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$viewFile = '/var/www/awschlegel/version-10-19/app/View/Letters/view.ctp' $dataForView = array( 'html' => '<span class="index-12 tp-22604 ">Jena</span> d. 7ten [‒8.] May [1801].<br>Diesen Morgen, mein lieber Schlegel, kann ich Dir nur blos von <span class="weight-bold ">mir</span> sagen, daß mich <span class="index-4304 tp-22663 ">Dein unglücklicher Fortunat</span> entzückt hat. Gestern Abend hatte mir <span class="index-641 tp-22605 ">Gries</span> (der blos zu solchen Dingen taugt) <span class="index-3128 tp-22606 ">die Marie Stuart</span> gebracht, und da wir diese angefangen hatten zu lesen, wollt ich ihn in solcher schlechten Stimmung noch nicht mittheilen, und ihn mir auch erst allein vorlesen. Sage, mein Lieber, wo hast Du den nun wieder hergenommen? Er ist so fantastisch, so zart schauerlich und lieblich schreckenvoll, und erst drücken die Assonanzen die Ahndung hievon so gut aus, dann der Reim den entscheidenden Moment des nahenden Todes unter den Rosen. Ich bin ganz und gar davon eingenommen und mag mir eben deswegen nichts erschöpfen und nichts abschöpfen mit einer Analyse. Den Namen Fortunat hat Dir Fortuna selber eingegeben. Dichte nur, trachte so fort! Dies ist eines von denen Gedichten, wovon mir der Eindruck immer bleiben, immer wieder der erste seyn wird. Kann man im Thiergarten auf so zauberliche Gedanken kommen? Wenn mir es jemand angriffe, der hätte mit mir zu thun, aber Du, mein Schatz, hast eine schlechte Sache zu vertheidigen gehabt, wie Du gegen <span class="index-48 tp-22607 ">Tiek</span> über Maria Stuart strittest. Es ist wahrlich nicht besser wie <span class="index-1415 tp-22608 ">der Wallenstein</span> ‒ ja der gesammte schlechtere Wallenstein spricht einem daraus an. Die wenigen lyrischen Stellen sind hübsch ‒ o ja ‒ aber mit dem Ganzen schlecht verbunden. Das Interesse für Maria ist durchgehends zu sehr geschwächt, es sieht aus, als sollte das objektiv gemeint seyn, aber ist nichts ächtes damit, blos nachgemachte Patent-Objektivität. Denken kann ich mir wohl, daß es sich auf dem Theater ganz gut macht. Die Szene, wo Melvil sein priesterlich Haupt entblößt, ist eine der vorzüglichsten und eine sehr gute Schlußerscheinung der Maria. Der lezte Auftritt endet genau wie beym Wallenstein mit einem Epigramm ‒ <span class="weight-bold ">Fürst</span> Piccolomini! „Lord Lester schift nach England“. ‒ Das Politische darinn hat auch die Deutlichkeit einer Deduktion nicht los werden können, und ich versichre Dich, ich habe bey dieser ersten Lektüre, wo die Neugierde mit geschäftig war, nicht einiger Langeweile entgehn können. ‒ Wie fällt Mortimer mit seiner Catholizität wie mit der Thür ins Haus! Er müßte durchaus nicht psychologisch darthun, wie er katholisch geworden ist, sondern blos mit Eifer aussprechen: ich bins. Ja, mein Freund, mir ist es ganz klar, daß alles poetische Drum und Dran dieses Stückes in der Summe keine Poesie macht.<br>Was hofst Du nun vom <span class="index-89 tp-22610 ">Mädchen von Orleans</span>? Ich habe die taube Nuß, den Gries, wieder befragt, und da es angenehm ist über etwas, das man nur halb weiß, zu reden, als wüste man es ganz, so will ich Dir so viel davon sagen, es ist <span class="weight-bold ">doch</span> nichts als eine sentimentale <span class="index-5929 tp-47121 weight-bold ">Jeanne dʼArc</span>. Sie ist tugendhaft und verliebt, sie glaubt sich wirklich inspirirt (nun das wär gut) und es gehen auch Zaubereyen vor. Allein denke Dir den Gräuel, sie wird nicht verbrannt, sie stirbt an ihren Wunden auf dem Bette der Ehren. Eine alte Königin Isabeau, die gegen ihren Sohn Carl mit den Engländern kriegt (wie Gries berichtet), bekommt sie in ihre Gewalt; sie wird mit sechsfachen Ketten an einen Baum fest gebunden, indessen geht die Schlacht weiter fort und irgend jemand, der auf einen Hügel steht, erzählt der Isabeau, wie es geht und daß Carl in Gefahr ist. <span class="weight-bold ">Jeanne</span> geräth darüber in heiligen Wahnsinn und die Ketten fallen von ihr ab auf ihr Gebet, sie fliehet hinweg um den König zu retten, und dabei bekommt sie dann die Todeswunde. Stanzen sind darinn, allein sonstige Unregelmäßigkeiten will Gries nicht gehört haben. Auch nichts von <span class="index-1052 tp-22612 ">der Genoveva</span>, mehr von <span class="index-4 tp-22611 weight-bold ">Shakesp</span><span class="index-4 tp-22611 ">.</span> Er wird sich darinn wohl verhört haben. Ich muß übrigens sagen, daß das, was ihr in Maria <span class="index-48 tp-47122 ">Tiekisch</span> fandet, mir gar nicht so vorgekommen ist. Wie Maria ins Freye komt, so ist da eine Art von Cantate, die mich eher an <span class="index-70 tp-22613 index-4302 tp-22614 ">Rammlers</span><span class="index-4302 tp-22614 "> Ino</span> erinnert haben würde. ‒ <span class="index-88 tp-22615 ">Schiller</span> las das Stück den Schauspielern vor in der Absicht es gleich aufführen zu lassen, vielleicht komt es nun doch für jetzt nicht dazu wegen des zu starken Personale. Man studirt <span class="index-2515 tp-22616 ">Nathan</span> ein. ‒ Gries meint auch noch, <span class="index-4270 tp-22617 ">die </span><span class="index-4270 tp-22617 weight-bold ">Pucelle</span><span class="index-4270 tp-22617 "> von </span><span class="index-4270 tp-22617 index-1034 tp-22618 ">Voltaire</span> sey ihm oft störend eingefallen, die Schiller auch viel dabey studirt hat, doch läßt sich schwerlich entscheiden, ob sie Schiller oder Griesen Streiche gespielt hat. Bey dem <span class="weight-bold ">Shakesp</span>. könnte sie mir nie einfallen. Es ist hübsch, daß diese Übersetzung eben zugleich erscheint. Von Schiller komt <span class="index-6043 tp-40028 ">diese Messe</span> viel zum Vorschein, auch <span class="index-1401 tp-22619 ">der </span><span class="index-1401 tp-22619 weight-bold ">Macbeth</span>. Tröste Dich nun, daß <span class="index-198 tp-22620 ">Woltmann</span> mehr weiß als Du! Du weißt ja, daß Schiller bis auf diesen Augenblick das <span class="weight-bold ">Sujet</span> niemanden vertraut hatte. Dafür kennst Du nun <span class="index-4283 tp-22621 ">seinen </span><span class="index-4283 tp-22621 weight-bold ">Embryo, Don Juan</span><span class="index-4283 tp-22621 ">,</span> darfst aber blos in geheimnißvollen Winken darüber offenbar werden.<br>Hier sind noch zwey Zeilen, die den ersten Act schließen ungefähr:<br><br> ‒ ich will<br>Zu Hülfe eilen Frankreichs Heldensöhnen<br>Und <span class="index-4303 tp-22623 ">Rheims</span> befreyn und meinen König krönen.<br><br>Mir geben sie Licht genug. ‒ Ich wünschte <span class="index-4194 tp-22624 ">den Tancred</span> zu lesen; darin sollen die Jamben und hinzugefügten Schlußstellen ungemein schön seyn.<br><span class="index-137 tp-22625 ">Goethe</span> ist hier. <span class="index-62 tp-22626 ">Schelling</span> war gestern den ganzen Morgen bey ihm und fuhr mit ihm aus, kam auch ganz ermüdet von scherz und ernsthaften Reden bey uns an. Er hatte sich eben auf das angelegentlichste nach Dir und Deinem Thun und Treiben erkundigt und wann Du kämest, als ich das Packet hinschickte. S. erzählte ihm Deine Händel mit <span class="index-67 tp-22627 ">Unger</span>, er las Deinen Brief und sagte: nun, er scheint doch recht vergnügt und wohl zu seyn und es freut mich ihn bald zu sehn. Er wird nicht lange bleiben. <span class="index-2627 tp-22664 ">Den </span><span class="index-2627 tp-22664 index-47 tp-22628 ">Nicolai</span> hatte er noch nicht gelesen, er war gleich in Schillers Hände gekommen. Ein vollständig Exemplar habe ich nicht für ihn erhalten und Schelling muß ihm das seinige mittheilen. ‒ <span class="index-2889 tp-22629 ">Der Herzog</span> ist in dieser Woche unvermuthet zu <span class="index-2983 tp-47123 ">Loder</span> gekommen und hat bey ihm gegessen, worüber L. über und über stralend geworden, und mir auch gestern früh eine Stundenlange Aufwartung gemacht hat. <span class="index-2984 tp-22630 ">Die Lodern</span> war schon zweymal bey mir; Hannchen kam von <span class="index-22 tp-22631 ">Leipzig</span> zurück, wo sie bey <span class="index-1958 tp-47125 index-3350 tp-47126 ">Tischbeins</span> logirte, und brachte mir viele Grüße nebst einigen Klagen von Caroline, daß Du ihr nicht geantwortet, was ich sogleich thun werde. Carolinens Stimme soll ins bewunderswürdige gehn, Betsy darf jezt wenig singen, sie hat Brustschmerzen und eine solche Reizbarkeit, daß sie Stundenlang über das mindeste, was sie anregt, weint und zittert. Sie ist Mignon, ach ich fürchte, sie wird nicht leben, diese zarten Saiten haben so früh getönt.<br>–––––<br>Was die Aufträge in Deinem Brief betrift, so habe ich sie nieder geschrieben und <span class="index-8 tp-22632 ">Friedrich</span> geschickt noch gestern Abend, weil er, so viel ich weiß, heute nach Leipzig gereist ist, um <span class="index-180 tp-23505 ">die Veit</span> abzuholen.<br>Mit dem Druckfehler im <span class="index-4305 tp-22665 ">B.</span> ist es freylich zu spät, ich habe schon ein Exemplar im Hause gehabt, das Friedrich für Schelling geschickt hatte, der Dir danken läßt. ‒ Fr. ließ mir sagen, er wolle alles besorgen. Ich hatte zugleich Deines Wunsches erwähnt Deine Bücher im Hause vorzufinden, denn allerdings sehn die beyden Bücherbrette sehr degarnirt aus, obschon ich nicht anzugeben weiß, was fehlt, nur einiges, was ich suchte, ZB. <span class="index-381 tp-22634 ">Müllers Geschichte der Schweiz</span>, war nicht da. Die ließ ich mir holen, weil wir etwas nachsehn wolten wegen <span class="index-248 tp-23506 ">Wilh. Tell</span>. ‒ <span class="index-4304 tp-23507 ">Deinen Fortunat</span> kann ich nun Friedrich nicht eher mittheilen, bis er sich wieder bey mir meldet, doch muß ich das Sonnet auf das Bild holen lassen, wenn ich es demnächst <span class="index-56 tp-47127 ">Tiek</span> schicke. Dieser ist in Leipzig gewesen, ob ihn Friedrich noch findet, weiß ich nicht. Es ist recht betrübt, daß ich ihn nicht sehe.<br>Das einzige Wort, Du wollest in dem persönlichen Verhältniß zwischen Friedrich und mir nicht gegen mich Parthey nehmen, hat mich ganz ruhig gemacht. Weiter begehre ich nichts, obwohl mein Herz einigermaßen voll Unwillens gewesen ist. ‒ Ich sehe noch nicht klar, und begreife nicht, wie es die Veit wirklich hat wagen können, so wenig Rücksicht auf Dich sowohl als mich zu nehmen, so daß ich immer noch zu denken geneigt bin, meine Augen und Ohren betrügen mich. ‒ Deine Bemerkung über die Realität des reellen Schadens ist zwar richtig und ich bemühte mich gleich sie nicht aus der Acht zu lassen, aber ich habe dafür diesen schon fast zu sehr aus der Acht gelassen. Alles, was ich erst wieder herbeyschaffen muste, ist mir schon, als hätte es nicht gefehlt. An <span class="weight-bold ">Meublen</span> wird nun außer einem Tisch alles da seyn. Mit dem Ersaz fordern weißt Du, wie es ist. Kann ich behaupten, ihr habt mir so und so viel Dutzend Teller zerbrochen, da <span class="index-180 tp-22635 ">Mad. Veit</span> nichts förmlich übergeben worden ist? Freylich sind jetzt nur 2 Dutzend da, statt 10 Dutzend, mit denen ich anfing, und wir haben denn doch bis zulezt noch große Gesellschaft mit dem <span class="weight-bold ">Porcelan</span> bewirthen können. So sagt auch Rose, es wären noch viel Gläser dagewesen, nur zwey zerstoßne, item die Tassen und die blauen Glascompotieren zerbrochen! Meine Klage über den Verlust anderes Hausgeräthes als Körbe etc. beantwortete mir Friedrich mit einer <span class="weight-bold ">Denunciation</span> von <span class="weight-bold ">Lenens</span> Untreue, aber wie <span class="weight-bold ">Rose</span> wegging, waren diese Sachen da. ‒ Auf keine Weise möcht ich in eine Erörterung mit der Veit mich einlassen. Das müste eine gemeine Geschichte werden, also bis wir, Du und ich, uns sprechen können, laß alles gehn, wie es geht. ‒ <span class="index-4261 tp-22636 ">Rose</span> sagt, die Veit habe immer das Essen durchaus auf den porcelan Tellern gewärmt haben wollen, und da wären sie gesprungen. ‒ Alles dieses sind aber, höchstens in die Augen fallende, Kleinigkeiten gegen ganz andre Beschwerden.<br>Ich versichre Dir, Schelling ging mit der Idee von <span class="index-236 tp-22637 ">Bamberg</span> weg Friedrich zu sehen, nur war das erste, was ihm hier entgegen kam, jener feindseliges Verfahren gegen mich. Ich überzeuge mich auch vollkommen jetzt, daß es keine Grille damit war, und einmal angenommen, daß mein Zutrauen gegen die Veit zu weit ging, kann ich es auch erklären. Sie strebt mit einem starken Misgefühl ihrer Nationalität nach einer bürgerlichen, wenigstens geselligen Existenz und auf den Ruin, den ich über mich gebracht hatte, dachte sie sich zu gründen. So hat sie mich durch Wahrheit und Verläumdung Preis gegeben gegen <span class="index-243 tp-22638 ">die Paulus</span> zuerst, bey der das den besten Boden fand, den <span class="weight-bold ">neidischen</span>. Weiterhin ist das Mittheilungssystem immer stärker eingerißen, wie es darauf ankam, theils von Friedrichs Seite den Zirkel der <span class="weight-bold ">Freunde</span> im Guten zu vergrößern, theils sich Parthie zu machen, und schlechtes Volk in solcher Absicht nicht zu verschmähn. Würden wir wohl je <span class="index-4405 tp-23508 ">Winkelmann</span>, <span class="index-196 tp-22640 ">Vermehren</span> und dergl. Leute so täglich in unsrer Nähe geduldet haben, und <span class="index-186 tp-22641 ">Paulus</span> als Freund besitzen wollen, der doch den allerverächtlichsten Charakter von der Welt nicht verleugnen kann, oder <span class="index-31 tp-22642 ">Fromman</span> als Protektor? Läßt sich Gemeinheit gänzlich verbannen unter derley Umgebungen? Und in einer höhern Hinsicht ‒ Sollte man die zudringlichen Dilettanten und miserablen Wesen zulassen in der Hoffnung einen wahrhaft geweiheten Kreis zu erweitern? Ich weis, was Friedrich verführt hat: der ihm fremde Genuß einer gewissen Art von Popularität. Er lebte mit seinen fast leidenschaftlichen Hange zur Geselligkeit immer isolirt. Und dann ‒ ich darf es sagen, weil es eine Zeit gab, wo ich in sein innerstes Herz geschaut habe ‒ er ist nicht ohne Rachsucht; er glaubte sich an Schelling rächen zu müssen, der doch in der That blos auf <span class="weight-bold ">sein</span> Verfahren von ihm abfiel ‒ und alles dieß trübe Wesen hat ihm seine Erinnerung meiner und seiner verdunkelt, ihn verstockt. ‒ Ich warte nur darauf, ob er sich denn gegen Dich auch gar nicht erklärt, um den Brief zurückzufordern. Freylich wäre es mir lieber, wenn Du es thätest blos als Auftrag von mir, und versiegelt. Lesen kannst Du ihn <span class="weight-bold ">dann,</span> wenn er ihn unbeantwortet giebt; er ist keinesweges geschrieben, um vor Deine Augen zu kommen, allein ich kann doch für mich nichts dagegen haben.<br>Er schickt eben noch einen Zettel, er werde alles besorgen, nebst dem lezten Tisch, und ist diesen Morgen abgereißt ohne mich etwa wegen irgend eines Geschäftes nach Leipzig zu befragen oder um etwas für Tischbeins. Daß Mad. Veit nicht zu mir kommt, ist meinen Wünschen gemäß, obgleich Deiner Erwartung schwerlich. Du solst sehn, sie wird es nicht thun, wie doch nun ohne Frage in der Ordnung wäre. Sie hat sich hier schon lange berühmt, sie wolle mich nicht sehn. Diese Person, die keinen Menschen hier gesehn haben würde ohne mich, und der ich alle Bedenklichkeiten aufopferte. Ich rede gegen niemand ein Wort, aber daß diese Spannung sich andrerseits in Worten geäußert, <span class="weight-bold ">seh</span> ich ganz deutlich ‒ denn sag, woher sollte Winkelmann sie wißen, der schon in <span class="index-60 tp-22643 ">Braunschweig</span> gegen <span class="index-1929 tp-22644 ">Luisen</span> darauf anspielte, woher <span class="index-637 tp-22645 ">die Fromman</span>, indem sie gar nicht voraussezte, daß ich Friedrich gesehn usw. Ich sage Dirs nur zum Beweis, daß diese Dinge keine <span class="weight-bold ">Chimär</span>en sind. Sie sind wirklich mit sich selbst nicht viel diskreter umgegangen, indem ihre Geldnoth oder häusliche Angelegenheiten immer der ganzen Societät bis zu den Studenten herunter bekannt waren. Ja Friedrich hat von <span class="index-178 tp-22646 ">Brentano</span> Geld begehrt, der ihm keines geben konnte. Die Quelle, aus der ich dieses weiß, will ich Dir mündlich sagen, und von diesem Augenblick überhaupt nichts mehr schriftlich hierüber als die nothwendigsten Thatsachen, wie sie sich fernerhin ereignen, denn es muß und kann Dir nicht anders wie höchst fatal seyn, und Du must es nur der Nothwendigkeit für mich, Dich zu unterrichten, zu gut halten, daß ich mich einließ.<br>–––––<br>Freytag früh [8. Mai].<br>Wilhelm, Du bist ein Schalk, ein Schelm und der leibhaftige Schlegel. Wir haben uns ganz königlich über Dich ergötzt und ich gestehe, ich möchte Dich jetzt mündlich necken können, ich weiß mich vor Neckelust kaum zu lassen. Schelling sagt gestern: was mag Schlegel bey Goethe für ein Briefchen eingelegt haben mit einem sehr zierlichen Rand und Aufschrift ‒ es muste von einer Frau kommen usw. In dem Augenblick fällt mir ein, das ist von Unzelinchen und Unzelinchen will nach Weimar kommen. <span class="index-766 tp-22647 ">Schlegel</span> hat mir einmal flüchtig geschrieben, sie hofte mich zu sehn, ja es paßt alles zusammen, er bleibt so lange in <span class="index-15 tp-22648 ">Berlin</span>, bis er sie her begleiten kann, will mich mit <span class="index-74 tp-22667 ">der kleinen Fee</span> überraschen, hat mir sogar anbefohlen, ich soll das Haus schön machen ‒ o Du listiger, und nun bin ich noch viel viel listiger und komme hinter alles. <span class="index-74 tp-22668 ">Unzelinchen</span> hat sich in aller Stille mit Hülfe ihres Geheimenrathes an den Geheimenrath gewandt, bey dem war aber sein Geheimerrath und der hat es der Frau Räthin glücklich vertraut, und wir haben den schönsten Spaß von der Welt. Schreib nur gleich, wie es ist, es wäre ein Jammer, wenn ich mich betröge, wir haben schon die besten Plane gemacht, daß eine ganz gräuliche Verwirrung entstehn soll, besonders sehr viel Eifersucht, Luise will nehmlich eifersüchtig auf Dich seyn, und darin hat sie was gethan, wie Du weist. Schelling will Unzelinchen anbeten, es soll kein Mensch wissen, wo ihm der Kopf steht. Sie dachten ihn uns zu verdrehen, aber, mein Herr, <span class="index-74 tp-22650 index-4238 tp-22649 ">die Feenschaft</span> sitzt nicht in jenen blauen Augen allein.<br>Ich wollte Dir schon schreiben, mit dem schönmachen im Hause, das würde sich eben nicht sehr thun lassen. Wir sind bis daher froh es gereinigt zu haben in den Winkeln, und mein guter Geist, der ganz daraus gewichen war, soll wohl bald wieder herein kommen, jedoch ohne Schmuck vors erste. Du kanst besonders denken, daß die Wände etwas schäbicht aussehn, woran niemand schuld hat als die Zeit, und eben diese kann ich für mich so allein nicht unternehmen zu erneuern. Wir müssen uns darüber auf alle Weise ein wenig berathschlagen, wozu ich Deine Ankunft erwartete. Blos übermahlen mit dem nehmlichen Grün mag ich meine Stube nicht lassen. Behalte ich sie und wir wollen etwas daran wenden, so muß sie hübscher werden. Besonders arg sehn indessen das Zimmer in der Ecke und das Deinige aus und ich will wirklich darüber mit dem Mahler sprechen, ist das Objekt nicht groß, so will ich die noch geschwind übermahlen lassen. ‒ Das thut mir weh, daß ich noch kein Fleckchen habe, wo ich <span class="index-30 tp-47128 ">Augustens</span> Bild verwahren möchte; das große Zimmer ist so offenbar, aus dem in der Ecke kann ich die Kupferstiche der Wand wegen nicht nehmen; und wo dieses Bild ist, soll kein anders seyn. Melde mir mit ein paar Worten, wie weit ich mit meinen Anstalten gehn darf. Die Hauptsache für meinen Schlegel ist doch, daß er wieder mit seinen Finanzen in Ordnung kommt, und deswegen habe ich auch nichts als das allernöthigste kleine Geräth wieder gekauft. Indessen in der Idee, daß es sich mit <span class="index-74 tp-22651 ">Unzeline</span> so verhält und ihre Gegenwart uns eine Gesellschaft zu geben nöthig machen könnte, will ich doch wirklich noch heut nach Braunschweig schreiben und das <span class="weight-bold ">Porcelan</span> einigermaßen ergänzen lassen. Es braucht nicht gleich bezahlt zu werden. Wenn Du im Stande dazu wärest, so könntest Du mir Tassen aus Berlin mitbringen ‒ wenn es nur 6 sind, nach jetziger Sitte alle verschieden. Ich hatte 12 schlichte weiße, wovon blos die zwar noch zu brauchen sind, die ich mit mir genommen hatte, ich hatte noch andre, es ist alles zum Teufel, mit Respekt zu melden, auch mein Dintefaß von <span class="weight-bold ">Porcelan</span>, das haben sie ihm vermuthlich hinter drein an den Kopf geworfen. ‒ Die Überzüge über Sopha und Stühle sind durchgängig zerlumpt, das hat auch die Zeit gethan, denn selbiges Zeug hab ich schon in meiner allerersten Wirthschaft gehabt. Man wird mir aus <span class="index-2755 tp-22652 ">Harburg</span> Kattun in Stücken schicken, den ich durch einen gewissen Kanal viel wohlfeiler bekomme und der ganz modern ist.<br><span class="index-4233 tp-22653 ">Die Mutter</span> befindet sich besser, aber sie schlägt die Hände über den Kopf zusammen wegen <span class="index-1928 tp-47129 ">meines Bruders</span> heilloser Erziehung <span class="index-4307 tp-47131 index-2493 tp-47130 ">seiner Jungen</span>, die p. und k. können, wo es ihnen beliebt.<br><span class="index-3118 tp-22669 ">Emma</span> würde <span class="weight-bold ">charmant</span> seyn, wenn <span class="index-1929 tp-22670 ">ihre Mutter</span> <span class="weight-bold ">charmanter</span> wäre. Ich muß sie dann und wann auf Deine Stube führen und auf den Rei[t]sessel setzen, wobey sie Dich immer nennt und gewiß vor Augen hat. Schelling hat übrigens beyden doch das Herz abgewonnen und Luise hat sich ihm gestern Abend, da er Gespenstergeschichten erzählte, <span class="weight-bold ">tout à fait</span> in die Arme vor Furcht und der Zärtlichkeit, die aus Furcht entstehn soll, geworfen. Es wäre gar nicht übel, wenn Du Dir ihre <span class="weight-bold ">Aprivoisation</span> angelegen seyn ließest; Wiedemann würde es gut bekommen.<br><span class="index-4261 tp-23504 ">Der Rose</span> will ich ein besonders Capitel hiermit widmen. Ich weiß von keinem Liebhaber, weder verschmäheten noch unverschmäheten. Wenn sie nicht mehr davon weiß, so steht es gut mit ihr. Ich bin ihr gut, sie ist mir sehr ergeben und auch aktiv, nur nicht recht aufmerksam. Ich sehe sie an wie zu uns gehörig. Sie fragt wohl eben nicht nach Dir, aber ich denke, das geschieht nicht etwa, weil sie gar nichts nach Dir früge, sie ist nur eben pflegmatisch. Die Braunschweigerin ist keine außerordentliche Köchin. Wir müssen selbst an den Heerd. Es ist theuer hier, ungeachtet der Leere. Wir haben meine alten Rechnungen verglichen, in vielen Stücken beträgt es das Doppelte, wie die Preise gestiegen sind. Seit einigen Tagen lasse ich für Schelling mit kochen, er läßt es holen, zuweilen kommt er selbst. Ich halte dieses für eine Christenpflicht seiner Gesundheit wegen; das Essen ist doch erbärmlich, was man so bekommt, und ein einzelner Mann hier überhaupt schlecht daran. Übrigens werd ich nichts einrichten, was Dich bey Deiner Ankunft geniren könnte oder wieder aufgehoben werden müßte. ‒ Ich habe die beruhigendsten Hofnungen, wenn wir nur erst alle wieder zum Stehen gekommen sind.<br>–<br>Über <span class="index-2627 tp-22656 ">Nicolai</span> sagte ich Dir wohl noch nichts. Deine cavaliere Vorrede macht einen artigen Contrast mit der gründlichen Behandlung und schweren Cavallerie inwendig. <span class="index-55 tp-22671 ">Fichte</span> ist denn doch immer tüchtig ernsthaft. Wie werden sie nun schreyen, Du wirst Dich kaum zeigen dürfen.<br>–<br>Wann und wo wird der Druck <span class="index-101 tp-22672 ">des Taschenbuchs</span> angefangen? Ich weiß nicht recht, was <span class="index-48 tp-22673 ">Tiek</span> diesen Winter gemacht hat. Daß Du nicht immer Deine Zeit anwendetest, wenn auch mit Waschen und Kämmen und <span class="weight-bold ">coqu</span>ettiren Stunden darauf gehn, darüber ist mir nicht bange. Nicht deswegen treibe ich Dich an zu kommen, nur weil ich Dich so gern wiedersehn möchte. Aber ich sehe ein, daß Du nicht eher kommen kannst ‒ bis es Zeit ist.<br>Ich bin nur froh hier das erste überstanden zu haben, und verlasse mich für das Zukünftige ruhig auf Deine Freundschaft und die stille Gewalt meines eignen guten Gemüths. Diese werden schon wieder etwas bilden, ein Hüttchen anbauen unter den Trümmern alter Herrlichkeit. O mein Freund, ich bauete oft und riß oft ein. Dieses sind nun die lezten Zweige, Zweige der weinenden Weide, die ich über meinen Haupt zusammen flechte, um unter ihren Schatten den Abend zu erwarten.<br><br>Vermehren liegt schmerzlich krank an <span class="index-3109 tp-22657 ">seinen Allmanach</span>. Wenn man doch das Volk zum Hacken und Graben bringen könnte. Er hat <span class="index-4117 tp-22658 ">Becker</span> eingeladen ihm was zu schicken und ihm zugleich ein ganz Convolut eigner Poesien zum billigen Tausch eingesendet, erzählt mir Gries, der sich gleichsam erkundigte, ob ihr Beyträge nähmet, was ich auf allen Fall verneinte und von einer geschloßnen Gesellschaft sprach. Man muß gewiß die Dilettanten in keinem Fache begünstigen. Daß jedermann kann Verse machen ‒ mich ausgenommen ‒ glaub ich mehr und mehr. Denk, <span class="index-2404 tp-22659 ">Carl Schelling</span> hat ein Buch von <span class="index-638 tp-22660 ">Ariost</span> in Stanzen übersetzt ‒ erst in Jamben, worüber ihn <span class="index-62 tp-22674 ">sein Bruder</span> ausgehunzt hat, und ihn auch über die Stanzen anfährt. Sonst ist es ein braver gescheuter Junge und etwas weniger dickschwäbisch.<br><span class="index-4306 tp-22666 ">Kochen</span> hat hier das Feld geräumt, aber man hört sonst von allerley Kropzeug.<br>Abends.<br>Schelling liebt <span class="index-4304 tp-22675 ">den Fortunat</span> auch. Er spricht davon, wie Du die Nordische Balladen Grundidee mit der bestraften Untreue so schön eingekleidet und mit purpurnen Rosen umkleidet hast, er findet besonders den Periodenbau ganz im besten Romanzenstyl und dies hat ihn überhaupt weit mehr getroffen wie <span class="index-4262 tp-22676 ">der wandernde Jude</span>.<br>Noch etwas von der Oekonomie. Es ist kein Tropfen Wein im Hause, Keller, Boden. Soll ich Ungarischen rothen von <span class="index-1783 tp-22661 ">Salzburg</span> verschreiben?<br><span class="index-46 tp-22662 ">Die Sander</span> stellt sich wie eine kleine Närrin in Leipzig an, sie will durchaus her und ihren Freund Goethe sehn, wie sie spricht, ihren Liebling. Sie wolte zu Loders und da drey Wochen logiren, das hat Hannchen durch manche Cabale abgelehnt, und <span class="index-2984 tp-23509 ">die Loder</span> war sehr froh darüber, das Persönchen hat es auch nicht verhehlt, daß sie blos Goethes wegen kommen wollte, sie denkt auch noch sich einzufinden.<br>Lebe wohl, wohl und laß Dich die Zeit nicht dauren, die Du bey diesem langen Brief zubringst. Ich begehre nur kurze.', 'isaprint' => true, 'isnewtranslation' => false, 'statemsg' => 'betamsg13', 'cittitle' => '', 'description' => 'Caroline von Schelling an August Wilhelm von Schlegel am 7. 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Es folgten Aufenthalte in Gotha, Dresden und die Heirat mit AWS, den sie bereits in Göttingen kennengelernt hatte. In Jena war Caroline wichtiger Teil des frühromantischen Kreises, der im Schlegelschen Haus in der Leutragasse 5 zusammentraf. Die Scheidung von AWS erfolgte im Jahr 1803; im selben Jahr heiratete sie den Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling. Mit ihm zog sie nach Würzburg und München. 1809 erkrankte sie an der Ruhr und verstarb.', '39_geschlecht' => 'w', '39_beziehung' => 'Caroline von Schelling war die erste Ehefrau Schlegels; die Ehe wurde 1803 geschieden. 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'Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. 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Gestern Abend hatte mir <span class="index-641 tp-22605 ">Gries</span> (der blos zu solchen Dingen taugt) <span class="index-3128 tp-22606 ">die Marie Stuart</span> gebracht, und da wir diese angefangen hatten zu lesen, wollt ich ihn in solcher schlechten Stimmung noch nicht mittheilen, und ihn mir auch erst allein vorlesen. Sage, mein Lieber, wo hast Du den nun wieder hergenommen? Er ist so fantastisch, so zart schauerlich und lieblich schreckenvoll, und erst drücken die Assonanzen die Ahndung hievon so gut aus, dann der Reim den entscheidenden Moment des nahenden Todes unter den Rosen. Ich bin ganz und gar davon eingenommen und mag mir eben deswegen nichts erschöpfen und nichts abschöpfen mit einer Analyse. Den Namen Fortunat hat Dir Fortuna selber eingegeben. Dichte nur, trachte so fort! Dies ist eines von denen Gedichten, wovon mir der Eindruck immer bleiben, immer wieder der erste seyn wird. Kann man im Thiergarten auf so zauberliche Gedanken kommen? Wenn mir es jemand angriffe, der hätte mit mir zu thun, aber Du, mein Schatz, hast eine schlechte Sache zu vertheidigen gehabt, wie Du gegen <span class="index-48 tp-22607 ">Tiek</span> über Maria Stuart strittest. Es ist wahrlich nicht besser wie <span class="index-1415 tp-22608 ">der Wallenstein</span> ‒ ja der gesammte schlechtere Wallenstein spricht einem daraus an. Die wenigen lyrischen Stellen sind hübsch ‒ o ja ‒ aber mit dem Ganzen schlecht verbunden. Das Interesse für Maria ist durchgehends zu sehr geschwächt, es sieht aus, als sollte das objektiv gemeint seyn, aber ist nichts ächtes damit, blos nachgemachte Patent-Objektivität. Denken kann ich mir wohl, daß es sich auf dem Theater ganz gut macht. Die Szene, wo Melvil sein priesterlich Haupt entblößt, ist eine der vorzüglichsten und eine sehr gute Schlußerscheinung der Maria. Der lezte Auftritt endet genau wie beym Wallenstein mit einem Epigramm ‒ <span class="weight-bold ">Fürst</span> Piccolomini! „Lord Lester schift nach England“. ‒ Das Politische darinn hat auch die Deutlichkeit einer Deduktion nicht los werden können, und ich versichre Dich, ich habe bey dieser ersten Lektüre, wo die Neugierde mit geschäftig war, nicht einiger Langeweile entgehn können. ‒ Wie fällt Mortimer mit seiner Catholizität wie mit der Thür ins Haus! Er müßte durchaus nicht psychologisch darthun, wie er katholisch geworden ist, sondern blos mit Eifer aussprechen: ich bins. Ja, mein Freund, mir ist es ganz klar, daß alles poetische Drum und Dran dieses Stückes in der Summe keine Poesie macht.<br>Was hofst Du nun vom <span class="index-89 tp-22610 ">Mädchen von Orleans</span>? Ich habe die taube Nuß, den Gries, wieder befragt, und da es angenehm ist über etwas, das man nur halb weiß, zu reden, als wüste man es ganz, so will ich Dir so viel davon sagen, es ist <span class="weight-bold ">doch</span> nichts als eine sentimentale <span class="index-5929 tp-47121 weight-bold ">Jeanne dʼArc</span>. Sie ist tugendhaft und verliebt, sie glaubt sich wirklich inspirirt (nun das wär gut) und es gehen auch Zaubereyen vor. Allein denke Dir den Gräuel, sie wird nicht verbrannt, sie stirbt an ihren Wunden auf dem Bette der Ehren. Eine alte Königin Isabeau, die gegen ihren Sohn Carl mit den Engländern kriegt (wie Gries berichtet), bekommt sie in ihre Gewalt; sie wird mit sechsfachen Ketten an einen Baum fest gebunden, indessen geht die Schlacht weiter fort und irgend jemand, der auf einen Hügel steht, erzählt der Isabeau, wie es geht und daß Carl in Gefahr ist. <span class="weight-bold ">Jeanne</span> geräth darüber in heiligen Wahnsinn und die Ketten fallen von ihr ab auf ihr Gebet, sie fliehet hinweg um den König zu retten, und dabei bekommt sie dann die Todeswunde. Stanzen sind darinn, allein sonstige Unregelmäßigkeiten will Gries nicht gehört haben. Auch nichts von <span class="index-1052 tp-22612 ">der Genoveva</span>, mehr von <span class="index-4 tp-22611 weight-bold ">Shakesp</span><span class="index-4 tp-22611 ">.</span> Er wird sich darinn wohl verhört haben. Ich muß übrigens sagen, daß das, was ihr in Maria <span class="index-48 tp-47122 ">Tiekisch</span> fandet, mir gar nicht so vorgekommen ist. Wie Maria ins Freye komt, so ist da eine Art von Cantate, die mich eher an <span class="index-70 tp-22613 index-4302 tp-22614 ">Rammlers</span><span class="index-4302 tp-22614 "> Ino</span> erinnert haben würde. ‒ <span class="index-88 tp-22615 ">Schiller</span> las das Stück den Schauspielern vor in der Absicht es gleich aufführen zu lassen, vielleicht komt es nun doch für jetzt nicht dazu wegen des zu starken Personale. Man studirt <span class="index-2515 tp-22616 ">Nathan</span> ein. ‒ Gries meint auch noch, <span class="index-4270 tp-22617 ">die </span><span class="index-4270 tp-22617 weight-bold ">Pucelle</span><span class="index-4270 tp-22617 "> von </span><span class="index-4270 tp-22617 index-1034 tp-22618 ">Voltaire</span> sey ihm oft störend eingefallen, die Schiller auch viel dabey studirt hat, doch läßt sich schwerlich entscheiden, ob sie Schiller oder Griesen Streiche gespielt hat. Bey dem <span class="weight-bold ">Shakesp</span>. könnte sie mir nie einfallen. Es ist hübsch, daß diese Übersetzung eben zugleich erscheint. Von Schiller komt <span class="index-6043 tp-40028 ">diese Messe</span> viel zum Vorschein, auch <span class="index-1401 tp-22619 ">der </span><span class="index-1401 tp-22619 weight-bold ">Macbeth</span>. Tröste Dich nun, daß <span class="index-198 tp-22620 ">Woltmann</span> mehr weiß als Du! Du weißt ja, daß Schiller bis auf diesen Augenblick das <span class="weight-bold ">Sujet</span> niemanden vertraut hatte. Dafür kennst Du nun <span class="index-4283 tp-22621 ">seinen </span><span class="index-4283 tp-22621 weight-bold ">Embryo, Don Juan</span><span class="index-4283 tp-22621 ">,</span> darfst aber blos in geheimnißvollen Winken darüber offenbar werden.