• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: Coppet · Date: 02.12.1804
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 02.12.1804
  • Notations: Absende- und Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 175‒178.
  • Weitere Drucke: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 26. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Pariser und Kölner Lebensjahre (1802‒1808). Erster Teil Juni 1802 ‒ Dezember 1805). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hans Dierkes. Paderborn 2018, S. 273‒276.
  • Incipit: „[1] [Paris] den 2ten Decemb. 1804.
    Wenn ich es lange aufgeschoben habe, herzlich geliebter Bruder, Dir Nachricht von mir zu geben, so [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-8
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,I,19
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,5 x 11,3 cm
    Language
  • German
[1] [Paris] den 2ten Decemb. 1804.
Wenn ich es lange aufgeschoben habe, herzlich geliebter Bruder, Dir Nachricht von mir zu geben, so ist die einzige Ursache davon leider die gewesen, daß ich noch gar nicht in der erwünschten Stimmung dazu war. Meine Reise war lang, langweilig und kostbar; meine Aussichten hier wollen mir noch nicht die besten scheinen; Geld habʼ ich auch ungefähr nur den zehnten Theil von dem was ich haben sollte; und was das schlimmste ist, so habʼ ich mich seit ich hier bin, ziemlich unwohl befunden; zwar habʼ ich bis jezt noch jeden Tag wenigstens etwas ausgehen können; doch würde es eigentlich nur von meiner Willkühr abhangen, mich völlig als krank zu betrachten; meine Geschäfte leiden darunter und sollt ich nach dem Gefühl meiner Schwäche urtheilen, so würde ich noch 3–4 Wochen nicht reisen können. Kurz es ist eigentlich nichts gut hier, als das indische Manuscript was ich da habe, nebst den dazu gehörigen Büchern, und daß ich hier im Hause gut in einem warmen und bequemen Zimmer bin, wo François alle mögliche Gefälligkeit für mich gehabt hat. Ich habe mir eben den Lanzi von der Bibliothek geben lassen; doch scheint er mir für meinen Zweck nicht so reichhaltig als ich dachte.
Von meinen Angelegenheiten, ich meine die köllnischen kann ich Dir daher auch noch nichts bestimmtes melden; auch waren alle Menschen zu sehr mit der Krönung beschäftigt, die nun so eben glücklich vorüber ist.
Von Geneve bis Lyon habʼ ich noch einige schöne Blicke in das gelobte Italien gehabt, auch den Montblanc [2] herrlicher gesehen als am See. – In Lyon ist das südliche schon sehr auffallend, weit mehr als in Genf vermuthlich, weil es tiefer liegt; ich hatte da einen milden Herbstabend, ganz warm und erfreulich; die Bäume waren sehr häufig von dem zweiten Trieb mit ganz frischem Grün bekleidet. Die Stadt liegt bezaubernd schön; sie selber aber ist schmutzig, eng und kleinlich wie Paris. Gewiß können die Franzosen keine Stadt bauen, da sie sogar hier keine schöne zu Stande gebracht haben; was würden Römer oder Deutsche hier für eine Stadt haben bauen können! – Der Dom in Lyon gehört zu der ältesten Gattung der gothischen, die noch ganz burgähnlich und mir sehr wichtig sind.
Man ließ mich den Weg von Lyon durch das Bourbonnois nehmen; ein ganz armseeliges und betrübtes Land, so daß ich diese fünf Tage ohne alle Erfreulichkeit zugebracht habe. Der Umweg den ich gemacht ist größer als wir dachten, die zwei Tage in Lyon hat man mich auch theuer genug bezahlen lassen; ich bin daher mit nicht viel mehr als 2 L[ouis]d[or] nach Paris gekommen. Da es nun Deine ausdrückliche Absicht war, mir die Reise selbst bis zu Hause frei zu machen, so möchtʼ ich Dich wohl bitten, mir noch 6 Ld zu geben. Ich koste Dir dann zusammen 40 Ld welches ich freilich selbst sehr viel finde, und hoffe daß der Himmel es Dir [3] in einer bessern Welt wieder bezahlen wird; denn was mich selbst betrift, so hab ich für diese Welt nur ein schlechtes Zutraun zu mir. – Da ich diesen Zuschuß in der That noch sehr nöthig habe, und die Summe doch zu weitläuftigen Anstalten zu gering, so denke ich es mit François einzurichten, daß dieser sie mir giebt gegen eine Assignation, die Du schon so gütig wirst sein müssen, zu honoriren.
