man sich schon im sichern Hofe glaubte. Vor meiner Abreise hoffe ich noch, Dir das mir zugefallene Loos, und meinen künftigen Aufenthalt melden zu können. Ich sowohl als meine Frau wollen gern in Hannover bleiben, auch um der Mutter willen, der ich keine Veränderung des Orts anrathen kann. Trotz des unfreundlichen Sommers sind wir jezt auf den Garten gezogen, um dort alles ruhig abzuwarten. – Der 2 Theil Deiner Vorlesungen hat mir, und allen, denen ich ihn mitgetheilt, einen sehr angenehmen Genuß gewähret. Schreibe ja bald [1] wieder und melde jedes mal, wie lange Du noch zu bleiben gedenkst. Brandes ist jezt gestorben, da er so eben eine Fortsetzung seines Zeitgeistes herausgegeben hat. Sein Tod geht mir nahe, und für Rehberg ist es ein harter Verlust. Von Friedrich haben wir noch keine Briefe. Behalte mich in gutem Andenken Karl Schlegel
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[1] Hannover d. 3 Junius 1810
Liebster Bruder, durch Deine Briefe hast Du nicht nur meine Mutter, sondern uns alle recht herzlich erfreuet. Der Reichthum dieser Briefe, die alle so intressant waren, ist uns ein Ersatz für das lange Harren darauf. Freylich erfuhr ich wohl zuweilen durch die Zeitungen, wo Du Dich aufhieltest, aber auch weiter nichts. Jezt weiß ich doch, wie dieser Ort beschaffen ist, was Du da treibst, und wie lange man etwa Dich dort noch suchen darf. So malerisch Du auch Deinen dortigen Aufenthalt beschreibst, so gefiel mir doch Dein Aufenthalt in Coppet beßer. Glücklich bist Du, daß Du so sehr viel für die Deinigen thun kannst. Deinen erhaltenen Wechsel habe ich hier sogleich erhoben, und 357 r. 18 g. in Pistolen dafür erhalten. Deiner Anweisung gemäß habe ich der Mutter sogleich nach dessen Empfang 10 Carolinen oder 55 r. in Louisdʼor davon ausgezahlt, und werde nun alle Quartale damit fortfahren, und Dir dieses Geld, so wie die mir angewiesenen 5 Carolinen getreulich berechnen. Meine Mutter hast Du dadurch großer Sorgen entrissen, und ist sie damit sehr haushälterisch, und sucht nach und nach alle noch rückständigen Posten abzutragen. Dem Wechsel des Mädchens, wovon sie Dir schreibt, habe ich ihr jezt widerrathen. Im Ganzen geht es recht gut, und werde ich sie Deiner Anweißung gemäß durch ein Trinkgeld ermuntern. Deinen Brief an Moritz habe ich sogleich besorgt; ich mag aber das von ihm verlangte nicht erst ab[2]warten, da es zu lange aufhalten möchte. Den Taufschein habe ich inzwischen auf die verlangte Art besorgt, und gerichtlich bescheinigen lassen. Er erfolgt hiebey. Ich habe es ihm überlassen, Dir die bedeutenden Recensionen über Deine Wercke zu melden. Mir ist es jezt nicht vergönnt, viel zu lesen, und gleich Dir durch das wissenschaftliche Studium von allem unangenehmen mich abzuziehen. Das practische Leben treibt mich nun einmal mit sich fort, wenn es mich gleich bis jezt noch nicht den wissenschaftlichen Sinn geraubt hat. Alle meine übrige Zeit muß ich jezt bey der nahe bevorstehenden Veränderung den Westphälischen Rechten widmen, welches ein weitläuftiges Studium ist. Was mein künftiges Schicksal seyn wird, weiß ich noch nicht, und erfährt dieß keiner zuvor. Das Consistorium wird wahrscheinlich bleiben, aber nicht in seiner vorigen Gestalt. Alle Processe kommen davon ab, und diese geben die besten Einkünfte. Unnöthige Besorgniße wollen wir uns nicht machen, und sind resignirt, auf alles was kommen mag. So viel sehen wir indessen wohl ein, daß wir das schwerlich wieder erlangen können, was wir gehabt haben. Unangenehm ist es auch, sich wieder auf die Sollicitanten Banck versetzt zu sehen, nach dem man sich schon im sichern Hofe glaubte. Vor meiner Abreise hoffe ich noch, Dir das mir zugefallene Loos, und meinen künftigen Aufenthalt melden zu können. Ich sowohl als meine Frau wollen gern in Hannover bleiben, auch um der Mutter willen, der ich keine Veränderung des Orts anrathen kann. Trotz des unfreundlichen Sommers sind wir jezt auf den Garten gezogen, um dort alles ruhig abzuwarten. – Der 2 Theil Deiner Vorlesungen hat mir, und allen, denen ich ihn mitgetheilt, einen sehr angenehmen Genuß gewähret. Schreibe ja bald [1] wieder und melde jedes mal, wie lange Du noch zu bleiben gedenkst. Brandes ist jezt gestorben, da er so eben eine Fortsetzung seines Zeitgeistes herausgegeben hat. Sein Tod geht mir nahe, und für Rehberg ist es ein harter Verlust. Von Friedrich haben wir noch keine Briefe. Behalte mich in gutem Andenken Karl Schlegel
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