<br>Hier sind noch zwey Zeilen, die den ersten Act schließen ungefähr:<br><br> ‒ ich will<br>Zu Hülfe eilen Frankreichs Heldensöhnen<br>Und <span class="index-4303 tp-22623 ">Rheims</span> befreyn und meinen König krönen.<br><br>Mir geben sie Licht genug. ‒ Ich wünschte <span class="index-4194 tp-22624 ">den Tancred</span> zu lesen; darin sollen die Jamben und hinzugefügten Schlußstellen ungemein schön seyn.<br><span class="index-137 tp-22625 ">Goethe</span> ist hier. <span class="index-62 tp-22626 ">Schelling</span> war gestern den ganzen Morgen bey ihm und fuhr mit ihm aus, kam auch ganz ermüdet von scherz und ernsthaften Reden bey uns an. Er hatte sich eben auf das angelegentlichste nach Dir und Deinem Thun und Treiben erkundigt und wann Du kämest, als ich das Packet hinschickte. S. erzählte ihm Deine Händel mit <span class="index-67 tp-22627 ">Unger</span>, er las Deinen Brief und sagte: nun, er scheint doch recht vergnügt und wohl zu seyn und es freut mich ihn bald zu sehn. Er wird nicht lange bleiben. <span class="index-2627 tp-22664 ">Den </span><span class="index-2627 tp-22664 index-47 tp-22628 ">Nicolai</span> hatte er noch nicht gelesen, er war gleich in Schillers Hände gekommen. Ein vollständig Exemplar habe ich nicht für ihn erhalten und Schelling muß ihm das seinige mittheilen. ‒ <span class="index-2889 tp-22629 ">Der Herzog</span> ist in dieser Woche unvermuthet zu <span class="index-2983 tp-47123 ">Loder</span> gekommen und hat bey ihm gegessen, worüber L. über und über stralend geworden, und mir auch gestern früh eine Stundenlange Aufwartung gemacht hat. <span class="index-2984 tp-22630 ">Die Lodern</span> war schon zweymal bey mir; Hannchen kam von <span class="index-22 tp-22631 ">Leipzig</span> zurück, wo sie bey <span class="index-1958 tp-47125 index-3350 tp-47126 ">Tischbeins</span> logirte, und brachte mir viele Grüße nebst einigen Klagen von Caroline, daß Du ihr nicht geantwortet, was ich sogleich thun werde. Carolinens Stimme soll ins bewunderswürdige gehn, Betsy darf jezt wenig singen, sie hat Brustschmerzen und eine solche Reizbarkeit, daß sie Stundenlang über das mindeste, was sie anregt, weint und zittert. Sie ist Mignon, ach ich fürchte, sie wird nicht leben, diese zarten Saiten haben so früh getönt.<br>–––––<br>Was die Aufträge in Deinem Brief betrift, so habe ich sie nieder geschrieben und <span class="index-8 tp-22632 ">Friedrich</span> geschickt noch gestern Abend, weil er, so viel ich weiß, heute nach Leipzig gereist ist, um <span class="index-180 tp-23505 ">die Veit</span> abzuholen.<br>Mit dem Druckfehler im <span class="index-4305 tp-22665 ">B.</span> ist es freylich zu spät, ich habe schon ein Exemplar im Hause gehabt, das Friedrich für Schelling geschickt hatte, der Dir danken läßt. ‒ Fr. ließ mir sagen, er wolle alles besorgen. Ich hatte zugleich Deines Wunsches erwähnt Deine Bücher im Hause vorzufinden, denn allerdings sehn die beyden Bücherbrette sehr degarnirt aus, obschon ich nicht anzugeben weiß, was fehlt, nur einiges, was ich suchte, ZB. <span class="index-381 tp-22634 ">Müllers Geschichte der Schweiz</span>, war nicht da. Die ließ ich mir holen, weil wir etwas nachsehn wolten wegen <span class="index-248 tp-23506 ">Wilh. Tell</span>. ‒ <span class="index-4304 tp-23507 ">Deinen Fortunat</span> kann ich nun Friedrich nicht eher mittheilen, bis er sich wieder bey mir meldet, doch muß ich das Sonnet auf das Bild holen lassen, wenn ich es demnächst <span class="index-56 tp-47127 ">Tiek</span> schicke. Dieser ist in Leipzig gewesen, ob ihn Friedrich noch findet, weiß ich nicht. Es ist recht betrübt, daß ich ihn nicht sehe.<br>Das einzige Wort, Du wollest in dem persönlichen Verhältniß zwischen Friedrich und mir nicht gegen mich Parthey nehmen, hat mich ganz ruhig gemacht. Weiter begehre ich nichts, obwohl mein Herz einigermaßen voll Unwillens gewesen ist. ‒ Ich sehe noch nicht klar, und begreife nicht, wie es die Veit wirklich hat wagen können, so wenig Rücksicht auf Dich sowohl als mich zu nehmen, so daß ich immer noch zu denken geneigt bin, meine Augen und Ohren betrügen mich. ‒ Deine Bemerkung über die Realität des reellen Schadens ist zwar richtig und ich bemühte mich gleich sie nicht aus der Acht zu lassen, aber ich habe dafür diesen schon fast zu sehr aus der Acht gelassen. Alles, was ich erst wieder herbeyschaffen muste, ist mir schon, als hätte es nicht gefehlt. An <span class="weight-bold ">Meublen</span> wird nun außer einem Tisch alles da seyn. Mit dem Ersaz fordern weißt Du, wie es ist. Kann ich behaupten, ihr habt mir so und so viel Dutzend Teller zerbrochen, da <span class="index-180 tp-22635 ">Mad. Veit</span> nichts förmlich übergeben worden ist? Freylich sind jetzt nur 2 Dutzend da, statt 10 Dutzend, mit denen ich anfing, und wir haben denn doch bis zulezt noch große Gesellschaft mit dem <span class="weight-bold ">Porcelan</span> bewirthen können. So sagt auch Rose, es wären noch viel Gläser dagewesen, nur zwey zerstoßne, item die Tassen und die blauen Glascompotieren zerbrochen! Meine Klage über den Verlust anderes Hausgeräthes als Körbe etc. beantwortete mir Friedrich mit einer <span class="weight-bold ">Denunciation</span> von <span class="weight-bold ">Lenens</span> Untreue, aber wie <span class="weight-bold ">Rose</span> wegging, waren diese Sachen da. ‒ Auf keine Weise möcht ich in eine Erörterung mit der Veit mich einlassen. Das müste eine gemeine Geschichte werden, also bis wir, Du und ich, uns sprechen können, laß alles gehn, wie es geht. ‒ <span class="index-4261 tp-22636 ">Rose</span> sagt, die Veit habe immer das Essen durchaus auf den porcelan Tellern gewärmt haben wollen, und da wären sie gesprungen. ‒ Alles dieses sind aber, höchstens in die Augen fallende, Kleinigkeiten gegen ganz andre Beschwerden.<br>Ich versichre Dir, Schelling ging mit der Idee von <span class="index-236 tp-22637 ">Bamberg</span> weg Friedrich zu sehen, nur war das erste, was ihm hier entgegen kam, jener feindseliges Verfahren gegen mich. Ich überzeuge mich auch vollkommen jetzt, daß es keine Grille damit war, und einmal angenommen, daß mein Zutrauen gegen die Veit zu weit ging, kann ich es auch erklären. Sie strebt mit einem starken Misgefühl ihrer Nationalität nach einer bürgerlichen, wenigstens geselligen Existenz und auf den Ruin, den ich über mich gebracht hatte, dachte sie sich zu gründen. So hat sie mich durch Wahrheit und Verläumdung Preis gegeben gegen <span class="index-243 tp-22638 ">die Paulus</span> zuerst, bey der das den besten Boden fand, den <span class="weight-bold ">neidischen</span>. Weiterhin ist das Mittheilungssystem immer stärker eingerißen, wie es darauf ankam, theils von Friedrichs Seite den Zirkel der <span class="weight-bold ">Freunde</span> im Guten zu vergrößern, theils sich Parthie zu machen, und schlechtes Volk in solcher Absicht nicht zu verschmähn. Würden wir wohl je <span class="index-4405 tp-23508 ">Winkelmann</span>, <span class="index-196 tp-22640 ">Vermehren</span> und dergl. Leute so täglich in unsrer Nähe geduldet haben, und <span class="index-186 tp-22641 ">Paulus</span> als Freund besitzen wollen, der doch den allerverächtlichsten Charakter von der Welt nicht verleugnen kann, oder <span class="index-31 tp-22642 ">Fromman</span> als Protektor? Läßt sich Gemeinheit gänzlich verbannen unter derley Umgebungen? Und in einer höhern Hinsicht ‒ Sollte man die zudringlichen Dilettanten und miserablen Wesen zulassen in der Hoffnung einen wahrhaft geweiheten Kreis zu erweitern? Ich weis, was Friedrich verführt hat: der ihm fremde Genuß einer gewissen Art von Popularität. Er lebte mit seinen fast leidenschaftlichen Hange zur Geselligkeit immer isolirt. Und dann ‒ ich darf es sagen, weil es eine Zeit gab, wo ich in sein innerstes Herz geschaut habe ‒ er ist nicht ohne Rachsucht; er glaubte sich an Schelling rächen zu müssen, der doch in der That blos auf <span class="weight-bold ">sein</span> Verfahren von ihm abfiel ‒ und alles dieß trübe Wesen hat ihm seine Erinnerung meiner und seiner verdunkelt, ihn verstockt. ‒ Ich warte nur darauf, ob er sich denn gegen Dich auch gar nicht erklärt, um den Brief zurückzufordern. Freylich wäre es mir lieber, wenn Du es thätest blos als Auftrag von mir, und versiegelt. Lesen kannst Du ihn <span class="weight-bold ">dann,</span> wenn er ihn unbeantwortet giebt; er ist keinesweges geschrieben, um vor Deine Augen zu kommen, allein ich kann doch für mich nichts dagegen haben.<br>Er schickt eben noch einen Zettel, er werde alles besorgen, nebst dem lezten Tisch, und ist diesen Morgen abgereißt ohne mich etwa wegen irgend eines Geschäftes nach Leipzig zu befragen oder um etwas für Tischbeins. Daß Mad. Veit nicht zu mir kommt, ist meinen Wünschen gemäß, obgleich Deiner Erwartung schwerlich. Du solst sehn, sie wird es nicht thun, wie doch nun ohne Frage in der Ordnung wäre. Sie hat sich hier schon lange berühmt, sie wolle mich nicht sehn. Diese Person, die keinen Menschen hier gesehn haben würde ohne mich, und der ich alle Bedenklichkeiten aufopferte. Ich rede gegen niemand ein Wort, aber daß diese Spannung sich andrerseits in Worten geäußert, <span class="weight-bold ">seh</span> ich ganz deutlich ‒ denn sag, woher sollte Winkelmann sie wißen, der schon in <span class="index-60 tp-22643 ">Braunschweig</span> gegen <span class="index-1929 tp-22644 ">Luisen</span> darauf anspielte, woher <span class="index-637 tp-22645 ">die Fromman</span>, indem sie gar nicht voraussezte, daß ich Friedrich gesehn usw. Ich sage Dirs nur zum Beweis, daß diese Dinge keine <span class="weight-bold ">Chimär</span>en sind. Sie sind wirklich mit sich selbst nicht viel diskreter umgegangen, indem ihre Geldnoth oder häusliche Angelegenheiten immer der ganzen Societät bis zu den Studenten herunter bekannt waren. Ja Friedrich hat von <span class="index-178 tp-22646 ">Brentano</span> Geld begehrt, der ihm keines geben konnte. Die Quelle, aus der ich dieses weiß, will ich Dir mündlich sagen, und von diesem Augenblick überhaupt nichts mehr schriftlich hierüber als die nothwendigsten Thatsachen, wie sie sich fernerhin ereignen, denn es muß und kann Dir nicht anders wie höchst fatal seyn, und Du must es nur der Nothwendigkeit für mich, Dich zu unterrichten, zu gut halten, daß ich mich einließ.<br>–––––<br>Freytag früh [8. Mai].<br>Wilhelm, Du bist ein Schalk, ein Schelm und der leibhaftige Schlegel. Wir haben uns ganz königlich über Dich ergötzt und ich gestehe, ich möchte Dich jetzt mündlich necken können, ich weiß mich vor Neckelust kaum zu lassen. Schelling sagt gestern: was mag Schlegel bey Goethe für ein Briefchen eingelegt haben mit einem sehr zierlichen Rand und Aufschrift ‒ es muste von einer Frau kommen usw. In dem Augenblick fällt mir ein, das ist von Unzelinchen und Unzelinchen will nach Weimar kommen. <span class="index-766 tp-22647 ">Schlegel</span> hat mir einmal flüchtig geschrieben, sie hofte mich zu sehn, ja es paßt alles zusammen, er bleibt so lange in <span class="index-15 tp-22648 ">Berlin</span>, bis er sie her begleiten kann, will mich mit <span class="index-74 tp-22667 ">der kleinen Fee</span> überraschen, hat mir sogar anbefohlen, ich soll das Haus schön machen ‒ o Du listiger, und nun bin ich noch viel viel listiger und komme hinter alles. <span class="index-74 tp-22668 ">Unzelinchen</span> hat sich in aller Stille mit Hülfe ihres Geheimenrathes an den Geheimenrath gewandt, bey dem war aber sein Geheimerrath und der hat es der Frau Räthin glücklich vertraut, und wir haben den schönsten Spaß von der Welt. Schreib nur gleich, wie es ist, es wäre ein Jammer, wenn ich mich betröge, wir haben schon die besten Plane gemacht, daß eine ganz gräuliche Verwirrung entstehn soll, besonders sehr viel Eifersucht, Luise will nehmlich eifersüchtig auf Dich seyn, und darin hat sie was gethan, wie Du weist. Schelling will Unzelinchen anbeten, es soll kein Mensch wissen, wo ihm der Kopf steht. Sie dachten ihn uns zu verdrehen, aber, mein Herr, <span class="index-74 tp-22650 index-4238 tp-22649 ">die Feenschaft</span> sitzt nicht in jenen blauen Augen allein.<br>Ich wollte Dir schon schreiben, mit dem schönmachen im Hause, das würde sich eben nicht sehr thun lassen. Wir sind bis daher froh es gereinigt zu haben in den Winkeln, und mein guter Geist, der ganz daraus gewichen war, soll wohl bald wieder herein kommen, jedoch ohne Schmuck vors erste. Du kanst besonders denken, daß die Wände etwas schäbicht aussehn, woran niemand schuld hat als die Zeit, und eben diese kann ich für mich so allein nicht unternehmen zu erneuern. Wir müssen uns darüber auf alle Weise ein wenig berathschlagen, wozu ich Deine Ankunft erwartete. Blos übermahlen mit dem nehmlichen Grün mag ich meine Stube nicht lassen. Behalte ich sie und wir wollen etwas daran wenden, so muß sie hübscher werden. Besonders arg sehn indessen das Zimmer in der Ecke und das Deinige aus und ich will wirklich darüber mit dem Mahler sprechen, ist das Objekt nicht groß, so will ich die noch geschwind übermahlen lassen. ‒ Das thut mir weh, daß ich noch kein Fleckchen habe, wo ich <span class="index-30 tp-47128 ">Augustens</span> Bild verwahren möchte; das große Zimmer ist so offenbar, aus dem in der Ecke kann ich die Kupferstiche der Wand wegen nicht nehmen; und wo dieses Bild ist, soll kein anders seyn. Melde mir mit ein paar Worten, wie weit ich mit meinen Anstalten gehn darf. Die Hauptsache für meinen Schlegel ist doch, daß er wieder mit seinen Finanzen in Ordnung kommt, und deswegen habe ich auch nichts als das allernöthigste kleine Geräth wieder gekauft. Indessen in der Idee, daß es sich mit <span class="index-74 tp-22651 ">Unzeline</span> so verhält und ihre Gegenwart uns eine Gesellschaft zu geben nöthig machen könnte, will ich doch wirklich noch heut nach Braunschweig schreiben und das <span class="weight-bold ">Porcelan</span> einigermaßen ergänzen lassen. Es braucht nicht gleich bezahlt zu werden. Wenn Du im Stande dazu wärest, so könntest Du mir Tassen aus Berlin mitbringen ‒ wenn es nur 6 sind, nach jetziger Sitte alle verschieden. Ich hatte 12 schlichte weiße, wovon blos die zwar noch zu brauchen sind, die ich mit mir genommen hatte, ich hatte noch andre, es ist alles zum Teufel, mit Respekt zu melden, auch mein Dintefaß von <span class="weight-bold ">Porcelan</span>, das haben sie ihm vermuthlich hinter drein an den Kopf geworfen. ‒ Die Überzüge über Sopha und Stühle sind durchgängig zerlumpt, das hat auch die Zeit gethan, denn selbiges Zeug hab ich schon in meiner allerersten Wirthschaft gehabt. Man wird mir aus <span class="index-2755 tp-22652 ">Harburg</span> Kattun in Stücken schicken, den ich durch einen gewissen Kanal viel wohlfeiler bekomme und der ganz modern ist.<br><span class="index-4233 tp-22653 ">Die Mutter</span> befindet sich besser, aber sie schlägt die Hände über den Kopf zusammen wegen <span class="index-1928 tp-47129 ">meines Bruders</span> heilloser Erziehung <span class="index-4307 tp-47131 index-2493 tp-47130 ">seiner Jungen</span>, die p. und k. können, wo es ihnen beliebt.<br><span class="index-3118 tp-22669 ">Emma</span> würde <span class="weight-bold ">charmant</span> seyn, wenn <span class="index-1929 tp-22670 ">ihre Mutter</span> <span class="weight-bold ">charmanter</span> wäre. Ich muß sie dann und wann auf Deine Stube führen und auf den Rei[t]sessel setzen, wobey sie Dich immer nennt und gewiß vor Augen hat. Schelling hat übrigens beyden doch das Herz abgewonnen und Luise hat sich ihm gestern Abend, da er Gespenstergeschichten erzählte, <span class="weight-bold ">tout à fait</span> in die Arme vor Furcht und der Zärtlichkeit, die aus Furcht entstehn soll, geworfen. Es wäre gar nicht übel, wenn Du Dir ihre <span class="weight-bold ">Aprivoisation</span> angelegen seyn ließest; Wiedemann würde es gut bekommen.<br><span class="index-4261 tp-23504 ">Der Rose</span> will ich ein besonders Capitel hiermit widmen. Ich weiß von keinem Liebhaber, weder verschmäheten noch unverschmäheten. Wenn sie nicht mehr davon weiß, so steht es gut mit ihr. Ich bin ihr gut, sie ist mir sehr ergeben und auch aktiv, nur nicht recht aufmerksam. Ich sehe sie an wie zu uns gehörig. Sie fragt wohl eben nicht nach Dir, aber ich denke, das geschieht nicht etwa, weil sie gar nichts nach Dir früge, sie ist nur eben pflegmatisch. Die Braunschweigerin ist keine außerordentliche Köchin. Wir müssen selbst an den Heerd. Es ist theuer hier, ungeachtet der Leere. Wir haben meine alten Rechnungen verglichen, in vielen Stücken beträgt es das Doppelte, wie die Preise gestiegen sind. Seit einigen Tagen lasse ich für Schelling mit kochen, er läßt es holen, zuweilen kommt er selbst. Ich halte dieses für eine Christenpflicht seiner Gesundheit wegen; das Essen ist doch erbärmlich, was man so bekommt, und ein einzelner Mann hier überhaupt schlecht daran. Übrigens werd ich nichts einrichten, was Dich bey Deiner Ankunft geniren könnte oder wieder aufgehoben werden müßte. ‒ Ich habe die beruhigendsten Hofnungen, wenn wir nur erst alle wieder zum Stehen gekommen sind.<br>–<br>Über <span class="index-2627 tp-22656 ">Nicolai</span> sagte ich Dir wohl noch nichts. Deine cavaliere Vorrede macht einen artigen Contrast mit der gründlichen Behandlung und schweren Cavallerie inwendig. <span class="index-55 tp-22671 ">Fichte</span> ist denn doch immer tüchtig ernsthaft. Wie werden sie nun schreyen, Du wirst Dich kaum zeigen dürfen.<br>–<br>Wann und wo wird der Druck <span class="index-101 tp-22672 ">des Taschenbuchs</span> angefangen? Ich weiß nicht recht, was <span class="index-48 tp-22673 ">Tiek</span> diesen Winter gemacht hat. Daß Du nicht immer Deine Zeit anwendetest, wenn auch mit Waschen und Kämmen und <span class="weight-bold ">coqu</span>ettiren Stunden darauf gehn, darüber ist mir nicht bange. Nicht deswegen treibe ich Dich an zu kommen, nur weil ich Dich so gern wiedersehn möchte. Aber ich sehe ein, daß Du nicht eher kommen kannst ‒ bis es Zeit ist.<br>Ich bin nur froh hier das erste überstanden zu haben, und verlasse mich für das Zukünftige ruhig auf Deine Freundschaft und die stille Gewalt meines eignen guten Gemüths. Diese werden schon wieder etwas bilden, ein Hüttchen anbauen unter den Trümmern alter Herrlichkeit. O mein Freund, ich bauete oft und riß oft ein. Dieses sind nun die lezten Zweige, Zweige der weinenden Weide, die ich über meinen Haupt zusammen flechte, um unter ihren Schatten den Abend zu erwarten.<br><br>Vermehren liegt schmerzlich krank an <span class="index-3109 tp-22657 ">seinen Allmanach</span>. Wenn man doch das Volk zum Hacken und Graben bringen könnte. Er hat <span class="index-4117 tp-22658 ">Becker</span> eingeladen ihm was zu schicken und ihm zugleich ein ganz Convolut eigner Poesien zum billigen Tausch eingesendet, erzählt mir Gries, der sich gleichsam erkundigte, ob ihr Beyträge nähmet, was ich auf allen Fall verneinte und von einer geschloßnen Gesellschaft sprach. Man muß gewiß die Dilettanten in keinem Fache begünstigen. Daß jedermann kann Verse machen ‒ mich ausgenommen ‒ glaub ich mehr und mehr. Denk, <span class="index-2404 tp-22659 ">Carl Schelling</span> hat ein Buch von <span class="index-638 tp-22660 ">Ariost</span> in Stanzen übersetzt ‒ erst in Jamben, worüber ihn <span class="index-62 tp-22674 ">sein Bruder</span> ausgehunzt hat, und ihn auch über die Stanzen anfährt. Sonst ist es ein braver gescheuter Junge und etwas weniger dickschwäbisch.<br><span class="index-4306 tp-22666 ">Kochen</span> hat hier das Feld geräumt, aber man hört sonst von allerley Kropzeug.<br>Abends.<br>Schelling liebt <span class="index-4304 tp-22675 ">den Fortunat</span> auch. Er spricht davon, wie Du die Nordische Balladen Grundidee mit der bestraften Untreue so schön eingekleidet und mit purpurnen Rosen umkleidet hast, er findet besonders den Periodenbau ganz im besten Romanzenstyl und dies hat ihn überhaupt weit mehr getroffen wie <span class="index-4262 tp-22676 ">der wandernde Jude</span>.<br>Noch etwas von der Oekonomie. Es ist kein Tropfen Wein im Hause, Keller, Boden. Soll ich Ungarischen rothen von <span class="index-1783 tp-22661 ">Salzburg</span> verschreiben?<br><span class="index-46 tp-22662 ">Die Sander</span> stellt sich wie eine kleine Närrin in Leipzig an, sie will durchaus her und ihren Freund Goethe sehn, wie sie spricht, ihren Liebling. Sie wolte zu Loders und da drey Wochen logiren, das hat Hannchen durch manche Cabale abgelehnt, und <span class="index-2984 tp-23509 ">die Loder</span> war sehr froh darüber, das Persönchen hat es auch nicht verhehlt, daß sie blos Goethes wegen kommen wollte, sie denkt auch noch sich einzufinden.<br>Lebe wohl, wohl und laß Dich die Zeit nicht dauren, die Du bey diesem langen Brief zubringst. Ich begehre nur kurze.', '36_xml' => '<p><placeName key="12">Jena</placeName> d. 7ten [‒8.] May [1801].<lb/>Diesen Morgen, mein lieber Schlegel, kann ich Dir nur blos von <hi rend="weight:bold">mir</hi> sagen, daß mich <name key="4304" type="work">Dein unglücklicher Fortunat</name> entzückt hat. Gestern Abend hatte mir <persName key="641">Gries</persName> (der blos zu solchen Dingen taugt) <name key="3128" type="work">die Marie Stuart</name> gebracht, und da wir diese angefangen hatten zu lesen, wollt ich ihn in solcher schlechten Stimmung noch nicht mittheilen, und ihn mir auch erst allein vorlesen. Sage, mein Lieber, wo hast Du den nun wieder hergenommen? Er ist so fantastisch, so zart schauerlich und lieblich schreckenvoll, und erst drücken die Assonanzen die Ahndung hievon so gut aus, dann der Reim den entscheidenden Moment des nahenden Todes unter den Rosen. Ich bin ganz und gar davon eingenommen und mag mir eben deswegen nichts erschöpfen und nichts abschöpfen mit einer Analyse. Den Namen Fortunat hat Dir Fortuna selber eingegeben. Dichte nur, trachte so fort! Dies ist eines von denen Gedichten, wovon mir der Eindruck immer bleiben, immer wieder der erste seyn wird. Kann man im Thiergarten auf so zauberliche Gedanken kommen? Wenn mir es jemand angriffe, der hätte mit mir zu thun, aber Du, mein Schatz, hast eine schlechte Sache zu vertheidigen gehabt, wie Du gegen <persName key="48">Tiek</persName> über Maria Stuart strittest. Es ist wahrlich nicht besser wie <name key="1415" type="work">der Wallenstein</name> ‒ ja der gesammte schlechtere Wallenstein spricht einem daraus an. Die wenigen lyrischen Stellen sind hübsch ‒ o ja ‒ aber mit dem Ganzen schlecht verbunden. Das Interesse für Maria ist durchgehends zu sehr geschwächt, es sieht aus, als sollte das objektiv gemeint seyn, aber ist nichts ächtes damit, blos nachgemachte Patent-Objektivität. Denken kann ich mir wohl, daß es sich auf dem Theater ganz gut macht. Die Szene, wo Melvil sein priesterlich Haupt entblößt, ist eine der vorzüglichsten und eine sehr gute Schlußerscheinung der Maria. Der lezte Auftritt endet genau wie beym Wallenstein mit einem Epigramm ‒ <hi rend="weight:bold">Fürst</hi> Piccolomini! „Lord Lester schift nach England“. ‒ Das Politische darinn hat auch die Deutlichkeit einer Deduktion nicht los werden können, und ich versichre Dich, ich habe bey dieser ersten Lektüre, wo die Neugierde mit geschäftig war, nicht einiger Langeweile entgehn können. ‒ Wie fällt Mortimer mit seiner Catholizität wie mit der Thür ins Haus! Er müßte durchaus nicht psychologisch darthun, wie er katholisch geworden ist, sondern blos mit Eifer aussprechen: ich bins. Ja, mein Freund, mir ist es ganz klar, daß alles poetische Drum und Dran dieses Stückes in der Summe keine Poesie macht.<lb/>Was hofst Du nun vom <name key="89" type="work">Mädchen von Orleans</name>? Ich habe die taube Nuß, den Gries, wieder befragt, und da es angenehm ist über etwas, das man nur halb weiß, zu reden, als wüste man es ganz, so will ich Dir so viel davon sagen, es ist <hi rend="weight:bold">doch</hi> nichts als eine sentimentale <persName key="5929"><hi rend="weight:bold">Jeanne dʼArc</hi></persName>. Sie ist tugendhaft und verliebt, sie glaubt sich wirklich inspirirt (nun das wär gut) und es gehen auch Zaubereyen vor. Allein denke Dir den Gräuel, sie wird nicht verbrannt, sie stirbt an ihren Wunden auf dem Bette der Ehren. Eine alte Königin Isabeau, die gegen ihren Sohn Carl mit den Engländern kriegt (wie Gries berichtet), bekommt sie in ihre Gewalt; sie wird mit sechsfachen Ketten an einen Baum fest gebunden, indessen geht die Schlacht weiter fort und irgend jemand, der auf einen Hügel steht, erzählt der Isabeau, wie es geht und daß Carl in Gefahr ist. <hi rend="weight:bold">Jeanne</hi> geräth darüber in heiligen Wahnsinn und die Ketten fallen von ihr ab auf ihr Gebet, sie fliehet hinweg um den König zu retten, und dabei bekommt sie dann die Todeswunde. Stanzen sind darinn, allein sonstige Unregelmäßigkeiten will Gries nicht gehört haben. Auch nichts von <name key="1052" type="work">der Genoveva</name>, mehr von <persName key="4"><hi rend="weight:bold">Shakesp</hi>.</persName> Er wird sich darinn wohl verhört haben. Ich muß übrigens sagen, daß das, was ihr in Maria <persName key="48">Tiekisch</persName> fandet, mir gar nicht so vorgekommen ist. Wie Maria ins Freye komt, so ist da eine Art von Cantate, die mich eher an <name key="4302" type="work"><persName key="70">Rammlers</persName> Ino</name> erinnert haben würde. ‒ <persName key="88">Schiller</persName> las das Stück den Schauspielern vor in der Absicht es gleich aufführen zu lassen, vielleicht komt es nun doch für jetzt nicht dazu wegen des zu starken Personale. Man studirt <name key="2515" type="work">Nathan</name> ein. ‒ Gries meint auch noch, <name key="4270" type="work">die <hi rend="weight:bold">Pucelle</hi> von <persName key="1034">Voltaire</persName></name> sey ihm oft störend eingefallen, die Schiller auch viel dabey studirt hat, doch läßt sich schwerlich entscheiden, ob sie Schiller oder Griesen Streiche gespielt hat. Bey dem <hi rend="weight:bold">Shakesp</hi>. könnte sie mir nie einfallen. Es ist hübsch, daß diese Übersetzung eben zugleich erscheint. Von Schiller komt <orgName key="6043">diese Messe</orgName> viel zum Vorschein, auch <name key="1401" type="work">der <hi rend="weight:bold">Macbeth</hi></name>. Tröste Dich nun, daß <persName key="198">Woltmann</persName> mehr weiß als Du! Du weißt ja, daß Schiller bis auf diesen Augenblick das <hi rend="weight:bold">Sujet</hi> niemanden vertraut hatte. Dafür kennst Du nun <name key="4283" type="work">seinen <hi rend="weight:bold">Embryo, Don Juan</hi>,</name> darfst aber blos in geheimnißvollen Winken darüber offenbar werden.<lb/>Hier sind noch zwey Zeilen, die den ersten Act schließen ungefähr:<lb/><lb/> ‒ ich will<lb/>Zu Hülfe eilen Frankreichs Heldensöhnen<lb/>Und <placeName key="4303">Rheims</placeName> befreyn und meinen König krönen.<lb/><lb/>Mir geben sie Licht genug. ‒ Ich wünschte <name key="4194" type="work">den Tancred</name> zu lesen; darin sollen die Jamben und hinzugefügten Schlußstellen ungemein schön seyn.<lb/><persName key="137">Goethe</persName> ist hier. <persName key="62">Schelling</persName> war gestern den ganzen Morgen bey ihm und fuhr mit ihm aus, kam auch ganz ermüdet von scherz und ernsthaften Reden bey uns an. Er hatte sich eben auf das angelegentlichste nach Dir und Deinem Thun und Treiben erkundigt und wann Du kämest, als ich das Packet hinschickte. S. erzählte ihm Deine Händel mit <persName key="67">Unger</persName>, er las Deinen Brief und sagte: nun, er scheint doch recht vergnügt und wohl zu seyn und es freut mich ihn bald zu sehn. Er wird nicht lange bleiben. <name key="2627" type="work">Den <persName key="47">Nicolai</persName></name> hatte er noch nicht gelesen, er war gleich in Schillers Hände gekommen. Ein vollständig Exemplar habe ich nicht für ihn erhalten und Schelling muß ihm das seinige mittheilen. ‒ <persName key="2889">Der Herzog</persName> ist in dieser Woche unvermuthet zu <persName key="2983">Loder</persName> gekommen und hat bey ihm gegessen, worüber L. über und über stralend geworden, und mir auch gestern früh eine Stundenlange Aufwartung gemacht hat. <persName key="2984">Die Lodern</persName> war schon zweymal bey mir; Hannchen kam von <placeName key="22">Leipzig</placeName> zurück, wo sie bey <persName key="1958"><persName key="3350">Tischbeins</persName></persName> logirte, und brachte mir viele Grüße nebst einigen Klagen von Caroline, daß Du ihr nicht geantwortet, was ich sogleich thun werde. Carolinens Stimme soll ins bewunderswürdige gehn, Betsy darf jezt wenig singen, sie hat Brustschmerzen und eine solche Reizbarkeit, daß sie Stundenlang über das mindeste, was sie anregt, weint und zittert. Sie ist Mignon, ach ich fürchte, sie wird nicht leben, diese zarten Saiten haben so früh getönt.<lb/>–––––<lb/>Was die Aufträge in Deinem Brief betrift, so habe ich sie nieder geschrieben und <persName key="8">Friedrich</persName> geschickt noch gestern Abend, weil er, so viel ich weiß, heute nach Leipzig gereist ist, um <persName key="180">die Veit</persName> abzuholen.<lb/>Mit dem Druckfehler im <name key="4305" type="work">B.</name> ist es freylich zu spät, ich habe schon ein Exemplar im Hause gehabt, das Friedrich für Schelling geschickt hatte, der Dir danken läßt. ‒ Fr. ließ mir sagen, er wolle alles besorgen. Ich hatte zugleich Deines Wunsches erwähnt Deine Bücher im Hause vorzufinden, denn allerdings sehn die beyden Bücherbrette sehr degarnirt aus, obschon ich nicht anzugeben weiß, was fehlt, nur einiges, was ich suchte, ZB. <name key="381" type="work">Müllers Geschichte der Schweiz</name>, war nicht da. Die ließ ich mir holen, weil wir etwas nachsehn wolten wegen <name key="248" type="work">Wilh. Tell</name>. ‒ <name key="4304" type="work">Deinen Fortunat</name> kann ich nun Friedrich nicht eher mittheilen, bis er sich wieder bey mir meldet, doch muß ich das Sonnet auf das Bild holen lassen, wenn ich es demnächst <persName key="56">Tiek</persName> schicke. Dieser ist in Leipzig gewesen, ob ihn Friedrich noch findet, weiß ich nicht. Es ist recht betrübt, daß ich ihn nicht sehe.<lb/>Das einzige Wort, Du wollest in dem persönlichen Verhältniß zwischen Friedrich und mir nicht gegen mich Parthey nehmen, hat mich ganz ruhig gemacht. Weiter begehre ich nichts, obwohl mein Herz einigermaßen voll Unwillens gewesen ist. ‒ Ich sehe noch nicht klar, und begreife nicht, wie es die Veit wirklich hat wagen können, so wenig Rücksicht auf Dich sowohl als mich zu nehmen, so daß ich immer noch zu denken geneigt bin, meine Augen und Ohren betrügen mich. ‒ Deine Bemerkung über die Realität des reellen Schadens ist zwar richtig und ich bemühte mich gleich sie nicht aus der Acht zu lassen, aber ich habe dafür diesen schon fast zu sehr aus der Acht gelassen. Alles, was ich erst wieder herbeyschaffen muste, ist mir schon, als hätte es nicht gefehlt. An <hi rend="weight:bold">Meublen</hi> wird nun außer einem Tisch alles da seyn. Mit dem Ersaz fordern weißt Du, wie es ist. Kann ich behaupten, ihr habt mir so und so viel Dutzend Teller zerbrochen, da <persName key="180">Mad. Veit</persName> nichts förmlich übergeben worden ist? Freylich sind jetzt nur 2 Dutzend da, statt 10 Dutzend, mit denen ich anfing, und wir haben denn doch bis zulezt noch große Gesellschaft mit dem <hi rend="weight:bold">Porcelan</hi> bewirthen können. So sagt auch Rose, es wären noch viel Gläser dagewesen, nur zwey zerstoßne, item die Tassen und die blauen Glascompotieren zerbrochen! Meine Klage über den Verlust anderes Hausgeräthes als Körbe etc. beantwortete mir Friedrich mit einer <hi rend="weight:bold">Denunciation</hi> von <hi rend="weight:bold">Lenens</hi> Untreue, aber wie <hi rend="weight:bold">Rose</hi> wegging, waren diese Sachen da. ‒ Auf keine Weise möcht ich in eine Erörterung mit der Veit mich einlassen. Das müste eine gemeine Geschichte werden, also bis wir, Du und ich, uns sprechen können, laß alles gehn, wie es geht. ‒ <persName key="4261">Rose</persName> sagt, die Veit habe immer das Essen durchaus auf den porcelan Tellern gewärmt haben wollen, und da wären sie gesprungen. ‒ Alles dieses sind aber, höchstens in die Augen fallende, Kleinigkeiten gegen ganz andre Beschwerden.<lb/>Ich versichre Dir, Schelling ging mit der Idee von <placeName key="236">Bamberg</placeName> weg Friedrich zu sehen, nur war das erste, was ihm hier entgegen kam, jener feindseliges Verfahren gegen mich. Ich überzeuge mich auch vollkommen jetzt, daß es keine Grille damit war, und einmal angenommen, daß mein Zutrauen gegen die Veit zu weit ging, kann ich es auch erklären. Sie strebt mit einem starken Misgefühl ihrer Nationalität nach einer bürgerlichen, wenigstens geselligen Existenz und auf den Ruin, den ich über mich gebracht hatte, dachte sie sich zu gründen. So hat sie mich durch Wahrheit und Verläumdung Preis gegeben gegen <persName key="243">die Paulus</persName> zuerst, bey der das den besten Boden fand, den <hi rend="weight:bold">neidischen</hi>. Weiterhin ist das Mittheilungssystem immer stärker eingerißen, wie es darauf ankam, theils von Friedrichs Seite den Zirkel der <hi rend="weight:bold">Freunde</hi> im Guten zu vergrößern, theils sich Parthie zu machen, und schlechtes Volk in solcher Absicht nicht zu verschmähn. Würden wir wohl je <persName key="4405">Winkelmann</persName>, <persName key="196">Vermehren</persName> und dergl. Leute so täglich in unsrer Nähe geduldet haben, und <persName key="186">Paulus</persName> als Freund besitzen wollen, der doch den allerverächtlichsten Charakter von der Welt nicht verleugnen kann, oder <persName key="31">Fromman</persName> als Protektor? Läßt sich Gemeinheit gänzlich verbannen unter derley Umgebungen? Und in einer höhern Hinsicht ‒ Sollte man die zudringlichen Dilettanten und miserablen Wesen zulassen in der Hoffnung einen wahrhaft geweiheten Kreis zu erweitern? Ich weis, was Friedrich verführt hat: der ihm fremde Genuß einer gewissen Art von Popularität. Er lebte mit seinen fast leidenschaftlichen Hange zur Geselligkeit immer isolirt. Und dann ‒ ich darf es sagen, weil es eine Zeit gab, wo ich in sein innerstes Herz geschaut habe ‒ er ist nicht ohne Rachsucht; er glaubte sich an Schelling rächen zu müssen, der doch in der That blos auf <hi rend="weight:bold">sein</hi> Verfahren von ihm abfiel ‒ und alles dieß trübe Wesen hat ihm seine Erinnerung meiner und seiner verdunkelt, ihn verstockt. ‒ Ich warte nur darauf, ob er sich denn gegen Dich auch gar nicht erklärt, um den Brief zurückzufordern. Freylich wäre es mir lieber, wenn Du es thätest blos als Auftrag von mir, und versiegelt. Lesen kannst Du ihn <hi rend="weight:bold">dann,</hi> wenn er ihn unbeantwortet giebt; er ist keinesweges geschrieben, um vor Deine Augen zu kommen, allein ich kann doch für mich nichts dagegen haben.