• August Wilhelm von Schlegel to Philipp Kaufmann

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Potsdam · Date: 29.09.1828
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Philipp Kaufmann
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Potsdam
  • Date: 29.09.1828
    Manuscript
  • Provider: Houghton Library, Harvard University
  • Classification Number: Autograph file, S, 1556-1989
  • Number of Pages: 2 S., hs. m. U.
  • Incipit: „[1] Bonn d. 29sten Sept. 28.
    Ew. Wohlgeboren beehre ich mich zu melden, daß gleichzeitig mit diesem Briefe Ihre Übersetzung des [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
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[1] Bonn d. 29sten Sept. 28.
Ew. Wohlgeboren beehre ich mich zu melden, daß gleichzeitig mit diesem Briefe Ihre Übersetzung des Macbeth durch den Güterwagen an Hrn. Reimer abgeht. Mit der Briefpost würde das Packet zu viel Porto kosten, es wird also etwas länger unter weges seyn, u deswegen mache ich Ihnen vorläufig diese Anzeige.
Die Ursache der lange verzögerten Zurücksendung war einzig diese, daß ich, nachdem Hr. Reimer mir einmal ohne mein Begehren das Mspt. zugeschickt hatte, es gern zuvor durchlesen wollte, um meine Bereitwilligkeit zu zeigen. Hiezu konnte ich aber unter gelehrten Arbeiten ganz anderer Art, womit ich fortwährend überhäuft bin, immer die Zeit nicht finden. Da nun Ew. Wohlgeboren, vollkommen hiezu berechtigt, Ihr Mspt. in der kürzesten Frist zurückverlangen, so wäre ich auch meinerseits entschuldigt, wenn ich es ungelesen abschickte, u Ihnen dieß erklärte. Indessen habe ich mich, nicht ohne anderweitige Versäumniß, zu der Lesung abgemüßigt. Ich habe sogar einzelne Stellen mit dem Original u mit der Übersetzung von Heinrich Voß vom Jahr 1810 verglichen. Dieses reicht jedoch zu einer gründlichen Beurtheilung nicht hin, welche erst aus einer durchgängigen genauen Zusammenhaltung mit dem Original hervorgehen kann, u das zusammen[2]gefaßte Resultat von einer Menge Einzelheiten seyn muß. Eine solche Beurtheilung ist eine mühsame Arbeit, u wenn ich dazu Lust u Muße hätte, so hätte ich sie wohl auch, selbst Hand an das Werk zu legen. Ich bitte daher Ew. Wohlgeb. die folgenden Äußerungen ja nicht als ein Urtheil zu betrachten; ich lade Sie ein, zu lesen, was ich in meiner Indischen Bibliothek, B. II, S. 254–7 gesagt.
Manchmal war ich geneigt, Ihrer Lesart, andremale, der Vossischen den Vorzug zu geben; am häufigsten drängte sich mir von neuem die Überzeugung auf, daß es sehr schwer ist, den Shakspeare überhaupt, und insbesondre den Macbeth einigermaßen befriedigend zu übersetzen. Hier u da fand ich Härten in der Sprache u im Versbau; der freie Gang des Originals muß freilich nachgeahmt werden, aber Antispaste, wodurch der jambische Rhythmus ganz zerstört wird, sind sorgfältig zu vermeiden.
Im Ganzen genommen scheinen mir Ew. Wohlgeb. auf dem xxx richtigen Wege zu seyn. Ich wünsche Ihren ferneren Bemühungen in diesem Fache den besten Erfolg. Ich habe niemals auf ein ausschließendes Privilegium für den Shakspeare Anspruch gemacht; ich freue mich, wenn ich Mitwerber finde, u wenn überhaupt die Kunst der dichterischen Nachbildungen unter uns Fortschritte macht.
Sollte ich auch den Entschluß fassen, alle mir übrige Zeit u Kräfte dem Shakspeare zuzuwenden, [3] so könnte die Arbeit doch nicht so schnell fortrücken als Hr. Reimer bei der jetzigen Lage der Sachen wünschen muß. Er ist daher darauf bedacht gewesen, mir Gehülfen zu geben. Allein ich kann mich nicht dazu verstehen, hiebei als Herausgeber aufzutreten. Denn ich müßte entweder die eingelieferten Übersetzungen durchsehen u nach meiner Einsicht abändern; einerseits würden die Verfasser sich dieß schwerlich gefallen lassen; andererseits könnte mir daraus ebenso viel Mühe erwachsen, als wenn ich ein Stück ganz von neuem zu übersetzen unternähme. Oder aber die einzelnen Stücke würden unverändert abgedruckt: alsdann müßte das Ganze unfehlbar verschiedenartig ausfallen. Eine solche Weise, dem Publicum die sämtlichen Werke Sh.ʼs übersetzt zu liefern, ist überdieß nichts neues: sie ist in den Wiener Nachdrucken befolgt worden.
