• Sophie Bernhardi to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Rom · Place of Destination: Unknown · Date: 22. Juni [1805]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Sophie Bernhardi
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Rom
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 22. Juni [1805]
  • Notations: Datum (Jahr) erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 203‒208.
  • Incipit: „[1] Rom den 22ten Juni [1805]
    Sie werden mein geliebter Freund meinen ersten Brief nach Mailand nun gewiß erhalten und darauß gesehen [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,15,37
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 23,6 x 19 cm
    Language
  • German
[1] Rom den 22ten Juni [1805]
Sie werden mein geliebter Freund meinen ersten Brief nach Mailand nun gewiß erhalten und darauß gesehen haben wie tausend Wiederwärtigkeiten mich quälen. Zu früh glaubt man oft daß nun alles beendet sei. Ich suche mein Gemüth zu sammeln um Ihnen in einem vernünftigen Zusammenhang zu schreiben und dan überwältigt mich der Schmerz so daß ich es doch nicht kann. Haben Sie meinen Brief welchen ich nach Mailand geschickt habe nicht erhalten so bitte ich Sie ja darum anzufragen den[n] ich habe darin manches geschrieben wovon ich nicht wünsche daß es in unrechte Hände fält weil es mir wichtige Verdrüßlichkeiten verursachen könte. Ich weiß nicht womit ich anfangen soll Ihnen zu schreiben und ich will es allso beim ersten Besten thun. Ich erhielt vor einiger Zeit einen Brief von Bernhardi ohne seines Nahmens Unterschrift worin er sagt das Ehre und Pflicht gebiehten dies Verhältniß aufzuheben, mich fragt ob er verheirahtet sei oder nicht, mich mit einer empöhrenden Gelindigkeit meinen frevelhaften Stolz abzulegen [mahnt] und versichert es sei nicht mehr an mir auf ein schuldloß geführtes Leben zu pochen, fügt der Versicherung seiner Liebe noch tausend andre Schmähungen und Kränkungen hinzu, nent Sie und Knorring als die Hauptursachen der Zwistigkeit verbunden mit der Schlechtigkeit meines älteren Bruders und versichert daß er mit Ihnen allen dreien auf die Art sprechen würde wie es einem Mann von Ehre zukomt.
Den folgenden Posttag komt ein Brief ohne Nahmensunterschrift an Knorring der unglücklicher Weise in meine Hände gerieht den[n] ich hatte mit Knorring ausgemacht das wen[n] ein Brief von München von Rumohr käme ich ihn auf machen wolte, in der festen [2] Überzeugung daß es ein solcher ist und ich darin etwaß von meinen Brüdern erfahren werde öffne ich ihn und sehe daß er von Bernhardi ist der ihn durch eine andre Hand hat schreiben lassen weil er wie er sagt dieser Vorsicht bedarf indem sich Knorring mit solchen Menschen verbunden hat welche seine Privatbriefe zu gerichtlichen Dokumenten zu machen suchen. In diesem Briefe nun giebt er Knorring schuld daß er die hauptsächlichste Stöhrung und das vorzüglichste Hinderniß unserer Vereinigung sei, behauptet das man mich mit den schändlichsten Nahmen benent wovon er nur die Gelindesten hersetze als Mätresse Buhlerin Unterhaltene, das dies nicht allein von der Zunge des Pöbels geschieht sondern das jeder Rechtliche Mensch mich dem Auswurf des Geschlechtes gleich stelte. Dabei aber spricht er von seiner Liebe zu mir, nent mich leichtsinnig aber innerlig warhaft edel, und fodert am Ende von Knorring sein schriftliches Ehrenwort mit seinem Siegel und Unterschrift mich sogleich zu verlassen, oder wen[n] das nicht geschieht sich mit ihm zu schiessen