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Zugleich fühlte ich eine Art von Verlegenheit, in einem so langen Zeitraume keine einzige noch so kleine Probe von litterarischem Fleiße gegeben zu haben, welches mir doch durch meine Lage gänzlich unmöglich gemacht wurde.<lb/>Jetzt, da mich zwar nicht der Sturm der Revolution (denn diesen konnte ich als Zuschauer für meine Person sehr unbesorgt abwarten) wieder nach Teutschland zurückgetrieben, aber da doch die Umstände der Zeit meinen <anchor type="b" n="1378" ana="10" xml:id="NidB54252"/>dortigen<anchor type="e" n="1378" ana="10" xml:id="NidE54252"/> Verhältnissen in mancher Hinsicht eine andere Wendung gegeben, <milestone unit="start" n="3261"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="3261"/> und mich bewogen haben, sie früher aufzuheben, jetzt kehre ich mit doppeltem Eifer und ungetheilter Muße zu den Wissenschaften zurück, die in Holland meine liebste und fast meine einzige Erhohlung ausmachten. <anchor type="b" n="6716" ana="16" xml:id="NidB53531"/>Meine Absicht ist, mich fürs erste ganz eignen litterarischen Arbeiten zu widmen.<anchor type="e" n="6716" ana="16" xml:id="NidE53531"/> Vielleicht ist Ihnen etwas von <anchor type="b" n="2747" ana="12" xml:id="NidB31147"/><anchor type="b" n="4964" ana="12" xml:id="NidB31146"/>meinen Beyträgen zu <anchor type="b" n="1038" ana="13" xml:id="NidB31145"/>der Zeitschrift <anchor type="b" n="88" ana="11" xml:id="NidB31144"/>des Herrn Schiller<anchor type="e" n="88" ana="11" xml:id="NidE31144"/><anchor type="e" n="1038" ana="13" xml:id="NidE31145"/><anchor type="e" n="4964" ana="12" xml:id="NidE31146"/><anchor type="e" n="2747" ana="12" xml:id="NidE31147"/> vorgekommen. 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class="notice-3260 ">[1]</span> <span class="index-60 tp-31141 ">Braunschweig</span> d. 24 Sept. 1795<br>Werthester Herr Hofrath!<br>Meine Rückkehr in das Vaterland fodert mich von Neuem lebhafter auf, Ihnen ein Gefühl zu äußern, das durch die Weite oder Dauer meiner Entfernung nie im geringsten geschwächt werden konnte: das Gefühl von allem dem, was ich seit so vielen Jahren Ihrer Leitung, Ihrem Rathe und Ihrem Beystande verdanke. Mein Stillschweigen rührte nur daher, daß ich Ihnen nicht mit Briefen lästig fallen mochte, die an unterhaltenden Nachrichten nothwendig arm seyn mußten. Zugleich fühlte ich eine Art von Verlegenheit, in einem so langen Zeitraume keine einzige noch so kleine Probe von litterarischem Fleiße gegeben zu haben, welches mir doch durch meine Lage gänzlich unmöglich gemacht wurde.<br>Jetzt, da mich zwar nicht der Sturm der Revolution (denn diesen konnte ich als Zuschauer für meine Person sehr unbesorgt abwarten) wieder nach Teutschland zurückgetrieben, aber da doch die Umstände der Zeit meinen <span class="index-1378 tp-54252 ">dortigen</span> Verhältnissen in mancher Hinsicht eine andere Wendung gegeben, <span class="notice-3261 ">[2]</span> und mich bewogen haben, sie früher aufzuheben, jetzt kehre ich mit doppeltem Eifer und ungetheilter Muße zu den Wissenschaften zurück, die in Holland meine liebste und fast meine einzige Erhohlung ausmachten. <span class="cite tp-53531 ">Meine Absicht ist, mich fürs erste ganz eignen litterarischen Arbeiten zu widmen.