<lb/>Er schickt eben noch einen Zettel, er werde alles besorgen, nebst dem lezten Tisch, und ist diesen Morgen abgereißt ohne mich etwa wegen irgend eines Geschäftes nach Leipzig zu befragen oder um etwas für Tischbeins. Daß Mad. Veit nicht zu mir kommt, ist meinen Wünschen gemäß, obgleich Deiner Erwartung schwerlich. Du solst sehn, sie wird es nicht thun, wie doch nun ohne Frage in der Ordnung wäre. Sie hat sich hier schon lange berühmt, sie wolle mich nicht sehn. Diese Person, die keinen Menschen hier gesehn haben würde ohne mich, und der ich alle Bedenklichkeiten aufopferte. Ich rede gegen niemand ein Wort, aber daß diese Spannung sich andrerseits in Worten geäußert, <hi rend="weight:bold">seh</hi> ich ganz deutlich ‒ denn sag, woher sollte Winkelmann sie wißen, der schon in <placeName key="60">Braunschweig</placeName> gegen <persName key="1929">Luisen</persName> darauf anspielte, woher <persName key="637">die Fromman</persName>, indem sie gar nicht voraussezte, daß ich Friedrich gesehn usw. Ich sage Dirs nur zum Beweis, daß diese Dinge keine <hi rend="weight:bold">Chimär</hi>en sind. Sie sind wirklich mit sich selbst nicht viel diskreter umgegangen, indem ihre Geldnoth oder häusliche Angelegenheiten immer der ganzen Societät bis zu den Studenten herunter bekannt waren. Ja Friedrich hat von <persName key="178">Brentano</persName> Geld begehrt, der ihm keines geben konnte. Die Quelle, aus der ich dieses weiß, will ich Dir mündlich sagen, und von diesem Augenblick überhaupt nichts mehr schriftlich hierüber als die nothwendigsten Thatsachen, wie sie sich fernerhin ereignen, denn es muß und kann Dir nicht anders wie höchst fatal seyn, und Du must es nur der Nothwendigkeit für mich, Dich zu unterrichten, zu gut halten, daß ich mich einließ.<lb/>–––––<lb/>Freytag früh [8. Mai].<lb/>Wilhelm, Du bist ein Schalk, ein Schelm und der leibhaftige Schlegel. Wir haben uns ganz königlich über Dich ergötzt und ich gestehe, ich möchte Dich jetzt mündlich necken können, ich weiß mich vor Neckelust kaum zu lassen. Schelling sagt gestern: was mag Schlegel bey Goethe für ein Briefchen eingelegt haben mit einem sehr zierlichen Rand und Aufschrift ‒ es muste von einer Frau kommen usw. In dem Augenblick fällt mir ein, das ist von Unzelinchen und Unzelinchen will nach Weimar kommen. <persName key="766">Schlegel</persName> hat mir einmal flüchtig geschrieben, sie hofte mich zu sehn, ja es paßt alles zusammen, er bleibt so lange in <placeName key="15">Berlin</placeName>, bis er sie her begleiten kann, will mich mit <persName key="74">der kleinen Fee</persName> überraschen, hat mir sogar anbefohlen, ich soll das Haus schön machen ‒ o Du listiger, und nun bin ich noch viel viel listiger und komme hinter alles. <persName key="74">Unzelinchen</persName> hat sich in aller Stille mit Hülfe ihres Geheimenrathes an den Geheimenrath gewandt, bey dem war aber sein Geheimerrath und der hat es der Frau Räthin glücklich vertraut, und wir haben den schönsten Spaß von der Welt. Schreib nur gleich, wie es ist, es wäre ein Jammer, wenn ich mich betröge, wir haben schon die besten Plane gemacht, daß eine ganz gräuliche Verwirrung entstehn soll, besonders sehr viel Eifersucht, Luise will nehmlich eifersüchtig auf Dich seyn, und darin hat sie was gethan, wie Du weist. Schelling will Unzelinchen anbeten, es soll kein Mensch wissen, wo ihm der Kopf steht. Sie dachten ihn uns zu verdrehen, aber, mein Herr, <persName key="74"><name key="4238" type="work">die Feenschaft</name></persName> sitzt nicht in jenen blauen Augen allein.<lb/>Ich wollte Dir schon schreiben, mit dem schönmachen im Hause, das würde sich eben nicht sehr thun lassen. Wir sind bis daher froh es gereinigt zu haben in den Winkeln, und mein guter Geist, der ganz daraus gewichen war, soll wohl bald wieder herein kommen, jedoch ohne Schmuck vors erste. Du kanst besonders denken, daß die Wände etwas schäbicht aussehn, woran niemand schuld hat als die Zeit, und eben diese kann ich für mich so allein nicht unternehmen zu erneuern. Wir müssen uns darüber auf alle Weise ein wenig berathschlagen, wozu ich Deine Ankunft erwartete. Blos übermahlen mit dem nehmlichen Grün mag ich meine Stube nicht lassen. Behalte ich sie und wir wollen etwas daran wenden, so muß sie hübscher werden. Besonders arg sehn indessen das Zimmer in der Ecke und das Deinige aus und ich will wirklich darüber mit dem Mahler sprechen, ist das Objekt nicht groß, so will ich die noch geschwind übermahlen lassen. ‒ Das thut mir weh, daß ich noch kein Fleckchen habe, wo ich <persName key="30">Augustens</persName> Bild verwahren möchte; das große Zimmer ist so offenbar, aus dem in der Ecke kann ich die Kupferstiche der Wand wegen nicht nehmen; und wo dieses Bild ist, soll kein anders seyn. Melde mir mit ein paar Worten, wie weit ich mit meinen Anstalten gehn darf. Die Hauptsache für meinen Schlegel ist doch, daß er wieder mit seinen Finanzen in Ordnung kommt, und deswegen habe ich auch nichts als das allernöthigste kleine Geräth wieder gekauft. Indessen in der Idee, daß es sich mit <persName key="74">Unzeline</persName> so verhält und ihre Gegenwart uns eine Gesellschaft zu geben nöthig machen könnte, will ich doch wirklich noch heut nach Braunschweig schreiben und das <hi rend="weight:bold">Porcelan</hi> einigermaßen ergänzen lassen. Es braucht nicht gleich bezahlt zu werden. Wenn Du im Stande dazu wärest, so könntest Du mir Tassen aus Berlin mitbringen ‒ wenn es nur 6 sind, nach jetziger Sitte alle verschieden. Ich hatte 12 schlichte weiße, wovon blos die zwar noch zu brauchen sind, die ich mit mir genommen hatte, ich hatte noch andre, es ist alles zum Teufel, mit Respekt zu melden, auch mein Dintefaß von <hi rend="weight:bold">Porcelan</hi>, das haben sie ihm vermuthlich hinter drein an den Kopf geworfen. ‒ Die Überzüge über Sopha und Stühle sind durchgängig zerlumpt, das hat auch die Zeit gethan, denn selbiges Zeug hab ich schon in meiner allerersten Wirthschaft gehabt. Man wird mir aus <placeName key="2755">Harburg</placeName> Kattun in Stücken schicken, den ich durch einen gewissen Kanal viel wohlfeiler bekomme und der ganz modern ist.<lb/><persName key="4233">Die Mutter</persName> befindet sich besser, aber sie schlägt die Hände über den Kopf zusammen wegen <persName key="1928">meines Bruders</persName> heilloser Erziehung <persName key="4307"><persName key="2493">seiner Jungen</persName></persName>, die p. und k. können, wo es ihnen beliebt.<lb/><persName key="3118">Emma</persName> würde <hi rend="weight:bold">charmant</hi> seyn, wenn <persName key="1929">ihre Mutter</persName> <hi rend="weight:bold">charmanter</hi> wäre. Ich muß sie dann und wann auf Deine Stube führen und auf den Rei[t]sessel setzen, wobey sie Dich immer nennt und gewiß vor Augen hat. Schelling hat übrigens beyden doch das Herz abgewonnen und Luise hat sich ihm gestern Abend, da er Gespenstergeschichten erzählte, <hi rend="weight:bold">tout à fait</hi> in die Arme vor Furcht und der Zärtlichkeit, die aus Furcht entstehn soll, geworfen. Es wäre gar nicht übel, wenn Du Dir ihre <hi rend="weight:bold">Aprivoisation</hi> angelegen seyn ließest; Wiedemann würde es gut bekommen.<lb/><persName key="4261">Der Rose</persName> will ich ein besonders Capitel hiermit widmen. Ich weiß von keinem Liebhaber, weder verschmäheten noch unverschmäheten. Wenn sie nicht mehr davon weiß, so steht es gut mit ihr. Ich bin ihr gut, sie ist mir sehr ergeben und auch aktiv, nur nicht recht aufmerksam. Ich sehe sie an wie zu uns gehörig. Sie fragt wohl eben nicht nach Dir, aber ich denke, das geschieht nicht etwa, weil sie gar nichts nach Dir früge, sie ist nur eben pflegmatisch. Die Braunschweigerin ist keine außerordentliche Köchin. Wir müssen selbst an den Heerd. Es ist theuer hier, ungeachtet der Leere. Wir haben meine alten Rechnungen verglichen, in vielen Stücken beträgt es das Doppelte, wie die Preise gestiegen sind. Seit einigen Tagen lasse ich für Schelling mit kochen, er läßt es holen, zuweilen kommt er selbst. Ich halte dieses für eine Christenpflicht seiner Gesundheit wegen; das Essen ist doch erbärmlich, was man so bekommt, und ein einzelner Mann hier überhaupt schlecht daran. Übrigens werd ich nichts einrichten, was Dich bey Deiner Ankunft geniren könnte oder wieder aufgehoben werden müßte. ‒ Ich habe die beruhigendsten Hofnungen, wenn wir nur erst alle wieder zum Stehen gekommen sind.<lb/>–<lb/>Über <name key="2627" type="work">Nicolai</name> sagte ich Dir wohl noch nichts. Deine cavaliere Vorrede macht einen artigen Contrast mit der gründlichen Behandlung und schweren Cavallerie inwendig. <persName key="55">Fichte</persName> ist denn doch immer tüchtig ernsthaft. Wie werden sie nun schreyen, Du wirst Dich kaum zeigen dürfen.<lb/>–<lb/>Wann und wo wird der Druck <name key="101" type="periodical">des Taschenbuchs</name> angefangen? Ich weiß nicht recht, was <persName key="48">Tiek</persName> diesen Winter gemacht hat. Daß Du nicht immer Deine Zeit anwendetest, wenn auch mit Waschen und Kämmen und <hi rend="weight:bold">coqu</hi>ettiren Stunden darauf gehn, darüber ist mir nicht bange. Nicht deswegen treibe ich Dich an zu kommen, nur weil ich Dich so gern wiedersehn möchte. Aber ich sehe ein, daß Du nicht eher kommen kannst ‒ bis es Zeit ist.<lb/>Ich bin nur froh hier das erste überstanden zu haben, und verlasse mich für das Zukünftige ruhig auf Deine Freundschaft und die stille Gewalt meines eignen guten Gemüths. Diese werden schon wieder etwas bilden, ein Hüttchen anbauen unter den Trümmern alter Herrlichkeit. O mein Freund, ich bauete oft und riß oft ein. Dieses sind nun die lezten Zweige, Zweige der weinenden Weide, die ich über meinen Haupt zusammen flechte, um unter ihren Schatten den Abend zu erwarten.<lb/><lb/>Vermehren liegt schmerzlich krank an <name key="3109" type="periodical">seinen Allmanach</name>. Wenn man doch das Volk zum Hacken und Graben bringen könnte. Er hat <persName key="4117">Becker</persName> eingeladen ihm was zu schicken und ihm zugleich ein ganz Convolut eigner Poesien zum billigen Tausch eingesendet, erzählt mir Gries, der sich gleichsam erkundigte, ob ihr Beyträge nähmet, was ich auf allen Fall verneinte und von einer geschloßnen Gesellschaft sprach. Man muß gewiß die Dilettanten in keinem Fache begünstigen. Daß jedermann kann Verse machen ‒ mich ausgenommen ‒ glaub ich mehr und mehr. Denk, <persName key="2404">Carl Schelling</persName> hat ein Buch von <persName key="638">Ariost</persName> in Stanzen übersetzt ‒ erst in Jamben, worüber ihn <persName key="62">sein Bruder</persName> ausgehunzt hat, und ihn auch über die Stanzen anfährt. Sonst ist es ein braver gescheuter Junge und etwas weniger dickschwäbisch.<lb/><persName key="4306">Kochen</persName> hat hier das Feld geräumt, aber man hört sonst von allerley Kropzeug.<lb/>Abends.<lb/>Schelling liebt <name key="4304" type="work">den Fortunat</name> auch. Er spricht davon, wie Du die Nordische Balladen Grundidee mit der bestraften Untreue so schön eingekleidet und mit purpurnen Rosen umkleidet hast, er findet besonders den Periodenbau ganz im besten Romanzenstyl und dies hat ihn überhaupt weit mehr getroffen wie <name key="4262" type="work">der wandernde Jude</name>.<lb/>Noch etwas von der Oekonomie. Es ist kein Tropfen Wein im Hause, Keller, Boden. Soll ich Ungarischen rothen von <placeName key="1783">Salzburg</placeName> verschreiben?<lb/><persName key="46">Die Sander</persName> stellt sich wie eine kleine Närrin in Leipzig an, sie will durchaus her und ihren Freund Goethe sehn, wie sie spricht, ihren Liebling. Sie wolte zu Loders und da drey Wochen logiren, das hat Hannchen durch manche Cabale abgelehnt, und <persName key="2984">die Loder</persName> war sehr froh darüber, das Persönchen hat es auch nicht verhehlt, daß sie blos Goethes wegen kommen wollte, sie denkt auch noch sich einzufinden.<lb/>Lebe wohl, wohl und laß Dich die Zeit nicht dauren, die Du bey diesem langen Brief zubringst. Ich begehre nur kurze.</p>', '36_xml_standoff' => '<anchor type="b" n="12" ana="10" xml:id="NidB22604"/>Jena<anchor type="e" n="12" ana="10" xml:id="NidE22604"/> d. 7ten [‒8.] May [1801].<lb/>Diesen Morgen, mein lieber Schlegel, kann ich Dir nur blos von <hi rend="weight:bold">mir</hi> sagen, daß mich <anchor type="b" n="4304" ana="12" xml:id="NidB22663"/>Dein unglücklicher Fortunat<anchor type="e" n="4304" ana="12" xml:id="NidE22663"/> entzückt hat. Gestern Abend hatte mir <anchor type="b" n="641" ana="11" xml:id="NidB22605"/>Gries<anchor type="e" n="641" ana="11" xml:id="NidE22605"/> (der blos zu solchen Dingen taugt) <anchor type="b" n="3128" ana="12" xml:id="NidB22606"/>die Marie Stuart<anchor type="e" n="3128" ana="12" xml:id="NidE22606"/> gebracht, und da wir diese angefangen hatten zu lesen, wollt ich ihn in solcher schlechten Stimmung noch nicht mittheilen, und ihn mir auch erst allein vorlesen. Sage, mein Lieber, wo hast Du den nun wieder hergenommen? Er ist so fantastisch, so zart schauerlich und lieblich schreckenvoll, und erst drücken die Assonanzen die Ahndung hievon so gut aus, dann der Reim den entscheidenden Moment des nahenden Todes unter den Rosen. Ich bin ganz und gar davon eingenommen und mag mir eben deswegen nichts erschöpfen und nichts abschöpfen mit einer Analyse. Den Namen Fortunat hat Dir Fortuna selber eingegeben. Dichte nur, trachte so fort! Dies ist eines von denen Gedichten, wovon mir der Eindruck immer bleiben, immer wieder der erste seyn wird. Kann man im Thiergarten auf so zauberliche Gedanken kommen? Wenn mir es jemand angriffe, der hätte mit mir zu thun, aber Du, mein Schatz, hast eine schlechte Sache zu vertheidigen gehabt, wie Du gegen <anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB22607"/>Tiek<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE22607"/> über Maria Stuart strittest. Es ist wahrlich nicht besser wie <anchor type="b" n="1415" ana="12" xml:id="NidB22608"/>der Wallenstein<anchor type="e" n="1415" ana="12" xml:id="NidE22608"/> ‒ ja der gesammte schlechtere Wallenstein spricht einem daraus an. Die wenigen lyrischen Stellen sind hübsch ‒ o ja ‒ aber mit dem Ganzen schlecht verbunden. Das Interesse für Maria ist durchgehends zu sehr geschwächt, es sieht aus, als sollte das objektiv gemeint seyn, aber ist nichts ächtes damit, blos nachgemachte Patent-Objektivität. Denken kann ich mir wohl, daß es sich auf dem Theater ganz gut macht. Die Szene, wo Melvil sein priesterlich Haupt entblößt, ist eine der vorzüglichsten und eine sehr gute Schlußerscheinung der Maria. Der lezte Auftritt endet genau wie beym Wallenstein mit einem Epigramm ‒ <hi rend="weight:bold">Fürst</hi> Piccolomini! „Lord Lester schift nach England“. ‒ Das Politische darinn hat auch die Deutlichkeit einer Deduktion nicht los werden können, und ich versichre Dich, ich habe bey dieser ersten Lektüre, wo die Neugierde mit geschäftig war, nicht einiger Langeweile entgehn können. ‒ Wie fällt Mortimer mit seiner Catholizität wie mit der Thür ins Haus! Er müßte durchaus nicht psychologisch darthun, wie er katholisch geworden ist, sondern blos mit Eifer aussprechen: ich bins. Ja, mein Freund, mir ist es ganz klar, daß alles poetische Drum und Dran dieses Stückes in der Summe keine Poesie macht.<lb/>Was hofst Du nun vom <anchor type="b" n="89" ana="12" xml:id="NidB22610"/>Mädchen von Orleans<anchor type="e" n="89" ana="12" xml:id="NidE22610"/>? Ich habe die taube Nuß, den Gries, wieder befragt, und da es angenehm ist über etwas, das man nur halb weiß, zu reden, als wüste man es ganz, so will ich Dir so viel davon sagen, es ist <hi rend="weight:bold">doch</hi> nichts als eine sentimentale <anchor type="b" n="5929" ana="11" xml:id="NidB47121"/><hi rend="weight:bold">Jeanne dʼArc</hi><anchor type="e" n="5929" ana="11" xml:id="NidE47121"/>. Sie ist tugendhaft und verliebt, sie glaubt sich wirklich inspirirt (nun das wär gut) und es gehen auch Zaubereyen vor. Allein denke Dir den Gräuel, sie wird nicht verbrannt, sie stirbt an ihren Wunden auf dem Bette der Ehren. Eine alte Königin Isabeau, die gegen ihren Sohn Carl mit den Engländern kriegt (wie Gries berichtet), bekommt sie in ihre Gewalt; sie wird mit sechsfachen Ketten an einen Baum fest gebunden, indessen geht die Schlacht weiter fort und irgend jemand, der auf einen Hügel steht, erzählt der Isabeau, wie es geht und daß Carl in Gefahr ist. <hi rend="weight:bold">Jeanne</hi> geräth darüber in heiligen Wahnsinn und die Ketten fallen von ihr ab auf ihr Gebet, sie fliehet hinweg um den König zu retten, und dabei bekommt sie dann die Todeswunde. Stanzen sind darinn, allein sonstige Unregelmäßigkeiten will Gries nicht gehört haben. Auch nichts von <anchor type="b" n="1052" ana="12" xml:id="NidB22612"/>der Genoveva<anchor type="e" n="1052" ana="12" xml:id="NidE22612"/>, mehr von <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB22611"/><hi rend="weight:bold">Shakesp</hi>.<anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE22611"/> Er wird sich darinn wohl verhört haben. Ich muß übrigens sagen, daß das, was ihr in Maria <anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB47122"/>Tiekisch<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE47122"/> fandet, mir gar nicht so vorgekommen ist. Wie Maria ins Freye komt, so ist da eine Art von Cantate, die mich eher an <anchor type="b" n="4302" ana="12" xml:id="NidB22614"/><anchor type="b" n="70" ana="11" xml:id="NidB22613"/>Rammlers<anchor type="e" n="70" ana="11" xml:id="NidE22613"/> Ino<anchor type="e" n="4302" ana="12" xml:id="NidE22614"/> erinnert haben würde. ‒ <anchor type="b" n="88" ana="11" xml:id="NidB22615"/>Schiller<anchor type="e" n="88" ana="11" xml:id="NidE22615"/> las das Stück den Schauspielern vor in der Absicht es gleich aufführen zu lassen, vielleicht komt es nun doch für jetzt nicht dazu wegen des zu starken Personale. Man studirt <anchor type="b" n="2515" ana="12" xml:id="NidB22616"/>Nathan<anchor type="e" n="2515" ana="12" xml:id="NidE22616"/> ein. ‒ Gries meint auch noch, <anchor type="b" n="4270" ana="12" xml:id="NidB22617"/>die <hi rend="weight:bold">Pucelle</hi> von <anchor type="b" n="1034" ana="11" xml:id="NidB22618"/>Voltaire<anchor type="e" n="1034" ana="11" xml:id="NidE22618"/><anchor type="e" n="4270" ana="12" xml:id="NidE22617"/> sey ihm oft störend eingefallen, die Schiller auch viel dabey studirt hat, doch läßt sich schwerlich entscheiden, ob sie Schiller oder Griesen Streiche gespielt hat. Bey dem <hi rend="weight:bold">Shakesp</hi>. könnte sie mir nie einfallen. Es ist hübsch, daß diese Übersetzung eben zugleich erscheint. Von Schiller komt <anchor type="b" n="6043" ana="15" xml:id="NidB40028"/>diese Messe<anchor type="e" n="6043" ana="15" xml:id="NidE40028"/> viel zum Vorschein, auch <anchor type="b" n="1401" ana="12" xml:id="NidB22619"/>der <hi rend="weight:bold">Macbeth</hi><anchor type="e" n="1401" ana="12" xml:id="NidE22619"/>. Tröste Dich nun, daß <anchor type="b" n="198" ana="11" xml:id="NidB22620"/>Woltmann<anchor type="e" n="198" ana="11" xml:id="NidE22620"/> mehr weiß als Du! Du weißt ja, daß Schiller bis auf diesen Augenblick das <hi rend="weight:bold">Sujet</hi> niemanden vertraut hatte. Dafür kennst Du nun <anchor type="b" n="4283" ana="12" xml:id="NidB22621"/>seinen <hi rend="weight:bold">Embryo, Don Juan</hi>,<anchor type="e" n="4283" ana="12" xml:id="NidE22621"/> darfst aber blos in geheimnißvollen Winken darüber offenbar werden.<lb/>Hier sind noch zwey Zeilen, die den ersten Act schließen ungefähr:<lb/><lb/> ‒ ich will<lb/>Zu Hülfe eilen Frankreichs Heldensöhnen<lb/>Und <anchor type="b" n="4303" ana="10" xml:id="NidB22623"/>Rheims<anchor type="e" n="4303" ana="10" xml:id="NidE22623"/> befreyn und meinen König krönen.<lb/><lb/>Mir geben sie Licht genug. ‒ Ich wünschte <anchor type="b" n="4194" ana="12" xml:id="NidB22624"/>den Tancred<anchor type="e" n="4194" ana="12" xml:id="NidE22624"/> zu lesen; darin sollen die Jamben und hinzugefügten Schlußstellen ungemein schön seyn.<lb/><anchor type="b" n="137" ana="11" xml:id="NidB22625"/>Goethe<anchor type="e" n="137" ana="11" xml:id="NidE22625"/> ist hier. <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB22626"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE22626"/> war gestern den ganzen Morgen bey ihm und fuhr mit ihm aus, kam auch ganz ermüdet von scherz und ernsthaften Reden bey uns an. Er hatte sich eben auf das angelegentlichste nach Dir und Deinem Thun und Treiben erkundigt und wann Du kämest, als ich das Packet hinschickte. S. erzählte ihm Deine Händel mit <anchor type="b" n="67" ana="11" xml:id="NidB22627"/>Unger<anchor type="e" n="67" ana="11" xml:id="NidE22627"/>, er las Deinen Brief und sagte: nun, er scheint doch recht vergnügt und wohl zu seyn und es freut mich ihn bald zu sehn. Er wird nicht lange bleiben. <anchor type="b" n="2627" ana="12" xml:id="NidB22664"/>Den <anchor type="b" n="47" ana="11" xml:id="NidB22628"/>Nicolai<anchor type="e" n="47" ana="11" xml:id="NidE22628"/><anchor type="e" n="2627" ana="12" xml:id="NidE22664"/> hatte er noch nicht gelesen, er war gleich in Schillers Hände gekommen. Ein vollständig Exemplar habe ich nicht für ihn erhalten und Schelling muß ihm das seinige mittheilen. ‒ <anchor type="b" n="2889" ana="11" xml:id="NidB22629"/>Der Herzog<anchor type="e" n="2889" ana="11" xml:id="NidE22629"/> ist in dieser Woche unvermuthet zu <anchor type="b" n="2983" ana="11" xml:id="NidB47123"/>Loder<anchor type="e" n="2983" ana="11" xml:id="NidE47123"/> gekommen und hat bey ihm gegessen, worüber L. über und über stralend geworden, und mir auch gestern früh eine Stundenlange Aufwartung gemacht hat. <anchor type="b" n="2984" ana="11" xml:id="NidB22630"/>Die Lodern<anchor type="e" n="2984" ana="11" xml:id="NidE22630"/> war schon zweymal bey mir; Hannchen kam von <anchor type="b" n="22" ana="10" xml:id="NidB22631"/>Leipzig<anchor type="e" n="22" ana="10" xml:id="NidE22631"/> zurück, wo sie bey <anchor type="b" n="1958" ana="11" xml:id="NidB47125"/><anchor type="b" n="3350" ana="11" xml:id="NidB47126"/>Tischbeins<anchor type="e" n="3350" ana="11" xml:id="NidE47126"/><anchor type="e" n="1958" ana="11" xml:id="NidE47125"/> logirte, und brachte mir viele Grüße nebst einigen Klagen von Caroline, daß Du ihr nicht geantwortet, was ich sogleich thun werde. Carolinens Stimme soll ins bewunderswürdige gehn, Betsy darf jezt wenig singen, sie hat Brustschmerzen und eine solche Reizbarkeit, daß sie Stundenlang über das mindeste, was sie anregt, weint und zittert. Sie ist Mignon, ach ich fürchte, sie wird nicht leben, diese zarten Saiten haben so früh getönt.<lb/>–––––<lb/>Was die Aufträge in Deinem Brief betrift, so habe ich sie nieder geschrieben und <anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB22632"/>Friedrich<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE22632"/> geschickt noch gestern Abend, weil er, so viel ich weiß, heute nach Leipzig gereist ist, um <anchor type="b" n="180" ana="11" xml:id="NidB23505"/>die Veit<anchor type="e" n="180" ana="11" xml:id="NidE23505"/> abzuholen.<lb/>Mit dem Druckfehler im <anchor type="b" n="4305" ana="12" xml:id="NidB22665"/>B.<anchor type="e" n="4305" ana="12" xml:id="NidE22665"/> ist es freylich zu spät, ich habe schon ein Exemplar im Hause gehabt, das Friedrich für Schelling geschickt hatte, der Dir danken läßt. ‒ Fr. ließ mir sagen, er wolle alles besorgen. Ich hatte zugleich Deines Wunsches erwähnt Deine Bücher im Hause vorzufinden, denn allerdings sehn die beyden Bücherbrette sehr degarnirt aus, obschon ich nicht anzugeben weiß, was fehlt, nur einiges, was ich suchte, ZB. <anchor type="b" n="381" ana="12" xml:id="NidB22634"/>Müllers Geschichte der Schweiz<anchor type="e" n="381" ana="12" xml:id="NidE22634"/>, war nicht da. Die ließ ich mir holen, weil wir etwas nachsehn wolten wegen <anchor type="b" n="248" ana="12" xml:id="NidB23506"/>Wilh. Tell<anchor type="e" n="248" ana="12" xml:id="NidE23506"/>. ‒ <anchor type="b" n="4304" ana="12" xml:id="NidB23507"/>Deinen Fortunat<anchor type="e" n="4304" ana="12" xml:id="NidE23507"/> kann ich nun Friedrich nicht eher mittheilen, bis er sich wieder bey mir meldet, doch muß ich das Sonnet auf das Bild holen lassen, wenn ich es demnächst <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB47127"/>Tiek<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE47127"/> schicke. Dieser ist in Leipzig gewesen, ob ihn Friedrich noch findet, weiß ich nicht. Es ist recht betrübt, daß ich ihn nicht sehe.<lb/>Das einzige Wort, Du wollest in dem persönlichen Verhältniß zwischen Friedrich und mir nicht gegen mich Parthey nehmen, hat mich ganz ruhig gemacht. Weiter begehre ich nichts, obwohl mein Herz einigermaßen voll Unwillens gewesen ist. ‒ Ich sehe noch nicht klar, und begreife nicht, wie es die Veit wirklich hat wagen können, so wenig Rücksicht auf Dich sowohl als mich zu nehmen, so daß ich immer noch zu denken geneigt bin, meine Augen und Ohren betrügen mich. ‒ Deine Bemerkung über die Realität des reellen Schadens ist zwar richtig und ich bemühte mich gleich sie nicht aus der Acht zu lassen, aber ich habe dafür diesen schon fast zu sehr aus der Acht gelassen. Alles, was ich erst wieder herbeyschaffen muste, ist mir schon, als hätte es nicht gefehlt. An <hi rend="weight:bold">Meublen</hi> wird nun außer einem Tisch alles da seyn. Mit dem Ersaz fordern weißt Du, wie es ist. Kann ich behaupten, ihr habt mir so und so viel Dutzend Teller zerbrochen, da <anchor type="b" n="180" ana="11" xml:id="NidB22635"/>Mad. Veit<anchor type="e" n="180" ana="11" xml:id="NidE22635"/> nichts förmlich übergeben worden ist? Freylich sind jetzt nur 2 Dutzend da, statt 10 Dutzend, mit denen ich anfing, und wir haben denn doch bis zulezt noch große Gesellschaft mit dem <hi rend="weight:bold">Porcelan</hi> bewirthen können. So sagt auch Rose, es wären noch viel Gläser dagewesen, nur zwey zerstoßne, item die Tassen und die blauen Glascompotieren zerbrochen! Meine Klage über den Verlust anderes Hausgeräthes als Körbe etc. beantwortete mir Friedrich mit einer <hi rend="weight:bold">Denunciation</hi> von <hi rend="weight:bold">Lenens</hi> Untreue, aber wie <hi rend="weight:bold">Rose</hi> wegging, waren diese Sachen da. ‒ Auf keine Weise möcht ich in eine Erörterung mit der Veit mich einlassen. Das müste eine gemeine Geschichte werden, also bis wir, Du und ich, uns sprechen können, laß alles gehn, wie es geht. ‒ <anchor type="b" n="4261" ana="11" xml:id="NidB22636"/>Rose<anchor type="e" n="4261" ana="11" xml:id="NidE22636"/> sagt, die Veit habe immer das Essen durchaus auf den porcelan Tellern gewärmt haben wollen, und da wären sie gesprungen. ‒ Alles dieses sind aber, höchstens in die Augen fallende, Kleinigkeiten gegen ganz andre Beschwerden.<lb/>Ich versichre Dir, Schelling ging mit der Idee von <anchor type="b" n="236" ana="10" xml:id="NidB22637"/>Bamberg<anchor type="e" n="236" ana="10" xml:id="NidE22637"/> weg Friedrich zu sehen, nur war das erste, was ihm hier entgegen kam, jener feindseliges Verfahren gegen mich. Ich überzeuge mich auch vollkommen jetzt, daß es keine Grille damit war, und einmal angenommen, daß mein Zutrauen gegen die Veit zu weit ging, kann ich es auch erklären. Sie strebt mit einem starken Misgefühl ihrer Nationalität nach einer bürgerlichen, wenigstens geselligen Existenz und auf den Ruin, den ich über mich gebracht hatte, dachte sie sich zu gründen. So hat sie mich durch Wahrheit und Verläumdung Preis gegeben gegen <anchor type="b" n="243" ana="11" xml:id="NidB22638"/>die Paulus<anchor type="e" n="243" ana="11" xml:id="NidE22638"/> zuerst, bey der das den besten Boden fand, den <hi rend="weight:bold">neidischen</hi>. Weiterhin ist das Mittheilungssystem immer stärker eingerißen, wie es darauf ankam, theils von Friedrichs Seite den Zirkel der <hi rend="weight:bold">Freunde</hi> im Guten zu vergrößern, theils sich Parthie zu machen, und schlechtes Volk in solcher Absicht nicht zu verschmähn. Würden wir wohl je <anchor type="b" n="4405" ana="11" xml:id="NidB23508"/>Winkelmann<anchor type="e" n="4405" ana="11" xml:id="NidE23508"/>, <anchor type="b" n="196" ana="11" xml:id="NidB22640"/>Vermehren<anchor type="e" n="196" ana="11" xml:id="NidE22640"/> und dergl. Leute so täglich in unsrer Nähe geduldet haben, und <anchor type="b" n="186" ana="11" xml:id="NidB22641"/>Paulus<anchor type="e" n="186" ana="11" xml:id="NidE22641"/> als Freund besitzen wollen, der doch den allerverächtlichsten Charakter von der Welt nicht verleugnen kann, oder <anchor type="b" n="31" ana="11" xml:id="NidB22642"/>Fromman<anchor type="e" n="31" ana="11" xml:id="NidE22642"/> als Protektor? Läßt sich Gemeinheit gänzlich verbannen unter derley Umgebungen? Und in einer höhern Hinsicht ‒ Sollte man die zudringlichen Dilettanten und miserablen Wesen zulassen in der Hoffnung einen wahrhaft geweiheten Kreis zu erweitern? Ich weis, was Friedrich verführt hat: der ihm fremde Genuß einer gewissen Art von Popularität. Er lebte mit seinen fast leidenschaftlichen Hange zur Geselligkeit immer isolirt. Und dann ‒ ich darf es sagen, weil es eine Zeit gab, wo ich in sein innerstes Herz geschaut habe ‒ er ist nicht ohne Rachsucht; er glaubte sich an Schelling rächen zu müssen, der doch in der That blos auf <hi rend="weight:bold">sein</hi> Verfahren von ihm abfiel ‒ und alles dieß trübe Wesen hat ihm seine Erinnerung meiner und seiner verdunkelt, ihn verstockt. ‒ Ich warte nur darauf, ob er sich denn gegen Dich auch gar nicht erklärt, um den Brief zurückzufordern. Freylich wäre es mir lieber, wenn Du es thätest blos als Auftrag von mir, und versiegelt. Lesen kannst Du ihn <hi rend="weight:bold">dann,</hi> wenn er ihn unbeantwortet giebt; er ist keinesweges geschrieben, um vor Deine Augen zu kommen, allein ich kann doch für mich nichts dagegen haben.<lb/>Er schickt eben noch einen Zettel, er werde alles besorgen, nebst dem lezten Tisch, und ist diesen Morgen abgereißt ohne mich etwa wegen irgend eines Geschäftes nach Leipzig zu befragen oder um etwas für Tischbeins. Daß Mad. Veit nicht zu mir kommt, ist meinen Wünschen gemäß, obgleich Deiner Erwartung schwerlich. Du solst sehn, sie wird es nicht thun, wie doch nun ohne Frage in der Ordnung wäre. Sie hat sich hier schon lange berühmt, sie wolle mich nicht sehn. Diese Person, die keinen Menschen hier gesehn haben würde ohne mich, und der ich alle Bedenklichkeiten aufopferte. Ich rede gegen niemand ein Wort, aber daß diese Spannung sich andrerseits in Worten geäußert, <hi rend="weight:bold">seh</hi> ich ganz deutlich ‒ denn sag, woher sollte Winkelmann sie wißen, der schon in <anchor type="b" n="60" ana="10" xml:id="NidB22643"/>Braunschweig<anchor type="e" n="60" ana="10" xml:id="NidE22643"/> gegen <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB22644"/>Luisen<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE22644"/> darauf anspielte, woher <anchor type="b" n="637" ana="11" xml:id="NidB22645"/>die Fromman<anchor type="e" n="637" ana="11" xml:id="NidE22645"/>, indem sie gar nicht voraussezte, daß ich Friedrich gesehn usw. Ich sage Dirs nur zum Beweis, daß diese Dinge keine <hi rend="weight:bold">Chimär</hi>en sind. Sie sind wirklich mit sich selbst nicht viel diskreter umgegangen, indem ihre Geldnoth oder häusliche Angelegenheiten immer der ganzen Societät bis zu den Studenten herunter bekannt waren. Ja Friedrich hat von <anchor type="b" n="178" ana="11" xml:id="NidB22646"/>Brentano<anchor type="e" n="178" ana="11" xml:id="NidE22646"/> Geld begehrt, der ihm keines geben konnte. Die Quelle, aus der ich dieses weiß, will ich Dir mündlich sagen, und von diesem Augenblick überhaupt nichts mehr schriftlich hierüber als die nothwendigsten Thatsachen, wie sie sich fernerhin ereignen, denn es muß und kann Dir nicht anders wie höchst fatal seyn, und Du must es nur der Nothwendigkeit für mich, Dich zu unterrichten, zu gut halten, daß ich mich einließ.<lb/>–––––<lb/>Freytag früh [8. Mai].<lb/>Wilhelm, Du bist ein Schalk, ein Schelm und der leibhaftige Schlegel. Wir haben uns ganz königlich über Dich ergötzt und ich gestehe, ich möchte Dich jetzt mündlich necken können, ich weiß mich vor Neckelust kaum zu lassen. Schelling sagt gestern: was mag Schlegel bey Goethe für ein Briefchen eingelegt haben mit einem sehr zierlichen Rand und Aufschrift ‒ es muste von einer Frau kommen usw. In dem Augenblick fällt mir ein, das ist von Unzelinchen und Unzelinchen will nach Weimar kommen. <anchor type="b" n="766" ana="11" xml:id="NidB22647"/>Schlegel<anchor type="e" n="766" ana="11" xml:id="NidE22647"/> hat mir einmal flüchtig geschrieben, sie hofte mich zu sehn, ja es paßt alles zusammen, er bleibt so lange in <anchor type="b" n="15" ana="10" xml:id="NidB22648"/>Berlin<anchor type="e" n="15" ana="10" xml:id="NidE22648"/>, bis er sie her begleiten kann, will mich mit <anchor type="b" n="74" ana="11" xml:id="NidB22667"/>der kleinen Fee<anchor type="e" n="74" ana="11" xml:id="NidE22667"/> überraschen, hat mir sogar anbefohlen, ich soll das Haus schön machen ‒ o Du listiger, und nun bin ich noch viel viel listiger und komme hinter alles. <anchor type="b" n="74" ana="11" xml:id="NidB22668"/>Unzelinchen<anchor type="e" n="74" ana="11" xml:id="NidE22668"/> hat sich in aller Stille mit Hülfe ihres Geheimenrathes an den Geheimenrath gewandt, bey dem war aber sein Geheimerrath und der hat es der Frau Räthin glücklich vertraut, und wir haben den schönsten Spaß von der Welt. Schreib nur gleich, wie es ist, es wäre ein Jammer, wenn ich mich betröge, wir haben schon die besten Plane gemacht, daß eine ganz gräuliche Verwirrung entstehn soll, besonders sehr viel Eifersucht, Luise will nehmlich eifersüchtig auf Dich seyn, und darin hat sie was gethan, wie Du weist. Schelling will Unzelinchen anbeten, es soll kein Mensch wissen, wo ihm der Kopf steht. Sie dachten ihn uns zu verdrehen, aber, mein Herr, <anchor type="b" n="74" ana="11" xml:id="NidB22650"/><anchor type="b" n="4238" ana="12" xml:id="NidB22649"/>die Feenschaft<anchor type="e" n="4238" ana="12" xml:id="NidE22649"/><anchor type="e" n="74" ana="11" xml:id="NidE22650"/> sitzt nicht in jenen blauen Augen allein.