auf Leben und Todt und zwar so das sie von dreissig Schritte sich bis auf drei nähern wollen. Knorring soll aber zu ihm nach Berlin kommen weil ihm Geld fehlt, wen[n] er aber dies nicht will so will Bernhardi hieher zu Fuß kommen um diese Heldenthat auszuführen. Schlägt er aber das ganze Duell aus so will er sich durch den Russischen Gesandten an seine Familie wenden und diese von seinen Planen unterrichten. Gott mag nun wissen waß er damit meint, etwaß schlechtes gewiß. Da es nun einmal in der That ohne Ehre wäre sich gegen einen Ehrlosen Menschen zu stellen und Sie auch wohl einsehen wie schmerzlich für mich ein solcher Auftrit sein müste so hatt ihm Knorring [3] auch durch eine andre Hand geantwortet das er keinesweges den Unterschied der Geburht als ein Mittel betrachtete sich von den Gesetzen der Ehre loszusprechen aber daß diese auch gebiehte sich einer unbefleckten Ehre entgegen zu stellen und da Bernhardi von sich selbst schriftlich sagt: Ich bin nicht wehrt daß ihr mich anseht und Ich habe mit Bewußtsein schlecht gehandelt so seien dieß Fleken die erst ausgetilgt werden missen ehe von den Gesetzen der Ehre die Rede sein könne. Ich bitte Sie nun flehentlig mein geliebter Freund wen[n] wie ich vermuthe ein ähnlicher Brief an Sie gelangt ihm wörtlig dasselbe zu antworten. Wen[n] Sie jemals eine wahre Freundschaft für mich empfunden haben so beschwöre ich Sie versagen Sie mir meine Bitte nicht, es ist die Wichtigste die ich je an Sie gethan habe. Einmal sind Sie es mir schuldig so zu verfahren, dan sich selbst das Sie sich nicht gegen einen Menschen stellen der alle Ehre verlohren, die schändlichsten und Ehrlosesten Lügen ausfürt und dan endlig auch Knorring daß nicht ein Betragen welches er mit um meinetwillen beobachtet ihm als eine schändliche Feigheit ausgelegt wird. Und zulezt noch gar der Vorsicht den[n] er ist zu allem fähig und Sie können nicht wissen ob er Ihren Brief wen[n] Sie ihn anders einrichteten nicht auf das Entsezlichste misbrauchte. Waß sagen Sie liebster Freund Sie mit Ihrer treuen Seele wen[n] ich Ihnen sage daß ich in der Hand welche diesen Brief an Knorring geschrieben hat Schierstädt zu erkennen glaube und wen[n] ich das Siegel für Schützens Wapen halte. Fragen Sie sich ob es nicht mein Herz zerreissen muß. Gestern nun endlig habe ich durch Herrn von Humbold einen zweiten Brief von Bernhardi erhalten worin hauptsächlig von meinen leichtsinnigen Betragen mit Ihnen die Rede worin von Ihren täglichen Besuchen in mein Zimmer in der Dämmerung die Rede ist wo sie auf meine Nachtkleider vor mein Beht gesezt haben wo sie sich über meinen Mund sollen gebeugt haben und dergleichen. Sie wissen ja [4] mein theurer Freund wie unwahr wie falsch dies alles ist. Sie wissen welche drükende Noth uns oft zwang einige Worte am Morgen heimlig zu sprechen damit Sie mir entweder das besorgte Geld zustellen oder über die Mittel welches zu besorgen sprechen konten. Dies äusserste Elend waß schimp[f]lich ist es erfahren zu haben, diese sorgenvollen Stunden diese schlaflosen Nächte werden mir nun als mein Beweiß meines leichtsinnigen Betragens vorgeworfen die Bernhardi in den Augen der Welt rechtfertigen sollen. Und dieser saubre Brief schließt nun mit drei Vorschlägen wovon ich einen erwählen soll. Er will sich nicht von mir scheiden lassen da er aber weiß daß ich einen Grund dazu habe so stelt er mir frei es zu thun, dan will er mir alle Schritte erleichtern jedoch mit der Bedingung das ich in Berlin leben soll und er