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Aprill [18]01.<br>Eben erhalt ich Deinen Brief vom 11ten. Zwey Dinge machen mir Herzklopfen, die Ungeduld, daß ich noch hier bin, und der ewige Wandernde.<br>Ich kann erst Übermorgen von hier gehn, aber ich rechne gewiß darauf vor dem 24sten in <span class="index-12 tp-22301 ">Jena</span> zu seyn, das ist vermuthlich schon zu spät um <span class="index-48 tp-47059 ">Tiek</span> zu logiren, allein doch hoffentlich nicht ihn zu sehn. Sehr ungern würd ich dieses entbehren. Ich schreibe ihm dorthin. Da <span class="index-4233 tp-22302 ">der Mutter</span> Überkunft hieher mit meiner Reise combinirt ist, so war es nicht möglich sie mehr zu beschleunigen, als ich gethan habe. Sie komt mir nun bis <span class="index-4250 tp-47056 ">Zelle</span> entgegen und wir wechseln Wagen und Begleitung aus.<br>Meine Ungeduld macht mich krank und dieses ungewohnte realistische Leben. ‒ Was ich nun versäume, muß ich den Göttern anheim stellen. Fast wieder Willen bin ich hieher gezogen, und ganz wieder Willen bin ich hier in diesem Augenblick, denn was ich in Jena vielleicht sprechen und thun könnte, wäre doch besser als dieses unbestimmte Geräusch um mich her, als die tausend lächerlichen Nachrichten, und das Ebben und Fluten von hunderterley Erwartungen. Hier haben nun die <span class="index-173 tp-47057 ">hannöverischen</span> Truppen gänzlich den Plaz geräumt ‒ man hat sich dem ohngeachtet mit vielen Sagen geschmeichelt, daß der Besiznehmung der Preußen Einhalt geschehn würde, indessen sind sie in der Nähe, man sagt nur, in geringerer Anzahl, und man erwartet sie etwa Übermorgen. ‒ So viel scheint mir, daß das Gewitter für Niedersachsen noch abgewendet werden könnte, Dänemark und Engelland haben ja auf 3 Monat Waffenstillstand geschlossen. Vor wenig Tagen kamen <span class="index-4241 tp-22323 weight-bold ">Laurisson</span>, der Adjudant von <span class="index-446 tp-22305 ">Buonaparte</span> (er heißt auch vielleicht anders), und ein Sohn <span class="index-4248 tp-67517 ">des Kriegsministers </span><span class="index-4248 tp-67517 weight-bold ">Berthier</span> hier durch; sie traten nebst einem Kaufmann bey <span class="index-1928 tp-22306 ">Philipps</span> Schwager ab, und haben ihm gesagt, daß sie nach <span class="index-665 tp-22307 ">Koppenhagen</span> gingen, um im Norden gewisse Artikel des Friedens, zu dem England gegen Frankreich sich geneigt bewiese, zu reguliren. Schweden scheint überhaupt zu warten, und vom neuen Kaiser hoft man in dieser Gegend viel Gutes ‒ worinn dieses Gute besteht, kannst Du denken; auf beyden Ufern der Elbe ist das Volk englisch, das heißt kaufmännisch gesinnt.<br>Des Hohns und Spotts über die Dänen ist kein Ende, <span class="weight-bold ">et il y a dequoi</span>. Sie reißen bey Dutzenden aus, und die Armee wird nächstens diesseits cantoniren.<br>Wenn mir mein Befinden, das mich zwischen wirblichter Lebhaftigkeit und Ermattung hinhält, eine genauere Benutzung meiner Zeit erlaubt hätte in <span class="index-98 tp-22310 ">Hamburg</span>, so würde ich noch mehr haben sehn und hören können, doch hab ich völlig genug. <span class="index-4242 tp-22324 ">Mad. Reimarus</span> habe ich besucht, <span class="index-676 tp-22325 ">er</span> war zu Kranken ausgegangen. Sie hat mich äußerst freundlich aufgenommen und kam mir damit entgegen, wie sehr sie gewünscht hätte usw., nachdem sie Briefe von mir gelesen ‒ was ich ihr denn wieder gab. Es ist eine gute Dame und doch lange so windschief nicht wie <span class="index-4249 tp-22336 ">die Campe</span>.