<lb/>Ich wollte Dir schon schreiben, mit dem schönmachen im Hause, das würde sich eben nicht sehr thun lassen. Wir sind bis daher froh es gereinigt zu haben in den Winkeln, und mein guter Geist, der ganz daraus gewichen war, soll wohl bald wieder herein kommen, jedoch ohne Schmuck vors erste. Du kanst besonders denken, daß die Wände etwas schäbicht aussehn, woran niemand schuld hat als die Zeit, und eben diese kann ich für mich so allein nicht unternehmen zu erneuern. Wir müssen uns darüber auf alle Weise ein wenig berathschlagen, wozu ich Deine Ankunft erwartete. Blos übermahlen mit dem nehmlichen Grün mag ich meine Stube nicht lassen. Behalte ich sie und wir wollen etwas daran wenden, so muß sie hübscher werden. Besonders arg sehn indessen das Zimmer in der Ecke und das Deinige aus und ich will wirklich darüber mit dem Mahler sprechen, ist das Objekt nicht groß, so will ich die noch geschwind übermahlen lassen. ‒ Das thut mir weh, daß ich noch kein Fleckchen habe, wo ich <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB47128"/>Augustens<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE47128"/> Bild verwahren möchte; das große Zimmer ist so offenbar, aus dem in der Ecke kann ich die Kupferstiche der Wand wegen nicht nehmen; und wo dieses Bild ist, soll kein anders seyn. Melde mir mit ein paar Worten, wie weit ich mit meinen Anstalten gehn darf. Die Hauptsache für meinen Schlegel ist doch, daß er wieder mit seinen Finanzen in Ordnung kommt, und deswegen habe ich auch nichts als das allernöthigste kleine Geräth wieder gekauft. Indessen in der Idee, daß es sich mit <anchor type="b" n="74" ana="11" xml:id="NidB22651"/>Unzeline<anchor type="e" n="74" ana="11" xml:id="NidE22651"/> so verhält und ihre Gegenwart uns eine Gesellschaft zu geben nöthig machen könnte, will ich doch wirklich noch heut nach Braunschweig schreiben und das <hi rend="weight:bold">Porcelan</hi> einigermaßen ergänzen lassen. Es braucht nicht gleich bezahlt zu werden. Wenn Du im Stande dazu wärest, so könntest Du mir Tassen aus Berlin mitbringen ‒ wenn es nur 6 sind, nach jetziger Sitte alle verschieden. Ich hatte 12 schlichte weiße, wovon blos die zwar noch zu brauchen sind, die ich mit mir genommen hatte, ich hatte noch andre, es ist alles zum Teufel, mit Respekt zu melden, auch mein Dintefaß von <hi rend="weight:bold">Porcelan</hi>, das haben sie ihm vermuthlich hinter drein an den Kopf geworfen. ‒ Die Überzüge über Sopha und Stühle sind durchgängig zerlumpt, das hat auch die Zeit gethan, denn selbiges Zeug hab ich schon in meiner allerersten Wirthschaft gehabt. Man wird mir aus <anchor type="b" n="2755" ana="10" xml:id="NidB22652"/>Harburg<anchor type="e" n="2755" ana="10" xml:id="NidE22652"/> Kattun in Stücken schicken, den ich durch einen gewissen Kanal viel wohlfeiler bekomme und der ganz modern ist.<lb/><anchor type="b" n="4233" ana="11" xml:id="NidB22653"/>Die Mutter<anchor type="e" n="4233" ana="11" xml:id="NidE22653"/> befindet sich besser, aber sie schlägt die Hände über den Kopf zusammen wegen <anchor type="b" n="1928" ana="11" xml:id="NidB47129"/>meines Bruders<anchor type="e" n="1928" ana="11" xml:id="NidE47129"/> heilloser Erziehung <anchor type="b" n="4307" ana="11" xml:id="NidB47131"/><anchor type="b" n="2493" ana="11" xml:id="NidB47130"/>seiner Jungen<anchor type="e" n="2493" ana="11" xml:id="NidE47130"/><anchor type="e" n="4307" ana="11" xml:id="NidE47131"/>, die p. und k. können, wo es ihnen beliebt.<lb/><anchor type="b" n="3118" ana="11" xml:id="NidB22669"/>Emma<anchor type="e" n="3118" ana="11" xml:id="NidE22669"/> würde <hi rend="weight:bold">charmant</hi> seyn, wenn <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB22670"/>ihre Mutter<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE22670"/> <hi rend="weight:bold">charmanter</hi> wäre. Ich muß sie dann und wann auf Deine Stube führen und auf den Rei[t]sessel setzen, wobey sie Dich immer nennt und gewiß vor Augen hat. Schelling hat übrigens beyden doch das Herz abgewonnen und Luise hat sich ihm gestern Abend, da er Gespenstergeschichten erzählte, <hi rend="weight:bold">tout à fait</hi> in die Arme vor Furcht und der Zärtlichkeit, die aus Furcht entstehn soll, geworfen. Es wäre gar nicht übel, wenn Du Dir ihre <hi rend="weight:bold">Aprivoisation</hi> angelegen seyn ließest; Wiedemann würde es gut bekommen.<lb/><anchor type="b" n="4261" ana="11" xml:id="NidB23504"/>Der Rose<anchor type="e" n="4261" ana="11" xml:id="NidE23504"/> will ich ein besonders Capitel hiermit widmen. Ich weiß von keinem Liebhaber, weder verschmäheten noch unverschmäheten. Wenn sie nicht mehr davon weiß, so steht es gut mit ihr. Ich bin ihr gut, sie ist mir sehr ergeben und auch aktiv, nur nicht recht aufmerksam. Ich sehe sie an wie zu uns gehörig. Sie fragt wohl eben nicht nach Dir, aber ich denke, das geschieht nicht etwa, weil sie gar nichts nach Dir früge, sie ist nur eben pflegmatisch. Die Braunschweigerin ist keine außerordentliche Köchin. Wir müssen selbst an den Heerd. Es ist theuer hier, ungeachtet der Leere. Wir haben meine alten Rechnungen verglichen, in vielen Stücken beträgt es das Doppelte, wie die Preise gestiegen sind. Seit einigen Tagen lasse ich für Schelling mit kochen, er läßt es holen, zuweilen kommt er selbst. Ich halte dieses für eine Christenpflicht seiner Gesundheit wegen; das Essen ist doch erbärmlich, was man so bekommt, und ein einzelner Mann hier überhaupt schlecht daran. Übrigens werd ich nichts einrichten, was Dich bey Deiner Ankunft geniren könnte oder wieder aufgehoben werden müßte. ‒ Ich habe die beruhigendsten Hofnungen, wenn wir nur erst alle wieder zum Stehen gekommen sind.<lb/>–<lb/>Über <anchor type="b" n="2627" ana="12" xml:id="NidB22656"/>Nicolai<anchor type="e" n="2627" ana="12" xml:id="NidE22656"/> sagte ich Dir wohl noch nichts. Deine cavaliere Vorrede macht einen artigen Contrast mit der gründlichen Behandlung und schweren Cavallerie inwendig. <anchor type="b" n="55" ana="11" xml:id="NidB22671"/>Fichte<anchor type="e" n="55" ana="11" xml:id="NidE22671"/> ist denn doch immer tüchtig ernsthaft. Wie werden sie nun schreyen, Du wirst Dich kaum zeigen dürfen.<lb/>–<lb/>Wann und wo wird der Druck <anchor type="b" n="101" ana="13" xml:id="NidB22672"/>des Taschenbuchs<anchor type="e" n="101" ana="13" xml:id="NidE22672"/> angefangen? Ich weiß nicht recht, was <anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB22673"/>Tiek<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE22673"/> diesen Winter gemacht hat. Daß Du nicht immer Deine Zeit anwendetest, wenn auch mit Waschen und Kämmen und <hi rend="weight:bold">coqu</hi>ettiren Stunden darauf gehn, darüber ist mir nicht bange. Nicht deswegen treibe ich Dich an zu kommen, nur weil ich Dich so gern wiedersehn möchte. Aber ich sehe ein, daß Du nicht eher kommen kannst ‒ bis es Zeit ist.<lb/>Ich bin nur froh hier das erste überstanden zu haben, und verlasse mich für das Zukünftige ruhig auf Deine Freundschaft und die stille Gewalt meines eignen guten Gemüths. Diese werden schon wieder etwas bilden, ein Hüttchen anbauen unter den Trümmern alter Herrlichkeit. O mein Freund, ich bauete oft und riß oft ein. Dieses sind nun die lezten Zweige, Zweige der weinenden Weide, die ich über meinen Haupt zusammen flechte, um unter ihren Schatten den Abend zu erwarten.<lb/><lb/>Vermehren liegt schmerzlich krank an <anchor type="b" n="3109" ana="13" xml:id="NidB22657"/>seinen Allmanach<anchor type="e" n="3109" ana="13" xml:id="NidE22657"/></hi>. Wenn man doch das Volk zum Hacken und Graben bringen könnte. Er hat <anchor type="b" n="4117" ana="11" xml:id="NidB22658"/>Becker<anchor type="e" n="4117" ana="11" xml:id="NidE22658"/> eingeladen ihm was zu schicken und ihm zugleich ein ganz Convolut eigner Poesien zum billigen Tausch eingesendet, erzählt mir Gries, der sich gleichsam erkundigte, ob ihr Beyträge nähmet, was ich auf allen Fall verneinte und von einer geschloßnen Gesellschaft sprach. Man muß gewiß die Dilettanten in keinem Fache begünstigen. Daß jedermann kann Verse machen ‒ mich ausgenommen ‒ glaub ich mehr und mehr. Denk, <anchor type="b" n="2404" ana="11" xml:id="NidB22659"/>Carl Schelling<anchor type="e" n="2404" ana="11" xml:id="NidE22659"/> hat ein Buch von <anchor type="b" n="638" ana="11" xml:id="NidB22660"/>Ariost<anchor type="e" n="638" ana="11" xml:id="NidE22660"/> in Stanzen übersetzt ‒ erst in Jamben, worüber ihn <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB22674"/>sein Bruder<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE22674"/> ausgehunzt hat, und ihn auch über die Stanzen anfährt. Sonst ist es ein braver gescheuter Junge und etwas weniger dickschwäbisch.<lb/><anchor type="b" n="4306" ana="11" xml:id="NidB22666"/>Kochen<anchor type="e" n="4306" ana="11" xml:id="NidE22666"/> hat hier das Feld geräumt, aber man hört sonst von allerley Kropzeug.<lb/>Abends.<lb/>Schelling liebt <anchor type="b" n="4304" ana="12" xml:id="NidB22675"/>den Fortunat<anchor type="e" n="4304" ana="12" xml:id="NidE22675"/> auch. Er spricht davon, wie Du die Nordische Balladen Grundidee mit der bestraften Untreue so schön eingekleidet und mit purpurnen Rosen umkleidet hast, er findet besonders den Periodenbau ganz im besten Romanzenstyl und dies hat ihn überhaupt weit mehr getroffen wie <anchor type="b" n="4262" ana="12" xml:id="NidB22676"/>der wandernde Jude<anchor type="e" n="4262" ana="12" xml:id="NidE22676"/>.<lb/>Noch etwas von der Oekonomie. Es ist kein Tropfen Wein im Hause, Keller, Boden. Soll ich Ungarischen rothen von <anchor type="b" n="1783" ana="10" xml:id="NidB22661"/>Salzburg<anchor type="e" n="1783" ana="10" xml:id="NidE22661"/> verschreiben?<lb/><anchor type="b" n="46" ana="11" xml:id="NidB22662"/>Die Sander<anchor type="e" n="46" ana="11" xml:id="NidE22662"/><anchor type="e" n="4233" ana="11" xml:id="NidE22653"/> stellt sich wie eine kleine Närrin in Leipzig an, sie will durchaus her und ihren Freund Goethe sehn, wie sie spricht, ihren Liebling. Sie wolte zu Loders und da drey Wochen logiren, das hat Hannchen durch manche Cabale abgelehnt, und <anchor type="b" n="2984" ana="11" xml:id="NidB23509"/>die Loder<anchor type="e" n="2984" ana="11" xml:id="NidE23509"/> war sehr froh darüber, das Persönchen hat es auch nicht verhehlt, daß sie blos Goethes wegen kommen wollte, sie denkt auch noch sich einzufinden.<lb/>Lebe wohl, wohl und laß Dich die Zeit nicht dauren, die Du bey diesem langen Brief zubringst. 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Gestern Abend hatte mir <span class="index-641 tp-22605 ">Gries</span> (der blos zu solchen Dingen taugt) <span class="index-3128 tp-22606 ">die Marie Stuart</span> gebracht, und da wir diese angefangen hatten zu lesen, wollt ich ihn in solcher schlechten Stimmung noch nicht mittheilen, und ihn mir auch erst allein vorlesen. Sage, mein Lieber, wo hast Du den nun wieder hergenommen? Er ist so fantastisch, so zart schauerlich und lieblich schreckenvoll, und erst drücken die Assonanzen die Ahndung hievon so gut aus, dann der Reim den entscheidenden Moment des nahenden Todes unter den Rosen. Ich bin ganz und gar davon eingenommen und mag mir eben deswegen nichts erschöpfen und nichts abschöpfen mit einer Analyse. Den Namen Fortunat hat Dir Fortuna selber eingegeben. Dichte nur, trachte so fort! Dies ist eines von denen Gedichten, wovon mir der Eindruck immer bleiben, immer wieder der erste seyn wird. Kann man im Thiergarten auf so zauberliche Gedanken kommen? Wenn mir es jemand angriffe, der hätte mit mir zu thun, aber Du, mein Schatz, hast eine schlechte Sache zu vertheidigen gehabt, wie Du gegen <span class="index-48 tp-22607 ">Tiek</span> über Maria Stuart strittest. Es ist wahrlich nicht besser wie <span class="index-1415 tp-22608 ">der Wallenstein</span> ‒ ja der gesammte schlechtere Wallenstein spricht einem daraus an. Die wenigen lyrischen Stellen sind hübsch ‒ o ja ‒ aber mit dem Ganzen schlecht verbunden. Das Interesse für Maria ist durchgehends zu sehr geschwächt, es sieht aus, als sollte das objektiv gemeint seyn, aber ist nichts ächtes damit, blos nachgemachte Patent-Objektivität. Denken kann ich mir wohl, daß es sich auf dem Theater ganz gut macht. Die Szene, wo Melvil sein priesterlich Haupt entblößt, ist eine der vorzüglichsten und eine sehr gute Schlußerscheinung der Maria. Der lezte Auftritt endet genau wie beym Wallenstein mit einem Epigramm ‒ <span class="weight-bold ">Fürst</span> Piccolomini! „Lord Lester schift nach England“. ‒ Das Politische darinn hat auch die Deutlichkeit einer Deduktion nicht los werden können, und ich versichre Dich, ich habe bey dieser ersten Lektüre, wo die Neugierde mit geschäftig war, nicht einiger Langeweile entgehn können. ‒ Wie fällt Mortimer mit seiner Catholizität wie mit der Thür ins Haus! Er müßte durchaus nicht psychologisch darthun, wie er katholisch geworden ist, sondern blos mit Eifer aussprechen: ich bins. Ja, mein Freund, mir ist es ganz klar, daß alles poetische Drum und Dran dieses Stückes in der Summe keine Poesie macht.<br>Was hofst Du nun vom <span class="index-89 tp-22610 ">Mädchen von Orleans</span>? Ich habe die taube Nuß, den Gries, wieder befragt, und da es angenehm ist über etwas, das man nur halb weiß, zu reden, als wüste man es ganz, so will ich Dir so viel davon sagen, es ist <span class="weight-bold ">doch</span> nichts als eine sentimentale <span class="index-5929 tp-47121 weight-bold ">Jeanne dʼArc</span>. Sie ist tugendhaft und verliebt, sie glaubt sich wirklich inspirirt (nun das wär gut) und es gehen auch Zaubereyen vor. Allein denke Dir den Gräuel, sie wird nicht verbrannt, sie stirbt an ihren Wunden auf dem Bette der Ehren. Eine alte Königin Isabeau, die gegen ihren Sohn Carl mit den Engländern kriegt (wie Gries berichtet), bekommt sie in ihre Gewalt; sie wird mit sechsfachen Ketten an einen Baum fest gebunden, indessen geht die Schlacht weiter fort und irgend jemand, der auf einen Hügel steht, erzählt der Isabeau, wie es geht und daß Carl in Gefahr ist. <span class="weight-bold ">Jeanne</span> geräth darüber in heiligen Wahnsinn und die Ketten fallen von ihr ab auf ihr Gebet, sie fliehet hinweg um den König zu retten, und dabei bekommt sie dann die Todeswunde. Stanzen sind darinn, allein sonstige Unregelmäßigkeiten will Gries nicht gehört haben. Auch nichts von <span class="index-1052 tp-22612 ">der Genoveva</span>, mehr von <span class="index-4 tp-22611 weight-bold ">Shakesp</span><span class="index-4 tp-22611 ">.</span> Er wird sich darinn wohl verhört haben. Ich muß übrigens sagen, daß das, was ihr in Maria <span class="index-48 tp-47122 ">Tiekisch</span> fandet, mir gar nicht so vorgekommen ist. Wie Maria ins Freye komt, so ist da eine Art von Cantate, die mich eher an <span class="index-70 tp-22613 index-4302 tp-22614 ">Rammlers</span><span class="index-4302 tp-22614 "> Ino</span> erinnert haben würde. ‒ <span class="index-88 tp-22615 ">Schiller</span> las das Stück den Schauspielern vor in der Absicht es gleich aufführen zu lassen, vielleicht komt es nun doch für jetzt nicht dazu wegen des zu starken Personale. Man studirt <span class="index-2515 tp-22616 ">Nathan</span> ein. ‒ Gries meint auch noch, <span class="index-4270 tp-22617 ">die </span><span class="index-4270 tp-22617 weight-bold ">Pucelle</span><span class="index-4270 tp-22617 "> von </span><span class="index-4270 tp-22617 index-1034 tp-22618 ">Voltaire</span> sey ihm oft störend eingefallen, die Schiller auch viel dabey studirt hat, doch läßt sich schwerlich entscheiden, ob sie Schiller oder Griesen Streiche gespielt hat. Bey dem <span class="weight-bold ">Shakesp</span>. könnte sie mir nie einfallen. Es ist hübsch, daß diese Übersetzung eben zugleich erscheint. Von Schiller komt <span class="index-6043 tp-40028 ">diese Messe</span> viel zum Vorschein, auch <span class="index-1401 tp-22619 ">der </span><span class="index-1401 tp-22619 weight-bold ">Macbeth</span>. Tröste Dich nun, daß <span class="index-198 tp-22620 ">Woltmann</span> mehr weiß als Du! Du weißt ja, daß Schiller bis auf diesen Augenblick das <span class="weight-bold ">Sujet</span> niemanden vertraut hatte. Dafür kennst Du nun <span class="index-4283 tp-22621 ">seinen </span><span class="index-4283 tp-22621 weight-bold ">Embryo, Don Juan</span><span class="index-4283 tp-22621 ">,</span> darfst aber blos in geheimnißvollen Winken darüber offenbar werden.<br>Hier sind noch zwey Zeilen, die den ersten Act schließen ungefähr:<br><br> ‒ ich will<br>Zu Hülfe eilen Frankreichs Heldensöhnen<br>Und <span class="index-4303 tp-22623 ">Rheims</span> befreyn und meinen König krönen.<br><br>Mir geben sie Licht genug. ‒ Ich wünschte <span class="index-4194 tp-22624 ">den Tancred</span> zu lesen; darin sollen die Jamben und hinzugefügten Schlußstellen ungemein schön seyn.<br><span class="index-137 tp-22625 ">Goethe</span> ist hier. <span class="index-62 tp-22626 ">Schelling</span> war gestern den ganzen Morgen bey ihm und fuhr mit ihm aus, kam auch ganz ermüdet von scherz und ernsthaften Reden bey uns an. Er hatte sich eben auf das angelegentlichste nach Dir und Deinem Thun und Treiben erkundigt und wann Du kämest, als ich das Packet hinschickte. S. erzählte ihm Deine Händel mit <span class="index-67 tp-22627 ">Unger</span>, er las Deinen Brief und sagte: nun, er scheint doch recht vergnügt und wohl zu seyn und es freut mich ihn bald zu sehn. Er wird nicht lange bleiben. <span class="index-2627 tp-22664 ">Den </span><span class="index-2627 tp-22664 index-47 tp-22628 ">Nicolai</span> hatte er noch nicht gelesen, er war gleich in Schillers Hände gekommen. Ein vollständig Exemplar habe ich nicht für ihn erhalten und Schelling muß ihm das seinige mittheilen. ‒ <span class="index-2889 tp-22629 ">Der Herzog</span> ist in dieser Woche unvermuthet zu <span class="index-2983 tp-47123 ">Loder</span> gekommen und hat bey ihm gegessen, worüber L. über und über stralend geworden, und mir auch gestern früh eine Stundenlange Aufwartung gemacht hat. <span class="index-2984 tp-22630 ">Die Lodern</span> war schon zweymal bey mir; Hannchen kam von <span class="index-22 tp-22631 ">Leipzig</span> zurück, wo sie bey <span class="index-1958 tp-47125 index-3350 tp-47126 ">Tischbeins</span> logirte, und brachte mir viele Grüße nebst einigen Klagen von Caroline, daß Du ihr nicht geantwortet, was ich sogleich thun werde. Carolinens Stimme soll ins bewunderswürdige gehn, Betsy darf jezt wenig singen, sie hat Brustschmerzen und eine solche Reizbarkeit, daß sie Stundenlang über das mindeste, was sie anregt, weint und zittert. Sie ist Mignon, ach ich fürchte, sie wird nicht leben, diese zarten Saiten haben so früh getönt.<br>–––––<br>Was die Aufträge in Deinem Brief betrift, so habe ich sie nieder geschrieben und <span class="index-8 tp-22632 ">Friedrich</span> geschickt noch gestern Abend, weil er, so viel ich weiß, heute nach Leipzig gereist ist, um <span class="index-180 tp-23505 ">die Veit</span> abzuholen.<br>Mit dem Druckfehler im <span class="index-4305 tp-22665 ">B.</span> ist es freylich zu spät, ich habe schon ein Exemplar im Hause gehabt, das Friedrich für Schelling geschickt hatte, der Dir danken läßt. ‒ Fr. ließ mir sagen, er wolle alles besorgen. Ich hatte zugleich Deines Wunsches erwähnt Deine Bücher im Hause vorzufinden, denn allerdings sehn die beyden Bücherbrette sehr degarnirt aus, obschon ich nicht anzugeben weiß, was fehlt, nur einiges, was ich suchte, ZB. <span class="index-381 tp-22634 ">Müllers Geschichte der Schweiz</span>, war nicht da. Die ließ ich mir holen, weil wir etwas nachsehn wolten wegen <span class="index-248 tp-23506 ">Wilh. Tell</span>. ‒ <span class="index-4304 tp-23507 ">Deinen Fortunat</span> kann ich nun Friedrich nicht eher mittheilen, bis er sich wieder bey mir meldet, doch muß ich das Sonnet auf das Bild holen lassen, wenn ich es demnächst <span class="index-56 tp-47127 ">Tiek</span> schicke. Dieser ist in Leipzig gewesen, ob ihn Friedrich noch findet, weiß ich nicht. Es ist recht betrübt, daß ich ihn nicht sehe.<br>Das einzige Wort, Du wollest in dem persönlichen Verhältniß zwischen Friedrich und mir nicht gegen mich Parthey nehmen, hat mich ganz ruhig gemacht. Weiter begehre ich nichts, obwohl mein Herz einigermaßen voll Unwillens gewesen ist. ‒ Ich sehe noch nicht klar, und begreife nicht, wie es die Veit wirklich hat wagen können, so wenig Rücksicht auf Dich sowohl als mich zu nehmen, so daß ich immer noch zu denken geneigt bin, meine Augen und Ohren betrügen mich. ‒ Deine Bemerkung über die Realität des reellen Schadens ist zwar richtig und ich bemühte mich gleich sie nicht aus der Acht zu lassen, aber ich habe dafür diesen schon fast zu sehr aus der Acht gelassen. Alles, was ich erst wieder herbeyschaffen muste, ist mir schon, als hätte es nicht gefehlt. An <span class="weight-bold ">Meublen</span> wird nun außer einem Tisch alles da seyn. Mit dem Ersaz fordern weißt Du, wie es ist. Kann ich behaupten, ihr habt mir so und so viel Dutzend Teller zerbrochen, da <span class="index-180 tp-22635 ">Mad. Veit</span> nichts förmlich übergeben worden ist? Freylich sind jetzt nur 2 Dutzend da, statt 10 Dutzend, mit denen ich anfing, und wir haben denn doch bis zulezt noch große Gesellschaft mit dem <span class="weight-bold ">Porcelan</span> bewirthen können. So sagt auch Rose, es wären noch viel Gläser dagewesen, nur zwey zerstoßne, item die Tassen und die blauen Glascompotieren zerbrochen! Meine Klage über den Verlust anderes Hausgeräthes als Körbe etc. beantwortete mir Friedrich mit einer <span class="weight-bold ">Denunciation</span> von <span class="weight-bold ">Lenens</span> Untreue, aber wie <span class="weight-bold ">Rose</span> wegging, waren diese Sachen da. ‒ Auf keine Weise möcht ich in eine Erörterung mit der Veit mich einlassen. Das müste eine gemeine Geschichte werden, also bis wir, Du und ich, uns sprechen können, laß alles gehn, wie es geht. ‒ <span class="index-4261 tp-22636 ">Rose</span> sagt, die Veit habe immer das Essen durchaus auf den porcelan Tellern gewärmt haben wollen, und da wären sie gesprungen. ‒ Alles dieses sind aber, höchstens in die Augen fallende, Kleinigkeiten gegen ganz andre Beschwerden.<br>Ich versichre Dir, Schelling ging mit der Idee von <span class="index-236 tp-22637 ">Bamberg</span> weg Friedrich zu sehen, nur war das erste, was ihm hier entgegen kam, jener feindseliges Verfahren gegen mich. Ich überzeuge mich auch vollkommen jetzt, daß es keine Grille damit war, und einmal angenommen, daß mein Zutrauen gegen die Veit zu weit ging, kann ich es auch erklären. Sie strebt mit einem starken Misgefühl ihrer Nationalität nach einer bürgerlichen, wenigstens geselligen Existenz und auf den Ruin, den ich über mich gebracht hatte, dachte sie sich zu gründen. So hat sie mich durch Wahrheit und Verläumdung Preis gegeben gegen <span class="index-243 tp-22638 ">die Paulus</span> zuerst, bey der das den besten Boden fand, den <span class="weight-bold ">neidischen</span>. Weiterhin ist das Mittheilungssystem immer stärker eingerißen, wie es darauf ankam, theils von Friedrichs Seite den Zirkel der <span class="weight-bold ">Freunde</span> im Guten zu vergrößern, theils sich Parthie zu machen, und schlechtes Volk in solcher Absicht nicht zu verschmähn. Würden wir wohl je <span class="index-4405 tp-23508 ">Winkelmann</span>, <span class="index-196 tp-22640 ">Vermehren</span> und dergl. Leute so täglich in unsrer Nähe geduldet haben, und <span class="index-186 tp-22641 ">Paulus</span> als Freund besitzen wollen, der doch den allerverächtlichsten Charakter von der Welt nicht verleugnen kann, oder <span class="index-31 tp-22642 ">Fromman</span> als Protektor? Läßt sich Gemeinheit gänzlich verbannen unter derley Umgebungen? Und in einer höhern Hinsicht ‒ Sollte man die zudringlichen Dilettanten und miserablen Wesen zulassen in der Hoffnung einen wahrhaft geweiheten Kreis zu erweitern? Ich weis, was Friedrich verführt hat: der ihm fremde Genuß einer gewissen Art von Popularität. Er lebte mit seinen fast leidenschaftlichen Hange zur Geselligkeit immer isolirt. Und dann ‒ ich darf es sagen, weil es eine Zeit gab, wo ich in sein innerstes Herz geschaut habe ‒ er ist nicht ohne Rachsucht; er glaubte sich an Schelling rächen zu müssen, der doch in der That blos auf <span class="weight-bold ">sein</span> Verfahren von ihm abfiel ‒ und alles dieß trübe Wesen hat ihm seine Erinnerung meiner und seiner verdunkelt, ihn verstockt. ‒ Ich warte nur darauf, ob er sich denn gegen Dich auch gar nicht erklärt, um den Brief zurückzufordern. Freylich wäre es mir lieber, wenn Du es thätest blos als Auftrag von mir, und versiegelt. Lesen kannst Du ihn <span class="weight-bold ">dann,</span> wenn er ihn unbeantwortet giebt; er ist keinesweges geschrieben, um vor Deine Augen zu kommen, allein ich kann doch für mich nichts dagegen haben.<br>Er schickt eben noch einen Zettel, er werde alles besorgen, nebst dem lezten Tisch, und ist diesen Morgen abgereißt ohne mich etwa wegen irgend eines Geschäftes nach Leipzig zu befragen oder um etwas für Tischbeins. Daß Mad. Veit nicht zu mir kommt, ist meinen Wünschen gemäß, obgleich Deiner Erwartung schwerlich. Du solst sehn, sie wird es nicht thun, wie doch nun ohne Frage in der Ordnung wäre. Sie hat sich hier schon lange berühmt, sie wolle mich nicht sehn. Diese Person, die keinen Menschen hier gesehn haben würde ohne mich, und der ich alle Bedenklichkeiten aufopferte. Ich rede gegen niemand ein Wort, aber daß diese Spannung sich andrerseits in Worten geäußert, <span class="weight-bold ">seh</span> ich ganz deutlich ‒ denn sag, woher sollte Winkelmann sie wißen, der schon in <span class="index-60 tp-22643 ">Braunschweig</span> gegen <span class="index-1929 tp-22644 ">Luisen</span> darauf anspielte, woher <span class="index-637 tp-22645 ">die Fromman</span>, indem sie gar nicht voraussezte, daß ich Friedrich gesehn usw. Ich sage Dirs nur zum Beweis, daß diese Dinge keine <span class="weight-bold ">Chimär</span>en sind. Sie sind wirklich mit sich selbst nicht viel diskreter umgegangen, indem ihre Geldnoth oder häusliche Angelegenheiten immer der ganzen Societät bis zu den Studenten herunter bekannt waren. Ja Friedrich hat von <span class="index-178 tp-22646 ">Brentano</span> Geld begehrt, der ihm keines geben konnte. Die Quelle, aus der ich dieses weiß, will ich Dir mündlich sagen, und von diesem Augenblick überhaupt nichts mehr schriftlich hierüber als die nothwendigsten Thatsachen, wie sie sich fernerhin ereignen, denn es muß und kann Dir nicht anders wie höchst fatal seyn, und Du must es nur der Nothwendigkeit für mich, Dich zu unterrichten, zu gut halten, daß ich mich einließ.<br>–––––<br>Freytag früh [8. Mai].<br>Wilhelm, Du bist ein Schalk, ein Schelm und der leibhaftige Schlegel. Wir haben uns ganz königlich über Dich ergötzt und ich gestehe, ich möchte Dich jetzt mündlich necken können, ich weiß mich vor Neckelust kaum zu lassen. Schelling sagt gestern: was mag Schlegel bey Goethe für ein Briefchen eingelegt haben mit einem sehr zierlichen Rand und Aufschrift ‒ es muste von einer Frau kommen usw. In dem Augenblick fällt mir ein, das ist von Unzelinchen und Unzelinchen will nach Weimar kommen. <span class="index-766 tp-22647 ">Schlegel</span> hat mir einmal flüchtig geschrieben, sie hofte mich zu sehn, ja es paßt alles zusammen, er bleibt so lange in <span class="index-15 tp-22648 ">Berlin</span>, bis er sie her begleiten kann, will mich mit <span class="index-74 tp-22667 ">der kleinen Fee</span> überraschen, hat mir sogar anbefohlen, ich soll das Haus schön machen ‒ o Du listiger, und nun bin ich noch viel viel listiger und komme hinter alles. <span class="index-74 tp-22668 ">Unzelinchen</span> hat sich in aller Stille mit Hülfe ihres Geheimenrathes an den Geheimenrath gewandt, bey dem war aber sein Geheimerrath und der hat es der Frau Räthin glücklich vertraut, und wir haben den schönsten Spaß von der Welt. Schreib nur gleich, wie es ist, es wäre ein Jammer, wenn ich mich betröge, wir haben schon die besten Plane gemacht, daß eine ganz gräuliche Verwirrung entstehn soll, besonders sehr viel Eifersucht, Luise will nehmlich eifersüchtig auf Dich seyn, und darin hat sie was gethan, wie Du weist. Schelling will Unzelinchen anbeten, es soll kein Mensch wissen, wo ihm der Kopf steht. Sie dachten ihn uns zu verdrehen, aber, mein Herr, <span class="index-74 tp-22650 index-4238 tp-22649 ">die Feenschaft</span> sitzt nicht in jenen blauen Augen allein.<br>Ich wollte Dir schon schreiben, mit dem schönmachen im Hause, das würde sich eben nicht sehr thun lassen. Wir sind bis daher froh es gereinigt zu haben in den Winkeln, und mein guter Geist, der ganz daraus gewichen war, soll wohl bald wieder herein kommen, jedoch ohne Schmuck vors erste. Du kanst besonders denken, daß die Wände etwas schäbicht aussehn, woran niemand schuld hat als die Zeit, und eben diese kann ich für mich so allein nicht unternehmen zu erneuern. Wir müssen uns darüber auf alle Weise ein wenig berathschlagen, wozu ich Deine Ankunft erwartete. Blos übermahlen mit dem nehmlichen Grün mag ich meine Stube nicht lassen. Behalte ich sie und wir wollen etwas daran wenden, so muß sie hübscher werden. Besonders arg sehn indessen das Zimmer in der Ecke und das Deinige aus und ich will wirklich darüber mit dem Mahler sprechen, ist das Objekt nicht groß, so will ich die noch geschwind übermahlen lassen. ‒ Das thut mir weh, daß ich noch kein Fleckchen habe, wo ich <span class="index-30 tp-47128 ">Augustens</span> Bild verwahren möchte; das große Zimmer ist so offenbar, aus dem in der Ecke kann ich die Kupferstiche der Wand wegen nicht nehmen; und wo dieses Bild ist, soll kein anders seyn. Melde mir mit ein paar Worten, wie weit ich mit meinen Anstalten gehn darf. Die Hauptsache für meinen Schlegel ist doch, daß er wieder mit seinen Finanzen in Ordnung kommt, und deswegen habe ich auch nichts als das allernöthigste kleine Geräth wieder gekauft. Indessen in der Idee, daß es sich mit <span class="index-74 tp-22651 ">Unzeline</span> so verhält und ihre Gegenwart uns eine Gesellschaft zu geben nöthig machen könnte, will ich doch wirklich noch heut nach Braunschweig schreiben und das <span class="weight-bold ">Porcelan</span> einigermaßen ergänzen lassen. Es braucht nicht gleich bezahlt zu werden. Wenn Du im Stande dazu wärest, so könntest Du mir Tassen aus Berlin mitbringen ‒ wenn es nur 6 sind, nach jetziger Sitte alle verschieden. Ich hatte 12 schlichte weiße, wovon blos die zwar noch zu brauchen sind, die ich mit mir genommen hatte, ich hatte noch andre, es ist alles zum Teufel, mit Respekt zu melden, auch mein Dintefaß von <span class="weight-bold ">Porcelan</span>, das haben sie ihm vermuthlich hinter drein an den Kopf geworfen. ‒ Die Überzüge über Sopha und Stühle sind durchgängig zerlumpt, das hat auch die Zeit gethan, denn selbiges Zeug hab ich schon in meiner allerersten Wirthschaft gehabt. Man wird mir aus <span class="index-2755 tp-22652 ">Harburg</span> Kattun in Stücken schicken, den ich durch einen gewissen Kanal viel wohlfeiler bekomme und der ganz modern ist.<br><span class="index-4233 tp-22653 ">Die Mutter</span> befindet sich besser, aber sie schlägt die Hände über den Kopf zusammen wegen <span class="index-1928 tp-47129 ">meines Bruders</span> heilloser Erziehung <span class="index-4307 tp-47131 index-2493 tp-47130 ">seiner Jungen</span>, die p. und k. können, wo es ihnen beliebt.<br><span class="index-3118 tp-22669 ">Emma</span> würde <span class="weight-bold ">charmant</span> seyn, wenn <span class="index-1929 tp-22670 ">ihre Mutter</span> <span class="weight-bold ">charmanter</span> wäre. Ich muß sie dann und wann auf Deine Stube führen und auf den Rei[t]sessel setzen, wobey sie Dich immer nennt und gewiß vor Augen hat. Schelling hat übrigens beyden doch das Herz abgewonnen und Luise hat sich ihm gestern Abend, da er Gespenstergeschichten erzählte, <span class="weight-bold ">tout à fait</span> in die Arme vor Furcht und der Zärtlichkeit, die aus Furcht entstehn soll, geworfen. Es wäre gar nicht übel, wenn Du Dir ihre <span class="weight-bold ">Aprivoisation</span> angelegen seyn ließest; Wiedemann würde es gut bekommen.<br><span class="index-4261 tp-23504 ">Der Rose</span> will ich ein besonders Capitel hiermit widmen. Ich weiß von keinem Liebhaber, weder verschmäheten noch unverschmäheten. Wenn sie nicht mehr davon weiß, so steht es gut mit ihr. Ich bin ihr gut, sie ist mir sehr ergeben und auch aktiv, nur nicht recht aufmerksam. Ich sehe sie an wie zu uns gehörig. Sie fragt wohl eben nicht nach Dir, aber ich denke, das geschieht nicht etwa, weil sie gar nichts nach Dir früge, sie ist nur eben pflegmatisch. Die Braunschweigerin ist keine außerordentliche Köchin. Wir müssen selbst an den Heerd. Es ist theuer hier, ungeachtet der Leere. Wir haben meine alten Rechnungen verglichen, in vielen Stücken beträgt es das Doppelte, wie die Preise gestiegen sind. Seit einigen Tagen lasse ich für Schelling mit kochen, er läßt es holen, zuweilen kommt er selbst. Ich halte dieses für eine Christenpflicht seiner Gesundheit wegen; das Essen ist doch erbärmlich, was man so bekommt, und ein einzelner Mann hier überhaupt schlecht daran. Übrigens werd ich nichts einrichten, was Dich bey Deiner Ankunft geniren könnte oder wieder aufgehoben werden müßte. ‒ Ich habe die beruhigendsten Hofnungen, wenn wir nur erst alle wieder zum Stehen gekommen sind.