</span> Vielleicht ist Ihnen etwas von <span class="index-2747 tp-31147 index-4964 tp-31146 ">meinen Beyträgen zu </span><span class="index-2747 tp-31147 index-4964 tp-31146 index-1038 tp-31145 ">der Zeitschrift </span><span class="index-2747 tp-31147 index-4964 tp-31146 index-1038 tp-31145 index-88 tp-31144 ">des Herrn Schiller</span> vorgekommen. Ich habe noch mehreres zu einem Werke über <span class="index-35 tp-31149 ">Dante</span> schon in <span class="index-1378 tp-31148 ">Amsterdam</span> ausgearbeitet, wo mir ein Zufall <span class="index-1025 tp-54253 ">die Bücher</span> dazu verschaffte. Fast war es meinen Wünschen entgegen, diese Stücke so fragmentarisch erscheinen zu lassen: ich wollte alles bis auf <span class="index-8436 tp-70956 index-4086 tp-31170 ">die Vollendung des ganzen Werkes</span> verschieben. Indessen hat mir die Bekanntmachung meiner Arbeit eine so freundschaftliche Aufmunterung von <span class="index-367 tp-31151 ">Herder</span> verschafft, daß Sie mich unmöglich gereuen kann.<br>Bey meinem einstweiligen Aufenthalte hier erfahre ich viel zuvorkommende Güte von den hiesigen Gelehrten, besonders von <span class="index-1045 tp-31152 ">H. Eschenburg</span>, dessen ganze vortreffliche Bibliothek mir offen steht.<br>Gelehrte Neuigkeiten aus Holland wüßte ich Ihnen eben nicht zu melden: es ist jetzt, da alle Geister auf die politischen Vorfälle geheftet sind, wohl ärmer daran als je. <span class="notice-3262 ">[3]</span> <span class="index-2727 tp-31165 index-2740 tp-31166 ">Herrn Wyttenbachs</span><span class="index-2740 tp-31166 "> </span><span class="index-2740 tp-31166 index-1853 tp-31164 ">Plutarch</span> wird fortgedruckt, aber langsam: wer darf sich schmeicheln, daß er die Vollendung des Werkes erleben werde? Nach der Probe, die er mir gezeigt, schien mir der Druck doch gar zu sehr mit Abbreviaturen überhäuft. Desto saubrer ist dagegen <span class="index-5274 tp-31161 ">die Anthologie, welche </span><span class="index-5274 tp-31161 index-2738 tp-31162 ">H. Hieronymo de Bosch</span><span class="index-5274 tp-31161 "> mit der Übersetzung </span><span class="index-5274 tp-31161 index-5275 tp-31163 ">des Hugo Grotius</span><span class="index-5274 tp-31161 "> herausgiebt</span>. <span class="index-8713 tp-54246 ">Die Universität </span><span class="index-8713 tp-54246 index-1738 tp-31153 ">Leiden</span> hat seit einiger Zeit sehr empfindlich gelitten: Theils durch den Tod mehrerer Gelehrten, und zuletzt noch <span class="index-8712 tp-54245 ">des Mathematikers Nieuwland</span>, dessen Andenken <span class="index-8714 tp-54247 ">van Swinden</span> durch <span class="index-8715 tp-54248 ">eine Lobschrift</span> geehrt hat, und dessen Stelle bey meiner Abreise aus Holland noch nicht wieder besetzt war; theils durch die Absetzung dreyer Professoren, und unter Ihnen <span class="index-8716 tp-54249 ">des verdienstvollen Pestel</span>, wegen ihrer politischen Denkart. Sie werden wissen, daß <span class="index-5372 tp-54251 ">einer der Kuratoren, Lestevenon</span>, zu den Häuptern der demokratischen Parthey gehört. <br>Ich weiß nicht, ob ich es wagen darf, <span class="index-2761 tp-31155 ">einen Aufsatz </span><span class="index-2761 tp-31155 index-8 tp-31154 ">meines jüngern Bruders</span><span class="index-2761 tp-31155 "> über die Erziehung, Bildung und Lebensart der Griechischen Frauen (unter dem Titel: </span><span class="index-2761 tp-31155 underline-1 ">über die Diotima</span><span class="index-2761 tp-31155 ">)</span>, in <span class="index-2752 tp-31157 ">der </span><span class="index-2752 tp-31157 index-15 tp-31156 ">Berliner</span><span class="index-2752 tp-31157 "> Monathsschrift</span> 7<span class="offset-4 underline-1 ">tes</span> und 8<span class="offset-4 underline-1 ">tes</span> Stück) Ihrer Aufmerksamkeit zu empfehlen. Ich wünschte recht <span class="notice-3263 ">[4]</span> sehr Ihr Urtheil, und, wo möglich, ein günstiges darüber zu erfahren. <br>Ich habe die Ehre, mich Ihnen, <span class="index-6 tp-78103 ">Ihrer Frau Gemahlin</span> und <span class="index-2710 tp-31159 ">Mademoiselle Tochter</span> auf das angelegentlichste zu empfehlen und bin mit jedem Gefühl der Hochachtung und Ehrerbietung,<br>mein Herr Hofrath<br>Ihr gehorsamster Diener<br>Aug. Wilhelm Schlegel<br>Wohnung: beym <span class="index-2763 tp-31167 ">H. 