<br>Ich würde <span class="index-1611 tp-22311 ">Klopstock</span> gesehn haben ‒ <span class="index-4243 tp-22327 index-4244 tp-22328 ">Meyers</span> hätten ihn nehmlich zu einem <span class="weight-bold ">Souper</span>, das sie gaben, eingeladen, wenn nicht seiner Frau Schwiegertochter so eben in seinem Hause gestorben wäre in Wochen. Demohngeachtet wollte sie noch mit mir hingehn, als der Wagen mit meinen <span class="index-1868 tp-22322 ">Altonaer</span> Wirthen kam um mich abzuholen und es sich nicht mehr machen lassen wollte.<br>Ich habe so gut wie nichts verlohren an und für sich, nur einen Auftritt mehr, Dich damit zu unterhalten, mein lieber Schlegel ‒ es hätte indeß auch schlecht ablaufen können, obwohl er ein guter alter Mann seyn mag.<br>Die Stimmung habe ich übrigens genugsam durchschaut und werde Dir mündlich davon erzählen. <span class="index-4243 tp-22326 ">Meyer</span> fürchtete sich gewiß so sehr mich zu sehn, als wenn ich sein Gewissen wäre ‒ hier lege ich Dir das Blatt bey, das er mir nachgeschickt und <span class="index-4245 tp-22331 ">seine affectirten Skizzen</span> mir damit zu Füßen gelegt hat. <span class="index-4244 tp-22332 weight-bold ">Sie</span> ist Dir recht gut, überhaupt giltst Du einigermaßen für ehrlich ‒ nimms nicht übel ‒ aber <span class="index-8 tp-22313 ">Friedrich</span> schlechtweg für toll. ‒ Das war denn doch mehr, als ich dachte, daß Meyers <span class="index-53 tp-22312 ">Deine Ehrenpforte</span> noch nicht kannten, da er doch der erste Literator in Hamburg ist. ‒ Wenn das auch die Matadore sind, die sie zum Essen geladen hatten (lauter Herren), so ist sein unbeschreibliches Selbstgefühl erklärlicher. <span class="index-4246 tp-22333 ">Veit Weber</span> blieb aus, den Doktor Veit hatte Meyer nicht getroffen; ein Bruder von <span class="index-1731 tp-22321 ">Rambach</span>, ein Arzt, war da.<br>–––––<br>Recht ordentlich kann ich Dir über <span class="index-4247 tp-22453 index-4262 tp-22452 ">den wandernden Juden</span> nicht schreiben ‒ wenn ihn mir nur jemand vorlesen könnte! Dann würde er mich befriedigen. Ich denke ihn mir diesen Abend noch selbst vorzulesen. Was sagten die andern dazu? Mich däucht, er ist sehr gut ausgeführt. ‒ Das blutrothe Kreuz erschreckte mich, so gut ich es kannte, es steht so an der rechten Stelle. Ja ich glaube, es ist, wie es seyn soll. Wenn ich es <span class="index-62 tp-22314 ">Schelling</span> vorlese, so wird er Fieber bekommen. Ich fürchte ihn in seiner Gesundheit nicht gebessert anzutreffen. ‒ <span class="index-88 tp-22315 ">Schiller</span> ist bis auf den 5ten Akt mit <span class="index-1415 tp-22316 ">Wallenstein</span> fertig; vielleicht werden nun aus dem 5ten wieder so viel wie vorher. Schelling muß seine Rezension der Ehrenpforte oft schmähen hören, unter anders bei <span class="index-31 tp-22318 index-637 tp-22319 ">Frommans</span>, wo er mit <span class="index-2983 tp-22317 ">Loder</span> aß. Er wird doch gewiß noch als Rezensent bekannt werden, da sie so angefochten wird. Es thut ihm nichts. ‒ Du bist schlecht, daß Du mir nur das große Geheimniß vertraust, weil ich in Böotien sitze. Böser, habe ich je etwas verrathen ‒ auch in <span class="index-4240 tp-22320 ">Athen</span> weiß ich zu schweigen, wenn alles mich zur Rede lockt.