<br>–<br>Über <span class="index-2627 tp-22656 ">Nicolai</span> sagte ich Dir wohl noch nichts. Deine cavaliere Vorrede macht einen artigen Contrast mit der gründlichen Behandlung und schweren Cavallerie inwendig. <span class="index-55 tp-22671 ">Fichte</span> ist denn doch immer tüchtig ernsthaft. Wie werden sie nun schreyen, Du wirst Dich kaum zeigen dürfen.<br>–<br>Wann und wo wird der Druck <span class="index-101 tp-22672 ">des Taschenbuchs</span> angefangen? Ich weiß nicht recht, was <span class="index-48 tp-22673 ">Tiek</span> diesen Winter gemacht hat. Daß Du nicht immer Deine Zeit anwendetest, wenn auch mit Waschen und Kämmen und <span class="weight-bold ">coqu</span>ettiren Stunden darauf gehn, darüber ist mir nicht bange. Nicht deswegen treibe ich Dich an zu kommen, nur weil ich Dich so gern wiedersehn möchte. Aber ich sehe ein, daß Du nicht eher kommen kannst ‒ bis es Zeit ist.<br>Ich bin nur froh hier das erste überstanden zu haben, und verlasse mich für das Zukünftige ruhig auf Deine Freundschaft und die stille Gewalt meines eignen guten Gemüths. Diese werden schon wieder etwas bilden, ein Hüttchen anbauen unter den Trümmern alter Herrlichkeit. O mein Freund, ich bauete oft und riß oft ein. Dieses sind nun die lezten Zweige, Zweige der weinenden Weide, die ich über meinen Haupt zusammen flechte, um unter ihren Schatten den Abend zu erwarten.<br><br>Vermehren liegt schmerzlich krank an <span class="index-3109 tp-22657 ">seinen Allmanach</span>. Wenn man doch das Volk zum Hacken und Graben bringen könnte. Er hat <span class="index-4117 tp-22658 ">Becker</span> eingeladen ihm was zu schicken und ihm zugleich ein ganz Convolut eigner Poesien zum billigen Tausch eingesendet, erzählt mir Gries, der sich gleichsam erkundigte, ob ihr Beyträge nähmet, was ich auf allen Fall verneinte und von einer geschloßnen Gesellschaft sprach. Man muß gewiß die Dilettanten in keinem Fache begünstigen. Daß jedermann kann Verse machen ‒ mich ausgenommen ‒ glaub ich mehr und mehr. Denk, <span class="index-2404 tp-22659 ">Carl Schelling</span> hat ein Buch von <span class="index-638 tp-22660 ">Ariost</span> in Stanzen übersetzt ‒ erst in Jamben, worüber ihn <span class="index-62 tp-22674 ">sein Bruder</span> ausgehunzt hat, und ihn auch über die Stanzen anfährt. Sonst ist es ein braver gescheuter Junge und etwas weniger dickschwäbisch.<br><span class="index-4306 tp-22666 ">Kochen</span> hat hier das Feld geräumt, aber man hört sonst von allerley Kropzeug.<br>Abends.<br>Schelling liebt <span class="index-4304 tp-22675 ">den Fortunat</span> auch. Er spricht davon, wie Du die Nordische Balladen Grundidee mit der bestraften Untreue so schön eingekleidet und mit purpurnen Rosen umkleidet hast, er findet besonders den Periodenbau ganz im besten Romanzenstyl und dies hat ihn überhaupt weit mehr getroffen wie <span class="index-4262 tp-22676 ">der wandernde Jude</span>.<br>Noch etwas von der Oekonomie. Es ist kein Tropfen Wein im Hause, Keller, Boden. Soll ich Ungarischen rothen von <span class="index-1783 tp-22661 ">Salzburg</span> verschreiben?<br><span class="index-46 tp-22662 ">Die Sander</span> stellt sich wie eine kleine Närrin in Leipzig an, sie will durchaus her und ihren Freund Goethe sehn, wie sie spricht, ihren Liebling. Sie wolte zu Loders und da drey Wochen logiren, das hat Hannchen durch manche Cabale abgelehnt, und <span class="index-2984 tp-23509 ">die Loder</span> war sehr froh darüber, das Persönchen hat es auch nicht verhehlt, daß sie blos Goethes wegen kommen wollte, sie denkt auch noch sich einzufinden.<br>Lebe wohl, wohl und laß Dich die Zeit nicht dauren, die Du bey diesem langen Brief zubringst. Ich begehre nur kurze.' $isaprint = true $isnewtranslation = false $statemsg = 'betamsg13' $cittitle = '' $description = 'Caroline von Schelling an August Wilhelm von Schlegel am 7. 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Gestern Abend hatte mir <span class="index-641 tp-22605 ">Gries</span> (der blos zu solchen Dingen taugt) <span class="index-3128 tp-22606 ">die Marie Stuart</span> gebracht, und da wir diese angefangen hatten zu lesen, wollt ich ihn in solcher schlechten Stimmung noch nicht mittheilen, und ihn mir auch erst allein vorlesen. Sage, mein Lieber, wo hast Du den nun wieder hergenommen? Er ist so fantastisch, so zart schauerlich und lieblich schreckenvoll, und erst drücken die Assonanzen die Ahndung hievon so gut aus, dann der Reim den entscheidenden Moment des nahenden Todes unter den Rosen. Ich bin ganz und gar davon eingenommen und mag mir eben deswegen nichts erschöpfen und nichts abschöpfen mit einer Analyse. Den Namen Fortunat hat Dir Fortuna selber eingegeben. Dichte nur, trachte so fort! Dies ist eines von denen Gedichten, wovon mir der Eindruck immer bleiben, immer wieder der erste seyn wird. Kann man im Thiergarten auf so zauberliche Gedanken kommen? Wenn mir es jemand angriffe, der hätte mit mir zu thun, aber Du, mein Schatz, hast eine schlechte Sache zu vertheidigen gehabt, wie Du gegen <span class="index-48 tp-22607 ">Tiek</span> über Maria Stuart strittest. Es ist wahrlich nicht besser wie <span class="index-1415 tp-22608 ">der Wallenstein</span> ‒ ja der gesammte schlechtere Wallenstein spricht einem daraus an. Die wenigen lyrischen Stellen sind hübsch ‒ o ja ‒ aber mit dem Ganzen schlecht verbunden. Das Interesse für Maria ist durchgehends zu sehr geschwächt, es sieht aus, als sollte das objektiv gemeint seyn, aber ist nichts ächtes damit, blos nachgemachte Patent-Objektivität. Denken kann ich mir wohl, daß es sich auf dem Theater ganz gut macht. Die Szene, wo Melvil sein priesterlich Haupt entblößt, ist eine der vorzüglichsten und eine sehr gute Schlußerscheinung der Maria. Der lezte Auftritt endet genau wie beym Wallenstein mit einem Epigramm ‒ <span class="weight-bold ">Fürst</span> Piccolomini! „Lord Lester schift nach England“. ‒ Das Politische darinn hat auch die Deutlichkeit einer Deduktion nicht los werden können, und ich versichre Dich, ich habe bey dieser ersten Lektüre, wo die Neugierde mit geschäftig war, nicht einiger Langeweile entgehn können. ‒ Wie fällt Mortimer mit seiner Catholizität wie mit der Thür ins Haus! Er müßte durchaus nicht psychologisch darthun, wie er katholisch geworden ist, sondern blos mit Eifer aussprechen: ich bins. Ja, mein Freund, mir ist es ganz klar, daß alles poetische Drum und Dran dieses Stückes in der Summe keine Poesie macht.<br>Was hofst Du nun vom <span class="index-89 tp-22610 ">Mädchen von Orleans</span>? Ich habe die taube Nuß, den Gries, wieder befragt, und da es angenehm ist über etwas, das man nur halb weiß, zu reden, als wüste man es ganz, so will ich Dir so viel davon sagen, es ist <span class="weight-bold ">doch</span> nichts als eine sentimentale <span class="index-5929 tp-47121 weight-bold ">Jeanne dʼArc</span>. Sie ist tugendhaft und verliebt, sie glaubt sich wirklich inspirirt (nun das wär gut) und es gehen auch Zaubereyen vor. Allein denke Dir den Gräuel, sie wird nicht verbrannt, sie stirbt an ihren Wunden auf dem Bette der Ehren. Eine alte Königin Isabeau, die gegen ihren Sohn Carl mit den Engländern kriegt (wie Gries berichtet), bekommt sie in ihre Gewalt; sie wird mit sechsfachen Ketten an einen Baum fest gebunden, indessen geht die Schlacht weiter fort und irgend jemand, der auf einen Hügel steht, erzählt der Isabeau, wie es geht und daß Carl in Gefahr ist. <span class="weight-bold ">Jeanne</span> geräth darüber in heiligen Wahnsinn und die Ketten fallen von ihr ab auf ihr Gebet, sie fliehet hinweg um den König zu retten, und dabei bekommt sie dann die Todeswunde. Stanzen sind darinn, allein sonstige Unregelmäßigkeiten will Gries nicht gehört haben. Auch nichts von <span class="index-1052 tp-22612 ">der Genoveva</span>, mehr von <span class="index-4 tp-22611 weight-bold ">Shakesp</span><span class="index-4 tp-22611 ">.</span> Er wird sich darinn wohl verhört haben. Ich muß übrigens sagen, daß das, was ihr in Maria <span class="index-48 tp-47122 ">Tiekisch</span> fandet, mir gar nicht so vorgekommen ist. Wie Maria ins Freye komt, so ist da eine Art von Cantate, die mich eher an <span class="index-70 tp-22613 index-4302 tp-22614 ">Rammlers</span><span class="index-4302 tp-22614 "> Ino</span> erinnert haben würde. ‒ <span class="index-88 tp-22615 ">Schiller</span> las das Stück den Schauspielern vor in der Absicht es gleich aufführen zu lassen, vielleicht komt es nun doch für jetzt nicht dazu wegen des zu starken Personale. Man studirt <span class="index-2515 tp-22616 ">Nathan</span> ein. ‒ Gries meint auch noch, <span class="index-4270 tp-22617 ">die </span><span class="index-4270 tp-22617 weight-bold ">Pucelle</span><span class="index-4270 tp-22617 "> von </span><span class="index-4270 tp-22617 index-1034 tp-22618 ">Voltaire</span> sey ihm oft störend eingefallen, die Schiller auch viel dabey studirt hat, doch läßt sich schwerlich entscheiden, ob sie Schiller oder Griesen Streiche gespielt hat. Bey dem <span class="weight-bold ">Shakesp</span>. könnte sie mir nie einfallen. Es ist hübsch, daß diese Übersetzung eben zugleich erscheint. Von Schiller komt <span class="index-6043 tp-40028 ">diese Messe</span> viel zum Vorschein, auch <span class="index-1401 tp-22619 ">der </span><span class="index-1401 tp-22619 weight-bold ">Macbeth</span>. Tröste Dich nun, daß <span class="index-198 tp-22620 ">Woltmann</span> mehr weiß als Du! Du weißt ja, daß Schiller bis auf diesen Augenblick das <span class="weight-bold ">Sujet</span> niemanden vertraut hatte. Dafür kennst Du nun <span class="index-4283 tp-22621 ">seinen </span><span class="index-4283 tp-22621 weight-bold ">Embryo, Don Juan</span><span class="index-4283 tp-22621 ">,</span> darfst aber blos in geheimnißvollen Winken darüber offenbar werden.<br>Hier sind noch zwey Zeilen, die den ersten Act schließen ungefähr:<br><br> ‒ ich will<br>Zu Hülfe eilen Frankreichs Heldensöhnen<br>Und <span class="index-4303 tp-22623 ">Rheims</span> befreyn und meinen König krönen.<br><br>Mir geben sie Licht genug. ‒ Ich wünschte <span class="index-4194 tp-22624 ">den Tancred</span> zu lesen; darin sollen die Jamben und hinzugefügten Schlußstellen ungemein schön seyn.<br><span class="index-137 tp-22625 ">Goethe</span> ist hier. <span class="index-62 tp-22626 ">Schelling</span> war gestern den ganzen Morgen bey ihm und fuhr mit ihm aus, kam auch ganz ermüdet von scherz und ernsthaften Reden bey uns an. Er hatte sich eben auf das angelegentlichste nach Dir und Deinem Thun und Treiben erkundigt und wann Du kämest, als ich das Packet hinschickte. S. erzählte ihm Deine Händel mit <span class="index-67 tp-22627 ">Unger</span>, er las Deinen Brief und sagte: nun, er scheint doch recht vergnügt und wohl zu seyn und es freut mich ihn bald zu sehn. Er wird nicht lange bleiben. <span class="index-2627 tp-22664 ">Den </span><span class="index-2627 tp-22664 index-47 tp-22628 ">Nicolai</span> hatte er noch nicht gelesen, er war gleich in Schillers Hände gekommen. Ein vollständig Exemplar habe ich nicht für ihn erhalten und Schelling muß ihm das seinige mittheilen. ‒ <span class="index-2889 tp-22629 ">Der Herzog</span> ist in dieser Woche unvermuthet zu <span class="index-2983 tp-47123 ">Loder</span> gekommen und hat bey ihm gegessen, worüber L. über und über stralend geworden, und mir auch gestern früh eine Stundenlange Aufwartung gemacht hat. <span class="index-2984 tp-22630 ">Die Lodern</span> war schon zweymal bey mir; Hannchen kam von <span class="index-22 tp-22631 ">Leipzig</span> zurück, wo sie bey <span class="index-1958 tp-47125 index-3350 tp-47126 ">Tischbeins</span> logirte, und brachte mir viele Grüße nebst einigen Klagen von Caroline, daß Du ihr nicht geantwortet, was ich sogleich thun werde. Carolinens Stimme soll ins bewunderswürdige gehn, Betsy darf jezt wenig singen, sie hat Brustschmerzen und eine solche Reizbarkeit, daß sie Stundenlang über das mindeste, was sie anregt, weint und zittert. Sie ist Mignon, ach ich fürchte, sie wird nicht leben, diese zarten Saiten haben so früh getönt.<br>–––––<br>Was die Aufträge in Deinem Brief betrift, so habe ich sie nieder geschrieben und <span class="index-8 tp-22632 ">Friedrich</span> geschickt noch gestern Abend, weil er, so viel ich weiß, heute nach Leipzig gereist ist, um <span class="index-180 tp-23505 ">die Veit</span> abzuholen.<br>Mit dem Druckfehler im <span class="index-4305 tp-22665 ">B.</span> ist es freylich zu spät, ich habe schon ein Exemplar im Hause gehabt, das Friedrich für Schelling geschickt hatte, der Dir danken läßt. ‒ Fr. ließ mir sagen, er wolle alles besorgen. Ich hatte zugleich Deines Wunsches erwähnt Deine Bücher im Hause vorzufinden, denn allerdings sehn die beyden Bücherbrette sehr degarnirt aus, obschon ich nicht anzugeben weiß, was fehlt, nur einiges, was ich suchte, ZB. <span class="index-381 tp-22634 ">Müllers Geschichte der Schweiz</span>, war nicht da. Die ließ ich mir holen, weil wir etwas nachsehn wolten wegen <span class="index-248 tp-23506 ">Wilh. Tell</span>. ‒ <span class="index-4304 tp-23507 ">Deinen Fortunat</span> kann ich nun Friedrich nicht eher mittheilen, bis er sich wieder bey mir meldet, doch muß ich das Sonnet auf das Bild holen lassen, wenn ich es demnächst <span class="index-56 tp-47127 ">Tiek</span> schicke. Dieser ist in Leipzig gewesen, ob ihn Friedrich noch findet, weiß ich nicht. Es ist recht betrübt, daß ich ihn nicht sehe.<br>Das einzige Wort, Du wollest in dem persönlichen Verhältniß zwischen Friedrich und mir nicht gegen mich Parthey nehmen, hat mich ganz ruhig gemacht. Weiter begehre ich nichts, obwohl mein Herz einigermaßen voll Unwillens gewesen ist. ‒ Ich sehe noch nicht klar, und begreife nicht, wie es die Veit wirklich hat wagen können, so wenig Rücksicht auf Dich sowohl als mich zu nehmen, so daß ich immer noch zu denken geneigt bin, meine Augen und Ohren betrügen mich. ‒ Deine Bemerkung über die Realität des reellen Schadens ist zwar richtig und ich bemühte mich gleich sie nicht aus der Acht zu lassen, aber ich habe dafür diesen schon fast zu sehr aus der Acht gelassen. Alles, was ich erst wieder herbeyschaffen muste, ist mir schon, als hätte es nicht gefehlt. An <span class="weight-bold ">Meublen</span> wird nun außer einem Tisch alles da seyn. Mit dem Ersaz fordern weißt Du, wie es ist. Kann ich behaupten, ihr habt mir so und so viel Dutzend Teller zerbrochen, da <span class="index-180 tp-22635 ">Mad. Veit</span> nichts förmlich übergeben worden ist? Freylich sind jetzt nur 2 Dutzend da, statt 10 Dutzend, mit denen ich anfing, und wir haben denn doch bis zulezt noch große Gesellschaft mit dem <span class="weight-bold ">Porcelan</span> bewirthen können. So sagt auch Rose, es wären noch viel Gläser dagewesen, nur zwey zerstoßne, item die Tassen und die blauen Glascompotieren zerbrochen! Meine Klage über den Verlust anderes Hausgeräthes als Körbe etc. beantwortete mir Friedrich mit einer <span class="weight-bold ">Denunciation</span> von <span class="weight-bold ">Lenens</span> Untreue, aber wie <span class="weight-bold ">Rose</span> wegging, waren diese Sachen da. ‒ Auf keine Weise möcht ich in eine Erörterung mit der Veit mich einlassen. Das müste eine gemeine Geschichte werden, also bis wir, Du und ich, uns sprechen können, laß alles gehn, wie es geht. ‒ <span class="index-4261 tp-22636 ">Rose</span> sagt, die Veit habe immer das Essen durchaus auf den porcelan Tellern gewärmt haben wollen, und da wären sie gesprungen. ‒ Alles dieses sind aber, höchstens in die Augen fallende, Kleinigkeiten gegen ganz andre Beschwerden.<br>Ich versichre Dir, Schelling ging mit der Idee von <span class="index-236 tp-22637 ">Bamberg</span> weg Friedrich zu sehen, nur war das erste, was ihm hier entgegen kam, jener feindseliges Verfahren gegen mich. Ich überzeuge mich auch vollkommen jetzt, daß es keine Grille damit war, und einmal angenommen, daß mein Zutrauen gegen die Veit zu weit ging, kann ich es auch erklären. Sie strebt mit einem starken Misgefühl ihrer Nationalität nach einer bürgerlichen, wenigstens geselligen Existenz und auf den Ruin, den ich über mich gebracht hatte, dachte sie sich zu gründen. So hat sie mich durch Wahrheit und Verläumdung Preis gegeben gegen <span class="index-243 tp-22638 ">die Paulus</span> zuerst, bey der das den besten Boden fand, den <span class="weight-bold ">neidischen</span>. Weiterhin ist das Mittheilungssystem immer stärker eingerißen, wie es darauf ankam, theils von Friedrichs Seite den Zirkel der <span class="weight-bold ">Freunde</span> im Guten zu vergrößern, theils sich Parthie zu machen, und schlechtes Volk in solcher Absicht nicht zu verschmähn. Würden wir wohl je <span class="index-4405 tp-23508 ">Winkelmann</span>, <span class="index-196 tp-22640 ">Vermehren</span> und dergl. Leute so täglich in unsrer Nähe geduldet haben, und <span class="index-186 tp-22641 ">Paulus</span> als Freund besitzen wollen, der doch den allerverächtlichsten Charakter von der Welt nicht verleugnen kann, oder <span class="index-31 tp-22642 ">Fromman</span> als Protektor? Läßt sich Gemeinheit gänzlich verbannen unter derley Umgebungen? Und in einer höhern Hinsicht ‒ Sollte man die zudringlichen Dilettanten und miserablen Wesen zulassen in der Hoffnung einen wahrhaft geweiheten Kreis zu erweitern? Ich weis, was Friedrich verführt hat: der ihm fremde Genuß einer gewissen Art von Popularität. Er lebte mit seinen fast leidenschaftlichen Hange zur Geselligkeit immer isolirt. Und dann ‒ ich darf es sagen, weil es eine Zeit gab, wo ich in sein innerstes Herz geschaut habe ‒ er ist nicht ohne Rachsucht; er glaubte sich an Schelling rächen zu müssen, der doch in der That blos auf <span class="weight-bold ">sein</span> Verfahren von ihm abfiel ‒ und alles dieß trübe Wesen hat ihm seine Erinnerung meiner und seiner verdunkelt, ihn verstockt. ‒ Ich warte nur darauf, ob er sich denn gegen Dich auch gar nicht erklärt, um den Brief zurückzufordern. Freylich wäre es mir lieber, wenn Du es thätest blos als Auftrag von mir, und versiegelt. Lesen kannst Du ihn <span class="weight-bold ">dann,</span> wenn er ihn unbeantwortet giebt; er ist keinesweges geschrieben, um vor Deine Augen zu kommen, allein ich kann doch für mich nichts dagegen haben.<br>Er schickt eben noch einen Zettel, er werde alles besorgen, nebst dem lezten Tisch, und ist diesen Morgen abgereißt ohne mich etwa wegen irgend eines Geschäftes nach Leipzig zu befragen oder um etwas für Tischbeins. Daß Mad. Veit nicht zu mir kommt, ist meinen Wünschen gemäß, obgleich Deiner Erwartung schwerlich. Du solst sehn, sie wird es nicht thun, wie doch nun ohne Frage in der Ordnung wäre. Sie hat sich hier schon lange berühmt, sie wolle mich nicht sehn. Diese Person, die keinen Menschen hier gesehn haben würde ohne mich, und der ich alle Bedenklichkeiten aufopferte. Ich rede gegen niemand ein Wort, aber daß diese Spannung sich andrerseits in Worten geäußert, <span class="weight-bold ">seh</span> ich ganz deutlich ‒ denn sag, woher sollte Winkelmann sie wißen, der schon in <span class="index-60 tp-22643 ">Braunschweig</span> gegen <span class="index-1929 tp-22644 ">Luisen</span> darauf anspielte, woher <span class="index-637 tp-22645 ">die Fromman</span>, indem sie gar nicht voraussezte, daß ich Friedrich gesehn usw. Ich sage Dirs nur zum Beweis, daß diese Dinge keine <span class="weight-bold ">Chimär</span>en sind. Sie sind wirklich mit sich selbst nicht viel diskreter umgegangen, indem ihre Geldnoth oder häusliche Angelegenheiten immer der ganzen Societät bis zu den Studenten herunter bekannt waren. Ja Friedrich hat von <span class="index-178 tp-22646 ">Brentano</span> Geld begehrt, der ihm keines geben konnte. Die Quelle, aus der ich dieses weiß, will ich Dir mündlich sagen, und von diesem Augenblick überhaupt nichts mehr schriftlich hierüber als die nothwendigsten Thatsachen, wie sie sich fernerhin ereignen, denn es muß und kann Dir nicht anders wie höchst fatal seyn, und Du must es nur der Nothwendigkeit für mich, Dich zu unterrichten, zu gut halten, daß ich mich einließ.<br>–––––<br>Freytag früh [8. Mai].<br>Wilhelm, Du bist ein Schalk, ein Schelm und der leibhaftige Schlegel. Wir haben uns ganz königlich über Dich ergötzt und ich gestehe, ich möchte Dich jetzt mündlich necken können, ich weiß mich vor Neckelust kaum zu lassen. Schelling sagt gestern: was mag Schlegel bey Goethe für ein Briefchen eingelegt haben mit einem sehr zierlichen Rand und Aufschrift ‒ es muste von einer Frau kommen usw. In dem Augenblick fällt mir ein, das ist von Unzelinchen und Unzelinchen will nach Weimar kommen. <span class="index-766 tp-22647 ">Schlegel</span> hat mir einmal flüchtig geschrieben, sie hofte mich zu sehn, ja es paßt alles zusammen, er bleibt so lange in <span class="index-15 tp-22648 ">Berlin</span>, bis er sie her begleiten kann, will mich mit <span class="index-74 tp-22667 ">der kleinen Fee</span> überraschen, hat mir sogar anbefohlen, ich soll das Haus schön machen ‒ o Du listiger, und nun bin ich noch viel viel listiger und komme hinter alles. <span class="index-74 tp-22668 ">Unzelinchen</span> hat sich in aller Stille mit Hülfe ihres Geheimenrathes an den Geheimenrath gewandt, bey dem war aber sein Geheimerrath und der hat es der Frau Räthin glücklich vertraut, und wir haben den schönsten Spaß von der Welt. Schreib nur gleich, wie es ist, es wäre ein Jammer, wenn ich mich betröge, wir haben schon die besten Plane gemacht, daß eine ganz gräuliche Verwirrung entstehn soll, besonders sehr viel Eifersucht, Luise will nehmlich eifersüchtig auf Dich seyn, und darin hat sie was gethan, wie Du weist. Schelling will Unzelinchen anbeten, es soll kein Mensch wissen, wo ihm der Kopf steht. Sie dachten ihn uns zu verdrehen, aber, mein Herr, <span class="index-74 tp-22650 index-4238 tp-22649 ">die Feenschaft</span> sitzt nicht in jenen blauen Augen allein.<br>Ich wollte Dir schon schreiben, mit dem schönmachen im Hause, das würde sich eben nicht sehr thun lassen. Wir sind bis daher froh es gereinigt zu haben in den Winkeln, und mein guter Geist, der ganz daraus gewichen war, soll wohl bald wieder herein kommen, jedoch ohne Schmuck vors erste. Du kanst besonders denken, daß die Wände etwas schäbicht aussehn, woran niemand schuld hat als die Zeit, und eben diese kann ich für mich so allein nicht unternehmen zu erneuern. Wir müssen uns darüber auf alle Weise ein wenig berathschlagen, wozu ich Deine Ankunft erwartete. Blos übermahlen mit dem nehmlichen Grün mag ich meine Stube nicht lassen. Behalte ich sie und wir wollen etwas daran wenden, so muß sie hübscher werden. Besonders arg sehn indessen das Zimmer in der Ecke und das Deinige aus und ich will wirklich darüber mit dem Mahler sprechen, ist das Objekt nicht groß, so will ich die noch geschwind übermahlen lassen. ‒ Das thut mir weh, daß ich noch kein Fleckchen habe, wo ich <span class="index-30 tp-47128 ">Augustens</span> Bild verwahren möchte; das große Zimmer ist so offenbar, aus dem in der Ecke kann ich die Kupferstiche der Wand wegen nicht nehmen; und wo dieses Bild ist, soll kein anders seyn. Melde mir mit ein paar Worten, wie weit ich mit meinen Anstalten gehn darf. Die Hauptsache für meinen Schlegel ist doch, daß er wieder mit seinen Finanzen in Ordnung kommt, und deswegen habe ich auch nichts als das allernöthigste kleine Geräth wieder gekauft. Indessen in der Idee, daß es sich mit <span class="index-74 tp-22651 ">Unzeline</span> so verhält und ihre Gegenwart uns eine Gesellschaft zu geben nöthig machen könnte, will ich doch wirklich noch heut nach Braunschweig schreiben und das <span class="weight-bold ">Porcelan</span> einigermaßen ergänzen lassen. Es braucht nicht gleich bezahlt zu werden. Wenn Du im Stande dazu wärest, so könntest Du mir Tassen aus Berlin mitbringen ‒ wenn es nur 6 sind, nach jetziger Sitte alle verschieden. Ich hatte 12 schlichte weiße, wovon blos die zwar noch zu brauchen sind, die ich mit mir genommen hatte, ich hatte noch andre, es ist alles zum Teufel, mit Respekt zu melden, auch mein Dintefaß von <span class="weight-bold ">Porcelan</span>, das haben sie ihm vermuthlich hinter drein an den Kopf geworfen. ‒ Die Überzüge über Sopha und Stühle sind durchgängig zerlumpt, das hat auch die Zeit gethan, denn selbiges Zeug hab ich schon in meiner allerersten Wirthschaft gehabt. Man wird mir aus <span class="index-2755 tp-22652 ">Harburg</span> Kattun in Stücken schicken, den ich durch einen gewissen Kanal viel wohlfeiler bekomme und der ganz modern ist.<br><span class="index-4233 tp-22653 ">Die Mutter</span> befindet sich besser, aber sie schlägt die Hände über den Kopf zusammen wegen <span class="index-1928 tp-47129 ">meines Bruders</span> heilloser Erziehung <span class="index-4307 tp-47131 index-2493 tp-47130 ">seiner Jungen</span>, die p. und k. können, wo es ihnen beliebt.<br><span class="index-3118 tp-22669 ">Emma</span> würde <span class="weight-bold ">charmant</span> seyn, wenn <span class="index-1929 tp-22670 ">ihre Mutter</span> <span class="weight-bold ">charmanter</span> wäre. Ich muß sie dann und wann auf Deine Stube führen und auf den Rei[t]sessel setzen, wobey sie Dich immer nennt und gewiß vor Augen hat. Schelling hat übrigens beyden doch das Herz abgewonnen und Luise hat sich ihm gestern Abend, da er Gespenstergeschichten erzählte, <span class="weight-bold ">tout à fait</span> in die Arme vor Furcht und der Zärtlichkeit, die aus Furcht entstehn soll, geworfen. Es wäre gar nicht übel, wenn Du Dir ihre <span class="weight-bold ">Aprivoisation</span> angelegen seyn ließest; Wiedemann würde es gut bekommen.<br><span class="index-4261 tp-23504 ">Der Rose</span> will ich ein besonders Capitel hiermit widmen. Ich weiß von keinem Liebhaber, weder verschmäheten noch unverschmäheten. Wenn sie nicht mehr davon weiß, so steht es gut mit ihr. Ich bin ihr gut, sie ist mir sehr ergeben und auch aktiv, nur nicht recht aufmerksam. Ich sehe sie an wie zu uns gehörig. Sie fragt wohl eben nicht nach Dir, aber ich denke, das geschieht nicht etwa, weil sie gar nichts nach Dir früge, sie ist nur eben pflegmatisch. Die Braunschweigerin ist keine außerordentliche Köchin. Wir müssen selbst an den Heerd. Es ist theuer hier, ungeachtet der Leere. Wir haben meine alten Rechnungen verglichen, in vielen Stücken beträgt es das Doppelte, wie die Preise gestiegen sind. Seit einigen Tagen lasse ich für Schelling mit kochen, er läßt es holen, zuweilen kommt er selbst. Ich halte dieses für eine Christenpflicht seiner Gesundheit wegen; das Essen ist doch erbärmlich, was man so bekommt, und ein einzelner Mann hier überhaupt schlecht daran. Übrigens werd ich nichts einrichten, was Dich bey Deiner Ankunft geniren könnte oder wieder aufgehoben werden müßte. ‒ Ich habe die beruhigendsten Hofnungen, wenn wir nur erst alle wieder zum Stehen gekommen sind.<br>–<br>Über <span class="index-2627 tp-22656 ">Nicolai</span> sagte ich Dir wohl noch nichts. Deine cavaliere Vorrede macht einen artigen Contrast mit der gründlichen Behandlung und schweren Cavallerie inwendig. <span class="index-55 tp-22671 ">Fichte</span> ist denn doch immer tüchtig ernsthaft. Wie werden sie nun schreyen, Du wirst Dich kaum zeigen dürfen.<br>–<br>Wann und wo wird der Druck <span class="index-101 tp-22672 ">des Taschenbuchs</span> angefangen? Ich weiß nicht recht, was <span class="index-48 tp-22673 ">Tiek</span> diesen Winter gemacht hat. Daß Du nicht immer Deine Zeit anwendetest, wenn auch mit Waschen und Kämmen und <span class="weight-bold ">coqu</span>ettiren Stunden darauf gehn, darüber ist mir nicht bange. Nicht deswegen treibe ich Dich an zu kommen, nur weil ich Dich so gern wiedersehn möchte. Aber ich sehe ein, daß Du nicht eher kommen kannst ‒ bis es Zeit ist.<br>Ich bin nur froh hier das erste überstanden zu haben, und verlasse mich für das Zukünftige ruhig auf Deine Freundschaft und die stille Gewalt meines eignen guten Gemüths. Diese werden schon wieder etwas bilden, ein Hüttchen anbauen unter den Trümmern alter Herrlichkeit. O mein Freund, ich bauete oft und riß oft ein. Dieses sind nun die lezten Zweige, Zweige der weinenden Weide, die ich über meinen Haupt zusammen flechte, um unter ihren Schatten den Abend zu erwarten.<br><br>Vermehren liegt schmerzlich krank an <span class="index-3109 tp-22657 ">seinen Allmanach</span>. Wenn man doch das Volk zum Hacken und Graben bringen könnte. Er hat <span class="index-4117 tp-22658 ">Becker</span> eingeladen ihm was zu schicken und ihm zugleich ein ganz Convolut eigner Poesien zum billigen Tausch eingesendet, erzählt mir Gries, der sich gleichsam erkundigte, ob ihr Beyträge nähmet, was ich auf allen Fall verneinte und von einer geschloßnen Gesellschaft sprach. Man muß gewiß die Dilettanten in keinem Fache begünstigen. Daß jedermann kann Verse machen ‒ mich ausgenommen ‒ glaub ich mehr und mehr. Denk, <span class="index-2404 tp-22659 ">Carl Schelling</span> hat ein Buch von <span class="index-638 tp-22660 ">Ariost</span> in Stanzen übersetzt ‒ erst in Jamben, worüber ihn <span class="index-62 tp-22674 ">sein Bruder</span> ausgehunzt hat, und ihn auch über die Stanzen anfährt. Sonst ist es ein braver gescheuter Junge und etwas weniger dickschwäbisch.<br><span class="index-4306 tp-22666 ">Kochen</span> hat hier das Feld geräumt, aber man hört sonst von allerley Kropzeug.<br>Abends.<br>Schelling liebt <span class="index-4304 tp-22675 ">den Fortunat</span> auch. Er spricht davon, wie Du die Nordische Balladen Grundidee mit der bestraften Untreue so schön eingekleidet und mit purpurnen Rosen umkleidet hast, er findet besonders den Periodenbau ganz im besten Romanzenstyl und dies hat ihn überhaupt weit mehr getroffen wie <span class="index-4262 tp-22676 ">der wandernde Jude</span>.<br>Noch etwas von der Oekonomie. Es ist kein Tropfen Wein im Hause, Keller, Boden. Soll ich Ungarischen rothen von <span class="index-1783 tp-22661 ">Salzburg</span> verschreiben?<br><span class="index-46 tp-22662 ">Die Sander</span> stellt sich wie eine kleine Närrin in Leipzig an, sie will durchaus her und ihren Freund Goethe sehn, wie sie spricht, ihren Liebling. Sie wolte zu Loders und da drey Wochen logiren, das hat Hannchen durch manche Cabale abgelehnt, und <span class="index-2984 tp-23509 ">die Loder</span> war sehr froh darüber, das Persönchen hat es auch nicht verhehlt, daß sie blos Goethes wegen kommen wollte, sie denkt auch noch sich einzufinden.<br>Lebe wohl, wohl und laß Dich die Zeit nicht dauren, die Du bey diesem langen Brief zubringst. Ich begehre nur kurze.', '36_xml' => '<p><placeName key="12">Jena</placeName> d. 7ten [‒8.] May [1801].<lb/>Diesen Morgen, mein lieber Schlegel, kann ich Dir nur blos von <hi rend="weight:bold">mir</hi> sagen, daß mich <name key="4304" type="work">Dein unglücklicher Fortunat</name> entzückt hat. Gestern Abend hatte mir <persName key="641">Gries</persName> (der blos zu solchen Dingen taugt) <name key="3128" type="work">die Marie Stuart</name> gebracht, und da wir diese angefangen hatten zu lesen, wollt ich ihn in solcher schlechten Stimmung noch nicht mittheilen, und ihn mir auch erst allein vorlesen. Sage, mein Lieber, wo hast Du den nun wieder hergenommen? Er ist so fantastisch, so zart schauerlich und lieblich schreckenvoll, und erst drücken die Assonanzen die Ahndung hievon so gut aus, dann der Reim den entscheidenden Moment des nahenden Todes unter den Rosen. Ich bin ganz und gar davon eingenommen und mag mir eben deswegen nichts erschöpfen und nichts abschöpfen mit einer Analyse. Den Namen Fortunat hat Dir Fortuna selber eingegeben. Dichte nur, trachte so fort! Dies ist eines von denen Gedichten, wovon mir der Eindruck immer bleiben, immer wieder der erste seyn wird. Kann man im Thiergarten auf so zauberliche Gedanken kommen? Wenn mir es jemand angriffe, der hätte mit mir zu thun, aber Du, mein Schatz, hast eine schlechte Sache zu vertheidigen gehabt, wie Du gegen <persName key="48">Tiek</persName> über Maria Stuart strittest. Es ist wahrlich nicht besser wie <name key="1415" type="work">der Wallenstein</name> ‒ ja der gesammte schlechtere Wallenstein spricht einem daraus an. Die wenigen lyrischen Stellen sind hübsch ‒ o ja ‒ aber mit dem Ganzen schlecht verbunden. Das Interesse für Maria ist durchgehends zu sehr geschwächt, es sieht aus, als sollte das objektiv gemeint seyn, aber ist nichts ächtes damit, blos nachgemachte Patent-Objektivität. Denken kann ich mir wohl, daß es sich auf dem Theater ganz gut macht. Die Szene, wo Melvil sein priesterlich Haupt entblößt, ist eine der vorzüglichsten und eine sehr gute Schlußerscheinung der Maria. Der lezte Auftritt endet genau wie beym Wallenstein mit einem Epigramm ‒ <hi rend="weight:bold">Fürst</hi> Piccolomini! „Lord Lester schift nach England“. ‒ Das Politische darinn hat auch die Deutlichkeit einer Deduktion nicht los werden können, und ich versichre Dich, ich habe bey dieser ersten Lektüre, wo die Neugierde mit geschäftig war, nicht einiger Langeweile entgehn können. ‒ Wie fällt Mortimer mit seiner Catholizität wie mit der Thür ins Haus! Er müßte durchaus nicht psychologisch darthun, wie er katholisch geworden ist, sondern blos mit Eifer aussprechen: ich bins. Ja, mein Freund, mir ist es ganz klar, daß alles poetische Drum und Dran dieses Stückes in der Summe keine Poesie macht.