Mit vollkommenster Hochachtung
Ew. Wohlgeboren
ergebenster
AWvSchlegel
An
Herrn Kaufmann
in
Potsdam
[4] [leer]
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[1] Bonn d. 29sten Sept. 28.
Ew. Wohlgeboren beehre ich mich zu melden, daß gleichzeitig mit diesem Briefe Ihre Übersetzung des Macbeth durch den Güterwagen an Hrn. Reimer abgeht. Mit der Briefpost würde das Packet zu viel Porto kosten, es wird also etwas länger unter weges seyn, u deswegen mache ich Ihnen vorläufig diese Anzeige.
Die Ursache der lange verzögerten Zurücksendung war einzig diese, daß ich, nachdem Hr. Reimer mir einmal ohne mein Begehren das Mspt. zugeschickt hatte, es gern zuvor durchlesen wollte, um meine Bereitwilligkeit zu zeigen. Hiezu konnte ich aber unter gelehrten Arbeiten ganz anderer Art, womit ich fortwährend überhäuft bin, immer die Zeit nicht finden. Da nun Ew. Wohlgeboren, vollkommen hiezu berechtigt, Ihr Mspt. in der kürzesten Frist zurückverlangen, so wäre ich auch meinerseits entschuldigt, wenn ich es ungelesen abschickte, u Ihnen dieß erklärte. Indessen habe ich mich, nicht ohne anderweitige Versäumniß, zu der Lesung abgemüßigt. Ich habe sogar einzelne Stellen mit dem Original u mit der Übersetzung von Heinrich Voß vom Jahr 1810 verglichen. Dieses reicht jedoch zu einer gründlichen Beurtheilung nicht hin, welche erst aus einer durchgängigen genauen Zusammenhaltung mit dem Original hervorgehen kann, u das zusammen[2]gefaßte Resultat von einer Menge Einzelheiten seyn muß. Eine solche Beurtheilung ist eine mühsame Arbeit, u wenn ich dazu Lust u Muße hätte, so hätte ich sie wohl auch, selbst Hand an das Werk zu legen. Ich bitte daher Ew. Wohlgeb. die folgenden Äußerungen ja nicht als ein Urtheil zu betrachten; ich lade Sie ein, zu lesen, was ich in meiner Indischen Bibliothek, B. II, S. 254–7 gesagt.
Manchmal war ich geneigt, Ihrer Lesart, andremale, der Vossischen den Vorzug zu geben; am häufigsten drängte sich mir von neuem die Überzeugung auf, daß es sehr schwer ist, den Shakspeare überhaupt, und insbesondre den Macbeth einigermaßen befriedigend zu übersetzen. Hier u da fand ich Härten in der Sprache u im Versbau; der freie Gang des Originals muß freilich nachgeahmt werden, aber Antispaste, wodurch der jambische Rhythmus ganz zerstört wird, sind sorgfältig zu vermeiden.
Im Ganzen genommen scheinen mir Ew. Wohlgeb. auf dem xxx richtigen Wege zu seyn. Ich wünsche Ihren ferneren Bemühungen in diesem Fache den besten Erfolg. Ich habe niemals auf ein ausschließendes Privilegium für den Shakspeare Anspruch gemacht; ich freue mich, wenn ich Mitwerber finde, u wenn überhaupt die Kunst der dichterischen Nachbildungen unter uns Fortschritte macht.
Sollte ich auch den Entschluß fassen, alle mir übrige Zeit u Kräfte dem Shakspeare zuzuwenden, [3] so könnte die Arbeit doch nicht so schnell fortrücken als Hr. Reimer bei der jetzigen Lage der Sachen wünschen muß. Er ist daher darauf bedacht gewesen, mir Gehülfen zu geben. Allein ich kann mich nicht dazu verstehen, hiebei als Herausgeber aufzutreten. Denn ich müßte entweder die eingelieferten Übersetzungen durchsehen u nach meiner Einsicht abändern; einerseits würden die Verfasser sich dieß schwerlich gefallen lassen; andererseits könnte mir daraus ebenso viel Mühe erwachsen, als wenn ich ein Stück ganz von neuem zu übersetzen unternähme. Oder aber die einzelnen Stücke würden unverändert abgedruckt: alsdann müßte das Ganze unfehlbar verschiedenartig ausfallen. Eine solche Weise, dem Publicum die sämtlichen Werke Sh.ʼs übersetzt zu liefern, ist überdieß nichts neues: sie ist in den Wiener Nachdrucken befolgt worden.
Mit vollkommenster Hochachtung
Ew. Wohlgeboren
ergebenster
AWvSchlegel
An
Herrn Kaufmann
in
Potsdam
[4] [leer]
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