<br>–––––<br>Ja wohl seh ich aus der heutigen Zeitung, daß dieses dürre Volk sich auch in Franken weiter ausbreiten will.<br>–––––<br>Gott friste <span class="index-115 tp-47171 ">Charlottens</span> Leben! Besuche sie ja, sollt ich Dich auch später darum sehn. Ich werde an <span class="index-264 tp-22299 ">Deine Mutter</span> schreiben.<br>Adieu, ich muß schließen. Wenn ich nur noch erst über 8 Tage hin wäre. Weg aus dieser Gegend. Die Sonne scheint, aber die Luft ist rauh. 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Es folgten Aufenthalte in Gotha, Dresden und die Heirat mit AWS, den sie bereits in Göttingen kennengelernt hatte. In Jena war Caroline wichtiger Teil des frühromantischen Kreises, der im Schlegelschen Haus in der Leutragasse 5 zusammentraf. Die Scheidung von AWS erfolgte im Jahr 1803; im selben Jahr heiratete sie den Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling. Mit ihm zog sie nach Würzburg und München. 1809 erkrankte sie an der Ruhr und verstarb.', '39_geschlecht' => 'w', '39_beziehung' => 'Caroline von Schelling war die erste Ehefrau Schlegels; die Ehe wurde 1803 geschieden. 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Es ist eine gute Dame und doch lange so windschief nicht wie <anchor type="b" n="4249" ana="11" xml:id="NidB22336"/>die Campe<anchor type="e" n="4249" ana="11" xml:id="NidE22336"/>.<lb/>Ich würde <anchor type="b" n="1611" ana="11" xml:id="NidB22311"/>Klopstock<anchor type="e" n="1611" ana="11" xml:id="NidE22311"/> gesehn haben ‒ <anchor type="b" n="4243" ana="11" xml:id="NidB22327"/><anchor type="b" n="4244" ana="11" xml:id="NidB22328"/>Meyers<anchor type="e" n="4244" ana="11" xml:id="NidE22328"/><anchor type="e" n="4243" ana="11" xml:id="NidE22327"/> hätten ihn nehmlich zu einem <hi rend="weight:bold">Souper</hi>, das sie gaben, eingeladen, wenn nicht seiner Frau Schwiegertochter so eben in seinem Hause gestorben wäre in Wochen. Demohngeachtet wollte sie noch mit mir hingehn, als der Wagen mit meinen <anchor type="b" n="1868" ana="10" xml:id="NidB22322"/>Altonaer<anchor type="e" n="1868" ana="10" xml:id="NidE22322"/> Wirthen kam um mich abzuholen und es sich nicht mehr machen lassen wollte.<lb/>Ich habe so gut wie nichts verlohren an und für sich, nur einen Auftritt mehr, Dich damit zu unterhalten, mein lieber Schlegel ‒ es hätte indeß auch schlecht ablaufen können, obwohl er ein guter alter Mann seyn mag.<lb/>Die Stimmung habe ich übrigens genugsam durchschaut und werde Dir mündlich davon erzählen. <anchor type="b" n="4243" ana="11" xml:id="NidB22326"/>Meyer<anchor type="e" n="4243" ana="11" xml:id="NidE22326"/> fürchtete sich gewiß so sehr mich zu sehn, als wenn ich sein Gewissen wäre ‒ hier lege ich Dir das Blatt bey, das er mir nachgeschickt und <anchor type="b" n="4245" ana="12" xml:id="NidB22331"/>seine affectirten Skizzen<anchor type="e" n="4245" ana="12" xml:id="NidE22331"/> mir damit zu Füßen gelegt hat. <anchor type="b" n="4244" ana="11" xml:id="NidB22332"/><hi rend="weight:bold">Sie</hi><anchor type="e" n="4244" ana="11" xml:id="NidE22332"/> ist Dir recht gut, überhaupt giltst Du einigermaßen für ehrlich ‒ nimms nicht übel ‒ aber <anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB22313"/>Friedrich<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE22313"/> schlechtweg für toll. ‒ Das war denn doch mehr, als ich dachte, daß Meyers <anchor