<lb/>Was hofst Du nun vom <name key="89" type="work">Mädchen von Orleans</name>? Ich habe die taube Nuß, den Gries, wieder befragt, und da es angenehm ist über etwas, das man nur halb weiß, zu reden, als wüste man es ganz, so will ich Dir so viel davon sagen, es ist <hi rend="weight:bold">doch</hi> nichts als eine sentimentale <persName key="5929"><hi rend="weight:bold">Jeanne dʼArc</hi></persName>. Sie ist tugendhaft und verliebt, sie glaubt sich wirklich inspirirt (nun das wär gut) und es gehen auch Zaubereyen vor. Allein denke Dir den Gräuel, sie wird nicht verbrannt, sie stirbt an ihren Wunden auf dem Bette der Ehren. Eine alte Königin Isabeau, die gegen ihren Sohn Carl mit den Engländern kriegt (wie Gries berichtet), bekommt sie in ihre Gewalt; sie wird mit sechsfachen Ketten an einen Baum fest gebunden, indessen geht die Schlacht weiter fort und irgend jemand, der auf einen Hügel steht, erzählt der Isabeau, wie es geht und daß Carl in Gefahr ist. <hi rend="weight:bold">Jeanne</hi> geräth darüber in heiligen Wahnsinn und die Ketten fallen von ihr ab auf ihr Gebet, sie fliehet hinweg um den König zu retten, und dabei bekommt sie dann die Todeswunde. Stanzen sind darinn, allein sonstige Unregelmäßigkeiten will Gries nicht gehört haben. Auch nichts von <name key="1052" type="work">der Genoveva</name>, mehr von <persName key="4"><hi rend="weight:bold">Shakesp</hi>.</persName> Er wird sich darinn wohl verhört haben. Ich muß übrigens sagen, daß das, was ihr in Maria <persName key="48">Tiekisch</persName> fandet, mir gar nicht so vorgekommen ist. Wie Maria ins Freye komt, so ist da eine Art von Cantate, die mich eher an <name key="4302" type="work"><persName key="70">Rammlers</persName> Ino</name> erinnert haben würde. ‒ <persName key="88">Schiller</persName> las das Stück den Schauspielern vor in der Absicht es gleich aufführen zu lassen, vielleicht komt es nun doch für jetzt nicht dazu wegen des zu starken Personale. Man studirt <name key="2515" type="work">Nathan</name> ein. ‒ Gries meint auch noch, <name key="4270" type="work">die <hi rend="weight:bold">Pucelle</hi> von <persName key="1034">Voltaire</persName></name> sey ihm oft störend eingefallen, die Schiller auch viel dabey studirt hat, doch läßt sich schwerlich entscheiden, ob sie Schiller oder Griesen Streiche gespielt hat. Bey dem <hi rend="weight:bold">Shakesp</hi>. könnte sie mir nie einfallen. Es ist hübsch, daß diese Übersetzung eben zugleich erscheint. Von Schiller komt <orgName key="6043">diese Messe</orgName> viel zum Vorschein, auch <name key="1401" type="work">der <hi rend="weight:bold">Macbeth</hi></name>. Tröste Dich nun, daß <persName key="198">Woltmann</persName> mehr weiß als Du! Du weißt ja, daß Schiller bis auf diesen Augenblick das <hi rend="weight:bold">Sujet</hi> niemanden vertraut hatte. Dafür kennst Du nun <name key="4283" type="work">seinen <hi rend="weight:bold">Embryo, Don Juan</hi>,</name> darfst aber blos in geheimnißvollen Winken darüber offenbar werden.<lb/>Hier sind noch zwey Zeilen, die den ersten Act schließen ungefähr:<lb/><lb/> ‒ ich will<lb/>Zu Hülfe eilen Frankreichs Heldensöhnen<lb/>Und <placeName key="4303">Rheims</placeName> befreyn und meinen König krönen.<lb/><lb/>Mir geben sie Licht genug. ‒ Ich wünschte <name key="4194" type="work">den Tancred</name> zu lesen; darin sollen die Jamben und hinzugefügten Schlußstellen ungemein schön seyn.<lb/><persName key="137">Goethe</persName> ist hier. <persName key="62">Schelling</persName> war gestern den ganzen Morgen bey ihm und fuhr mit ihm aus, kam auch ganz ermüdet von scherz und ernsthaften Reden bey uns an. Er hatte sich eben auf das angelegentlichste nach Dir und Deinem Thun und Treiben erkundigt und wann Du kämest, als ich das Packet hinschickte. S. erzählte ihm Deine Händel mit <persName key="67">Unger</persName>, er las Deinen Brief und sagte: nun, er scheint doch recht vergnügt und wohl zu seyn und es freut mich ihn bald zu sehn. Er wird nicht lange bleiben. <name key="2627" type="work">Den <persName key="47">Nicolai</persName></name> hatte er noch nicht gelesen, er war gleich in Schillers Hände gekommen. Ein vollständig Exemplar habe ich nicht für ihn erhalten und Schelling muß ihm das seinige mittheilen. ‒ <persName key="2889">Der Herzog</persName> ist in dieser Woche unvermuthet zu <persName key="2983">Loder</persName> gekommen und hat bey ihm gegessen, worüber L. über und über stralend geworden, und mir auch gestern früh eine Stundenlange Aufwartung gemacht hat. <persName key="2984">Die Lodern</persName> war schon zweymal bey mir; Hannchen kam von <placeName key="22">Leipzig</placeName> zurück, wo sie bey <persName key="1958"><persName key="3350">Tischbeins</persName></persName> logirte, und brachte mir viele Grüße nebst einigen Klagen von Caroline, daß Du ihr nicht geantwortet, was ich sogleich thun werde. Carolinens Stimme soll ins bewunderswürdige gehn, Betsy darf jezt wenig singen, sie hat Brustschmerzen und eine solche Reizbarkeit, daß sie Stundenlang über das mindeste, was sie anregt, weint und zittert. Sie ist Mignon, ach ich fürchte, sie wird nicht leben, diese zarten Saiten haben so früh getönt.<lb/>–––––<lb/>Was die Aufträge in Deinem Brief betrift, so habe ich sie nieder geschrieben und <persName key="8">Friedrich</persName> geschickt noch gestern Abend, weil er, so viel ich weiß, heute nach Leipzig gereist ist, um <persName key="180">die Veit</persName> abzuholen.<lb/>Mit dem Druckfehler im <name key="4305" type="work">B.</name> ist es freylich zu spät, ich habe schon ein Exemplar im Hause gehabt, das Friedrich für Schelling geschickt hatte, der Dir danken läßt. ‒ Fr. ließ mir sagen, er wolle alles besorgen. Ich hatte zugleich Deines Wunsches erwähnt Deine Bücher im Hause vorzufinden, denn allerdings sehn die beyden Bücherbrette sehr degarnirt aus, obschon ich nicht anzugeben weiß, was fehlt, nur einiges, was ich suchte, ZB. <name key="381" type="work">Müllers Geschichte der Schweiz</name>, war nicht da. Die ließ ich mir holen, weil wir etwas nachsehn wolten wegen <name key="248" type="work">Wilh. Tell</name>. ‒ <name key="4304" type="work">Deinen Fortunat</name> kann ich nun Friedrich nicht eher mittheilen, bis er sich wieder bey mir meldet, doch muß ich das Sonnet auf das Bild holen lassen, wenn ich es demnächst <persName key="56">Tiek</persName> schicke. Dieser ist in Leipzig gewesen, ob ihn Friedrich noch findet, weiß ich nicht. Es ist recht betrübt, daß ich ihn nicht sehe.<lb/>Das einzige Wort, Du wollest in dem persönlichen Verhältniß zwischen Friedrich und mir nicht gegen mich Parthey nehmen, hat mich ganz ruhig gemacht. Weiter begehre ich nichts, obwohl mein Herz einigermaßen voll Unwillens gewesen ist. ‒ Ich sehe noch nicht klar, und begreife nicht, wie es die Veit wirklich hat wagen können, so wenig Rücksicht auf Dich sowohl als mich zu nehmen, so daß ich immer noch zu denken geneigt bin, meine Augen und Ohren betrügen mich. ‒ Deine Bemerkung über die Realität des reellen Schadens ist zwar richtig und ich bemühte mich gleich sie nicht aus der Acht zu lassen, aber ich habe dafür diesen schon fast zu sehr aus der Acht gelassen. Alles, was ich erst wieder herbeyschaffen muste, ist mir schon, als hätte es nicht gefehlt. An <hi rend="weight:bold">Meublen</hi> wird nun außer einem Tisch alles da seyn. Mit dem Ersaz fordern weißt Du, wie es ist. Kann ich behaupten, ihr habt mir so und so viel Dutzend Teller zerbrochen, da <persName key="180">Mad. Veit</persName> nichts förmlich übergeben worden ist? Freylich sind jetzt nur 2 Dutzend da, statt 10 Dutzend, mit denen ich anfing, und wir haben denn doch bis zulezt noch große Gesellschaft mit dem <hi rend="weight:bold">Porcelan</hi> bewirthen können. So sagt auch Rose, es wären noch viel Gläser dagewesen, nur zwey zerstoßne, item die Tassen und die blauen Glascompotieren zerbrochen! Meine Klage über den Verlust anderes Hausgeräthes als Körbe etc. beantwortete mir Friedrich mit einer <hi rend="weight:bold">Denunciation</hi> von <hi rend="weight:bold">Lenens</hi> Untreue, aber wie <hi rend="weight:bold">Rose</hi> wegging, waren diese Sachen da. ‒ Auf keine Weise möcht ich in eine Erörterung mit der Veit mich einlassen. Das müste eine gemeine Geschichte werden, also bis wir, Du und ich, uns sprechen können, laß alles gehn, wie es geht. ‒ <persName key="4261">Rose</persName> sagt, die Veit habe immer das Essen durchaus auf den porcelan Tellern gewärmt haben wollen, und da wären sie gesprungen. ‒ Alles dieses sind aber, höchstens in die Augen fallende, Kleinigkeiten gegen ganz andre Beschwerden.<lb/>Ich versichre Dir, Schelling ging mit der Idee von <placeName key="236">Bamberg</placeName> weg Friedrich zu sehen, nur war das erste, was ihm hier entgegen kam, jener feindseliges Verfahren gegen mich. Ich überzeuge mich auch vollkommen jetzt, daß es keine Grille damit war, und einmal angenommen, daß mein Zutrauen gegen die Veit zu weit ging, kann ich es auch erklären. Sie strebt mit einem starken Misgefühl ihrer Nationalität nach einer bürgerlichen, wenigstens geselligen Existenz und auf den Ruin, den ich über mich gebracht hatte, dachte sie sich zu gründen. So hat sie mich durch Wahrheit und Verläumdung Preis gegeben gegen <persName key="243">die Paulus</persName> zuerst, bey der das den besten Boden fand, den <hi rend="weight:bold">neidischen</hi>. Weiterhin ist das Mittheilungssystem immer stärker eingerißen, wie es darauf ankam, theils von Friedrichs Seite den Zirkel der <hi rend="weight:bold">Freunde</hi> im Guten zu vergrößern, theils sich Parthie zu machen, und schlechtes Volk in solcher Absicht nicht zu verschmähn. Würden wir wohl je <persName key="4405">Winkelmann</persName>, <persName key="196">Vermehren</persName> und dergl. Leute so täglich in unsrer Nähe geduldet haben, und <persName key="186">Paulus</persName> als Freund besitzen wollen, der doch den allerverächtlichsten Charakter von der Welt nicht verleugnen kann, oder <persName key="31">Fromman</persName> als Protektor? Läßt sich Gemeinheit gänzlich verbannen unter derley Umgebungen? Und in einer höhern Hinsicht ‒ Sollte man die zudringlichen Dilettanten und miserablen Wesen zulassen in der Hoffnung einen wahrhaft geweiheten Kreis zu erweitern? Ich weis, was Friedrich verführt hat: der ihm fremde Genuß einer gewissen Art von Popularität. Er lebte mit seinen fast leidenschaftlichen Hange zur Geselligkeit immer isolirt. Und dann ‒ ich darf es sagen, weil es eine Zeit gab, wo ich in sein innerstes Herz geschaut habe ‒ er ist nicht ohne Rachsucht; er glaubte sich an Schelling rächen zu müssen, der doch in der That blos auf <hi rend="weight:bold">sein</hi> Verfahren von ihm abfiel ‒ und alles dieß trübe Wesen hat ihm seine Erinnerung meiner und seiner verdunkelt, ihn verstockt. ‒ Ich warte nur darauf, ob er sich denn gegen Dich auch gar nicht erklärt, um den Brief zurückzufordern. Freylich wäre es mir lieber, wenn Du es thätest blos als Auftrag von mir, und versiegelt. Lesen kannst Du ihn <hi rend="weight:bold">dann,</hi> wenn er ihn unbeantwortet giebt; er ist keinesweges geschrieben, um vor Deine Augen zu kommen, allein ich kann doch für mich nichts dagegen haben.<lb/>Er schickt eben noch einen Zettel, er werde alles besorgen, nebst dem lezten Tisch, und ist diesen Morgen abgereißt ohne mich etwa wegen irgend eines Geschäftes nach Leipzig zu befragen oder um etwas für Tischbeins. Daß Mad. Veit nicht zu mir kommt, ist meinen Wünschen gemäß, obgleich Deiner Erwartung schwerlich. Du solst sehn, sie wird es nicht thun, wie doch nun ohne Frage in der Ordnung wäre. Sie hat sich hier schon lange berühmt, sie wolle mich nicht sehn. Diese Person, die keinen Menschen hier gesehn haben würde ohne mich, und der ich alle Bedenklichkeiten aufopferte. Ich rede gegen niemand ein Wort, aber daß diese Spannung sich andrerseits in Worten geäußert, <hi rend="weight:bold">seh</hi> ich ganz deutlich ‒ denn sag, woher sollte Winkelmann sie wißen, der schon in <placeName key="60">Braunschweig</placeName> gegen <persName key="1929">Luisen</persName> darauf anspielte, woher <persName key="637">die Fromman</persName>, indem sie gar nicht voraussezte, daß ich Friedrich gesehn usw. Ich sage Dirs nur zum Beweis, daß diese Dinge keine <hi rend="weight:bold">Chimär</hi>en sind. Sie sind wirklich mit sich selbst nicht viel diskreter umgegangen, indem ihre Geldnoth oder häusliche Angelegenheiten immer der ganzen Societät bis zu den Studenten herunter bekannt waren. Ja Friedrich hat von <persName key="178">Brentano</persName> Geld begehrt, der ihm keines geben konnte. Die Quelle, aus der ich dieses weiß, will ich Dir mündlich sagen, und von diesem Augenblick überhaupt nichts mehr schriftlich hierüber als die nothwendigsten Thatsachen, wie sie sich fernerhin ereignen, denn es muß und kann Dir nicht anders wie höchst fatal seyn, und Du must es nur der Nothwendigkeit für mich, Dich zu unterrichten, zu gut halten, daß ich mich einließ.<lb/>–––––<lb/>Freytag früh [8. Mai].<lb/>Wilhelm, Du bist ein Schalk, ein Schelm und der leibhaftige Schlegel. Wir haben uns ganz königlich über Dich ergötzt und ich gestehe, ich möchte Dich jetzt mündlich necken können, ich weiß mich vor Neckelust kaum zu lassen. Schelling sagt gestern: was mag Schlegel bey Goethe für ein Briefchen eingelegt haben mit einem sehr zierlichen Rand und Aufschrift ‒ es muste von einer Frau kommen usw. In dem Augenblick fällt mir ein, das ist von Unzelinchen und Unzelinchen will nach Weimar kommen. <persName key="766">Schlegel</persName> hat mir einmal flüchtig geschrieben, sie hofte mich zu sehn, ja es paßt alles zusammen, er bleibt so lange in <placeName key="15">Berlin</placeName>, bis er sie her begleiten kann, will mich mit <persName key="74">der kleinen Fee</persName> überraschen, hat mir sogar anbefohlen, ich soll das Haus schön machen ‒ o Du listiger, und nun bin ich noch viel viel listiger und komme hinter alles. <persName key="74">Unzelinchen</persName> hat sich in aller Stille mit Hülfe ihres Geheimenrathes an den Geheimenrath gewandt, bey dem war aber sein Geheimerrath und der hat es der Frau Räthin glücklich vertraut, und wir haben den schönsten Spaß von der Welt. Schreib nur gleich, wie es ist, es wäre ein Jammer, wenn ich mich betröge, wir haben schon die besten Plane gemacht, daß eine ganz gräuliche Verwirrung entstehn soll, besonders sehr viel Eifersucht, Luise will nehmlich eifersüchtig auf Dich seyn, und darin hat sie was gethan, wie Du weist. Schelling will Unzelinchen anbeten, es soll kein Mensch wissen, wo ihm der Kopf steht. Sie dachten ihn uns zu verdrehen, aber, mein Herr, <persName key="74"><name key="4238" type="work">die Feenschaft</name></persName> sitzt nicht in jenen blauen Augen allein.<lb/>Ich wollte Dir schon schreiben, mit dem schönmachen im Hause, das würde sich eben nicht sehr thun lassen. Wir sind bis daher froh es gereinigt zu haben in den Winkeln, und mein guter Geist, der ganz daraus gewichen war, soll wohl bald wieder herein kommen, jedoch ohne Schmuck vors erste. Du kanst besonders denken, daß die Wände etwas schäbicht aussehn, woran niemand schuld hat als die Zeit, und eben diese kann ich für mich so allein nicht unternehmen zu erneuern. Wir müssen uns darüber auf alle Weise ein wenig berathschlagen, wozu ich Deine Ankunft erwartete. Blos übermahlen mit dem nehmlichen Grün mag ich meine Stube nicht lassen. Behalte ich sie und wir wollen etwas daran wenden, so muß sie hübscher werden. Besonders arg sehn indessen das Zimmer in der Ecke und das Deinige aus und ich will wirklich darüber mit dem Mahler sprechen, ist das Objekt nicht groß, so will ich die noch geschwind übermahlen lassen. ‒ Das thut mir weh, daß ich noch kein Fleckchen habe, wo ich <persName key="30">Augustens</persName> Bild verwahren möchte; das große Zimmer ist so offenbar, aus dem in der Ecke kann ich die Kupferstiche der Wand wegen nicht nehmen; und wo dieses Bild ist, soll kein anders seyn. Melde mir mit ein paar Worten, wie weit ich mit meinen Anstalten gehn darf. Die Hauptsache für meinen Schlegel ist doch, daß er wieder mit seinen Finanzen in Ordnung kommt, und deswegen habe ich auch nichts als das allernöthigste kleine Geräth wieder gekauft. Indessen in der Idee, daß es sich mit <persName key="74">Unzeline</persName> so verhält und ihre Gegenwart uns eine Gesellschaft zu geben nöthig machen könnte, will ich doch wirklich noch heut nach Braunschweig schreiben und das <hi rend="weight:bold">Porcelan</hi> einigermaßen ergänzen lassen. Es braucht nicht gleich bezahlt zu werden. Wenn Du im Stande dazu wärest, so könntest Du mir Tassen aus Berlin mitbringen ‒ wenn es nur 6 sind, nach jetziger Sitte alle verschieden. Ich hatte 12 schlichte weiße, wovon blos die zwar noch zu brauchen sind, die ich mit mir genommen hatte, ich hatte noch andre, es ist alles zum Teufel, mit Respekt zu melden, auch mein Dintefaß von <hi rend="weight:bold">Porcelan</hi>, das haben sie ihm vermuthlich hinter drein an den Kopf geworfen. ‒ Die Überzüge über Sopha und Stühle sind durchgängig zerlumpt, das hat auch die Zeit gethan, denn selbiges Zeug hab ich schon in meiner allerersten Wirthschaft gehabt. Man wird mir aus <placeName key="2755">Harburg</placeName> Kattun in Stücken schicken, den ich durch einen gewissen Kanal viel wohlfeiler bekomme und der ganz modern ist.<lb/><persName key="4233">Die Mutter</persName> befindet sich besser, aber sie schlägt die Hände über den Kopf zusammen wegen <persName key="1928">meines Bruders</persName> heilloser Erziehung <persName key="4307"><persName key="2493">seiner Jungen</persName></persName>, die p. und k. können, wo es ihnen beliebt.<lb/><persName key="3118">Emma</persName> würde <hi rend="weight:bold">charmant</hi> seyn, wenn <persName key="1929">ihre Mutter</persName> <hi rend="weight:bold">charmanter</hi> wäre. Ich muß sie dann und wann auf Deine Stube führen und auf den Rei[t]sessel setzen, wobey sie Dich immer nennt und gewiß vor Augen hat. Schelling hat übrigens beyden doch das Herz abgewonnen und Luise hat sich ihm gestern Abend, da er Gespenstergeschichten erzählte, <hi rend="weight:bold">tout à fait</hi> in die Arme vor Furcht und der Zärtlichkeit, die aus Furcht entstehn soll, geworfen. Es wäre gar nicht übel, wenn Du Dir ihre <hi rend="weight:bold">Aprivoisation</hi> angelegen seyn ließest; Wiedemann würde es gut bekommen.<lb/><persName key="4261">Der Rose</persName> will ich ein besonders Capitel hiermit widmen. Ich weiß von keinem Liebhaber, weder verschmäheten noch unverschmäheten. Wenn sie nicht mehr davon weiß, so steht es gut mit ihr. Ich bin ihr gut, sie ist mir sehr ergeben und auch aktiv, nur nicht recht aufmerksam. Ich sehe sie an wie zu uns gehörig. Sie fragt wohl eben nicht nach Dir, aber ich denke, das geschieht nicht etwa, weil sie gar nichts nach Dir früge, sie ist nur eben pflegmatisch. Die Braunschweigerin ist keine außerordentliche Köchin. Wir müssen selbst an den Heerd. Es ist theuer hier, ungeachtet der Leere. Wir haben meine alten Rechnungen verglichen, in vielen Stücken beträgt es das Doppelte, wie die Preise gestiegen sind. Seit einigen Tagen lasse ich für Schelling mit kochen, er läßt es holen, zuweilen kommt er selbst. Ich halte dieses für eine Christenpflicht seiner Gesundheit wegen; das Essen ist doch erbärmlich, was man so bekommt, und ein einzelner Mann hier überhaupt schlecht daran. Übrigens werd ich nichts einrichten, was Dich bey Deiner Ankunft geniren könnte oder wieder aufgehoben werden müßte. ‒ Ich habe die beruhigendsten Hofnungen, wenn wir nur erst alle wieder zum Stehen gekommen sind.<lb/>–<lb/>Über <name key="2627" type="work">Nicolai</name> sagte ich Dir wohl noch nichts. Deine cavaliere Vorrede macht einen artigen Contrast mit der gründlichen Behandlung und schweren Cavallerie inwendig. <persName key="55">Fichte</persName> ist denn doch immer tüchtig ernsthaft. Wie werden sie nun schreyen, Du wirst Dich kaum zeigen dürfen.<lb/>–<lb/>Wann und wo wird der Druck <name key="101" type="periodical">des Taschenbuchs</name> angefangen? Ich weiß nicht recht, was <persName key="48">Tiek</persName> diesen Winter gemacht hat. Daß Du nicht immer Deine Zeit anwendetest, wenn auch mit Waschen und Kämmen und <hi rend="weight:bold">coqu</hi>ettiren Stunden darauf gehn, darüber ist mir nicht bange. Nicht deswegen treibe ich Dich an zu kommen, nur weil ich Dich so gern wiedersehn möchte. Aber ich sehe ein, daß Du nicht eher kommen kannst ‒ bis es Zeit ist.<lb/>Ich bin nur froh hier das erste überstanden zu haben, und verlasse mich für das Zukünftige ruhig auf Deine Freundschaft und die stille Gewalt meines eignen guten Gemüths. Diese werden schon wieder etwas bilden, ein Hüttchen anbauen unter den Trümmern alter Herrlichkeit. O mein Freund, ich bauete oft und riß oft ein. Dieses sind nun die lezten Zweige, Zweige der weinenden Weide, die ich über meinen Haupt zusammen flechte, um unter ihren Schatten den Abend zu erwarten.<lb/><lb/>Vermehren liegt schmerzlich krank an <name key="3109" type="periodical">seinen Allmanach</name>. Wenn man doch das Volk zum Hacken und Graben bringen könnte. Er hat <persName key="4117">Becker</persName> eingeladen ihm was zu schicken und ihm zugleich ein ganz Convolut eigner Poesien zum billigen Tausch eingesendet, erzählt mir Gries, der sich gleichsam erkundigte, ob ihr Beyträge nähmet, was ich auf allen Fall verneinte und von einer geschloßnen Gesellschaft sprach. Man muß gewiß die Dilettanten in keinem Fache begünstigen. Daß jedermann kann Verse machen ‒ mich ausgenommen ‒ glaub ich mehr und mehr. Denk, <persName key="2404">Carl Schelling</persName> hat ein Buch von <persName key="638">Ariost</persName> in Stanzen übersetzt ‒ erst in Jamben, worüber ihn <persName key="62">sein Bruder</persName> ausgehunzt hat, und ihn auch über die Stanzen anfährt. Sonst ist es ein braver gescheuter Junge und etwas weniger dickschwäbisch.<lb/><persName key="4306">Kochen</persName> hat hier das Feld geräumt, aber man hört sonst von allerley Kropzeug.<lb/>Abends.<lb/>Schelling liebt <name key="4304" type="work">den Fortunat</name> auch. Er spricht davon, wie Du die Nordische Balladen Grundidee mit der bestraften Untreue so schön eingekleidet und mit purpurnen Rosen umkleidet hast, er findet besonders den Periodenbau ganz im besten Romanzenstyl und dies hat ihn überhaupt weit mehr getroffen wie <name key="4262" type="work">der wandernde Jude</name>.<lb/>Noch etwas von der Oekonomie. Es ist kein Tropfen Wein im Hause, Keller, Boden. Soll ich Ungarischen rothen von <placeName key="1783">Salzburg</placeName> verschreiben?<lb/><persName key="46">Die Sander</persName> stellt sich wie eine kleine Närrin in Leipzig an, sie will durchaus her und ihren Freund Goethe sehn, wie sie spricht, ihren Liebling. Sie wolte zu Loders und da drey Wochen logiren, das hat Hannchen durch manche Cabale abgelehnt, und <persName key="2984">die Loder</persName> war sehr froh darüber, das Persönchen hat es auch nicht verhehlt, daß sie blos Goethes wegen kommen wollte, sie denkt auch noch sich einzufinden.<lb/>Lebe wohl, wohl und laß Dich die Zeit nicht dauren, die Du bey diesem langen Brief zubringst. Ich begehre nur kurze.</p>', '36_xml_standoff' => '<anchor type="b" n="12" ana="10" xml:id="NidB22604"/>Jena<anchor type="e" n="12" ana="10" xml:id="NidE22604"/> d. 7ten [‒8.] May [1801].<lb/>Diesen Morgen, mein lieber Schlegel, kann ich Dir nur blos von <hi rend="weight:bold">mir</hi> sagen, daß mich <anchor type="b" n="4304" ana="12" xml:id="NidB22663"/>Dein unglücklicher Fortunat<anchor type="e" n="4304" ana="12" xml:id="NidE22663"/> entzückt hat. Gestern Abend hatte mir <anchor type="b" n="641" ana="11" xml:id="NidB22605"/>Gries<anchor type="e" n="641" ana="11" xml:id="NidE22605"/> (der blos zu solchen Dingen taugt) <anchor type="b" n="3128" ana="12" xml:id="NidB22606"/>die Marie Stuart<anchor type="e" n="3128" ana="12" xml:id="NidE22606"/> gebracht, und da wir diese angefangen hatten zu lesen, wollt ich ihn in solcher schlechten Stimmung noch nicht mittheilen, und ihn mir auch erst allein vorlesen. Sage, mein Lieber, wo hast Du den nun wieder hergenommen? Er ist so fantastisch, so zart schauerlich und lieblich schreckenvoll, und erst drücken die Assonanzen die Ahndung hievon so gut aus, dann der Reim den entscheidenden Moment des nahenden Todes unter den Rosen. Ich bin ganz und gar davon eingenommen und mag mir eben deswegen nichts erschöpfen und nichts abschöpfen mit einer Analyse. Den Namen Fortunat hat Dir Fortuna selber eingegeben. Dichte nur, trachte so fort! Dies ist eines von denen Gedichten, wovon mir der Eindruck immer bleiben, immer wieder der erste seyn wird. Kann man im Thiergarten auf so zauberliche Gedanken kommen? Wenn mir es jemand angriffe, der hätte mit mir zu thun, aber Du, mein Schatz, hast eine schlechte Sache zu vertheidigen gehabt, wie Du gegen <anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB22607"/>Tiek<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE22607"/> über Maria Stuart strittest. Es ist wahrlich nicht besser wie <anchor type="b" n="1415" ana="12" xml:id="NidB22608"/>der Wallenstein<anchor type="e" n="1415" ana="12" xml:id="NidE22608"/> ‒ ja der gesammte schlechtere Wallenstein spricht einem daraus an. Die wenigen lyrischen Stellen sind hübsch ‒ o ja ‒ aber mit dem Ganzen schlecht verbunden. Das Interesse für Maria ist durchgehends zu sehr geschwächt, es sieht aus, als sollte das objektiv gemeint seyn, aber ist nichts ächtes damit, blos nachgemachte Patent-Objektivität. Denken kann ich mir wohl, daß es sich auf dem Theater ganz gut macht. Die Szene, wo Melvil sein priesterlich Haupt entblößt, ist eine der vorzüglichsten und eine sehr gute Schlußerscheinung der Maria. Der lezte Auftritt endet genau wie beym Wallenstein mit einem Epigramm ‒ <hi rend="weight:bold">Fürst</hi> Piccolomini! „Lord Lester schift nach England“. ‒ Das Politische darinn hat auch die Deutlichkeit einer Deduktion nicht los werden können, und ich versichre Dich, ich habe bey dieser ersten Lektüre, wo die Neugierde mit geschäftig war, nicht einiger Langeweile entgehn können. ‒ Wie fällt Mortimer mit seiner Catholizität wie mit der Thür ins Haus! Er müßte durchaus nicht psychologisch darthun, wie er katholisch geworden ist, sondern blos mit Eifer aussprechen: ich bins. Ja, mein Freund, mir ist es ganz klar, daß alles poetische Drum und Dran dieses Stückes in der Summe keine Poesie macht.<lb/>Was hofst Du nun vom <anchor type="b" n="89" ana="12" xml:id="NidB22610"/>Mädchen von Orleans<anchor type="e" n="89" ana="12" xml:id="NidE22610"/>? Ich habe die taube Nuß, den Gries, wieder befragt, und da es angenehm ist über etwas, das man nur halb weiß, zu reden, als wüste man es ganz, so will ich Dir so viel davon sagen, es ist <hi rend="weight:bold">doch</hi> nichts als eine sentimentale <anchor type="b" n="5929" ana="11" xml:id="NidB47121"/><hi rend="weight:bold">Jeanne dʼArc</hi><anchor type="e" n="5929" ana="11" xml:id="NidE47121"/>. Sie ist tugendhaft und verliebt, sie glaubt sich wirklich inspirirt (nun das wär gut) und es gehen auch Zaubereyen vor. Allein denke Dir den Gräuel, sie wird nicht verbrannt, sie stirbt an ihren Wunden auf dem Bette der Ehren. Eine alte Königin Isabeau, die gegen ihren Sohn Carl mit den Engländern kriegt (wie Gries berichtet), bekommt sie in ihre Gewalt; sie wird mit sechsfachen Ketten an einen Baum fest gebunden, indessen geht die Schlacht weiter fort und irgend jemand, der auf einen Hügel steht, erzählt der Isabeau, wie es geht und daß Carl in Gefahr ist. <hi rend="weight:bold">Jeanne</hi> geräth darüber in heiligen Wahnsinn und die Ketten fallen von ihr ab auf ihr Gebet, sie fliehet hinweg um den König zu retten, und dabei bekommt sie dann die Todeswunde. Stanzen sind darinn, allein sonstige Unregelmäßigkeiten will Gries nicht gehört haben. Auch nichts von <anchor type="b" n="1052" ana="12" xml:id="NidB22612"/>der Genoveva<anchor type="e" n="1052" ana="12" xml:id="NidE22612"/>, mehr von <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB22611"/><hi rend="weight:bold">Shakesp</hi>.<anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE22611"/> Er wird sich darinn wohl verhört haben. Ich muß übrigens sagen, daß das, was ihr in Maria <anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB47122"/>Tiekisch<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE47122"/> fandet, mir gar nicht so vorgekommen ist. Wie Maria ins Freye komt, so ist da eine Art von Cantate, die mich eher an <anchor type="b" n="4302" ana="12" xml:id="NidB22614"/><anchor type="b" n="70" ana="11" xml:id="NidB22613"/>Rammlers<anchor type="e" n="70" ana="11" xml:id="NidE22613"/> Ino<anchor type="e" n="4302" ana="12" xml:id="NidE22614"/> erinnert haben würde. ‒ <anchor type="b" n="88" ana="11" xml:id="NidB22615"/>Schiller<anchor type="e" n="88" ana="11" xml:id="NidE22615"/> las das Stück den Schauspielern vor in der Absicht es gleich aufführen zu lassen, vielleicht komt es nun doch für jetzt nicht dazu wegen des zu starken Personale. Man studirt <anchor type="b" n="2515" ana="12" xml:id="NidB22616"/>Nathan<anchor type="e" n="2515" ana="12" xml:id="NidE22616"/> ein. ‒ Gries meint auch noch, <anchor type="b" n="4270" ana="12" xml:id="NidB22617"/>die <hi rend="weight:bold">Pucelle</hi> von <anchor type="b" n="1034" ana="11" xml:id="NidB22618"/>Voltaire<anchor type="e" n="1034" ana="11" xml:id="NidE22618"/><anchor type="e" n="4270" ana="12" xml:id="NidE22617"/> sey ihm oft störend eingefallen, die Schiller auch viel dabey studirt hat, doch läßt sich schwerlich entscheiden, ob sie Schiller oder Griesen Streiche gespielt hat. Bey dem <hi rend="weight:bold">Shakesp</hi>. könnte sie mir nie einfallen. Es ist hübsch, daß diese Übersetzung eben zugleich erscheint. Von Schiller komt <anchor type="b" n="6043" ana="15" xml:id="NidB40028"/>diese Messe<anchor type="e" n="6043" ana="15" xml:id="NidE40028"/> viel zum Vorschein, auch <anchor type="b" n="1401" ana="12" xml:id="NidB22619"/>der <hi rend="weight:bold">Macbeth</hi><anchor type="e" n="1401" ana="12" xml:id="NidE22619"/>. Tröste Dich nun, daß <anchor type="b" n="198" ana="11" xml:id="NidB22620"/>Woltmann<anchor type="e" n="198" ana="11" xml:id="NidE22620"/> mehr weiß als Du! Du weißt ja, daß Schiller bis auf diesen Augenblick das <hi rend="weight:bold">Sujet</hi> niemanden vertraut hatte. Dafür kennst Du nun <anchor type="b" n="4283" ana="12" xml:id="NidB22621"/>seinen <hi rend="weight:bold">Embryo, Don Juan</hi>,<anchor type="e" n="4283" ana="12" xml:id="NidE22621"/> darfst aber blos in geheimnißvollen Winken darüber offenbar werden.<lb/>Hier sind noch zwey Zeilen, die den ersten Act schließen ungefähr:<lb/><lb/> ‒ ich will<lb/>Zu Hülfe eilen Frankreichs Heldensöhnen<lb/>Und <anchor type="b" n="4303" ana="10" xml:id="NidB22623"/>Rheims<anchor type="e" n="4303" ana="10" xml:id="NidE22623"/> befreyn und meinen König krönen.<lb/><lb/>Mir geben sie Licht genug. ‒ Ich wünschte <anchor type="b" n="4194" ana="12" xml:id="NidB22624"/>den Tancred<anchor type="e" n="4194" ana="12" xml:id="NidE22624"/> zu lesen; darin sollen die Jamben und hinzugefügten Schlußstellen ungemein schön seyn.<lb/><anchor type="b" n="137" ana="11" xml:id="NidB22625"/>Goethe<anchor type="e" n="137" ana="11" xml:id="NidE22625"/> ist hier. <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB22626"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE22626"/> war gestern den ganzen Morgen bey ihm und fuhr mit ihm aus, kam auch ganz ermüdet von scherz und ernsthaften Reden bey uns an. Er hatte sich eben auf das angelegentlichste nach Dir und Deinem Thun und Treiben erkundigt und wann Du kämest, als ich das Packet hinschickte. S. erzählte ihm Deine Händel mit <anchor type="b" n="67" ana="11" xml:id="NidB22627"/>Unger<anchor type="e" n="67" ana="11" xml:id="NidE22627"/>, er las Deinen Brief und sagte: nun, er scheint doch recht vergnügt und wohl zu seyn und es freut mich ihn bald zu sehn. Er wird nicht lange bleiben. <anchor type="b" n="2627" ana="12" xml:id="NidB22664"/>Den <anchor type="b" n="47" ana="11" xml:id="NidB22628"/>Nicolai<anchor type="e" n="47" ana="11" xml:id="NidE22628"/><anchor type="e" n="2627" ana="12" xml:id="NidE22664"/> hatte er noch nicht gelesen, er war gleich in Schillers Hände gekommen. Ein vollständig Exemplar habe ich nicht für ihn erhalten und Schelling muß ihm das seinige mittheilen. ‒ <anchor type="b" n="2889" ana="11" xml:id="NidB22629"/>Der Herzog<anchor type="e" n="2889" ana="11" xml:id="NidE22629"/> ist in dieser Woche unvermuthet zu <anchor type="b" n="2983" ana="11" xml:id="NidB47123"/>Loder<anchor type="e" n="2983" ana="11" xml:id="NidE47123"/> gekommen und hat bey ihm gegessen, worüber L. über und über stralend geworden, und mir auch gestern früh eine Stundenlange Aufwartung gemacht hat. <anchor type="b" n="2984" ana="11" xml:id="NidB22630"/>Die Lodern<anchor type="e" n="2984" ana="11" xml:id="NidE22630"/> war schon zweymal bey mir; Hannchen kam von <anchor type="b" n="22" ana="10" xml:id="NidB22631"/>Leipzig<anchor type="e" n="22" ana="10" xml:id="NidE22631"/> zurück, wo sie bey <anchor type="b" n="1958" ana="11" xml:id="NidB47125"/><anchor type="b" n="3350" ana="11" xml:id="NidB47126"/>Tischbeins<anchor type="e" n="3350" ana="11" xml:id="NidE47126"/><anchor type="e" n="1958" ana="11" xml:id="NidE47125"/> logirte, und brachte mir viele Grüße nebst einigen Klagen von Caroline, daß Du ihr nicht geantwortet, was ich sogleich thun werde. Carolinens Stimme soll ins bewunderswürdige gehn, Betsy darf jezt wenig singen, sie hat Brustschmerzen und eine solche Reizbarkeit, daß sie Stundenlang über das mindeste, was sie anregt, weint und zittert. Sie ist Mignon, ach ich fürchte, sie wird nicht leben, diese zarten Saiten haben so früh getönt.<lb/>–––––<lb/>Was die Aufträge in Deinem Brief betrift, so habe ich sie nieder geschrieben und <anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB22632"/>Friedrich<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE22632"/> geschickt noch gestern Abend, weil er, so viel ich weiß, heute nach Leipzig gereist ist, um <anchor type="b" n="180" ana="11" xml:id="NidB23505"/>die Veit<anchor type="e" n="180" ana="11" xml:id="NidE23505"/> abzuholen.<lb/>Mit dem Druckfehler im <anchor type="b" n="4305" ana="12" xml:id="NidB22665"/>B.