• August Wilhelm von Schlegel to Karl von Hardenberg

  • Place of Dispatch: Coppet · Place of Destination: Meiningen · Date: 03.09.1807
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Karl von Hardenberg
  • Place of Dispatch: Coppet
  • Place of Destination: Meiningen
  • Date: 03.09.1807
  • Notations: Da alle Drucke den Brief unvollständig wiedergeben, wurde er neu transkribiert. – Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Biblioteka Jagiellońska, Krakau
  • Incipit: „[1] Coppet d. 3 Sept 7.
    Ihre Briefe, mein theuerster und verehrtester Freund, sind mir immer erquicklich, wenn sie auch von [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
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[1] Coppet d. 3 Sept 7.
Ihre Briefe, mein theuerster und verehrtester Freund, sind mir immer erquicklich, wenn sie auch von Bekümmernissen über die traurige Lage unsers Vaterlandes und unserer Freunde reden: ich richte mich auf, an diesem schönen Beyspiele des Vertrauens auf die Vorsehung und des Rückzuges in die unantastbare Burgfreyheit der Religion. Ich möchte sagen, ich beneide Sie, wenn ich nicht hoffte, ebenfalls glücklich aus allen Stürmen des Lebens in diesem Hafen anzulangen. Bey einer Wanderung durch die Schweiz, von der ich so eben zurückkomme, habe ich manche Anmuthungen dieser Art erfahren, besonders zu Einsiedeln in der Nähe des gnadenreichen Bildes, wo ich mit unaussprechlicher Rührung gleichsam eine mich rufende Stimme vernahm.
Ihre Besorgnisse wegen der Freunde in Rom waren nicht ungegründet. Ein Brief von Sophien, vom 22sten Aug. meldet mir daß sie durch die Umstände gedrungen über 8 Tage abreisen werde. Ihr Bruder ist in Verlegenheit, sie muß die Reise mit sehr geringen [2] Mitteln antreten, und würde sich außer Stand sehen, sie zu beendigen, wenn sie in München nicht neue Hülfsquellen vorfände. Ich ersuche Sie also, ohne Zeitverlust, den übersandten Wechsel, wovon Sie, wie ich nach Ihrem Briefe schließen muß, noch keinen Gebrauch gemacht, an unsre Freundin nach München zu übermachen; falls Sie aber das Geld schon gehoben und vielleicht einen Theil davon an den Justizcommissar in Berlin verabfolgen lassen, wenigstens dem Überrest die gleiche Bestimmung zu geben. Sie werden, besser als ich es angeben kann, die nöthigen Veranstaltungen zu treffen wissen, damit unsre Freundin sogleich das Papier in baares Geld verwandeln könne. Adressiren Sie den Brief an sie bey dem Banquier Pappenheimer in München, doch sie selbst wird Ihnen wohl schon geschrieben haben. Melden Sie mir, was Sie gethan, und ich werde alsdann sogleich einen andern Wechsel schicken, um die von Ihnen in Betreff meines Geschäftes übernommenen Auslagen zu decken, oder selbigen zuvorzukommen. Nur in diesem Augenblicke habe ich eben durchaus kein anderes Mittel, um [3] Sophie Tieck aus der Verlegenheit zu ziehen; ich schmeichle mir, da sie erst zu Ende Augusts von Rom abgereist, und mit einem Fuhrmanne viel Zeit brauchen wird, um den Weg zurückzulegen, daß sie unsre Briefe in München schon vorfinden soll. Ich werde Ihnen für die schleunige Besorgung unendlich verbunden seyn.
Knorrings inniges u kindliches Gemüth verehre ich so wie Sie, nur besitzt er leider nicht die Gabe, sich, wo es nöthig, auch in die weltlichen Geschäfte zu finden, und sie mit Voraussicht und vortheilhaft zu führen, weswegen seine Plane immer fehlschlagen. Ich wünschte ihm etwas von Ihrer richtigen Thätigkeit in diesem Fache. Alles was mir mein Bruder von Ihren äußern Verhältnissen und Ihrem häuslichen Leben erzählt, hat mich eben so sehr mit Bewunderung für Sie erfüllt, als die Gleichheit der Gesinnungen mir unbegränztes Zutrauen und Zuneigung einflößt.
Daß der Dichtergarten bisher noch so wenig bekannt geworden, sehe ich bloß als eine zufällige Folge der Zeitumstände an. In meiner so eben abgehenden Anzeige davon für die [4] ALZ. habe ich freylich nur sehr unvollkommen andeuten können, was ich über Ihre Gedichte denke u empfinde, damit man mir nicht vorwerfe, daß ich im Lobe meiner Freunde nicht Maaß zu halten wisse. Sie haben besonders die Zärtlichkeit zwischen Ehegatten mit unaussprechlicher Lieblichkeit geschildert. – Es thut dem Herzen wohl oder auch wehe, wenn man dieses unschätzbare Glück ein für allemal verfehlt hat.
Wenn Sie Fr. L. Stollberg sehen, so sagen Sie ihm, wie sehr ich ihn verehre. Nur von solchen Männern wie Sie beyde, die aus den edelsten Geschlechtern entsprossen und mit herrlichen Gaben des Geistes ausgestattet, ein ganz Gott geweihetes Leben führen, kann die Rückkehr unsrer Nation zu der alten Würde ausgehen. Möge das Beyspiel recht wirksam seyn! Ich habe vieles auf dem Herzen was ein Brief nicht faßt.