type="b" n="53" ana="12" xml:id="NidB22312"/>Deine Ehrenpforte<anchor type="e" n="53" ana="12" xml:id="NidE22312"/> noch nicht kannten, da er doch der erste Literator in Hamburg ist. ‒ Wenn das auch die Matadore sind, die sie zum Essen geladen hatten (lauter Herren), so ist sein unbeschreibliches Selbstgefühl erklärlicher. <anchor type="b" n="4246" ana="11" xml:id="NidB22333"/>Veit Weber<anchor type="e" n="4246" ana="11" xml:id="NidE22333"/> blieb aus, den Doktor Veit hatte Meyer nicht getroffen; ein Bruder von <anchor type="b" n="1731" ana="11" xml:id="NidB22321"/>Rambach<anchor type="e" n="1731" ana="11" xml:id="NidE22321"/>, ein Arzt, war da.<lb/>–––––<lb/>Recht ordentlich kann ich Dir über <anchor type="b" n="4247" ana="12" xml:id="NidB22453"/><anchor type="b" n="4262" ana="12" xml:id="NidB22452"/>den wandernden Juden<anchor type="e" n="4262" ana="12" xml:id="NidE22452"/><anchor type="e" n="4247" ana="12" xml:id="NidE22453"/> nicht schreiben ‒ wenn ihn mir nur jemand vorlesen könnte! Dann würde er mich befriedigen. Ich denke ihn mir diesen Abend noch selbst vorzulesen. Was sagten die andern dazu? Mich däucht, er ist sehr gut ausgeführt. ‒ Das blutrothe Kreuz erschreckte mich, so gut ich es kannte, es steht so an der rechten Stelle. Ja ich glaube, es ist, wie es seyn soll. Wenn ich es <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB22314"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE22314"/> vorlese, so wird er Fieber bekommen. Ich fürchte ihn in seiner Gesundheit nicht gebessert anzutreffen. ‒ <anchor type="b" n="88" ana="11" xml:id="NidB22315"/>Schiller<anchor type="e" n="88" ana="11" xml:id="NidE22315"/> ist bis auf den 5ten Akt mit <anchor type="b" n="1415" ana="12" xml:id="NidB22316"/>Wallenstein<anchor type="e" n="1415" ana="12" xml:id="NidE22316"/> fertig; vielleicht werden nun aus dem 5ten wieder so viel wie vorher. Schelling muß seine Rezension der Ehrenpforte oft schmähen hören, unter anders bei <anchor type="b" n="31" ana="11" xml:id="NidB22318"/><anchor type="b" n="637" ana="11" xml:id="NidB22319"/>Frommans<anchor type="e" n="637" ana="11" xml:id="NidE22319"/><anchor type="e" n="31" ana="11" xml:id="NidE22318"/>, wo er mit <anchor type="b" n="2983" ana="11" xml:id="NidB22317"/>Loder<anchor type="e" n="2983" ana="11" xml:id="NidE22317"/> aß. Er wird doch gewiß noch als Rezensent bekannt werden, da sie so angefochten wird. Es thut ihm nichts. ‒ Du bist schlecht, daß Du mir nur das große Geheimniß vertraust, weil ich in Böotien sitze. Böser, habe ich je etwas verrathen ‒ auch in <anchor type="b" n="4240" ana="10" xml:id="NidB22320"/>Athen<anchor type="e" n="4240" ana="10" xml:id="NidE22320"/> weiß ich zu schweigen, wenn alles mich zur Rede lockt.<lb/>–––––<lb/>Ja wohl seh ich aus der heutigen Zeitung, daß dieses dürre Volk sich auch in Franken weiter ausbreiten will.<lb/>–––––<lb/>Gott friste <anchor type="b" n="115" ana="11" xml:id="NidB47171"/>Charlottens<anchor type="e" n="115" ana="11" xml:id="NidE47171"/> Leben! Besuche sie ja, sollt ich Dich auch später darum sehn. Ich werde an <anchor type="b" n="264" ana="11" xml:id="NidB22299"/>Deine Mutter<anchor type="e" n="264" ana="11" xml:id="NidE22299"/> schreiben.<lb/>Adieu, ich muß schließen. Wenn ich nur noch erst über 8 Tage hin wäre. Weg aus dieser Gegend. Die Sonne scheint, aber die Luft ist rauh. 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Haarburg d. 14ten Aprill [18]01.