beide Kinder haben will, dan will er mir grosmühtig erlauben sie alle Tage zu sehen weil sie seiner nicht meiner Leitung bedürfen. Will ich mich aber nicht von ihm trennen so soll ich Ihrem und Knorrings Umgang entsagen und ihm Ihr beider schriftliches Ehrenwort verschaffen mich nicht wieder zu sehn, ihm selbst das Meinige von meinem Bruder verbürgte verschaffen das ich Ihnen völlig absage, ihm ein Kind jezt geben und mit dem Andern bis 1806 hier bleiben, dan will er wen[n] ich dies alles gethan habe auf allen sinlichen Besiz verzicht thun und das eine Kind allenfals selbst von hier ahhohlen. Der dritte Vorschlag endlig ist wen[n] ich mit [ihm] als seine Ehefrau leben will so soll ich den 1ten Mai 1806 zurikkommen und solange beide Kinder behalten. Das ich dan auch auf Ihren und Knorrings Umgang verzicht thue versteht sich von selbst. Sie sehen wohl selbst ein das wir alle eben so ehrloß wie er sein misten um einen von diesen Vorschlägen anzunehmen. Er läßt mir einige Tage mit der Antwort zeit und ich will [5] warten ob bis dahin mein Bruder Friedrich komt. Wie unglücklich und trostloß ich oft bin nicht nur daß er zögert sondern daß ich auch keine Zeile von ihm erhalte die mir nur irgend eine Nachricht gäbe können Sie wohl denken; wen[n] doch endlig wird mein hartes Schicksall sich mildern? Ich will Ihnen nun nur kurz sagen waß unumgänglich nohtwendig ist zu thun da Bernhardi in seinem Brief sich auf das Gesez beruft das die Kinder nicht ausser Landes erzogen werden dürfen vermöge dessen es mir nicht einmal nach seinem Tode erlaubt werden wirde mit ihnen hier zu bleiben und glauben Sie mir das ich sicher weiß von so sicherer Hand das ich nur zu scheu bin es zu schreiben. Es ist also gut wen[n] man verbreitet (wen[n] es auch nicht geschieht) ich wolte Katholisch werden und hätte dadurch den unmittelbahren Schutz eines mächtigen Cardinales und den mittelbahren des Pabstes selbst. Es zögert auf ein solches Gericht die Preusische Regierung selbst etwaß zu unternehmen, dan will ich und Knorring uns die Freundschaft des Alexander Humbold verschaffen der viel beim Minister Hardenberg vermag durch dessen Hände diese Sache gehen muß. Wen[n] mein Bruder in den Tagen welche mir Bernhardi Zeit gelassen nicht komt so will ich den Docktor Kohlrausch bitten an Bernhardi einige Worte zu schreiben und ihm zu melden das ich ihn als meinen Arzt darum ersucht hätte worin er ihm meldet daß ich ihm eher auf seinen Brief keine Antwort gäbe bis mein Bruder Friedrich käme welchen ich meine gerichtliche Volmacht gegeben habe in meiner [Angelegenheit] zu verfahren und der allein meine Geschäfte führen solle. Komt mein Bruder so laß ich den in meinem Nahmen schreiben das ich keinen von seinen dreien Vorschlägen annehme, mit ihm nicht leben könne weil meine Gesundheit so zerrüttet sei, mit ihm nicht leben wolle weil er durch alle seine Handlungen und Briefe bewiesen habe daß er ein schlechter Mensch sei, das ich gleich bereit sei mich von ihm [6] zu trennen, daß ich es jedoch nicht suchen wolle, daß ich ihm die Kinder nicht geben wolle weil ich es ihnen aus mütterlicher Liebe schuldig sei sie nicht an Leib und Seele verderben zu lassen. Daß ich ihm übrigens riehte sich ruhig zu halten weil ich in einem Lande lebte wo die Religion, das Gouvernement und meine persöhnliche Freunde mir allen Schutz biehten würden. Diesem allen wird Kohlrausch ein solches Zeugniß meines körperlichen Zustandes beifügen daß es wohl jede schlechte Verläumdung entkräften wird.