Meinen Bruder weiß ich gern bey Ihnen, eine solche Verbrüderung ist immer fruchtbar. Die Nachrichten von ihm lauten sonst auch nicht allzu tröstlich. Leben Sie taudensmal wohl u geben Sie mir bald Nachricht, ob Sie meinen Wunsch haben erfüllen können. Ewig Ihr AWS.
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[1] Coppet d. 3 Sept 7.
Ihre Briefe, mein theuerster und verehrtester Freund, sind mir immer erquicklich, wenn sie auch von Bekümmernissen über die traurige Lage unsers Vaterlandes und unserer Freunde reden: ich richte mich auf, an diesem schönen Beyspiele des Vertrauens auf die Vorsehung und des Rückzuges in die unantastbare Burgfreyheit der Religion. Ich möchte sagen, ich beneide Sie, wenn ich nicht hoffte, ebenfalls glücklich aus allen Stürmen des Lebens in diesem Hafen anzulangen. Bey einer Wanderung durch die Schweiz, von der ich so eben zurückkomme, habe ich manche Anmuthungen dieser Art erfahren, besonders zu Einsiedeln in der Nähe des gnadenreichen Bildes, wo ich mit unaussprechlicher Rührung gleichsam eine mich rufende Stimme vernahm.
Ihre Besorgnisse wegen der Freunde in Rom waren nicht ungegründet. Ein Brief von Sophien, vom 22sten Aug. meldet mir daß sie durch die Umstände gedrungen über 8 Tage abreisen werde. Ihr Bruder ist in Verlegenheit, sie muß die Reise mit sehr geringen [2] Mitteln antreten, und würde sich außer Stand sehen, sie zu beendigen, wenn sie in München nicht neue Hülfsquellen vorfände. Ich ersuche Sie also, ohne Zeitverlust, den übersandten Wechsel, wovon Sie, wie ich nach Ihrem Briefe schließen muß, noch keinen Gebrauch gemacht, an unsre Freundin nach München zu übermachen; falls Sie aber das Geld schon gehoben und vielleicht einen Theil davon an den Justizcommissar in Berlin verabfolgen lassen, wenigstens dem Überrest die gleiche Bestimmung zu geben. Sie werden, besser als ich es angeben kann, die nöthigen Veranstaltungen zu treffen wissen, damit unsre Freundin sogleich das Papier in baares Geld verwandeln könne. Adressiren Sie den Brief an sie bey dem Banquier Pappenheimer in München, doch sie selbst wird Ihnen wohl schon geschrieben haben. Melden Sie mir, was Sie gethan, und ich werde alsdann sogleich einen andern Wechsel schicken, um die von Ihnen in Betreff meines Geschäftes übernommenen Auslagen zu decken, oder selbigen zuvorzukommen. Nur in diesem Augenblicke habe ich eben durchaus kein anderes Mittel, um [3] Sophie Tieck aus der Verlegenheit zu ziehen; ich schmeichle mir, da sie erst zu Ende Augusts von Rom abgereist, und mit einem Fuhrmanne viel Zeit brauchen wird, um den Weg zurückzulegen, daß sie unsre Briefe in München schon vorfinden soll. Ich werde Ihnen für die schleunige Besorgung unendlich verbunden seyn.
Knorrings inniges u kindliches Gemüth verehre ich so wie Sie, nur besitzt er leider nicht die Gabe, sich, wo es nöthig, auch in die weltlichen Geschäfte zu finden, und sie mit Voraussicht und vortheilhaft zu führen, weswegen seine Plane immer fehlschlagen. Ich wünschte ihm etwas von Ihrer richtigen Thätigkeit in diesem Fache. Alles was mir mein Bruder von Ihren äußern Verhältnissen und Ihrem häuslichen Leben erzählt, hat mich eben so sehr mit Bewunderung für Sie erfüllt, als die Gleichheit der Gesinnungen mir unbegränztes Zutrauen und Zuneigung einflößt.
Daß der Dichtergarten bisher noch so wenig bekannt geworden, sehe ich bloß als eine zufällige Folge der Zeitumstände an. In meiner so eben abgehenden Anzeige davon für die [4] ALZ. habe ich freylich nur sehr unvollkommen andeuten können, was ich über Ihre Gedichte denke u empfinde, damit man mir nicht vorwerfe, daß ich im Lobe meiner Freunde nicht Maaß zu halten wisse. Sie haben besonders die Zärtlichkeit zwischen Ehegatten mit unaussprechlicher Lieblichkeit geschildert. – Es thut dem Herzen wohl oder auch wehe, wenn man dieses unschätzbare Glück ein für allemal verfehlt hat.
Wenn Sie Fr. L. Stollberg sehen, so sagen Sie ihm, wie sehr ich ihn verehre. Nur von solchen Männern wie Sie beyde, die aus den edelsten Geschlechtern entsprossen und mit herrlichen Gaben des Geistes ausgestattet, ein ganz Gott geweihetes Leben führen, kann die Rückkehr unsrer Nation zu der alten Würde ausgehen. Möge das Beyspiel recht wirksam seyn! Ich habe vieles auf dem Herzen was ein Brief nicht faßt.
Meinen Bruder weiß ich gern bey Ihnen, eine solche Verbrüderung ist immer fruchtbar. Die Nachrichten von ihm lauten sonst auch nicht allzu tröstlich. Leben Sie taudensmal wohl u geben Sie mir bald Nachricht, ob Sie meinen Wunsch haben erfüllen können. Ewig Ihr AWS.
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