Eben erhalt ich Deinen Brief vom 11ten. Zwey Dinge machen mir Herzklopfen, die Ungeduld, daß ich noch hier bin, und der ewige Wandernde.
Ich kann erst Übermorgen von hier gehn, aber ich rechne gewiß darauf vor dem 24sten in Jena zu seyn, das ist vermuthlich schon zu spät um Tiek zu logiren, allein doch hoffentlich nicht ihn zu sehn. Sehr ungern würd ich dieses entbehren. Ich schreibe ihm dorthin. Da der Mutter Überkunft hieher mit meiner Reise combinirt ist, so war es nicht möglich sie mehr zu beschleunigen, als ich gethan habe. Sie komt mir nun bis Zelle entgegen und wir wechseln Wagen und Begleitung aus.
Meine Ungeduld macht mich krank und dieses ungewohnte realistische Leben. ‒ Was ich nun versäume, muß ich den Göttern anheim stellen. Fast wieder Willen bin ich hieher gezogen, und ganz wieder Willen bin ich hier in diesem Augenblick, denn was ich in Jena vielleicht sprechen und thun könnte, wäre doch besser als dieses unbestimmte Geräusch um mich her, als die tausend lächerlichen Nachrichten, und das Ebben und Fluten von hunderterley Erwartungen. Hier haben nun die hannöverischen Truppen gänzlich den Plaz geräumt ‒ man hat sich dem ohngeachtet mit vielen Sagen geschmeichelt, daß der Besiznehmung der Preußen Einhalt geschehn würde, indessen sind sie in der Nähe, man sagt nur, in geringerer Anzahl, und man erwartet sie etwa Übermorgen. ‒ So viel scheint mir, daß das Gewitter für Niedersachsen noch abgewendet werden könnte, Dänemark und Engelland haben ja auf 3 Monat Waffenstillstand geschlossen. Vor wenig Tagen kamen Laurisson, der Adjudant von Buonaparte (er heißt auch vielleicht anders), und ein Sohn des Kriegsministers Berthier hier durch; sie traten nebst einem Kaufmann bey Philipps Schwager ab, und haben ihm gesagt, daß sie nach Koppenhagen gingen, um im Norden gewisse Artikel des Friedens, zu dem England gegen Frankreich sich geneigt bewiese, zu reguliren. Schweden scheint überhaupt zu warten, und vom neuen Kaiser hoft man in dieser Gegend viel Gutes ‒ worinn dieses Gute besteht, kannst Du denken; auf beyden Ufern der Elbe ist das Volk englisch, das heißt kaufmännisch gesinnt.
Des Hohns und Spotts über die Dänen ist kein Ende, et il y a dequoi. Sie reißen bey Dutzenden aus, und die Armee wird nächstens diesseits cantoniren.