Nun bitte ich Sie mein theurer Freund meine Bitte ja sogleich zu erfüllen, an Hufeland nach Berlin einen freundschaftlichen Brief zu schreiben, ich habe es schon denselben Tag gethan an welchen ich Ihnen nach Mailand schrieb; damit Sie ihn mir gut gesint erhalten, wenden Sie darin alle Ihre Beredsamkeit an die jedes Menschen Seele bewegt, ihm mein unabsehbahres Elend vorzustellen und meine gränzenlose Liebe zu meinen Kindern die mein einziger Trost sind. Ich schreibe mit dieser Post zugleich an den Regierungsrath Vo[i]gt in Weimar der sein sehr naher Vetter und guter Freund ist das der alles anwendet waß er gutes von mir sagen kann. Dan will ich eine Bitschrift an den König nach Berlin schiken worin ich darum anhalte das mir erlaubt wird mit meinen Kindern bis zu meiner Herstellung in Italien zu bleiben, dieser Bitschrift wird Kohlrausch ein Zeugniß meines körperlichen Zustandes beilegen worin er sich auf das Frühere von Hufeland beruft und behauptet daß mir einzig diese Luft hier helfen kann. Wen[n] Hufeland dieser Bitschrift bei Beime und dieser sie beim König unterstüzt so sehen Sie wohl ein das es nicht wohl fehlschlagen kann. Sie sehen wohl mein theurer Freund daß ich standhaft und besonnen und nach dem Rath erfahrner Freunde handle. Thun Sie auch nur alles waß [7] in Ihrem Vermögen ist um mir beizustehn. Verschweigen Sie sorgfältig alles und jedes waß ich Ihnen hierin geschrieben habe, verwahren Sie diesen Brief wohl und sorgen Sie ja das Sie den bekommen welchen ich Ihnen nach Mailand geschrieben habe den[n] es ist wichtig.
Jezt noch eins. Ich glaube nicht daß ich heute damit fertig werde, ich habe noch einen Ackt an Egidio und Isabella durchzusehn und muß noch viele Briefe schreiben also kann ich es wohl erst den Mitwoch senden, ich bitte Sie liebster Freund es mit Eill zu treiben daß es auf Michaeli als Taschenbuch erscheint, wenden Sie Ihr ganzes Ansehen darauf, glauben Sie mir, es ist nicht von geringer Bedeutung daß mein Nahme grade jezt im Publikum genant wird. Sie können dan Gelegenheit nehmen alles Gute waß nüzlig ist davon zu sagen ohne daß Sie nöhtig haben das Tadelnswürdige daran zu verschweigen. Sie sehen wohl selbst wie gut dieß grade jezt wäre wen[n] Sie von Ihrem Zusammentreffen mit mir hier [in] Rom sprächen wie Sie es wolten weil man grade um Ihrentwillen mich so entsezlig beschimpft. Endlig noch mein lieber Freund und Bruder da man bei Ihnen unerschöpflig im Bitten sein kann so bitte ich Sie inständig das Geld welches Sie den 1ten Juli in Genf besorgen wolten nicht aufzuschieben weil sonst eine drükende Verlegenheit entstehen wirde. Es schmerzt mich das ich in diesem langen Briefe von nichts andern als von so traurigen Diengen reden kann, ich hoffe ich bin den künftigen so wohl und so beruhigt daß ich Ihnen eine andere Art von Brief schreiben kan, für heute kann ich nur noch sagen das Sie mir Ihre Brüderliche Liebe erhalten sollen, alle meine Bitten erfüllen mögen und alles sorgfältig verschweigen besonders was ich über Schütz und Schierstädt gesagt habe da es doch nur Vermuhtungen sind. Wen[n] Sie aber Briefe haben von Schütz, sehen Sie doch das [8] Wapen an ob es nicht ein getheiltes Feld hat, auf der einen Seite eine Krahne [?] und auf der andren ein Herz mit Pfeilen.