<anchor type="e" n="4305" ana="12" xml:id="NidE22665"/> ist es freylich zu spät, ich habe schon ein Exemplar im Hause gehabt, das Friedrich für Schelling geschickt hatte, der Dir danken läßt. ‒ Fr. ließ mir sagen, er wolle alles besorgen. Ich hatte zugleich Deines Wunsches erwähnt Deine Bücher im Hause vorzufinden, denn allerdings sehn die beyden Bücherbrette sehr degarnirt aus, obschon ich nicht anzugeben weiß, was fehlt, nur einiges, was ich suchte, ZB. <anchor type="b" n="381" ana="12" xml:id="NidB22634"/>Müllers Geschichte der Schweiz<anchor type="e" n="381" ana="12" xml:id="NidE22634"/>, war nicht da. Die ließ ich mir holen, weil wir etwas nachsehn wolten wegen <anchor type="b" n="248" ana="12" xml:id="NidB23506"/>Wilh. Tell<anchor type="e" n="248" ana="12" xml:id="NidE23506"/>. ‒ <anchor type="b" n="4304" ana="12" xml:id="NidB23507"/>Deinen Fortunat<anchor type="e" n="4304" ana="12" xml:id="NidE23507"/> kann ich nun Friedrich nicht eher mittheilen, bis er sich wieder bey mir meldet, doch muß ich das Sonnet auf das Bild holen lassen, wenn ich es demnächst <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB47127"/>Tiek<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE47127"/> schicke. Dieser ist in Leipzig gewesen, ob ihn Friedrich noch findet, weiß ich nicht. Es ist recht betrübt, daß ich ihn nicht sehe.<lb/>Das einzige Wort, Du wollest in dem persönlichen Verhältniß zwischen Friedrich und mir nicht gegen mich Parthey nehmen, hat mich ganz ruhig gemacht. Weiter begehre ich nichts, obwohl mein Herz einigermaßen voll Unwillens gewesen ist. ‒ Ich sehe noch nicht klar, und begreife nicht, wie es die Veit wirklich hat wagen können, so wenig Rücksicht auf Dich sowohl als mich zu nehmen, so daß ich immer noch zu denken geneigt bin, meine Augen und Ohren betrügen mich. ‒ Deine Bemerkung über die Realität des reellen Schadens ist zwar richtig und ich bemühte mich gleich sie nicht aus der Acht zu lassen, aber ich habe dafür diesen schon fast zu sehr aus der Acht gelassen. Alles, was ich erst wieder herbeyschaffen muste, ist mir schon, als hätte es nicht gefehlt. An <hi rend="weight:bold">Meublen</hi> wird nun außer einem Tisch alles da seyn. Mit dem Ersaz fordern weißt Du, wie es ist. Kann ich behaupten, ihr habt mir so und so viel Dutzend Teller zerbrochen, da <anchor type="b" n="180" ana="11" xml:id="NidB22635"/>Mad. Veit<anchor type="e" n="180" ana="11" xml:id="NidE22635"/> nichts förmlich übergeben worden ist? Freylich sind jetzt nur 2 Dutzend da, statt 10 Dutzend, mit denen ich anfing, und wir haben denn doch bis zulezt noch große Gesellschaft mit dem <hi rend="weight:bold">Porcelan</hi> bewirthen können. So sagt auch Rose, es wären noch viel Gläser dagewesen, nur zwey zerstoßne, item die Tassen und die blauen Glascompotieren zerbrochen! Meine Klage über den Verlust anderes Hausgeräthes als Körbe etc. beantwortete mir Friedrich mit einer <hi rend="weight:bold">Denunciation</hi> von <hi rend="weight:bold">Lenens</hi> Untreue, aber wie <hi rend="weight:bold">Rose</hi> wegging, waren diese Sachen da. ‒ Auf keine Weise möcht ich in eine Erörterung mit der Veit mich einlassen. Das müste eine gemeine Geschichte werden, also bis wir, Du und ich, uns sprechen können, laß alles gehn, wie es geht. ‒ <anchor type="b" n="4261" ana="11" xml:id="NidB22636"/>Rose<anchor type="e" n="4261" ana="11" xml:id="NidE22636"/> sagt, die Veit habe immer das Essen durchaus auf den porcelan Tellern gewärmt haben wollen, und da wären sie gesprungen. ‒ Alles dieses sind aber, höchstens in die Augen fallende, Kleinigkeiten gegen ganz andre Beschwerden.<lb/>Ich versichre Dir, Schelling ging mit der Idee von <anchor type="b" n="236" ana="10" xml:id="NidB22637"/>Bamberg<anchor type="e" n="236" ana="10" xml:id="NidE22637"/> weg Friedrich zu sehen, nur war das erste, was ihm hier entgegen kam, jener feindseliges Verfahren gegen mich. Ich überzeuge mich auch vollkommen jetzt, daß es keine Grille damit war, und einmal angenommen, daß mein Zutrauen gegen die Veit zu weit ging, kann ich es auch erklären. Sie strebt mit einem starken Misgefühl ihrer Nationalität nach einer bürgerlichen, wenigstens geselligen Existenz und auf den Ruin, den ich über mich gebracht hatte, dachte sie sich zu gründen. So hat sie mich durch Wahrheit und Verläumdung Preis gegeben gegen <anchor type="b" n="243" ana="11" xml:id="NidB22638"/>die Paulus<anchor type="e" n="243" ana="11" xml:id="NidE22638"/> zuerst, bey der das den besten Boden fand, den <hi rend="weight:bold">neidischen</hi>. Weiterhin ist das Mittheilungssystem immer stärker eingerißen, wie es darauf ankam, theils von Friedrichs Seite den Zirkel der <hi rend="weight:bold">Freunde</hi> im Guten zu vergrößern, theils sich Parthie zu machen, und schlechtes Volk in solcher Absicht nicht zu verschmähn. Würden wir wohl je <anchor type="b" n="4405" ana="11" xml:id="NidB23508"/>Winkelmann<anchor type="e" n="4405" ana="11" xml:id="NidE23508"/>, <anchor type="b" n="196" ana="11" xml:id="NidB22640"/>Vermehren<anchor type="e" n="196" ana="11" xml:id="NidE22640"/> und dergl. Leute so täglich in unsrer Nähe geduldet haben, und <anchor type="b" n="186" ana="11" xml:id="NidB22641"/>Paulus<anchor type="e" n="186" ana="11" xml:id="NidE22641"/> als Freund besitzen wollen, der doch den allerverächtlichsten Charakter von der Welt nicht verleugnen kann, oder <anchor type="b" n="31" ana="11" xml:id="NidB22642"/>Fromman<anchor type="e" n="31" ana="11" xml:id="NidE22642"/> als Protektor? Läßt sich Gemeinheit gänzlich verbannen unter derley Umgebungen? Und in einer höhern Hinsicht ‒ Sollte man die zudringlichen Dilettanten und miserablen Wesen zulassen in der Hoffnung einen wahrhaft geweiheten Kreis zu erweitern? Ich weis, was Friedrich verführt hat: der ihm fremde Genuß einer gewissen Art von Popularität. Er lebte mit seinen fast leidenschaftlichen Hange zur Geselligkeit immer isolirt. Und dann ‒ ich darf es sagen, weil es eine Zeit gab, wo ich in sein innerstes Herz geschaut habe ‒ er ist nicht ohne Rachsucht; er glaubte sich an Schelling rächen zu müssen, der doch in der That blos auf <hi rend="weight:bold">sein</hi> Verfahren von ihm abfiel ‒ und alles dieß trübe Wesen hat ihm seine Erinnerung meiner und seiner verdunkelt, ihn verstockt. ‒ Ich warte nur darauf, ob er sich denn gegen Dich auch gar nicht erklärt, um den Brief zurückzufordern. Freylich wäre es mir lieber, wenn Du es thätest blos als Auftrag von mir, und versiegelt. Lesen kannst Du ihn <hi rend="weight:bold">dann,</hi> wenn er ihn unbeantwortet giebt; er ist keinesweges geschrieben, um vor Deine Augen zu kommen, allein ich kann doch für mich nichts dagegen haben.<lb/>Er schickt eben noch einen Zettel, er werde alles besorgen, nebst dem lezten Tisch, und ist diesen Morgen abgereißt ohne mich etwa wegen irgend eines Geschäftes nach Leipzig zu befragen oder um etwas für Tischbeins. Daß Mad. Veit nicht zu mir kommt, ist meinen Wünschen gemäß, obgleich Deiner Erwartung schwerlich. Du solst sehn, sie wird es nicht thun, wie doch nun ohne Frage in der Ordnung wäre. Sie hat sich hier schon lange berühmt, sie wolle mich nicht sehn. Diese Person, die keinen Menschen hier gesehn haben würde ohne mich, und der ich alle Bedenklichkeiten aufopferte. Ich rede gegen niemand ein Wort, aber daß diese Spannung sich andrerseits in Worten geäußert, <hi rend="weight:bold">seh</hi> ich ganz deutlich ‒ denn sag, woher sollte Winkelmann sie wißen, der schon in <anchor type="b" n="60" ana="10" xml:id="NidB22643"/>Braunschweig<anchor type="e" n="60" ana="10" xml:id="NidE22643"/> gegen <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB22644"/>Luisen<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE22644"/> darauf anspielte, woher <anchor type="b" n="637" ana="11" xml:id="NidB22645"/>die Fromman<anchor type="e" n="637" ana="11" xml:id="NidE22645"/>, indem sie gar nicht voraussezte, daß ich Friedrich gesehn usw. Ich sage Dirs nur zum Beweis, daß diese Dinge keine <hi rend="weight:bold">Chimär</hi>en sind. Sie sind wirklich mit sich selbst nicht viel diskreter umgegangen, indem ihre Geldnoth oder häusliche Angelegenheiten immer der ganzen Societät bis zu den Studenten herunter bekannt waren. Ja Friedrich hat von <anchor type="b" n="178" ana="11" xml:id="NidB22646"/>Brentano<anchor type="e" n="178" ana="11" xml:id="NidE22646"/> Geld begehrt, der ihm keines geben konnte. Die Quelle, aus der ich dieses weiß, will ich Dir mündlich sagen, und von diesem Augenblick überhaupt nichts mehr schriftlich hierüber als die nothwendigsten Thatsachen, wie sie sich fernerhin ereignen, denn es muß und kann Dir nicht anders wie höchst fatal seyn, und Du must es nur der Nothwendigkeit für mich, Dich zu unterrichten, zu gut halten, daß ich mich einließ.<lb/>–––––<lb/>Freytag früh [8. Mai].<lb/>Wilhelm, Du bist ein Schalk, ein Schelm und der leibhaftige Schlegel. Wir haben uns ganz königlich über Dich ergötzt und ich gestehe, ich möchte Dich jetzt mündlich necken können, ich weiß mich vor Neckelust kaum zu lassen. Schelling sagt gestern: was mag Schlegel bey Goethe für ein Briefchen eingelegt haben mit einem sehr zierlichen Rand und Aufschrift ‒ es muste von einer Frau kommen usw. In dem Augenblick fällt mir ein, das ist von Unzelinchen und Unzelinchen will nach Weimar kommen. <anchor type="b" n="766" ana="11" xml:id="NidB22647"/>Schlegel<anchor type="e" n="766" ana="11" xml:id="NidE22647"/> hat mir einmal flüchtig geschrieben, sie hofte mich zu sehn, ja es paßt alles zusammen, er bleibt so lange in <anchor type="b" n="15" ana="10" xml:id="NidB22648"/>Berlin<anchor type="e" n="15" ana="10" xml:id="NidE22648"/>, bis er sie her begleiten kann, will mich mit <anchor type="b" n="74" ana="11" xml:id="NidB22667"/>der kleinen Fee<anchor type="e" n="74" ana="11" xml:id="NidE22667"/> überraschen, hat mir sogar anbefohlen, ich soll das Haus schön machen ‒ o Du listiger, und nun bin ich noch viel viel listiger und komme hinter alles. <anchor type="b" n="74" ana="11" xml:id="NidB22668"/>Unzelinchen<anchor type="e" n="74" ana="11" xml:id="NidE22668"/> hat sich in aller Stille mit Hülfe ihres Geheimenrathes an den Geheimenrath gewandt, bey dem war aber sein Geheimerrath und der hat es der Frau Räthin glücklich vertraut, und wir haben den schönsten Spaß von der Welt. Schreib nur gleich, wie es ist, es wäre ein Jammer, wenn ich mich betröge, wir haben schon die besten Plane gemacht, daß eine ganz gräuliche Verwirrung entstehn soll, besonders sehr viel Eifersucht, Luise will nehmlich eifersüchtig auf Dich seyn, und darin hat sie was gethan, wie Du weist. Schelling will Unzelinchen anbeten, es soll kein Mensch wissen, wo ihm der Kopf steht. Sie dachten ihn uns zu verdrehen, aber, mein Herr, <anchor type="b" n="74" ana="11" xml:id="NidB22650"/><anchor type="b" n="4238" ana="12" xml:id="NidB22649"/>die Feenschaft<anchor type="e" n="4238" ana="12" xml:id="NidE22649"/><anchor type="e" n="74" ana="11" xml:id="NidE22650"/> sitzt nicht in jenen blauen Augen allein.<lb/>Ich wollte Dir schon schreiben, mit dem schönmachen im Hause, das würde sich eben nicht sehr thun lassen. Wir sind bis daher froh es gereinigt zu haben in den Winkeln, und mein guter Geist, der ganz daraus gewichen war, soll wohl bald wieder herein kommen, jedoch ohne Schmuck vors erste. Du kanst besonders denken, daß die Wände etwas schäbicht aussehn, woran niemand schuld hat als die Zeit, und eben diese kann ich für mich so allein nicht unternehmen zu erneuern. Wir müssen uns darüber auf alle Weise ein wenig berathschlagen, wozu ich Deine Ankunft erwartete. Blos übermahlen mit dem nehmlichen Grün mag ich meine Stube nicht lassen. Behalte ich sie und wir wollen etwas daran wenden, so muß sie hübscher werden. Besonders arg sehn indessen das Zimmer in der Ecke und das Deinige aus und ich will wirklich darüber mit dem Mahler sprechen, ist das Objekt nicht groß, so will ich die noch geschwind übermahlen lassen. ‒ Das thut mir weh, daß ich noch kein Fleckchen habe, wo ich <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB47128"/>Augustens<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE47128"/> Bild verwahren möchte; das große Zimmer ist so offenbar, aus dem in der Ecke kann ich die Kupferstiche der Wand wegen nicht nehmen; und wo dieses Bild ist, soll kein anders seyn. Melde mir mit ein paar Worten, wie weit ich mit meinen Anstalten gehn darf. Die Hauptsache für meinen Schlegel ist doch, daß er wieder mit seinen Finanzen in Ordnung kommt, und deswegen habe ich auch nichts als das allernöthigste kleine Geräth wieder gekauft. Indessen in der Idee, daß es sich mit <anchor type="b" n="74" ana="11" xml:id="NidB22651"/>Unzeline<anchor type="e" n="74" ana="11" xml:id="NidE22651"/> so verhält und ihre Gegenwart uns eine Gesellschaft zu geben nöthig machen könnte, will ich doch wirklich noch heut nach Braunschweig schreiben und das <hi rend="weight:bold">Porcelan</hi> einigermaßen ergänzen lassen. Es braucht nicht gleich bezahlt zu werden. Wenn Du im Stande dazu wärest, so könntest Du mir Tassen aus Berlin mitbringen ‒ wenn es nur 6 sind, nach jetziger Sitte alle verschieden. Ich hatte 12 schlichte weiße, wovon blos die zwar noch zu brauchen sind, die ich mit mir genommen hatte, ich hatte noch andre, es ist alles zum Teufel, mit Respekt zu melden, auch mein Dintefaß von <hi rend="weight:bold">Porcelan</hi>, das haben sie ihm vermuthlich hinter drein an den Kopf geworfen. ‒ Die Überzüge über Sopha und Stühle sind durchgängig zerlumpt, das hat auch die Zeit gethan, denn selbiges Zeug hab ich schon in meiner allerersten Wirthschaft gehabt. Man wird mir aus <anchor type="b" n="2755" ana="10" xml:id="NidB22652"/>Harburg<anchor type="e" n="2755" ana="10" xml:id="NidE22652"/> Kattun in Stücken schicken, den ich durch einen gewissen Kanal viel wohlfeiler bekomme und der ganz modern ist.<lb/><anchor type="b" n="4233" ana="11" xml:id="NidB22653"/>Die Mutter<anchor type="e" n="4233" ana="11" xml:id="NidE22653"/> befindet sich besser, aber sie schlägt die Hände über den Kopf zusammen wegen <anchor type="b" n="1928" ana="11" xml:id="NidB47129"/>meines Bruders<anchor type="e" n="1928" ana="11" xml:id="NidE47129"/> heilloser Erziehung <anchor type="b" n="4307" ana="11" xml:id="NidB47131"/><anchor type="b" n="2493" ana="11" xml:id="NidB47130"/>seiner Jungen<anchor type="e" n="2493" ana="11" xml:id="NidE47130"/><anchor type="e" n="4307" ana="11" xml:id="NidE47131"/>, die p. und k. können, wo es ihnen beliebt.<lb/><anchor type="b" n="3118" ana="11" xml:id="NidB22669"/>Emma<anchor type="e" n="3118" ana="11" xml:id="NidE22669"/> würde <hi rend="weight:bold">charmant</hi> seyn, wenn <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB22670"/>ihre Mutter<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE22670"/> <hi rend="weight:bold">charmanter</hi> wäre. Ich muß sie dann und wann auf Deine Stube führen und auf den Rei[t]sessel setzen, wobey sie Dich immer nennt und gewiß vor Augen hat. Schelling hat übrigens beyden doch das Herz abgewonnen und Luise hat sich ihm gestern Abend, da er Gespenstergeschichten erzählte, <hi rend="weight:bold">tout à fait</hi> in die Arme vor Furcht und der Zärtlichkeit, die aus Furcht entstehn soll, geworfen. Es wäre gar nicht übel, wenn Du Dir ihre <hi rend="weight:bold">Aprivoisation</hi> angelegen seyn ließest; Wiedemann würde es gut bekommen.<lb/><anchor type="b" n="4261" ana="11" xml:id="NidB23504"/>Der Rose<anchor type="e" n="4261" ana="11" xml:id="NidE23504"/> will ich ein besonders Capitel hiermit widmen. Ich weiß von keinem Liebhaber, weder verschmäheten noch unverschmäheten. Wenn sie nicht mehr davon weiß, so steht es gut mit ihr. Ich bin ihr gut, sie ist mir sehr ergeben und auch aktiv, nur nicht recht aufmerksam. Ich sehe sie an wie zu uns gehörig. Sie fragt wohl eben nicht nach Dir, aber ich denke, das geschieht nicht etwa, weil sie gar nichts nach Dir früge, sie ist nur eben pflegmatisch. Die Braunschweigerin ist keine außerordentliche Köchin. Wir müssen selbst an den Heerd. Es ist theuer hier, ungeachtet der Leere. Wir haben meine alten Rechnungen verglichen, in vielen Stücken beträgt es das Doppelte, wie die Preise gestiegen sind. Seit einigen Tagen lasse ich für Schelling mit kochen, er läßt es holen, zuweilen kommt er selbst. Ich halte dieses für eine Christenpflicht seiner Gesundheit wegen; das Essen ist doch erbärmlich, was man so bekommt, und ein einzelner Mann hier überhaupt schlecht daran. Übrigens werd ich nichts einrichten, was Dich bey Deiner Ankunft geniren könnte oder wieder aufgehoben werden müßte. ‒ Ich habe die beruhigendsten Hofnungen, wenn wir nur erst alle wieder zum Stehen gekommen sind.<lb/>–<lb/>Über <anchor type="b" n="2627" ana="12" xml:id="NidB22656"/>Nicolai<anchor type="e" n="2627" ana="12" xml:id="NidE22656"/> sagte ich Dir wohl noch nichts. Deine cavaliere Vorrede macht einen artigen Contrast mit der gründlichen Behandlung und schweren Cavallerie inwendig. <anchor type="b" n="55" ana="11" xml:id="NidB22671"/>Fichte<anchor type="e" n="55" ana="11" xml:id="NidE22671"/> ist denn doch immer tüchtig ernsthaft. Wie werden sie nun schreyen, Du wirst Dich kaum zeigen dürfen.<lb/>–<lb/>Wann und wo wird der Druck <anchor type="b" n="101" ana="13" xml:id="NidB22672"/>des Taschenbuchs<anchor type="e" n="101" ana="13" xml:id="NidE22672"/> angefangen? Ich weiß nicht recht, was <anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB22673"/>Tiek<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE22673"/> diesen Winter gemacht hat. Daß Du nicht immer Deine Zeit anwendetest, wenn auch mit Waschen und Kämmen und <hi rend="weight:bold">coqu</hi>ettiren Stunden darauf gehn, darüber ist mir nicht bange. Nicht deswegen treibe ich Dich an zu kommen, nur weil ich Dich so gern wiedersehn möchte. Aber ich sehe ein, daß Du nicht eher kommen kannst ‒ bis es Zeit ist.<lb/>Ich bin nur froh hier das erste überstanden zu haben, und verlasse mich für das Zukünftige ruhig auf Deine Freundschaft und die stille Gewalt meines eignen guten Gemüths. Diese werden schon wieder etwas bilden, ein Hüttchen anbauen unter den Trümmern alter Herrlichkeit. O mein Freund, ich bauete oft und riß oft ein. Dieses sind nun die lezten Zweige, Zweige der weinenden Weide, die ich über meinen Haupt zusammen flechte, um unter ihren Schatten den Abend zu erwarten.<lb/><lb/>Vermehren liegt schmerzlich krank an <anchor type="b" n="3109" ana="13" xml:id="NidB22657"/>seinen Allmanach<anchor type="e" n="3109" ana="13" xml:id="NidE22657"/></hi>. Wenn man doch das Volk zum Hacken und Graben bringen könnte. Er hat <anchor type="b" n="4117" ana="11" xml:id="NidB22658"/>Becker<anchor type="e" n="4117" ana="11" xml:id="NidE22658"/> eingeladen ihm was zu schicken und ihm zugleich ein ganz Convolut eigner Poesien zum billigen Tausch eingesendet, erzählt mir Gries, der sich gleichsam erkundigte, ob ihr Beyträge nähmet, was ich auf allen Fall verneinte und von einer geschloßnen Gesellschaft sprach. Man muß gewiß die Dilettanten in keinem Fache begünstigen. Daß jedermann kann Verse machen ‒ mich ausgenommen ‒ glaub ich mehr und mehr. Denk, <anchor type="b" n="2404" ana="11" xml:id="NidB22659"/>Carl Schelling<anchor type="e" n="2404" ana="11" xml:id="NidE22659"/> hat ein Buch von <anchor type="b" n="638" ana="11" xml:id="NidB22660"/>Ariost<anchor type="e" n="638" ana="11" xml:id="NidE22660"/> in Stanzen übersetzt ‒ erst in Jamben, worüber ihn <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB22674"/>sein Bruder<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE22674"/> ausgehunzt hat, und ihn auch über die Stanzen anfährt. Sonst ist es ein braver gescheuter Junge und etwas weniger dickschwäbisch.<lb/><anchor type="b" n="4306" ana="11" xml:id="NidB22666"/>Kochen<anchor type="e" n="4306" ana="11" xml:id="NidE22666"/> hat hier das Feld geräumt, aber man hört sonst von allerley Kropzeug.<lb/>Abends.<lb/>Schelling liebt <anchor type="b" n="4304" ana="12" xml:id="NidB22675"/>den Fortunat<anchor type="e" n="4304" ana="12" xml:id="NidE22675"/> auch. Er spricht davon, wie Du die Nordische Balladen Grundidee mit der bestraften Untreue so schön eingekleidet und mit purpurnen Rosen umkleidet hast, er findet besonders den Periodenbau ganz im besten Romanzenstyl und dies hat ihn überhaupt weit mehr getroffen wie <anchor type="b" n="4262" ana="12" xml:id="NidB22676"/>der wandernde Jude<anchor type="e" n="4262" ana="12" xml:id="NidE22676"/>.<lb/>Noch etwas von der Oekonomie. Es ist kein Tropfen Wein im Hause, Keller, Boden. Soll ich Ungarischen rothen von <anchor type="b" n="1783" ana="10" xml:id="NidB22661"/>Salzburg<anchor type="e" n="1783" ana="10" xml:id="NidE22661"/> verschreiben?<lb/><anchor type="b" n="46" ana="11" xml:id="NidB22662"/>Die Sander<anchor type="e" n="46" ana="11" xml:id="NidE22662"/><anchor type="e" n="4233" ana="11" xml:id="NidE22653"/> stellt sich wie eine kleine Närrin in Leipzig an, sie will durchaus her und ihren Freund Goethe sehn, wie sie spricht, ihren Liebling. Sie wolte zu Loders und da drey Wochen logiren, das hat Hannchen durch manche Cabale abgelehnt, und <anchor type="b" n="2984" ana="11" xml:id="NidB23509"/>die Loder<anchor type="e" n="2984" ana="11" xml:id="NidE23509"/> war sehr froh darüber, das Persönchen hat es auch nicht verhehlt, daß sie blos Goethes wegen kommen wollte, sie denkt auch noch sich einzufinden.<lb/>Lebe wohl, wohl und laß Dich die Zeit nicht dauren, die Du bey diesem langen Brief zubringst. Ich begehre nur kurze.', '36_datengeber' => 'Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden', '36_purl' => '370516575', '36_briefid' => '370516575_CSchellinganAWS_0708051801', '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '12', 'content' => 'Jena', 'bemerkung' => 'GND:4028557-1', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ) ), '36_adressatort' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '15', 'content' => 'Berlin', 'bemerkung' => 'GND:2004272-3', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ) ), '36_absender' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7212', 'content' => 'Caroline von Schelling', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Schelling, Caroline von', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7125', 'content' => 'August Wilhelm von Schlegel', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Schlegel, August Wilhelm von', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_leitd' => 'Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. 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Mit Hilfe der Brüder Schlegel konnte ihre Freilassung erreicht werden. Es folgten Aufenthalte in Gotha, Dresden und die Heirat mit AWS, den sie bereits in Göttingen kennengelernt hatte. In Jena war Caroline wichtiger Teil des frühromantischen Kreises, der im Schlegelschen Haus in der Leutragasse 5 zusammentraf. Die Scheidung von AWS erfolgte im Jahr 1803; im selben Jahr heiratete sie den Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling. Mit ihm zog sie nach Würzburg und München. 1809 erkrankte sie an der Ruhr und verstarb.', '39_geschlecht' => 'w', '39_beziehung' => 'Caroline von Schelling war die erste Ehefrau Schlegels; die Ehe wurde 1803 geschieden. 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Darmstadt 1988. Schelling, Caroline: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz verm. hg. v. Erich Schmidt. 2 Bde. Leipzig 1913.', '39_werkeognd' => 'http://swb.bsz-bw.de/DB=2.104/PPNSET?PPN=209097426&INDEXSET=1', '39_sekliteraturognd' => 'http://swb.bsz-bw.de/DB=2.104/PPNSET?PPN=209097426&INDEXSET=1', '39_sekliteratur' => 'Romantische Liebe und romantischer Tod. Über den Bamberger Aufenthalt von Caroline Schlegel, Auguste Böhmer, August Wilhelm Schlegel und Friedrich Wilhelm Schelling im Jahre 1800. Hg. v. Wulf Segebrecht. 2. Aufl. Bamberg 2001. Discher, Gisela: Madame Luzifer. Bürgerliche Vereinzelung und romantische Geselligkeit oder Caroline Schelling, gesch. Schlegel. 2. Aufl. Nordhausen 2011. Kleßmann, Eckart: "Ich war kühn, aber nicht frevelhaft": das Leben der Caroline Schlegel-Schelling. Ungek. Ausg., 1. Aufl. Berlin 2009.', '39_status_person' => 'Vollständig', '39_preasentation' => true, '39_sourcename0' => 'AWS-ap-0044-0.jpg', 'folders' => array( (int) 0 => 'Personen', (int) 1 => 'Personen' ), '_label' => '', '_descr' => '', '_model' => 'Person', '_model_title' => 'Person', '_model_titles' => 'People', '_url' => '' ) $version = 'version-10-19' $domain = 'https://august-wilhelm-schlegel.de' $url = 'https://august-wilhelm-schlegel.de/version-10-19' $purl_web = 'https://august-wilhelm-schlegel.de/version-10-19/letters/view/680' $state = '15.10.2019' $citation = 'Digitale Edition der Korrespondenz August Wilhelm Schlegels [15.10.2019]; Caroline von Schelling an August Wilhelm von Schlegel; 7. 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Jena d. 7ten [‒8.] May [1801].
Diesen Morgen, mein lieber Schlegel, kann ich Dir nur blos von mir sagen, daß mich Dein unglücklicher Fortunat entzückt hat. Gestern Abend hatte mir Gries (der blos zu solchen Dingen taugt) die Marie Stuart gebracht, und da wir diese angefangen hatten zu lesen, wollt ich ihn in solcher schlechten Stimmung noch nicht mittheilen, und ihn mir auch erst allein vorlesen. Sage, mein Lieber, wo hast Du den nun wieder hergenommen? Er ist so fantastisch, so zart schauerlich und lieblich schreckenvoll, und erst drücken die Assonanzen die Ahndung hievon so gut aus, dann der Reim den entscheidenden Moment des nahenden Todes unter den Rosen. Ich bin ganz und gar davon eingenommen und mag mir eben deswegen nichts erschöpfen und nichts abschöpfen mit einer Analyse. Den Namen Fortunat hat Dir Fortuna selber eingegeben. Dichte nur, trachte so fort! Dies ist eines von denen Gedichten, wovon mir der Eindruck immer bleiben, immer wieder der erste seyn wird. Kann man im Thiergarten auf so zauberliche Gedanken kommen? Wenn mir es jemand angriffe, der hätte mit mir zu thun, aber Du, mein Schatz, hast eine schlechte Sache zu vertheidigen gehabt, wie Du gegen Tiek über Maria Stuart strittest. Es ist wahrlich nicht besser wie der Wallenstein ‒ ja der gesammte schlechtere Wallenstein spricht einem daraus an. Die wenigen lyrischen Stellen sind hübsch ‒ o ja ‒ aber mit dem Ganzen schlecht verbunden. Das Interesse für Maria ist durchgehends zu sehr geschwächt, es sieht aus, als sollte das objektiv gemeint seyn, aber ist nichts ächtes damit, blos nachgemachte Patent-Objektivität. Denken kann ich mir wohl, daß es sich auf dem Theater ganz gut macht. Die Szene, wo Melvil sein priesterlich Haupt entblößt, ist eine der vorzüglichsten und eine sehr gute Schlußerscheinung der Maria. Der lezte Auftritt endet genau wie beym Wallenstein mit einem Epigramm ‒ Fürst Piccolomini! „Lord Lester schift nach England“. ‒ Das Politische darinn hat auch die Deutlichkeit einer Deduktion nicht los werden können, und ich versichre Dich, ich habe bey dieser ersten Lektüre, wo die Neugierde mit geschäftig war, nicht einiger Langeweile entgehn können. ‒ Wie fällt Mortimer mit seiner Catholizität wie mit der Thür ins Haus! Er müßte durchaus nicht psychologisch darthun, wie er katholisch geworden ist, sondern blos mit Eifer aussprechen: ich bins. Ja, mein Freund, mir ist es ganz klar, daß alles poetische Drum und Dran dieses Stückes in der Summe keine Poesie macht.
Was hofst Du nun vom Mädchen von Orleans? Ich habe die taube Nuß, den Gries, wieder befragt, und da es angenehm ist über etwas, das man nur halb weiß, zu reden, als wüste man es ganz, so will ich Dir so viel davon sagen, es ist doch nichts als eine sentimentale Jeanne dʼArc. Sie ist tugendhaft und verliebt, sie glaubt sich wirklich inspirirt (nun das wär gut) und es gehen auch Zaubereyen vor. Allein denke Dir den Gräuel, sie wird nicht verbrannt, sie stirbt an ihren Wunden auf dem Bette der Ehren. Eine alte Königin Isabeau, die gegen ihren Sohn Carl mit den Engländern kriegt (wie Gries berichtet), bekommt sie in ihre Gewalt; sie wird mit sechsfachen Ketten an einen Baum fest gebunden, indessen geht die Schlacht weiter fort und irgend jemand, der auf einen Hügel steht, erzählt der Isabeau, wie es geht und daß Carl in Gefahr ist. Jeanne geräth darüber in heiligen Wahnsinn und die Ketten fallen von ihr ab auf ihr Gebet, sie fliehet hinweg um den König zu retten, und dabei bekommt sie dann die Todeswunde. Stanzen sind darinn, allein sonstige Unregelmäßigkeiten will Gries nicht gehört haben. Auch nichts von der Genoveva, mehr von Shakesp. Er wird sich darinn wohl verhört haben. Ich muß übrigens sagen, daß das, was ihr in Maria Tiekisch fandet, mir gar nicht so vorgekommen ist. Wie Maria ins Freye komt, so ist da eine Art von Cantate, die mich eher an Rammlers Ino erinnert haben würde. ‒ Schiller las das Stück den Schauspielern vor in der Absicht es gleich aufführen zu lassen, vielleicht komt es nun doch für jetzt nicht dazu wegen des zu starken Personale. Man studirt Nathan ein. ‒ Gries meint auch noch, die Pucelle von Voltaire sey ihm oft störend eingefallen, die Schiller auch viel dabey studirt hat, doch läßt sich schwerlich entscheiden, ob sie Schiller oder Griesen Streiche gespielt hat. Bey dem Shakesp. könnte sie mir nie einfallen. Es ist hübsch, daß diese Übersetzung eben zugleich erscheint. Von Schiller komt diese Messe viel zum Vorschein, auch der Macbeth. Tröste Dich nun, daß Woltmann mehr weiß als Du! Du weißt ja, daß Schiller bis auf diesen Augenblick das Sujet niemanden vertraut hatte. Dafür kennst Du nun seinen Embryo, Don Juan, darfst aber blos in geheimnißvollen Winken darüber offenbar werden.
Hier sind noch zwey Zeilen, die den ersten Act schließen ungefähr:
‒ ich will
Zu Hülfe eilen Frankreichs Heldensöhnen
Und Rheims befreyn und meinen König krönen.
Mir geben sie Licht genug. ‒ Ich wünschte den Tancred zu lesen; darin sollen die Jamben und hinzugefügten Schlußstellen ungemein schön seyn.
Goethe ist hier. Schelling war gestern den ganzen Morgen bey ihm und fuhr mit ihm aus, kam auch ganz ermüdet von scherz und ernsthaften Reden bey uns an. Er hatte sich eben auf das angelegentlichste nach Dir und Deinem Thun und Treiben erkundigt und wann Du kämest, als ich das Packet hinschickte. S. erzählte ihm Deine Händel mit Unger, er las Deinen Brief und sagte: nun, er scheint doch recht vergnügt und wohl zu seyn und es freut mich ihn bald zu sehn. Er wird nicht lange bleiben. Den Nicolai hatte er noch nicht gelesen, er war gleich in Schillers Hände gekommen. Ein vollständig Exemplar habe ich nicht für ihn erhalten und Schelling muß ihm das seinige mittheilen. ‒ Der Herzog ist in dieser Woche unvermuthet zu Loder gekommen und hat bey ihm gegessen, worüber L. über und über stralend geworden, und mir auch gestern früh eine Stundenlange Aufwartung gemacht hat. Die Lodern war schon zweymal bey mir; Hannchen kam von Leipzig zurück, wo sie bey Tischbeins logirte, und brachte mir viele Grüße nebst einigen Klagen von Caroline, daß Du ihr nicht geantwortet, was ich sogleich thun werde. Carolinens Stimme soll ins bewunderswürdige gehn, Betsy darf jezt wenig singen, sie hat Brustschmerzen und eine solche Reizbarkeit, daß sie Stundenlang über das mindeste, was sie anregt, weint und zittert. Sie ist Mignon, ach ich fürchte, sie wird nicht leben, diese zarten Saiten haben so früh getönt.
–––––
Was die Aufträge in Deinem Brief betrift, so habe ich sie nieder geschrieben und Friedrich geschickt noch gestern Abend, weil er, so viel ich weiß, heute nach Leipzig gereist ist, um die Veit abzuholen.
Mit dem Druckfehler im B. ist es freylich zu spät, ich habe schon ein Exemplar im Hause gehabt, das Friedrich für Schelling geschickt hatte, der Dir danken läßt. ‒ Fr. ließ mir sagen, er wolle alles besorgen. Ich hatte zugleich Deines Wunsches erwähnt Deine Bücher im Hause vorzufinden, denn allerdings sehn die beyden Bücherbrette sehr degarnirt aus, obschon ich nicht anzugeben weiß, was fehlt, nur einiges, was ich suchte, ZB. Müllers Geschichte der Schweiz, war nicht da. Die ließ ich mir holen, weil wir etwas nachsehn wolten wegen Wilh. Tell. ‒ Deinen Fortunat kann ich nun Friedrich nicht eher mittheilen, bis er sich wieder bey mir meldet, doch muß ich das Sonnet auf das Bild holen lassen, wenn ich es demnächst Tiek schicke. Dieser ist in Leipzig gewesen, ob ihn Friedrich noch findet, weiß ich nicht. Es ist recht betrübt, daß ich ihn nicht sehe.
Das einzige Wort, Du wollest in dem persönlichen Verhältniß zwischen Friedrich und mir nicht gegen mich Parthey nehmen, hat mich ganz ruhig gemacht. Weiter begehre ich nichts, obwohl mein Herz einigermaßen voll Unwillens gewesen ist. ‒ Ich sehe noch nicht klar, und begreife nicht, wie es die Veit wirklich hat wagen können, so wenig Rücksicht auf Dich sowohl als mich zu nehmen, so daß ich immer noch zu denken geneigt bin, meine Augen und Ohren betrügen mich. ‒ Deine Bemerkung über die Realität des reellen Schadens ist zwar richtig und ich bemühte mich gleich sie nicht aus der Acht zu lassen, aber ich habe dafür diesen schon fast zu sehr aus der Acht gelassen. Alles, was ich erst wieder herbeyschaffen muste, ist mir schon, als hätte es nicht gefehlt. An Meublen wird nun außer einem Tisch alles da seyn. Mit dem Ersaz fordern weißt Du, wie es ist. Kann ich behaupten, ihr habt mir so und so viel Dutzend Teller zerbrochen, da Mad. Veit nichts förmlich übergeben worden ist? Freylich sind jetzt nur 2 Dutzend da, statt 10 Dutzend, mit denen ich anfing, und wir haben denn doch bis zulezt noch große Gesellschaft mit dem Porcelan bewirthen können. So sagt auch Rose, es wären noch viel Gläser dagewesen, nur zwey zerstoßne, item die Tassen und die blauen Glascompotieren zerbrochen! Meine Klage über den Verlust anderes Hausgeräthes als Körbe etc. beantwortete mir Friedrich mit einer Denunciation von Lenens Untreue, aber wie Rose wegging, waren diese Sachen da. ‒ Auf keine Weise möcht ich in eine Erörterung mit der Veit mich einlassen. Das müste eine gemeine Geschichte werden, also bis wir, Du und ich, uns sprechen können, laß alles gehn, wie es geht. ‒ Rose sagt, die Veit habe immer das Essen durchaus auf den porcelan Tellern gewärmt haben wollen, und da wären sie gesprungen. ‒ Alles dieses sind aber, höchstens in die Augen fallende, Kleinigkeiten gegen ganz andre Beschwerden.