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Nach dem Besuch des Lyzeums in Chemnitz studierte er ab 1748 an der Universität Leipzig. 1753 erhielt die Stelle eines Kopisten an der Bibliothek des Ministers Brühl in Dresden. Seine Editionen von Tibull und Epiktet aus dieser Zeit fanden große Aufmerksamkeit. Von 1757 bis 1760 fristete er sein Dasein als Hofmeister, später mit Gelegenheitsübersetzungen. 1763 erfolgte die Berufung als Professor für Poesie und Beredsamkeit an die Universität Göttingen; in dieser Funktion war er auch für die Universitätsbibliothek verantwortlich. Als Redakteur machte er die „Göttingischen Anzeigen von gelehrten Sachen“ zu einer der angesehensten Zeitschriften seiner Zeit. Heyne trat zudem mit der Anlage des alphabetischen Nominalkatalogs bibliothekarisch hervor. Auch auf das gelehrte Schulwesen nahm er Einfluss, zahlreiche seiner Schüler prägten das gelehrte Schulwesen Norddeutschlands. 1809 ging Heyne in den Ruhestand. Heyne war Mitglied in dreißig gelehrten Gesellschaften und Akademien des In- und Auslandes. Als klassischer Philologe setzte er Maßstäbe in der Exegese antiker Texte; als herausragend galt seine Homer-Ausgabe (8 Bände, 1802). Heyne setzte sich zudem interdisziplinär mit der antiken Mythenforschung auseinander. Auch seine archäologischen Vorlesungen gelten als Grundstein für die Entwicklung des Faches.', '39_pdb' => 'GND', '39_dbid' => '11855073X', '39_quellen' => 'NDB@https://www.deutsche-biographie.de/gnd11855073X.html#ndbcontent@ ADB@https://www.deutsche-biographie.de/gnd11855073X.html#adbcontent@ WBIS@http://db.saur.de/WBIS/basicSearch.jsf@D581-976-0@ extern@Roger Paulin: August Wilhelm Schlegel. Cosmopolitan of Art and Poetry. 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Mein Stillschweigen rührte nur daher, daß ich Ihnen nicht mit Briefen lästig fallen mochte, die an unterhaltenden Nachrichten nothwendig arm seyn mußten. Zugleich fühlte ich eine Art von Verlegenheit, in einem so langen Zeitraume keine einzige noch so kleine Probe von litterarischem Fleiße gegeben zu haben, welches mir doch durch meine Lage gänzlich unmöglich gemacht wurde.<br>Jetzt, da mich zwar nicht der Sturm der Revolution (denn diesen konnte ich als Zuschauer für meine Person sehr unbesorgt abwarten) wieder nach Teutschland zurückgetrieben, aber da doch die Umstände der Zeit meinen <span class="index-1378 tp-54252 ">dortigen</span> Verhältnissen in mancher Hinsicht eine andere Wendung gegeben, <span class="notice-3261 ">[2]</span> und mich bewogen haben, sie früher aufzuheben, jetzt kehre ich mit doppeltem Eifer und ungetheilter Muße zu den Wissenschaften zurück, die in Holland meine liebste und fast meine einzige Erhohlung ausmachten. <span class="cite tp-53531 ">Meine Absicht ist, mich fürs erste ganz eignen litterarischen Arbeiten zu widmen.</span> Vielleicht ist Ihnen etwas von <span class="index-2747 tp-31147 index-4964 tp-31146 ">meinen Beyträgen zu </span><span class="index-2747 tp-31147 index-4964 tp-31146 index-1038 tp-31145 ">der Zeitschrift </span><span class="index-2747 tp-31147 index-4964 tp-31146 index-1038 tp-31145 index-88 tp-31144 ">des Herrn Schiller</span> vorgekommen. 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[1] Braunschweig d. 24 Sept. 1795
Werthester Herr Hofrath!