Leben Sie wohl, die Kinder sind wohl und grüßen Sie. Knorring bittet ihn nicht zu vergessen und Natorp empfielt sich Ihnen. Leben Sie wohl.
S[ophie] Tieck
[1] Rom den 22ten Juni [1805]
Sie werden mein geliebter Freund meinen ersten Brief nach Mailand nun gewiß erhalten und darauß gesehen haben wie tausend Wiederwärtigkeiten mich quälen. Zu früh glaubt man oft daß nun alles beendet sei. Ich suche mein Gemüth zu sammeln um Ihnen in einem vernünftigen Zusammenhang zu schreiben und dan überwältigt mich der Schmerz so daß ich es doch nicht kann. Haben Sie meinen Brief welchen ich nach Mailand geschickt habe nicht erhalten so bitte ich Sie ja darum anzufragen den[n] ich habe darin manches geschrieben wovon ich nicht wünsche daß es in unrechte Hände fält weil es mir wichtige Verdrüßlichkeiten verursachen könte. Ich weiß nicht womit ich anfangen soll Ihnen zu schreiben und ich will es allso beim ersten Besten thun. Ich erhielt vor einiger Zeit einen Brief von Bernhardi ohne seines Nahmens Unterschrift worin er sagt das Ehre und Pflicht gebiehten dies Verhältniß aufzuheben, mich fragt ob er verheirahtet sei oder nicht, mich mit einer empöhrenden Gelindigkeit meinen frevelhaften Stolz abzulegen [mahnt] und versichert es sei nicht mehr an mir auf ein schuldloß geführtes Leben zu pochen, fügt der Versicherung seiner Liebe noch tausend andre Schmähungen und Kränkungen hinzu, nent Sie und Knorring als die Hauptursachen der Zwistigkeit verbunden mit der Schlechtigkeit meines älteren Bruders und versichert daß er mit Ihnen allen dreien auf die Art sprechen würde wie es einem Mann von Ehre zukomt.
Den folgenden Posttag komt ein Brief ohne Nahmensunterschrift an Knorring der unglücklicher Weise in meine Hände gerieht den[n] ich hatte mit Knorring ausgemacht das wen[n] ein Brief von München von Rumohr käme ich ihn auf machen wolte, in der festen [2] Überzeugung daß es ein solcher ist und ich darin etwaß von meinen Brüdern erfahren werde öffne ich ihn und sehe daß er von Bernhardi ist der ihn durch eine andre Hand hat schreiben lassen weil er wie er sagt dieser Vorsicht bedarf indem sich Knorring mit solchen Menschen verbunden hat welche seine Privatbriefe zu gerichtlichen Dokumenten zu machen suchen. In diesem Briefe nun giebt er Knorring schuld daß er die hauptsächlichste Stöhrung und das vorzüglichste Hinderniß unserer Vereinigung sei, behauptet das man mich mit den schändlichsten Nahmen benent wovon er nur die Gelindesten hersetze als Mätresse Buhlerin Unterhaltene, das dies nicht allein von der Zunge des Pöbels geschieht sondern das jeder Rechtliche Mensch mich dem Auswurf des Geschlechtes gleich stelte. Dabei aber spricht er von seiner Liebe zu mir, nent mich leichtsinnig aber innerlig warhaft edel, und fodert am Ende von Knorring sein schriftliches Ehrenwort mit seinem Siegel und Unterschrift mich sogleich zu verlassen, oder wen[n] das nicht geschieht sich mit ihm zu schiessen auf Leben und Todt und zwar so das sie von dreissig Schritte sich bis auf drei nähern wollen. Knorring soll aber zu ihm nach Berlin kommen weil ihm Geld fehlt, wen[n] er aber dies nicht will so will Bernhardi hieher zu Fuß kommen um diese Heldenthat auszuführen. Schlägt er aber das ganze Duell aus so will er sich durch den Russischen Gesandten an seine Familie wenden und diese