Wenn mir mein Befinden, das mich zwischen wirblichter Lebhaftigkeit und Ermattung hinhält, eine genauere Benutzung meiner Zeit erlaubt hätte in Hamburg, so würde ich noch mehr haben sehn und hören können, doch hab ich völlig genug. Mad. Reimarus habe ich besucht, er war zu Kranken ausgegangen. Sie hat mich äußerst freundlich aufgenommen und kam mir damit entgegen, wie sehr sie gewünscht hätte usw., nachdem sie Briefe von mir gelesen ‒ was ich ihr denn wieder gab. Es ist eine gute Dame und doch lange so windschief nicht wie die Campe.
Ich würde Klopstock gesehn haben ‒ Meyers hätten ihn nehmlich zu einem Souper, das sie gaben, eingeladen, wenn nicht seiner Frau Schwiegertochter so eben in seinem Hause gestorben wäre in Wochen. Demohngeachtet wollte sie noch mit mir hingehn, als der Wagen mit meinen Altonaer Wirthen kam um mich abzuholen und es sich nicht mehr machen lassen wollte.
Ich habe so gut wie nichts verlohren an und für sich, nur einen Auftritt mehr, Dich damit zu unterhalten, mein lieber Schlegel ‒ es hätte indeß auch schlecht ablaufen können, obwohl er ein guter alter Mann seyn mag.
Die Stimmung habe ich übrigens genugsam durchschaut und werde Dir mündlich davon erzählen. Meyer fürchtete sich gewiß so sehr mich zu sehn, als wenn ich sein Gewissen wäre ‒ hier lege ich Dir das Blatt bey, das er mir nachgeschickt und seine affectirten Skizzen mir damit zu Füßen gelegt hat. Sie ist Dir recht gut, überhaupt giltst Du einigermaßen für ehrlich ‒ nimms nicht übel ‒ aber Friedrich schlechtweg für toll. ‒ Das war denn doch mehr, als ich dachte, daß Meyers Deine Ehrenpforte noch nicht kannten, da er doch der erste Literator in Hamburg ist. ‒ Wenn das auch die Matadore sind, die sie zum Essen geladen hatten (lauter Herren), so ist sein unbeschreibliches Selbstgefühl erklärlicher. Veit Weber blieb aus, den Doktor Veit hatte Meyer nicht getroffen; ein Bruder von Rambach, ein Arzt, war da.
–––––
Recht ordentlich kann ich Dir über den wandernden Juden nicht schreiben ‒ wenn ihn mir nur jemand vorlesen könnte! Dann würde er mich befriedigen. Ich denke ihn mir diesen Abend noch selbst vorzulesen. Was sagten die andern dazu? Mich däucht, er ist sehr gut ausgeführt. ‒ Das blutrothe Kreuz erschreckte mich, so gut ich es kannte, es steht so an der rechten Stelle. Ja ich glaube, es ist, wie es seyn soll. Wenn ich es Schelling vorlese, so wird er Fieber bekommen. Ich fürchte ihn in seiner Gesundheit nicht gebessert anzutreffen. ‒ Schiller ist bis auf den 5ten Akt mit Wallenstein fertig; vielleicht werden nun aus dem 5ten wieder so viel wie vorher. Schelling muß seine Rezension der Ehrenpforte oft schmähen hören, unter anders bei Frommans, wo er mit Loder aß. Er wird doch gewiß noch als Rezensent bekannt werden, da sie so angefochten wird. Es thut ihm nichts. ‒ Du bist schlecht, daß Du mir nur das große Geheimniß vertraust, weil ich in Böotien sitze. Böser, habe ich je etwas verrathen ‒ auch in Athen weiß ich zu schweigen, wenn alles mich zur Rede lockt.
–––––
Ja wohl seh ich aus der heutigen Zeitung, daß dieses dürre Volk sich auch in Franken weiter ausbreiten will.
–––––
Gott friste Charlottens Leben! Besuche sie ja, sollt ich Dich auch später darum sehn. Ich werde an Deine Mutter schreiben.
Adieu, ich muß schließen. Wenn ich nur noch erst über 8 Tage hin wäre. Weg aus dieser Gegend. Die Sonne scheint, aber die Luft ist rauh. Leb wohl, mein lieber lieber Schlegel.
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