Ich bin verdrießlich mehr als ich sagen kann, betrübt und gleichgültig – oder vielmehr recht von Herzen müde. Ich wünsche oft, daß ich recht bald bei Hardenberg wäre; und doch solltʼ es dazu noch zu früh sein.
Seit ich nicht mehr bei Dir bin, scheint es mir als hättʼ ich dieses Zusammensein gar nicht recht genuzt; so manches ist nicht zur Sprache gekommen, oder doch nicht recht, was mir nun sehr leid thut. Auch an Dich kann ich nicht ganz ohne Besorgniß denken. Zwar Deine Lage schien mir durchaus gut und recht, und das Betragen Deiner Freundin gegen Dich hab ich recht eigentlich schön gefunden; aber doch ist es traurig und bedenklich, daß eine Gesellschaft die doch weder Dir noch ihr Nahrung geben kann, Dir so viel so sehr viel Zeit wegfressen muß! – Trage [4] nur wenigstens für Deine Gesundheit rechte Sorge!
Wenn meine Absichten in Kölln nicht gelingen, so habʼ ich den Gedanken gefaßt, allem Ehrgeiz (nebst einem Theil der Gelehrsamkeit) für immer zu entsagen, mich an einen kleinen katholischen Ort der Deutschen Schweiz, etwa in Lucern niederzulassen, um dann durchaus nur zu dichten und ganz der Poesie zu leben. Ich bin es müde mich von einem mislingenden Plan zu dem andern herumtreiben zu lassen.
Wie kommt es, daß in Deinem Brief auch nicht ein Gruß der Stael für mich ist? – Ich hoffe doch nicht, daß sie im Ernst böse darüber ist, daß ich einige Mal meinen Wiederspruch zu stark geäußert habe? Gewiß war meine Aufrichtigkeit, die ich gegen keine andre Frau so hätte haben können, nur ein Beweiß meiner unbegränzten Achtung; wie ich denn nicht leicht eine Frau mehr achte, als sie; und wenn ich meine Frau und meine Schwester ausnehme, so wüßte ich keine andre die mir so werth wäre, die ich mir in einem gewissen Sinne so befreundet fühlte. Sag ihr dieß und grüsse Sie bestens von mir. Ich habe einen langen Brief an sie geschrieben, der soll aber nicht mit diesem zusammen sondern über Genf gehn, damit doch auf einem oder dem andern Wege Nachricht von mir zu Euch ge[5]langt. – Ich danke Dir herzlich für Deinen Brief, und für die Nachrichten darin. Alles was mir die Hoffnung giebt, oder sie belebt, Dich bald wiederzusehn, ist mir höchst erfreulich. Diese Hoffnung ist das beste Gegenmittel wider den Verdruß der schlechten Geschäfte und tröstet mich auch, wenn ich mir Vorwürfe mache, das jetzige Beisammensein nicht besser benuzt zu haben.
Von Deutschland habe ich gar keine Nachrichten. Die Deinigen von der Familie sind freilich nicht sehr erfreulich; wenn eher wird das nur enden. Andre Neuigkeiten, die ich Dir mittheilen sollte, verspare ich absichtlich auf eine andre Zeit.