von seinen Planen unterrichten. Gott mag nun wissen waß er damit meint, etwaß schlechtes gewiß. Da es nun einmal in der That ohne Ehre wäre sich gegen einen Ehrlosen Menschen zu stellen und Sie auch wohl einsehen wie schmerzlich für mich ein solcher Auftrit sein müste so hatt ihm Knorring [3] auch durch eine andre Hand geantwortet das er keinesweges den Unterschied der Geburht als ein Mittel betrachtete sich von den Gesetzen der Ehre loszusprechen aber daß diese auch gebiehte sich einer unbefleckten Ehre entgegen zu stellen und da Bernhardi von sich selbst schriftlich sagt: Ich bin nicht wehrt daß ihr mich anseht und Ich habe mit Bewußtsein schlecht gehandelt so seien dieß Fleken die erst ausgetilgt werden missen ehe von den Gesetzen der Ehre die Rede sein könne. Ich bitte Sie nun flehentlig mein geliebter Freund wen[n] wie ich vermuthe ein ähnlicher Brief an Sie gelangt ihm wörtlig dasselbe zu antworten. Wen[n] Sie jemals eine wahre Freundschaft für mich empfunden haben so beschwöre ich Sie versagen Sie mir meine Bitte nicht, es ist die Wichtigste die ich je an Sie gethan habe. Einmal sind Sie es mir schuldig so zu verfahren, dan sich selbst das Sie sich nicht gegen einen Menschen stellen der alle Ehre verlohren, die schändlichsten und Ehrlosesten Lügen ausfürt und dan endlig auch Knorring daß nicht ein Betragen welches er mit um meinetwillen beobachtet ihm als eine schändliche Feigheit ausgelegt wird. Und zulezt noch gar der Vorsicht den[n] er ist zu allem fähig und Sie können nicht wissen ob er Ihren Brief wen[n] Sie ihn anders einrichteten nicht auf das Entsezlichste misbrauchte. Waß sagen Sie liebster Freund Sie mit Ihrer treuen Seele wen[n] ich Ihnen sage daß ich in der Hand welche diesen Brief an Knorring geschrieben hat Schierstädt zu erkennen glaube und wen[n] ich das Siegel für Schützens Wapen halte. Fragen Sie sich ob es nicht mein Herz zerreissen muß. Gestern nun endlig habe ich durch Herrn von Humbold einen zweiten Brief von Bernhardi erhalten worin hauptsächlig von meinen leichtsinnigen Betragen mit Ihnen die Rede worin von Ihren täglichen Besuchen in mein Zimmer in der Dämmerung die Rede ist wo sie auf meine Nachtkleider vor mein Beht gesezt haben wo sie sich über meinen Mund sollen gebeugt haben und dergleichen. Sie wissen ja [4] mein theurer Freund wie unwahr wie falsch dies alles ist. Sie wissen welche drükende Noth uns oft zwang einige Worte am Morgen heimlig zu sprechen damit Sie mir entweder das besorgte Geld zustellen oder über die Mittel welches zu besorgen sprechen konten. Dies äusserste Elend waß schimp[f]lich ist es erfahren zu haben, diese sorgenvollen Stunden diese schlaflosen Nächte werden mir nun als mein Beweiß meines leichtsinnigen Betragens vorgeworfen die Bernhardi in den Augen der Welt rechtfertigen sollen. Und dieser saubre Brief schließt nun mit drei Vorschlägen wovon ich einen erwählen soll. Er will sich nicht von mir scheiden lassen da er aber weiß daß ich einen Grund dazu habe so stelt er mir frei es zu thun, dan will er mir alle Schritte erleichtern jedoch mit der Bedingung das ich in Berlin leben soll und er beide Kinder haben will, dan will er mir grosmühtig erlauben sie alle Tage zu sehen weil sie seiner nicht meiner Leitung bedürfen. Will ich mich aber nicht von ihm trennen so soll ich Ihrem