Ich versichre Dir, Schelling ging mit der Idee von Bamberg weg Friedrich zu sehen, nur war das erste, was ihm hier entgegen kam, jener feindseliges Verfahren gegen mich. Ich überzeuge mich auch vollkommen jetzt, daß es keine Grille damit war, und einmal angenommen, daß mein Zutrauen gegen die Veit zu weit ging, kann ich es auch erklären. Sie strebt mit einem starken Misgefühl ihrer Nationalität nach einer bürgerlichen, wenigstens geselligen Existenz und auf den Ruin, den ich über mich gebracht hatte, dachte sie sich zu gründen. So hat sie mich durch Wahrheit und Verläumdung Preis gegeben gegen die Paulus zuerst, bey der das den besten Boden fand, den neidischen. Weiterhin ist das Mittheilungssystem immer stärker eingerißen, wie es darauf ankam, theils von Friedrichs Seite den Zirkel der Freunde im Guten zu vergrößern, theils sich Parthie zu machen, und schlechtes Volk in solcher Absicht nicht zu verschmähn. Würden wir wohl je Winkelmann, Vermehren und dergl. Leute so täglich in unsrer Nähe geduldet haben, und Paulus als Freund besitzen wollen, der doch den allerverächtlichsten Charakter von der Welt nicht verleugnen kann, oder Fromman als Protektor? Läßt sich Gemeinheit gänzlich verbannen unter derley Umgebungen? Und in einer höhern Hinsicht ‒ Sollte man die zudringlichen Dilettanten und miserablen Wesen zulassen in der Hoffnung einen wahrhaft geweiheten Kreis zu erweitern? Ich weis, was Friedrich verführt hat: der ihm fremde Genuß einer gewissen Art von Popularität. Er lebte mit seinen fast leidenschaftlichen Hange zur Geselligkeit immer isolirt. Und dann ‒ ich darf es sagen, weil es eine Zeit gab, wo ich in sein innerstes Herz geschaut habe ‒ er ist nicht ohne Rachsucht; er glaubte sich an Schelling rächen zu müssen, der doch in der That blos auf sein Verfahren von ihm abfiel ‒ und alles dieß trübe Wesen hat ihm seine Erinnerung meiner und seiner verdunkelt, ihn verstockt. ‒ Ich warte nur darauf, ob er sich denn gegen Dich auch gar nicht erklärt, um den Brief zurückzufordern. Freylich wäre es mir lieber, wenn Du es thätest blos als Auftrag von mir, und versiegelt. Lesen kannst Du ihn dann, wenn er ihn unbeantwortet giebt; er ist keinesweges geschrieben, um vor Deine Augen zu kommen, allein ich kann doch für mich nichts dagegen haben.
Er schickt eben noch einen Zettel, er werde alles besorgen, nebst dem lezten Tisch, und ist diesen Morgen abgereißt ohne mich etwa wegen irgend eines Geschäftes nach Leipzig zu befragen oder um etwas für Tischbeins. Daß Mad. Veit nicht zu mir kommt, ist meinen Wünschen gemäß, obgleich Deiner Erwartung schwerlich. Du solst sehn, sie wird es nicht thun, wie doch nun ohne Frage in der Ordnung wäre. Sie hat sich hier schon lange berühmt, sie wolle mich nicht sehn. Diese Person, die keinen Menschen hier gesehn haben würde ohne mich, und der ich alle Bedenklichkeiten aufopferte. Ich rede gegen niemand ein Wort, aber daß diese Spannung sich andrerseits in Worten geäußert, seh ich ganz deutlich ‒ denn sag, woher sollte Winkelmann sie wißen, der schon in Braunschweig gegen Luisen darauf anspielte, woher die Fromman, indem sie gar nicht voraussezte, daß ich Friedrich gesehn usw. Ich sage Dirs nur zum Beweis, daß diese Dinge keine Chimären sind. Sie sind wirklich mit sich selbst nicht viel diskreter umgegangen, indem ihre Geldnoth oder häusliche Angelegenheiten immer der ganzen Societät bis zu den Studenten herunter bekannt waren. Ja Friedrich hat von Brentano Geld begehrt, der ihm keines geben konnte. Die Quelle, aus der ich dieses weiß, will ich Dir mündlich sagen, und von diesem Augenblick überhaupt nichts mehr schriftlich hierüber als die nothwendigsten Thatsachen, wie sie sich fernerhin ereignen, denn es muß und kann Dir nicht anders wie höchst fatal seyn, und Du must es nur der Nothwendigkeit für mich, Dich zu unterrichten, zu gut halten, daß ich mich einließ.
–––––
Freytag früh [8. Mai].
Wilhelm, Du bist ein Schalk, ein Schelm und der leibhaftige Schlegel. Wir haben uns ganz königlich über Dich ergötzt und ich gestehe, ich möchte Dich jetzt mündlich necken können, ich weiß mich vor Neckelust kaum zu lassen. Schelling sagt gestern: was mag Schlegel bey Goethe für ein Briefchen eingelegt haben mit einem sehr zierlichen Rand und Aufschrift ‒ es muste von einer Frau kommen usw. In dem Augenblick fällt mir ein, das ist von Unzelinchen und Unzelinchen will nach Weimar kommen. Schlegel hat mir einmal flüchtig geschrieben, sie hofte mich zu sehn, ja es paßt alles zusammen, er bleibt so lange in Berlin, bis er sie her begleiten kann, will mich mit der kleinen Fee überraschen, hat mir sogar anbefohlen, ich soll das Haus schön machen ‒ o Du listiger, und nun bin ich noch viel viel listiger und komme hinter alles. Unzelinchen hat sich in aller Stille mit Hülfe ihres Geheimenrathes an den Geheimenrath gewandt, bey dem war aber sein Geheimerrath und der hat es der Frau Räthin glücklich vertraut, und wir haben den schönsten Spaß von der Welt. Schreib nur gleich, wie es ist, es wäre ein Jammer, wenn ich mich betröge, wir haben schon die besten Plane gemacht, daß eine ganz gräuliche Verwirrung entstehn soll, besonders sehr viel Eifersucht, Luise will nehmlich eifersüchtig auf Dich seyn, und darin hat sie was gethan, wie Du weist. Schelling will Unzelinchen anbeten, es soll kein Mensch wissen, wo ihm der Kopf steht. Sie dachten ihn uns zu verdrehen, aber, mein Herr, die Feenschaft sitzt nicht in jenen blauen Augen allein.
Ich wollte Dir schon schreiben, mit dem schönmachen im Hause, das würde sich eben nicht sehr thun lassen. Wir sind bis daher froh es gereinigt zu haben in den Winkeln, und mein guter Geist, der ganz daraus gewichen war, soll wohl bald wieder herein kommen, jedoch ohne Schmuck vors erste. Du kanst besonders denken, daß die Wände etwas schäbicht aussehn, woran niemand schuld hat als die Zeit, und eben diese kann ich für mich so allein nicht unternehmen zu erneuern. Wir müssen uns darüber auf alle Weise ein wenig berathschlagen, wozu ich Deine Ankunft erwartete. Blos übermahlen mit dem nehmlichen Grün mag ich meine Stube nicht lassen. Behalte ich sie und wir wollen etwas daran wenden, so muß sie hübscher werden. Besonders arg sehn indessen das Zimmer in der Ecke und das Deinige aus und ich will wirklich darüber mit dem Mahler sprechen, ist das Objekt nicht groß, so will ich die noch geschwind übermahlen lassen. ‒ Das thut mir weh, daß ich noch kein Fleckchen habe, wo ich Augustens Bild verwahren möchte; das große Zimmer ist so offenbar, aus dem in der Ecke kann ich die Kupferstiche der Wand wegen nicht nehmen; und wo dieses Bild ist, soll kein anders seyn. Melde mir mit ein paar Worten, wie weit ich mit meinen Anstalten gehn darf. Die Hauptsache für meinen Schlegel ist doch, daß er wieder mit seinen Finanzen in Ordnung kommt, und deswegen habe ich auch nichts als das allernöthigste kleine Geräth wieder gekauft. Indessen in der Idee, daß es sich mit Unzeline so verhält und ihre Gegenwart uns eine Gesellschaft zu geben nöthig machen könnte, will ich doch wirklich noch heut nach Braunschweig schreiben und das Porcelan einigermaßen ergänzen lassen. Es braucht nicht gleich bezahlt zu werden. Wenn Du im Stande dazu wärest, so könntest Du mir Tassen aus Berlin mitbringen ‒ wenn es nur 6 sind, nach jetziger Sitte alle verschieden. Ich hatte 12 schlichte weiße, wovon blos die zwar noch zu brauchen sind, die ich mit mir genommen hatte, ich hatte noch andre, es ist alles zum Teufel, mit Respekt zu melden, auch mein Dintefaß von Porcelan, das haben sie ihm vermuthlich hinter drein an den Kopf geworfen. ‒ Die Überzüge über Sopha und Stühle sind durchgängig zerlumpt, das hat auch die Zeit gethan, denn selbiges Zeug hab ich schon in meiner allerersten Wirthschaft gehabt. Man wird mir aus Harburg Kattun in Stücken schicken, den ich durch einen gewissen Kanal viel wohlfeiler bekomme und der ganz modern ist.
Die Mutter befindet sich besser, aber sie schlägt die Hände über den Kopf zusammen wegen meines Bruders heilloser Erziehung seiner Jungen, die p. und k. können, wo es ihnen beliebt.
Emma würde charmant seyn, wenn ihre Mutter charmanter wäre. Ich muß sie dann und wann auf Deine Stube führen und auf den Rei[t]sessel setzen, wobey sie Dich immer nennt und gewiß vor Augen hat. Schelling hat übrigens beyden doch das Herz abgewonnen und Luise hat sich ihm gestern Abend, da er Gespenstergeschichten erzählte, tout à fait in die Arme vor Furcht und der Zärtlichkeit, die aus Furcht entstehn soll, geworfen. Es wäre gar nicht übel, wenn Du Dir ihre Aprivoisation angelegen seyn ließest; Wiedemann würde es gut bekommen.
Der Rose will ich ein besonders Capitel hiermit widmen. Ich weiß von keinem Liebhaber, weder verschmäheten noch unverschmäheten. Wenn sie nicht mehr davon weiß, so steht es gut mit ihr. Ich bin ihr gut, sie ist mir sehr ergeben und auch aktiv, nur nicht recht aufmerksam. Ich sehe sie an wie zu uns gehörig. Sie fragt wohl eben nicht nach Dir, aber ich denke, das geschieht nicht etwa, weil sie gar nichts nach Dir früge, sie ist nur eben pflegmatisch. Die Braunschweigerin ist keine außerordentliche Köchin. Wir müssen selbst an den Heerd. Es ist theuer hier, ungeachtet der Leere. Wir haben meine alten Rechnungen verglichen, in vielen Stücken beträgt es das Doppelte, wie die Preise gestiegen sind. Seit einigen Tagen lasse ich für Schelling mit kochen, er läßt es holen, zuweilen kommt er selbst. Ich halte dieses für eine Christenpflicht seiner Gesundheit wegen; das Essen ist doch erbärmlich, was man so bekommt, und ein einzelner Mann hier überhaupt schlecht daran. Übrigens werd ich nichts einrichten, was Dich bey Deiner Ankunft geniren könnte oder wieder aufgehoben werden müßte. ‒ Ich habe die beruhigendsten Hofnungen, wenn wir nur erst alle wieder zum Stehen gekommen sind.
–
Über Nicolai sagte ich Dir wohl noch nichts. Deine cavaliere Vorrede macht einen artigen Contrast mit der gründlichen Behandlung und schweren Cavallerie inwendig. Fichte ist denn doch immer tüchtig ernsthaft. Wie werden sie nun schreyen, Du wirst Dich kaum zeigen dürfen.
–
Wann und wo wird der Druck des Taschenbuchs angefangen? Ich weiß nicht recht, was Tiek diesen Winter gemacht hat. Daß Du nicht immer Deine Zeit anwendetest, wenn auch mit Waschen und Kämmen und coquettiren Stunden darauf gehn, darüber ist mir nicht bange. Nicht deswegen treibe ich Dich an zu kommen, nur weil ich Dich so gern wiedersehn möchte. Aber ich sehe ein, daß Du nicht eher kommen kannst ‒ bis es Zeit ist.
Ich bin nur froh hier das erste überstanden zu haben, und verlasse mich für das Zukünftige ruhig auf Deine Freundschaft und die stille Gewalt meines eignen guten Gemüths. Diese werden schon wieder etwas bilden, ein Hüttchen anbauen unter den Trümmern alter Herrlichkeit. O mein Freund, ich bauete oft und riß oft ein. Dieses sind nun die lezten Zweige, Zweige der weinenden Weide, die ich über meinen Haupt zusammen flechte, um unter ihren Schatten den Abend zu erwarten.
Vermehren liegt schmerzlich krank an seinen Allmanach. Wenn man doch das Volk zum Hacken und Graben bringen könnte. Er hat Becker eingeladen ihm was zu schicken und ihm zugleich ein ganz Convolut eigner Poesien zum billigen Tausch eingesendet, erzählt mir Gries, der sich gleichsam erkundigte, ob ihr Beyträge nähmet, was ich auf allen Fall verneinte und von einer geschloßnen Gesellschaft sprach. Man muß gewiß die Dilettanten in keinem Fache begünstigen. Daß jedermann kann Verse machen ‒ mich ausgenommen ‒ glaub ich mehr und mehr. Denk, Carl Schelling hat ein Buch von Ariost in Stanzen übersetzt ‒ erst in Jamben, worüber ihn sein Bruder ausgehunzt hat, und ihn auch über die Stanzen anfährt. Sonst ist es ein braver gescheuter Junge und etwas weniger dickschwäbisch.
Kochen hat hier das Feld geräumt, aber man hört sonst von allerley Kropzeug.
Abends.
Schelling liebt den Fortunat auch. Er spricht davon, wie Du die Nordische Balladen Grundidee mit der bestraften Untreue so schön eingekleidet und mit purpurnen Rosen umkleidet hast, er findet besonders den Periodenbau ganz im besten Romanzenstyl und dies hat ihn überhaupt weit mehr getroffen wie der wandernde Jude.
Noch etwas von der Oekonomie. Es ist kein Tropfen Wein im Hause, Keller, Boden. Soll ich Ungarischen rothen von Salzburg verschreiben?
Die Sander stellt sich wie eine kleine Närrin in Leipzig an, sie will durchaus her und ihren Freund Goethe sehn, wie sie spricht, ihren Liebling. Sie wolte zu Loders und da drey Wochen logiren, das hat Hannchen durch manche Cabale abgelehnt, und die Loder war sehr froh darüber, das Persönchen hat es auch nicht verhehlt, daß sie blos Goethes wegen kommen wollte, sie denkt auch noch sich einzufinden.
Lebe wohl, wohl und laß Dich die Zeit nicht dauren, die Du bey diesem langen Brief zubringst. Ich begehre nur kurze.
Diesen Morgen, mein lieber Schlegel, kann ich Dir nur blos von mir sagen, daß mich Dein unglücklicher Fortunat entzückt hat. Gestern Abend hatte mir Gries (der blos zu solchen Dingen taugt) die Marie Stuart gebracht, und da wir diese angefangen hatten zu lesen, wollt ich ihn in solcher schlechten Stimmung noch nicht mittheilen, und ihn mir auch erst allein vorlesen. Sage, mein Lieber, wo hast Du den nun wieder hergenommen? Er ist so fantastisch, so zart schauerlich und lieblich schreckenvoll, und erst drücken die Assonanzen die Ahndung hievon so gut aus, dann der Reim den entscheidenden Moment des nahenden Todes unter den Rosen. Ich bin ganz und gar davon eingenommen und mag mir eben deswegen nichts erschöpfen und nichts abschöpfen mit einer Analyse. Den Namen Fortunat hat Dir Fortuna selber eingegeben. Dichte nur, trachte so fort! Dies ist eines von denen Gedichten, wovon mir der Eindruck immer bleiben, immer wieder der erste seyn wird. Kann man im Thiergarten auf so zauberliche Gedanken kommen? Wenn mir es jemand angriffe, der hätte mit mir zu thun, aber Du, mein Schatz, hast eine schlechte Sache zu vertheidigen gehabt, wie Du gegen Tiek über Maria Stuart strittest. Es ist wahrlich nicht besser wie der Wallenstein ‒ ja der gesammte schlechtere Wallenstein spricht einem daraus an. Die wenigen lyrischen Stellen sind hübsch ‒ o ja ‒ aber mit dem Ganzen schlecht verbunden. Das Interesse für Maria ist durchgehends zu sehr geschwächt, es sieht aus, als sollte das objektiv gemeint seyn, aber ist nichts ächtes damit, blos nachgemachte Patent-Objektivität. Denken kann ich mir wohl, daß es sich auf dem Theater ganz gut macht. Die Szene, wo Melvil sein priesterlich Haupt entblößt, ist eine der vorzüglichsten und eine sehr gute Schlußerscheinung der Maria. Der lezte Auftritt endet genau wie beym Wallenstein mit einem Epigramm ‒ Fürst Piccolomini! „Lord Lester schift nach England“. ‒ Das Politische darinn hat auch die Deutlichkeit einer Deduktion nicht los werden können, und ich versichre Dich, ich habe bey dieser ersten Lektüre, wo die Neugierde mit geschäftig war, nicht einiger Langeweile entgehn können. ‒ Wie fällt Mortimer mit seiner Catholizität wie mit der Thür ins Haus! Er müßte durchaus nicht psychologisch darthun, wie er katholisch geworden ist, sondern blos mit Eifer aussprechen: ich bins. Ja, mein Freund, mir ist es ganz klar, daß alles poetische Drum und Dran dieses Stückes in der Summe keine Poesie macht.
Was hofst Du nun vom Mädchen von Orleans? Ich habe die taube Nuß, den Gries, wieder befragt, und da es angenehm ist über etwas, das man nur halb weiß, zu reden, als wüste man es ganz, so will ich Dir so viel davon sagen, es ist doch nichts als eine sentimentale Jeanne dʼArc. Sie ist tugendhaft und verliebt, sie glaubt sich wirklich inspirirt (nun das wär gut) und es gehen auch Zaubereyen vor. Allein denke Dir den Gräuel, sie wird nicht verbrannt, sie stirbt an ihren Wunden auf dem Bette der Ehren. Eine alte Königin Isabeau, die gegen ihren Sohn Carl mit den Engländern kriegt (wie Gries berichtet), bekommt sie in ihre Gewalt; sie wird mit sechsfachen Ketten an einen Baum fest gebunden, indessen geht die Schlacht weiter fort und irgend jemand, der auf einen Hügel steht, erzählt der Isabeau, wie es geht und daß Carl in Gefahr ist. Jeanne geräth darüber in heiligen Wahnsinn und die Ketten fallen von ihr ab auf ihr Gebet, sie fliehet hinweg um den König zu retten, und dabei bekommt sie dann die Todeswunde. Stanzen sind darinn, allein sonstige Unregelmäßigkeiten will Gries nicht gehört haben. Auch nichts von der Genoveva, mehr von Shakesp. Er wird sich darinn wohl verhört haben. Ich muß übrigens sagen, daß das, was ihr in Maria Tiekisch fandet, mir gar nicht so vorgekommen ist. Wie Maria ins Freye komt, so ist da eine Art von Cantate, die mich eher an Rammlers Ino erinnert haben würde. ‒ Schiller las das Stück den Schauspielern vor in der Absicht es gleich aufführen zu lassen, vielleicht komt es nun doch für jetzt nicht dazu wegen des zu starken Personale. Man studirt Nathan ein. ‒ Gries meint auch noch, die Pucelle von Voltaire sey ihm oft störend eingefallen, die Schiller auch viel dabey studirt hat, doch läßt sich schwerlich entscheiden, ob sie Schiller oder Griesen Streiche gespielt hat. Bey dem Shakesp. könnte sie mir nie einfallen. Es ist hübsch, daß diese Übersetzung eben zugleich erscheint. Von Schiller komt diese Messe viel zum Vorschein, auch der Macbeth. Tröste Dich nun, daß Woltmann mehr weiß als Du! Du weißt ja, daß Schiller bis auf diesen Augenblick das Sujet niemanden vertraut hatte. Dafür kennst Du nun seinen Embryo, Don Juan, darfst aber blos in geheimnißvollen Winken darüber offenbar werden.
Hier sind noch zwey Zeilen, die den ersten Act schließen ungefähr:
‒ ich will
Zu Hülfe eilen Frankreichs Heldensöhnen
Und Rheims befreyn und meinen König krönen.
Mir geben sie Licht genug. ‒ Ich wünschte den Tancred zu lesen; darin sollen die Jamben und hinzugefügten Schlußstellen ungemein schön seyn.
Goethe ist hier. Schelling war gestern den ganzen Morgen bey ihm und fuhr mit ihm aus, kam auch ganz ermüdet von scherz und ernsthaften Reden bey uns an. Er hatte sich eben auf das angelegentlichste nach Dir und Deinem Thun und Treiben erkundigt und wann Du kämest, als ich das Packet hinschickte. S. erzählte ihm Deine Händel mit Unger, er las Deinen Brief und sagte: nun, er scheint doch recht vergnügt und wohl zu seyn und es freut mich ihn bald zu sehn. Er wird nicht lange bleiben. Den Nicolai hatte er noch nicht gelesen, er war gleich in Schillers Hände gekommen. Ein vollständig Exemplar habe ich nicht für ihn erhalten und Schelling muß ihm das seinige mittheilen. ‒ Der Herzog ist in dieser Woche unvermuthet zu Loder gekommen und hat bey ihm gegessen, worüber L. über und über stralend geworden, und mir auch gestern früh eine Stundenlange Aufwartung gemacht hat. Die Lodern war schon zweymal bey mir; Hannchen kam von Leipzig zurück, wo sie bey Tischbeins logirte, und brachte mir viele Grüße nebst einigen Klagen von Caroline, daß Du ihr nicht geantwortet, was ich sogleich thun werde. Carolinens Stimme soll ins bewunderswürdige gehn, Betsy darf jezt wenig singen, sie hat Brustschmerzen und eine solche Reizbarkeit, daß sie Stundenlang über das mindeste, was sie anregt, weint und zittert. Sie ist Mignon, ach ich fürchte, sie wird nicht leben, diese zarten Saiten haben so früh getönt.
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Was die Aufträge in Deinem Brief betrift, so habe ich sie nieder geschrieben und Friedrich geschickt noch gestern Abend, weil er, so viel ich weiß, heute nach Leipzig gereist ist, um die Veit abzuholen.
Mit dem Druckfehler im B. ist es freylich zu spät, ich habe schon ein Exemplar im Hause gehabt, das Friedrich für Schelling geschickt hatte, der Dir danken läßt. ‒ Fr. ließ mir sagen, er wolle alles besorgen. Ich hatte zugleich Deines Wunsches erwähnt Deine Bücher im Hause vorzufinden, denn allerdings sehn die beyden Bücherbrette sehr degarnirt aus, obschon ich nicht anzugeben weiß, was fehlt, nur einiges, was ich suchte, ZB. Müllers Geschichte der Schweiz, war nicht da. Die ließ ich mir holen, weil wir etwas nachsehn wolten wegen Wilh. Tell. ‒ Deinen Fortunat kann ich nun Friedrich nicht eher mittheilen, bis er sich wieder bey mir meldet, doch muß ich das Sonnet auf das Bild holen lassen, wenn ich es demnächst Tiek schicke. Dieser ist in Leipzig gewesen, ob ihn Friedrich noch findet, weiß ich nicht. Es ist recht betrübt, daß ich ihn nicht sehe.
Das einzige Wort, Du wollest in dem persönlichen Verhältniß zwischen Friedrich und mir nicht gegen mich Parthey nehmen, hat mich ganz ruhig gemacht. Weiter begehre ich nichts, obwohl mein Herz einigermaßen voll Unwillens gewesen ist. ‒ Ich sehe noch nicht klar, und begreife nicht, wie es die Veit wirklich hat wagen können, so wenig Rücksicht auf Dich sowohl als mich zu nehmen, so daß ich immer noch zu denken geneigt bin, meine Augen und Ohren betrügen mich. ‒ Deine Bemerkung über die Realität des reellen Schadens ist zwar richtig und ich bemühte mich gleich sie nicht aus der Acht zu lassen, aber ich habe dafür diesen schon fast zu sehr aus der Acht gelassen. Alles, was ich erst wieder herbeyschaffen muste, ist mir schon, als hätte es nicht gefehlt. An Meublen wird nun außer einem Tisch alles da seyn. Mit dem Ersaz fordern weißt Du, wie es ist. Kann ich behaupten, ihr habt mir so und so viel Dutzend Teller zerbrochen, da Mad. Veit nichts förmlich übergeben worden ist? Freylich sind jetzt nur 2 Dutzend da, statt 10 Dutzend, mit denen ich anfing, und wir haben denn doch bis zulezt noch große Gesellschaft mit dem Porcelan bewirthen können. So sagt auch Rose, es wären noch viel Gläser dagewesen, nur zwey zerstoßne, item die Tassen und die blauen Glascompotieren zerbrochen! Meine Klage über den Verlust anderes Hausgeräthes als Körbe etc. beantwortete mir Friedrich mit einer Denunciation von Lenens Untreue, aber wie Rose wegging, waren diese Sachen da. ‒ Auf keine Weise möcht ich in eine Erörterung mit der Veit mich einlassen. Das müste eine gemeine Geschichte werden, also bis wir, Du und ich, uns sprechen können, laß alles gehn, wie es geht. ‒ Rose sagt, die Veit habe immer das Essen durchaus auf den porcelan Tellern gewärmt haben wollen, und da wären sie gesprungen. ‒ Alles dieses sind aber, höchstens in die Augen fallende, Kleinigkeiten gegen ganz andre Beschwerden.
Ich versichre Dir, Schelling ging mit der Idee von Bamberg weg Friedrich zu sehen, nur war das erste, was ihm hier entgegen kam, jener feindseliges Verfahren gegen mich. Ich überzeuge mich auch vollkommen jetzt, daß es keine Grille damit war, und einmal angenommen, daß mein Zutrauen gegen die Veit zu weit ging, kann ich es auch erklären. Sie strebt mit einem starken Misgefühl ihrer Nationalität nach einer bürgerlichen, wenigstens geselligen Existenz und auf den Ruin, den ich über mich gebracht hatte, dachte sie sich zu gründen. So hat sie mich durch Wahrheit und Verläumdung Preis gegeben gegen die Paulus zuerst, bey der das den besten Boden fand, den neidischen. Weiterhin ist das Mittheilungssystem immer stärker eingerißen, wie es darauf ankam, theils von Friedrichs Seite den Zirkel der Freunde im Guten zu vergrößern, theils sich Parthie zu machen, und schlechtes Volk in solcher Absicht nicht zu verschmähn. Würden wir wohl je Winkelmann, Vermehren und dergl. Leute so täglich in unsrer Nähe geduldet haben, und Paulus als Freund besitzen wollen, der doch den allerverächtlichsten Charakter von der Welt nicht verleugnen kann, oder Fromman als Protektor? Läßt sich Gemeinheit gänzlich verbannen unter derley Umgebungen? Und in einer höhern Hinsicht ‒ Sollte man die zudringlichen Dilettanten und miserablen Wesen zulassen in der Hoffnung einen wahrhaft geweiheten Kreis zu erweitern? Ich weis, was Friedrich verführt hat: der ihm fremde Genuß einer gewissen Art von Popularität. Er lebte mit seinen fast leidenschaftlichen Hange zur Geselligkeit immer isolirt. Und dann ‒ ich darf es sagen, weil es eine Zeit gab, wo ich in sein innerstes Herz geschaut habe ‒ er ist nicht ohne Rachsucht; er glaubte sich an Schelling rächen zu müssen, der doch in der That blos auf sein Verfahren von ihm abfiel ‒ und alles dieß trübe Wesen hat ihm seine Erinnerung meiner und seiner verdunkelt, ihn verstockt. ‒ Ich warte nur darauf, ob er sich denn gegen Dich auch gar nicht erklärt, um den Brief zurückzufordern. Freylich wäre es mir lieber, wenn Du es thätest blos als Auftrag von mir, und versiegelt. Lesen kannst Du ihn dann, wenn er ihn unbeantwortet giebt; er ist keinesweges geschrieben, um vor Deine Augen zu kommen, allein ich kann doch für mich nichts dagegen haben.
Er schickt eben noch einen Zettel, er werde alles besorgen, nebst dem lezten Tisch, und ist diesen Morgen abgereißt ohne mich etwa wegen irgend eines Geschäftes nach Leipzig zu befragen oder um etwas für Tischbeins. Daß Mad. Veit nicht zu mir kommt, ist meinen Wünschen gemäß, obgleich Deiner Erwartung schwerlich. Du solst sehn, sie wird es nicht thun, wie doch nun ohne Frage in der Ordnung wäre. Sie hat sich hier schon lange berühmt, sie wolle mich nicht sehn. Diese Person, die keinen Menschen hier gesehn haben würde ohne mich, und der ich alle Bedenklichkeiten aufopferte. Ich rede gegen niemand ein Wort, aber daß diese Spannung sich andrerseits in Worten geäußert, seh ich ganz deutlich ‒ denn sag, woher sollte Winkelmann sie wißen, der schon in Braunschweig gegen Luisen darauf anspielte, woher die Fromman, indem sie gar nicht voraussezte, daß ich Friedrich gesehn usw. Ich sage Dirs nur zum Beweis, daß diese Dinge keine Chimären sind. Sie sind wirklich mit sich selbst nicht viel diskreter umgegangen, indem ihre Geldnoth oder häusliche Angelegenheiten immer der ganzen Societät bis zu den Studenten herunter bekannt waren. Ja Friedrich hat von Brentano Geld begehrt, der ihm keines geben konnte. Die Quelle, aus der ich dieses weiß, will ich Dir mündlich sagen, und von diesem Augenblick überhaupt nichts mehr schriftlich hierüber als die nothwendigsten Thatsachen, wie sie sich fernerhin ereignen, denn es muß und kann Dir nicht anders wie höchst fatal seyn, und Du must es nur der Nothwendigkeit für mich, Dich zu unterrichten, zu gut halten, daß ich mich einließ.
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Freytag früh [8. Mai].
Wilhelm, Du bist ein Schalk, ein Schelm und der leibhaftige Schlegel. Wir haben uns ganz königlich über Dich ergötzt und ich gestehe, ich möchte Dich jetzt mündlich necken können, ich weiß mich vor Neckelust kaum zu lassen. Schelling sagt gestern: was mag Schlegel bey Goethe für ein Briefchen eingelegt haben mit einem sehr zierlichen Rand und Aufschrift ‒ es muste von einer Frau kommen usw. In dem Augenblick fällt mir ein, das ist von Unzelinchen und Unzelinchen will nach Weimar kommen. Schlegel hat mir einmal flüchtig geschrieben, sie hofte mich zu sehn, ja es paßt alles zusammen, er bleibt so lange in Berlin, bis er sie her begleiten kann, will mich mit der kleinen Fee überraschen, hat mir sogar anbefohlen, ich soll das Haus schön machen ‒ o Du listiger, und nun bin ich noch viel viel listiger und komme hinter alles. Unzelinchen hat sich in aller Stille mit Hülfe ihres Geheimenrathes an den Geheimenrath gewandt, bey dem war aber sein Geheimerrath und der hat es der Frau Räthin glücklich vertraut, und wir haben den schönsten Spaß von der Welt. Schreib nur gleich, wie es ist, es wäre ein Jammer, wenn ich mich betröge, wir haben schon die besten Plane gemacht, daß eine ganz gräuliche Verwirrung entstehn soll, besonders sehr viel Eifersucht, Luise will nehmlich eifersüchtig auf Dich seyn, und darin hat sie was gethan, wie Du weist. Schelling will Unzelinchen anbeten, es soll kein Mensch wissen, wo ihm der Kopf steht. Sie dachten ihn uns zu verdrehen, aber, mein Herr, die Feenschaft sitzt nicht in jenen blauen Augen allein.
Ich wollte Dir schon schreiben, mit dem schönmachen im Hause, das würde sich eben nicht sehr thun lassen. Wir sind bis daher froh es gereinigt zu haben in den Winkeln, und mein guter Geist, der ganz daraus gewichen war, soll wohl bald wieder herein kommen, jedoch ohne Schmuck vors erste. Du kanst besonders denken, daß die Wände etwas schäbicht aussehn, woran niemand schuld hat als die Zeit, und eben diese kann ich für mich so allein nicht unternehmen zu erneuern. Wir müssen uns darüber auf alle Weise ein wenig berathschlagen, wozu ich Deine Ankunft erwartete. Blos übermahlen mit dem nehmlichen Grün mag ich meine Stube nicht lassen. Behalte ich sie und wir wollen etwas daran wenden, so muß sie hübscher werden. Besonders arg sehn indessen das Zimmer in der Ecke und das Deinige aus und ich will wirklich darüber mit dem Mahler sprechen, ist das Objekt nicht groß, so will ich die noch geschwind übermahlen lassen. ‒ Das thut mir weh, daß ich noch kein Fleckchen habe, wo ich Augustens Bild verwahren möchte; das große Zimmer ist so offenbar, aus dem in der Ecke kann ich die Kupferstiche der Wand wegen nicht nehmen; und wo dieses Bild ist, soll kein anders seyn. Melde mir mit ein paar Worten, wie weit ich mit meinen Anstalten gehn darf. Die Hauptsache für meinen Schlegel ist doch, daß er wieder mit seinen Finanzen in Ordnung kommt, und deswegen habe ich auch nichts als das allernöthigste kleine Geräth wieder gekauft. Indessen in der Idee, daß es sich mit Unzeline so verhält und ihre Gegenwart uns eine Gesellschaft zu geben nöthig machen könnte, will ich doch wirklich noch heut nach Braunschweig schreiben und das Porcelan einigermaßen ergänzen lassen. Es braucht nicht gleich bezahlt zu werden. Wenn Du im Stande dazu wärest, so könntest Du mir Tassen aus Berlin mitbringen ‒ wenn es nur 6 sind, nach jetziger Sitte alle verschieden. Ich hatte 12 schlichte weiße, wovon blos die zwar noch zu brauchen sind, die ich mit mir genommen hatte, ich hatte noch andre, es ist alles zum Teufel, mit Respekt zu melden, auch mein Dintefaß von Porcelan, das haben sie ihm vermuthlich hinter drein an den Kopf geworfen. ‒ Die Überzüge über Sopha und Stühle sind durchgängig zerlumpt, das hat auch die Zeit gethan, denn selbiges Zeug hab ich schon in meiner allerersten Wirthschaft gehabt. Man wird mir aus Harburg Kattun in Stücken schicken, den ich durch einen gewissen Kanal viel wohlfeiler bekomme und der ganz modern ist.
Die Mutter befindet sich besser, aber sie schlägt die Hände über den Kopf zusammen wegen meines Bruders heilloser Erziehung seiner Jungen, die p. und k. können, wo es ihnen beliebt.
Emma würde charmant seyn, wenn ihre Mutter charmanter wäre. Ich muß sie dann und wann auf Deine Stube führen und auf den Rei[t]sessel setzen, wobey sie Dich immer nennt und gewiß vor Augen hat. Schelling hat übrigens beyden doch das Herz abgewonnen und Luise hat sich ihm gestern Abend, da er Gespenstergeschichten erzählte, tout à fait in die Arme vor Furcht und der Zärtlichkeit, die aus Furcht entstehn soll, geworfen. Es wäre gar nicht übel, wenn Du Dir ihre Aprivoisation angelegen seyn ließest; Wiedemann würde es gut bekommen.
Der Rose will ich ein besonders Capitel hiermit widmen. Ich weiß von keinem Liebhaber, weder verschmäheten noch unverschmäheten. Wenn sie nicht mehr davon weiß, so steht es gut mit ihr. Ich bin ihr gut, sie ist mir sehr ergeben und auch aktiv, nur nicht recht aufmerksam. Ich sehe sie an wie zu uns gehörig. Sie fragt wohl eben nicht nach Dir, aber ich denke, das geschieht nicht etwa, weil sie gar nichts nach Dir früge, sie ist nur eben pflegmatisch. Die Braunschweigerin ist keine außerordentliche Köchin. Wir müssen selbst an den Heerd. Es ist theuer hier, ungeachtet der Leere. Wir haben meine alten Rechnungen verglichen, in vielen Stücken beträgt es das Doppelte, wie die Preise gestiegen sind. Seit einigen Tagen lasse ich für Schelling mit kochen, er läßt es holen, zuweilen kommt er selbst. Ich halte dieses für eine Christenpflicht seiner Gesundheit wegen; das Essen ist doch erbärmlich, was man so bekommt, und ein einzelner Mann hier überhaupt schlecht daran. Übrigens werd ich nichts einrichten, was Dich bey Deiner Ankunft geniren könnte oder wieder aufgehoben werden müßte. ‒ Ich habe die beruhigendsten Hofnungen, wenn wir nur erst alle wieder zum Stehen gekommen sind.
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Über Nicolai sagte ich Dir wohl noch nichts. Deine cavaliere Vorrede macht einen artigen Contrast mit der gründlichen Behandlung und schweren Cavallerie inwendig. Fichte ist denn doch immer tüchtig ernsthaft. Wie werden sie nun schreyen, Du wirst Dich kaum zeigen dürfen.
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Wann und wo wird der Druck des Taschenbuchs angefangen? Ich weiß nicht recht, was Tiek diesen Winter gemacht hat. Daß Du nicht immer Deine Zeit anwendetest, wenn auch mit Waschen und Kämmen und coquettiren Stunden darauf gehn, darüber ist mir nicht bange. Nicht deswegen treibe ich Dich an zu kommen, nur weil ich Dich so gern wiedersehn möchte. Aber ich sehe ein, daß Du nicht eher kommen kannst ‒ bis es Zeit ist.
Ich bin nur froh hier das erste überstanden zu haben, und verlasse mich für das Zukünftige ruhig auf Deine Freundschaft und die stille Gewalt meines eignen guten Gemüths. Diese werden schon wieder etwas bilden, ein Hüttchen anbauen unter den Trümmern alter Herrlichkeit. O mein Freund, ich bauete oft und riß oft ein. Dieses sind nun die lezten Zweige, Zweige der weinenden Weide, die ich über meinen Haupt zusammen flechte, um unter ihren Schatten den Abend zu erwarten.
Vermehren liegt schmerzlich krank an seinen Allmanach. Wenn man doch das Volk zum Hacken und Graben bringen könnte. Er hat Becker eingeladen ihm was zu schicken und ihm zugleich ein ganz Convolut eigner Poesien zum billigen Tausch eingesendet, erzählt mir Gries, der sich gleichsam erkundigte, ob ihr Beyträge nähmet, was ich auf allen Fall verneinte und von einer geschloßnen Gesellschaft sprach. Man muß gewiß die Dilettanten in keinem Fache begünstigen. Daß jedermann kann Verse machen ‒ mich ausgenommen ‒ glaub ich mehr und mehr. Denk, Carl Schelling hat ein Buch von Ariost in Stanzen übersetzt ‒ erst in Jamben, worüber ihn sein Bruder ausgehunzt hat, und ihn auch über die Stanzen anfährt. Sonst ist es ein braver gescheuter Junge und etwas weniger dickschwäbisch.
Kochen hat hier das Feld geräumt, aber man hört sonst von allerley Kropzeug.
Abends.
Schelling liebt den Fortunat auch. Er spricht davon, wie Du die Nordische Balladen Grundidee mit der bestraften Untreue so schön eingekleidet und mit purpurnen Rosen umkleidet hast, er findet besonders den Periodenbau ganz im besten Romanzenstyl und dies hat ihn überhaupt weit mehr getroffen wie der wandernde Jude.
Noch etwas von der Oekonomie. Es ist kein Tropfen Wein im Hause, Keller, Boden. Soll ich Ungarischen rothen von Salzburg verschreiben?
Die Sander stellt sich wie eine kleine Närrin in Leipzig an, sie will durchaus her und ihren Freund Goethe sehn, wie sie spricht, ihren Liebling. Sie wolte zu Loders und da drey Wochen logiren, das hat Hannchen durch manche Cabale abgelehnt, und die Loder war sehr froh darüber, das Persönchen hat es auch nicht verhehlt, daß sie blos Goethes wegen kommen wollte, sie denkt auch noch sich einzufinden.
Lebe wohl, wohl und laß Dich die Zeit nicht dauren, die Du bey diesem langen Brief zubringst. Ich begehre nur kurze.