Meine Rückkehr in das Vaterland fodert mich von Neuem lebhafter auf, Ihnen ein Gefühl zu äußern, das durch die Weite oder Dauer meiner Entfernung nie im geringsten geschwächt werden konnte: das Gefühl von allem dem, was ich seit so vielen Jahren Ihrer Leitung, Ihrem Rathe und Ihrem Beystande verdanke. Mein Stillschweigen rührte nur daher, daß ich Ihnen nicht mit Briefen lästig fallen mochte, die an unterhaltenden Nachrichten nothwendig arm seyn mußten. Zugleich fühlte ich eine Art von Verlegenheit, in einem so langen Zeitraume keine einzige noch so kleine Probe von litterarischem Fleiße gegeben zu haben, welches mir doch durch meine Lage gänzlich unmöglich gemacht wurde.
Jetzt, da mich zwar nicht der Sturm der Revolution (denn diesen konnte ich als Zuschauer für meine Person sehr unbesorgt abwarten) wieder nach Teutschland zurückgetrieben, aber da doch die Umstände der Zeit meinen dortigen Verhältnissen in mancher Hinsicht eine andere Wendung gegeben, [2] und mich bewogen haben, sie früher aufzuheben, jetzt kehre ich mit doppeltem Eifer und ungetheilter Muße zu den Wissenschaften zurück, die in Holland meine liebste und fast meine einzige Erhohlung ausmachten. Meine Absicht ist, mich fürs erste ganz eignen litterarischen Arbeiten zu widmen. Vielleicht ist Ihnen etwas von meinen Beyträgen zu der Zeitschrift des Herrn Schiller vorgekommen. Ich habe noch mehreres zu einem Werke über Dante schon in Amsterdam ausgearbeitet, wo mir ein Zufall die Bücher dazu verschaffte. Fast war es meinen Wünschen entgegen, diese Stücke so fragmentarisch erscheinen zu lassen: ich wollte alles bis auf die Vollendung des ganzen Werkes verschieben. Indessen hat mir die Bekanntmachung meiner Arbeit eine so freundschaftliche Aufmunterung von Herder verschafft, daß Sie mich unmöglich gereuen kann.
Bey meinem einstweiligen Aufenthalte hier erfahre ich viel zuvorkommende Güte von den hiesigen Gelehrten, besonders von H. Eschenburg, dessen ganze vortreffliche Bibliothek mir offen steht.
Gelehrte Neuigkeiten aus Holland wüßte ich Ihnen eben nicht zu melden: es ist jetzt, da alle Geister auf die politischen Vorfälle geheftet sind, wohl ärmer daran als je. [3] Herrn Wyttenbachs Plutarch wird fortgedruckt, aber langsam: wer darf sich schmeicheln, daß er die Vollendung des Werkes erleben werde? Nach der Probe, die er mir gezeigt, schien mir der Druck doch gar zu sehr mit Abbreviaturen überhäuft. Desto saubrer ist dagegen die Anthologie, welche H. Hieronymo de Bosch mit der Übersetzung des Hugo Grotius herausgiebt. Die Universität Leiden hat seit einiger Zeit sehr empfindlich gelitten: Theils durch den Tod mehrerer Gelehrten, und zuletzt noch des Mathematikers Nieuwland, dessen Andenken van Swinden durch eine Lobschrift geehrt hat, und dessen Stelle bey meiner Abreise aus Holland noch nicht wieder besetzt war; theils durch die Absetzung dreyer Professoren, und unter Ihnen des verdienstvollen Pestel, wegen ihrer politischen Denkart. Sie werden wissen, daß einer der Kuratoren, Lestevenon, zu den Häuptern der demokratischen Parthey gehört.
Ich weiß nicht, ob ich es wagen darf, einen Aufsatz meines jüngern Bruders über die Erziehung, Bildung und Lebensart der Griechischen Frauen (unter dem Titel: über die Diotima), in der Berliner Monathsschrift 7tes und 8tes Stück) Ihrer Aufmerksamkeit zu empfehlen. Ich wünschte recht [4] sehr Ihr Urtheil, und, wo möglich, ein günstiges darüber zu erfahren.
Ich habe die Ehre, mich Ihnen, Ihrer Frau Gemahlin und Mademoiselle Tochter auf das angelegentlichste zu empfehlen und bin mit jedem Gefühl der Hochachtung und Ehrerbietung,
mein Herr Hofrath
Ihr gehorsamster Diener
Aug. Wilhelm Schlegel
Wohnung: beym H. Professor
Neyron.
Werthester Herr Hofrath!