und Knorrings Umgang entsagen und ihm Ihr beider schriftliches Ehrenwort verschaffen mich nicht wieder zu sehn, ihm selbst das Meinige von meinem Bruder verbürgte verschaffen das ich Ihnen völlig absage, ihm ein Kind jezt geben und mit dem Andern bis 1806 hier bleiben, dan will er wen[n] ich dies alles gethan habe auf allen sinlichen Besiz verzicht thun und das eine Kind allenfals selbst von hier ahhohlen. Der dritte Vorschlag endlig ist wen[n] ich mit [ihm] als seine Ehefrau leben will so soll ich den 1ten Mai 1806 zurikkommen und solange beide Kinder behalten. Das ich dan auch auf Ihren und Knorrings Umgang verzicht thue versteht sich von selbst. Sie sehen wohl selbst ein das wir alle eben so ehrloß wie er sein misten um einen von diesen Vorschlägen anzunehmen. Er läßt mir einige Tage mit der Antwort zeit und ich will [5] warten ob bis dahin mein Bruder Friedrich komt. Wie unglücklich und trostloß ich oft bin nicht nur daß er zögert sondern daß ich auch keine Zeile von ihm erhalte die mir nur irgend eine Nachricht gäbe können Sie wohl denken; wen[n] doch endlig wird mein hartes Schicksall sich mildern? Ich will Ihnen nun nur kurz sagen waß unumgänglich nohtwendig ist zu thun da Bernhardi in seinem Brief sich auf das Gesez beruft das die Kinder nicht ausser Landes erzogen werden dürfen vermöge dessen es mir nicht einmal nach seinem Tode erlaubt werden wirde mit ihnen hier zu bleiben und glauben Sie mir das ich sicher weiß von so sicherer Hand das ich nur zu scheu bin es zu schreiben. Es ist also gut wen[n] man verbreitet (wen[n] es auch nicht geschieht) ich wolte Katholisch werden und hätte dadurch den unmittelbahren Schutz eines mächtigen Cardinales und den mittelbahren des Pabstes selbst. Es zögert auf ein solches Gericht die Preusische Regierung selbst etwaß zu unternehmen, dan will ich und Knorring uns die Freundschaft des Alexander Humbold verschaffen der viel beim Minister Hardenberg vermag durch dessen Hände diese Sache gehen muß. Wen[n] mein Bruder in den Tagen welche mir Bernhardi Zeit gelassen nicht komt so will ich den Docktor Kohlrausch bitten an Bernhardi einige Worte zu schreiben und ihm zu melden das ich ihn als meinen Arzt darum ersucht hätte worin er ihm meldet daß ich ihm eher auf seinen Brief keine Antwort gäbe bis mein Bruder Friedrich käme welchen ich meine gerichtliche Volmacht gegeben habe in meiner [Angelegenheit] zu verfahren und der allein meine Geschäfte führen solle. Komt mein Bruder so laß ich den in meinem Nahmen schreiben das ich keinen von seinen dreien Vorschlägen annehme, mit ihm nicht leben könne weil meine Gesundheit so zerrüttet sei, mit ihm nicht leben wolle weil er durch alle seine Handlungen und Briefe bewiesen habe daß er ein schlechter Mensch sei, das ich gleich bereit sei mich von ihm [6] zu trennen, daß ich es jedoch nicht suchen wolle, daß ich ihm die Kinder nicht geben wolle weil ich es ihnen aus mütterlicher Liebe schuldig sei sie nicht an Leib und Seele verderben zu lassen. Daß ich ihm übrigens riehte sich ruhig zu halten weil ich in einem Lande lebte wo die Religion, das Gouvernement und meine persöhnliche Freunde mir allen Schutz biehten würden. Diesem allen wird Kohlrausch ein solches Zeugniß meines körperlichen Zustandes beifügen daß es wohl jede schlechte Verläumdung entkräften wird.