Ich muß Dir nur bekennen, daß ich mich eigentlich in ziemlicher Noth befinde; ich hatte zwar ohnedieß mehr auszugeben, als ich hier einzunehmen hatte; mein Unwohlsein aber, das mich am Ende auch noch vielleicht, wenn ich einen fremden Arzt annehmen muß, da mein ehemaliger nicht mehr hier ist, viel Geld kosten wird, der Aufschub sezt mich vollends ausser Hoffnung; ich würde Dich wohl um 25 Lds bitten, die jedoch nicht von den himmlischen Mächten sondern von mir selbst wiederbezahlt werden [6] sollen, wenn nicht Das was Du mir von Deinen eignen Geldangelegenheiten gesagt hast, worin ich Deine Handlungsweise sehr billige, mich ganz davon abschrecken müßte. Glaubst Du aber, daß es Deiner Freundin mit den Planen von denen wir uns wohl unterhalten haben über Albert, über die Vorlesung über Philosophie und überhaupt zu einer dauerhaften Verbindung zu solchen Zwecken mit mir so sehr Ernst war als ich es dafür angenommen habe; so ist meine Verlegenheit wohl groß genug, daß ich Dich bitten möchte ihr meine Verlegenheit zu sagen, aus der ein Darlehn von 40–50 Lds mich jezt völlig herausreißen würde. Es wird mir nicht drückend sein, mich ihr verpflichtet zu fühlen, und ist es Ernst mit jenen Planen, so hoffe ich auch in der Folge diesen Dienst durch meinen Eifer erwiedern zu können. – Ich sollte nun freilich Dich erst um Rath gefragt, und dann grade selbst an die Staël geschrieben haben; statt Dich um eine Bestellung zu bitten, die Du vielleicht nicht wirst ausrichten wollen. Ich würde dieß auch thun, wenn Ihr in Genf; aber so würde die Zeit darüber verlohren gehn, in der mir geholfen werden [7] muß.
Ich bitte Dich dringend, mir gleich zu antworten. –
Blakon habʼ ich nur einen Augenblick erst gesehen, da er eben ankam; da heute der grosse Festtag ist, habʼ ich keinen Anspruch an ihn machen wollen. – Montmorency habʼ ich zweimal gesehen, aber leider eben nicht lange. – Degerando konntʼ ich bis jetzt noch nicht treffen; doch werdʼ ich ihn schon zu fassen [wissen], denn da er wirklich Secretair ist, so kann er mir wenigstens indirekt nützlich sein.
Unter andern ist auch Dalberg hier, der Churfürst; ich hätte grosse Lust mich ihm vorzustellen und ihn wegen des Indischen in Anspruch zu nehmen, und ich habe Grund zu glauben daß dieß recht gut gehen würde; – aber ich habe keinen schwarzen Anzug. So bin ich in allen Dingen durch das verfluchte Geld gehindert.
Dein Brief scheint mir eine etwas verdrießliche Stimmung zu verrathen; ich hoffe es ist bloß der [8] natürliche Verdruß über den Aufschub der Reise.
Ich grüsse all das kleine Volk, besonders Albert den ich wirklich sehr lieb habe.
Lebe herzlich wohl.
Friedrich.

Ich schreibe Dir bald wieder.
[1] [Paris] den 2ten Decemb. 1804.
Wenn ich es lange aufgeschoben habe, herzlich geliebter Bruder, Dir Nachricht von mir zu geben, so ist die einzige Ursache davon leider die gewesen, daß ich noch gar nicht in der erwünschten Stimmung dazu war. Meine Reise war lang, langweilig und kostbar; meine Aussichten hier wollen mir noch nicht die besten scheinen; Geld habʼ ich auch ungefähr nur den zehnten Theil von dem was ich haben sollte; und was das schlimmste ist, so habʼ ich mich seit ich hier bin, ziemlich unwohl befunden; zwar habʼ ich bis jezt noch jeden Tag wenigstens etwas ausgehen können; doch würde es eigentlich nur von meiner Willkühr abhangen, mich völlig als krank zu betrachten; meine Geschäfte leiden darunter und sollt ich nach dem Gefühl meiner Schwäche urtheilen, so würde ich noch 3–4 Wochen nicht reisen können. Kurz es ist eigentlich nichts gut hier, als das indische Manuscript was ich da habe, nebst den dazu gehörigen Büchern, und daß ich hier im Hause gut in einem warmen und bequemen Zimmer bin, wo François alle mögliche Gefälligkeit für mich gehabt hat. Ich habe mir eben den Lanzi von der Bibliothek geben lassen; doch scheint er mir für meinen Zweck nicht so reichhaltig als ich dachte.
Von meinen Angelegenheiten, ich meine die köllnischen kann ich Dir daher auch noch nichts bestimmtes melden; auch waren alle Menschen zu sehr mit der Krönung beschäftigt, die nun so eben glücklich vorüber ist.