Meine Rückkehr in das Vaterland fodert mich von Neuem lebhafter auf, Ihnen ein Gefühl zu äußern, das durch die Weite oder Dauer meiner Entfernung nie im geringsten geschwächt werden konnte: das Gefühl von allem dem, was ich seit so vielen Jahren Ihrer Leitung, Ihrem Rathe und Ihrem Beystande verdanke. Mein Stillschweigen rührte nur daher, daß ich Ihnen nicht mit Briefen lästig fallen mochte, die an unterhaltenden Nachrichten nothwendig arm seyn mußten. Zugleich fühlte ich eine Art von Verlegenheit, in einem so langen Zeitraume keine einzige noch so kleine Probe von litterarischem Fleiße gegeben zu haben, welches mir doch durch meine Lage gänzlich unmöglich gemacht wurde.
Jetzt, da mich zwar nicht der Sturm der Revolution (denn diesen konnte ich als Zuschauer für meine Person sehr unbesorgt abwarten) wieder nach Teutschland zurückgetrieben, aber da doch die Umstände der Zeit meinen dortigen Verhältnissen in mancher Hinsicht eine andere Wendung gegeben, [2] und mich bewogen haben, sie früher aufzuheben, jetzt kehre ich mit doppeltem Eifer und ungetheilter Muße zu den Wissenschaften zurück, die in Holland meine liebste und fast meine einzige Erhohlung ausmachten. Meine Absicht ist, mich fürs erste ganz eignen litterarischen Arbeiten zu widmen. Vielleicht ist Ihnen etwas von meinen Beyträgen zu der Zeitschrift des Herrn Schiller vorgekommen. Ich habe noch mehreres zu einem Werke über Dante schon in Amsterdam ausgearbeitet, wo mir ein Zufall die Bücher dazu verschaffte. Fast war es meinen Wünschen entgegen, diese Stücke so fragmentarisch erscheinen zu lassen: ich wollte alles bis auf die Vollendung des ganzen Werkes verschieben. Indessen hat mir die Bekanntmachung meiner Arbeit eine so freundschaftliche Aufmunterung von Herder verschafft, daß Sie mich unmöglich gereuen kann.
Bey meinem einstweiligen Aufenthalte hier erfahre ich viel zuvorkommende Güte von den hiesigen Gelehrten, besonders von H. Eschenburg, dessen ganze vortreffliche Bibliothek mir offen steht.
Gelehrte Neuigkeiten aus Holland wüßte ich Ihnen eben nicht zu melden: es ist jetzt, da alle Geister auf die politischen Vorfälle geheftet sind, wohl ärmer daran als je. [3] Herrn Wyttenbachs Plutarch wird fortgedruckt, aber langsam: wer darf sich schmeicheln, daß er die Vollendung des Werkes erleben werde? Nach der Probe, die er mir gezeigt, schien mir der Druck doch gar zu sehr mit Abbreviaturen überhäuft. Desto saubrer ist dagegen die Anthologie, welche H. Hieronymo de Bosch mit der Übersetzung des Hugo Grotius herausgiebt. Die Universität Leiden hat seit einiger Zeit sehr empfindlich gelitten: Theils durch den Tod mehrerer Gelehrten, und zuletzt noch des Mathematikers Nieuwland, dessen Andenken van Swinden durch eine Lobschrift geehrt hat, und dessen Stelle bey meiner Abreise aus Holland noch nicht wieder besetzt war; theils durch die Absetzung dreyer Professoren, und unter Ihnen des verdienstvollen Pestel, wegen ihrer politischen Denkart. Sie werden wissen, daß einer der Kuratoren, Lestevenon, zu den Häuptern der demokratischen Parthey gehört.
Ich weiß nicht, ob ich es wagen darf, einen Aufsatz meines jüngern Bruders über die Erziehung, Bildung und Lebensart der Griechischen Frauen (unter dem Titel: über die Diotima), in der Berliner Monathsschrift 7tes und 8tes Stück) Ihrer Aufmerksamkeit zu empfehlen. Ich wünschte recht [4] sehr Ihr Urtheil, und, wo möglich, ein günstiges darüber zu erfahren.
Ich habe die Ehre, mich Ihnen, Ihrer Frau Gemahlin und Mademoiselle Tochter auf das angelegentlichste zu empfehlen und bin mit jedem Gefühl der Hochachtung und Ehrerbietung,
mein Herr Hofrath
Ihr gehorsamster Diener
Aug. Wilhelm Schlegel
Wohnung: beym H. Professor
Neyron.