• August Wilhelm von Schlegel to Johann Jakob Horner

  • Place of Dispatch: Genf · Place of Destination: Unknown · Date: 14.03.1811
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Johann Jakob Horner
  • Place of Dispatch: Genf
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 14.03.1811
    Printed Text
  • Bibliography: Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 1891. Neue Folge, Vierzehnter Jahrgang. Zürich 1891, S. 3–6.
  • Incipit: „[1] Genf, den 14. März 1811
    Hochgeehrtester Herr Professor!
    Ew. Wohlgeb. haben, ohne daß ich die Ehre hätte, Ihnen persönlich bekannt zu seyn, [...]“
    Manuscript
  • Provider: Zentralbibliothek Zürich
  • Classification Number: Ms. M 8.48
  • Number of Pages: 2 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
    Language
  • German
[1] Genf, den 14. März 1811
Hochgeehrtester Herr Professor!
Ew. Wohlgeb. haben, ohne daß ich die Ehre hätte, Ihnen persönlich bekannt zu seyn, mich ungemein verpflichtet, indem Sie meinem Freunde, dem Bildhauer Tieck, aus dem Briefwechsel des hochverdienten Bodmer einige merkwürdige Nachrichten mitgetheilt, die mir sehr zu Statten kommen. Dieß macht mich so dreist, Sie um eine wichtigere Gefälligkeit anzugehen, wodurch Sie mir bey einer Arbeit über die Geschichte der altdeutschen Sprache und Dichtkunst, die ich eben vorhabe, eine wesentliche Hülfe leisten würden. Wie sich Ew. Wohlgeb. leicht vorstellen können, bin ich dabey hier größtentheils auf meine eigene Büchersammlung beschränkt, und wegen meiner langen Entfernung von Deutschland habe ich mir manches nöthige nicht verschaffen können. Unter anderm fehlt mir das bekannte Heldenbuch. Wäre es nicht möglich, mir solches aus der Züricher Stadtbibliothek nur auf einige Wochen zu leihen? Gern würde ich jede Sicherheit für den Werth des Buches ausstellen, falls es zu Schaden kommen [2] sollte, welches aber kaum denkbar ist. Auch würde das Buch die schweizerischen Grenzen nicht verlassen, indem ich in Kurzem nach Coppet gehen werde, wohin es zu senden wäre. Ich bin zwar kein geborener Schweizer, aber schon so lange in der Schweiz wohnhaft und so gut schweizerisch gesinnt, daß ich wohl billig als ein Einheimischer betrachtet werden dürfte. Ist aber die Gewährleistung eines schweizerischen Eigenthümers erforderlich, so wird Frau von Staël gern für mich die nöthige Sicherheit ausstellen.
Man hat mir aus der Münchner Bibliothek vor einigen Jahren die dortige Handschrift der Nibelungen auf geraume Zeit ins Ausland verabfolgen lassen, eine Handschrift, die wirklich unersetzlich gewesen wäre, falls sich ein Unglück damit ereignet hätte. Sie ist aber unversehrt und auf das sorgfältigste eingepackt zurückgeliefert worden.
Wenn es irgend möglich ist, so bitte ich Ew. Wohlgeb. um eine baldige günstige Entscheidung, weil mir nur dadurch die Mittheilung noch zu Statten kommen kann. In der Hoffnung, daß Sie mir gütigst meine Zudringlichkeit verzeihen werden, habe ich die Ehre mit ausgezeichneter Hochachtung zu seyn
Ew. Wohlgeb.
Ergebenster
A. W. Schlegel
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[1] Genf, den 14. März 1811
Hochgeehrtester Herr Professor!
Ew. Wohlgeb. haben, ohne daß ich die Ehre hätte, Ihnen persönlich bekannt zu seyn, mich ungemein verpflichtet, indem Sie meinem Freunde, dem Bildhauer Tieck, aus dem Briefwechsel des hochverdienten Bodmer einige merkwürdige Nachrichten mitgetheilt, die mir sehr zu Statten kommen. Dieß macht mich so dreist, Sie um eine wichtigere Gefälligkeit anzugehen, wodurch Sie mir bey einer Arbeit über die Geschichte der altdeutschen Sprache und Dichtkunst, die ich eben vorhabe, eine wesentliche Hülfe leisten würden. Wie sich Ew. Wohlgeb. leicht vorstellen können, bin ich dabey hier größtentheils auf meine eigene Büchersammlung beschränkt, und wegen meiner langen Entfernung von Deutschland habe ich mir manches nöthige nicht verschaffen können. Unter anderm fehlt mir das bekannte Heldenbuch. Wäre es nicht möglich, mir solches aus der Züricher Stadtbibliothek nur auf einige Wochen zu leihen? Gern würde ich jede Sicherheit für den Werth des Buches ausstellen, falls es zu Schaden kommen [2] sollte, welches aber kaum denkbar ist. Auch würde das Buch die schweizerischen Grenzen nicht verlassen, indem ich in Kurzem nach Coppet gehen werde, wohin es zu senden wäre. Ich bin zwar kein geborener Schweizer, aber schon so lange in der Schweiz wohnhaft und so gut schweizerisch gesinnt, daß ich wohl billig als ein Einheimischer betrachtet werden dürfte. Ist aber die Gewährleistung eines schweizerischen Eigenthümers erforderlich, so wird Frau von Staël gern für mich die nöthige Sicherheit ausstellen.
Man hat mir aus der Münchner Bibliothek vor einigen Jahren die dortige Handschrift der Nibelungen auf geraume Zeit ins Ausland verabfolgen lassen, eine Handschrift, die wirklich unersetzlich gewesen wäre, falls sich ein Unglück damit ereignet hätte. Sie ist aber unversehrt und auf das sorgfältigste eingepackt zurückgeliefert worden.
Wenn es irgend möglich ist, so bitte ich Ew. Wohlgeb. um eine baldige günstige Entscheidung, weil mir nur dadurch die Mittheilung noch zu Statten kommen kann. In der Hoffnung, daß Sie mir gütigst meine Zudringlichkeit verzeihen werden, habe ich die Ehre mit ausgezeichneter Hochachtung zu seyn
Ew. Wohlgeb.
Ergebenster
A. W. Schlegel
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