Von Geneve bis Lyon habʼ ich noch einige schöne Blicke in das gelobte Italien gehabt, auch den Montblanc [2] herrlicher gesehen als am See. – In Lyon ist das südliche schon sehr auffallend, weit mehr als in Genf vermuthlich, weil es tiefer liegt; ich hatte da einen milden Herbstabend, ganz warm und erfreulich; die Bäume waren sehr häufig von dem zweiten Trieb mit ganz frischem Grün bekleidet. Die Stadt liegt bezaubernd schön; sie selber aber ist schmutzig, eng und kleinlich wie Paris. Gewiß können die Franzosen keine Stadt bauen, da sie sogar hier keine schöne zu Stande gebracht haben; was würden Römer oder Deutsche hier für eine Stadt haben bauen können! – Der Dom in Lyon gehört zu der ältesten Gattung der gothischen, die noch ganz burgähnlich und mir sehr wichtig sind.
Man ließ mich den Weg von Lyon durch das Bourbonnois nehmen; ein ganz armseeliges und betrübtes Land, so daß ich diese fünf Tage ohne alle Erfreulichkeit zugebracht habe. Der Umweg den ich gemacht ist größer als wir dachten, die zwei Tage in Lyon hat man mich auch theuer genug bezahlen lassen; ich bin daher mit nicht viel mehr als 2 L[ouis]d[or] nach Paris gekommen. Da es nun Deine ausdrückliche Absicht war, mir die Reise selbst bis zu Hause frei zu machen, so möchtʼ ich Dich wohl bitten, mir noch 6 Ld zu geben. Ich koste Dir dann zusammen 40 Ld welches ich freilich selbst sehr viel finde, und hoffe daß der Himmel es Dir [3] in einer bessern Welt wieder bezahlen wird; denn was mich selbst betrift, so hab ich für diese Welt nur ein schlechtes Zutraun zu mir. – Da ich diesen Zuschuß in der That noch sehr nöthig habe, und die Summe doch zu weitläuftigen Anstalten zu gering, so denke ich es mit François einzurichten, daß dieser sie mir giebt gegen eine Assignation, die Du schon so gütig wirst sein müssen, zu honoriren.
Ich bin verdrießlich mehr als ich sagen kann, betrübt und gleichgültig – oder vielmehr recht von Herzen müde. Ich wünsche oft, daß ich recht bald bei Hardenberg wäre; und doch solltʼ es dazu noch zu früh sein.
Seit ich nicht mehr bei Dir bin, scheint es mir als hättʼ ich dieses Zusammensein gar nicht recht genuzt; so manches ist nicht zur Sprache gekommen, oder doch nicht recht, was mir nun sehr leid thut. Auch an Dich kann ich nicht ganz ohne Besorgniß denken. Zwar Deine Lage schien mir durchaus gut und recht, und das Betragen Deiner Freundin gegen Dich hab ich recht eigentlich schön gefunden; aber doch ist es traurig und bedenklich, daß eine Gesellschaft die doch weder Dir noch ihr Nahrung geben kann, Dir so viel so sehr viel Zeit wegfressen muß! – Trage [4] nur wenigstens für Deine Gesundheit rechte Sorge!
Wenn meine Absichten in Kölln nicht gelingen, so habʼ ich den Gedanken gefaßt, allem Ehrgeiz (nebst einem Theil der Gelehrsamkeit) für immer zu entsagen, mich an einen kleinen katholischen Ort der Deutschen Schweiz, etwa in Lucern niederzulassen, um dann durchaus nur zu dichten und ganz der Poesie zu leben. Ich bin es müde mich von einem mislingenden Plan zu dem andern herumtreiben zu lassen.
Wie kommt es, daß in Deinem Brief auch nicht ein Gruß der Stael für mich ist? – Ich hoffe doch nicht, daß sie im Ernst böse darüber ist, daß ich einige Mal meinen Wiederspruch zu stark geäußert habe? Gewiß war meine Aufrichtigkeit, die ich gegen keine andre Frau so hätte haben können, nur ein Beweiß meiner unbegränzten Achtung; wie ich denn nicht leicht eine Frau mehr achte, als sie; und wenn ich meine Frau und meine Schwester ausnehme, so wüßte ich keine andre die mir so werth wäre, die ich mir in einem gewissen Sinne so befreundet fühlte. Sag ihr dieß und grüsse Sie bestens von mir. Ich habe einen langen Brief an sie geschrieben, der soll aber nicht mit diesem zusammen sondern über Genf gehn, damit doch auf einem oder dem andern Wege Nachricht von mir zu Euch ge[5]langt. – Ich danke Dir herzlich für Deinen Brief, und für die Nachrichten darin. Alles was mir die Hoffnung giebt, oder sie belebt, Dich bald wiederzusehn, ist mir höchst erfreulich. Diese Hoffnung ist das beste Gegenmittel wider den Verdruß der schlechten Geschäfte und tröstet mich auch, wenn ich mir Vorwürfe mache, das jetzige Beisammensein nicht besser benuzt zu haben.
Von Deutschland habe ich gar keine Nachrichten. Die Deinigen von der Familie sind freilich nicht sehr erfreulich; wenn eher wird das nur enden. Andre Neuigkeiten, die ich Dir mittheilen sollte, verspare ich absichtlich auf eine andre Zeit.
Ich muß Dir nur bekennen, daß ich mich eigentlich in ziemlicher Noth befinde; ich hatte zwar ohnedieß mehr auszugeben, als ich hier einzunehmen hatte; mein Unwohlsein aber, das mich am Ende auch noch vielleicht, wenn ich einen fremden Arzt annehmen muß, da mein ehemaliger nicht mehr hier ist, viel Geld kosten wird, der Aufschub sezt mich vollends ausser Hoffnung; ich würde Dich wohl um 25 Lds bitten, die jedoch nicht von den himmlischen Mächten sondern von mir selbst wiederbezahlt werden [6] sollen, wenn nicht Das was Du mir von Deinen eignen Geldangelegenheiten gesagt hast, worin ich Deine Handlungsweise sehr billige, mich ganz davon abschrecken müßte. Glaubst Du aber, daß es Deiner Freundin mit den Planen von denen wir uns wohl unterhalten haben über Albert, über die Vorlesung über Philosophie und überhaupt zu einer dauerhaften Verbindung zu solchen Zwecken mit mir so sehr Ernst war als ich es dafür angenommen habe; so ist meine Verlegenheit wohl groß genug, daß ich Dich bitten möchte ihr meine Verlegenheit zu sagen, aus der ein Darlehn von 40–50 Lds mich jezt völlig herausreißen würde. Es wird mir nicht drückend sein, mich ihr verpflichtet zu fühlen, und ist es Ernst mit jenen Planen, so hoffe ich auch in der Folge diesen Dienst durch meinen Eifer erwiedern zu können. – Ich sollte nun freilich Dich erst um Rath gefragt, und dann grade selbst an die Staël geschrieben haben; statt Dich um eine Bestellung zu bitten, die Du vielleicht nicht wirst ausrichten wollen. Ich würde dieß auch thun, wenn Ihr in Genf; aber so würde die Zeit darüber verlohren gehn, in der mir geholfen werden [7] muß.
Ich bitte Dich dringend, mir gleich zu antworten. –
Blakon habʼ ich nur einen Augenblick erst gesehen, da er eben ankam; da heute der grosse Festtag ist, habʼ ich keinen Anspruch an ihn machen wollen. – Montmorency habʼ ich zweimal gesehen, aber leider eben nicht lange. – Degerando konntʼ ich bis jetzt noch nicht treffen; doch werdʼ ich ihn schon zu fassen [wissen], denn da er wirklich Secretair ist, so kann er mir wenigstens indirekt nützlich sein.
Unter andern ist auch Dalberg hier, der Churfürst; ich hätte grosse Lust mich ihm vorzustellen und ihn wegen des Indischen in Anspruch zu nehmen, und ich habe Grund zu glauben daß dieß recht gut gehen würde; – aber ich habe keinen schwarzen Anzug. So bin ich in allen Dingen durch das verfluchte Geld gehindert.
Dein Brief scheint mir eine etwas verdrießliche Stimmung zu verrathen; ich hoffe es ist bloß der [8] natürliche Verdruß über den Aufschub der Reise.
Ich grüsse all das kleine Volk, besonders Albert den ich wirklich sehr lieb habe.
Lebe herzlich wohl.
Friedrich.

Ich schreibe Dir bald wieder.
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