Nun bitte ich Sie mein theurer Freund meine Bitte ja sogleich zu erfüllen, an Hufeland nach Berlin einen freundschaftlichen Brief zu schreiben, ich habe es schon denselben Tag gethan an welchen ich Ihnen nach Mailand schrieb; damit Sie ihn mir gut gesint erhalten, wenden Sie darin alle Ihre Beredsamkeit an die jedes Menschen Seele bewegt, ihm mein unabsehbahres Elend vorzustellen und meine gränzenlose Liebe zu meinen Kindern die mein einziger Trost sind. Ich schreibe mit dieser Post zugleich an den Regierungsrath Vo[i]gt in Weimar der sein sehr naher Vetter und guter Freund ist das der alles anwendet waß er gutes von mir sagen kann. Dan will ich eine Bitschrift an den König nach Berlin schiken worin ich darum anhalte das mir erlaubt wird mit meinen Kindern bis zu meiner Herstellung in Italien zu bleiben, dieser Bitschrift wird Kohlrausch ein Zeugniß meines körperlichen Zustandes beilegen worin er sich auf das Frühere von Hufeland beruft und behauptet daß mir einzig diese Luft hier helfen kann. Wen[n] Hufeland dieser Bitschrift bei Beime und dieser sie beim König unterstüzt so sehen Sie wohl ein das es nicht wohl fehlschlagen kann. Sie sehen wohl mein theurer Freund daß ich standhaft und besonnen und nach dem Rath erfahrner Freunde handle. Thun Sie auch nur alles waß [7] in Ihrem Vermögen ist um mir beizustehn. Verschweigen Sie sorgfältig alles und jedes waß ich Ihnen hierin geschrieben habe, verwahren Sie diesen Brief wohl und sorgen Sie ja das Sie den bekommen welchen ich Ihnen nach Mailand geschrieben habe den[n] es ist wichtig.
Jezt noch eins. Ich glaube nicht daß ich heute damit fertig werde, ich habe noch einen Ackt an Egidio und Isabella durchzusehn und muß noch viele Briefe schreiben also kann ich es wohl erst den Mitwoch senden, ich bitte Sie liebster Freund es mit Eill zu treiben daß es auf Michaeli als Taschenbuch erscheint, wenden Sie Ihr ganzes Ansehen darauf, glauben Sie mir, es ist nicht von geringer Bedeutung daß mein Nahme grade jezt im Publikum genant wird. Sie können dan Gelegenheit nehmen alles Gute waß nüzlig ist davon zu sagen ohne daß Sie nöhtig haben das Tadelnswürdige daran zu verschweigen. Sie sehen wohl selbst wie gut dieß grade jezt wäre wen[n] Sie von Ihrem Zusammentreffen mit mir hier [in] Rom sprächen wie Sie es wolten weil man grade um Ihrentwillen mich so entsezlig beschimpft. Endlig noch mein lieber Freund und Bruder da man bei Ihnen unerschöpflig im Bitten sein kann so bitte ich Sie inständig das Geld welches Sie den 1ten Juli in Genf besorgen wolten nicht aufzuschieben weil sonst eine drükende Verlegenheit entstehen wirde. Es schmerzt mich das ich in diesem langen Briefe von nichts andern als von so traurigen Diengen reden kann, ich hoffe ich bin den künftigen so wohl und so beruhigt daß ich Ihnen eine andere Art von Brief schreiben kan, für heute kann ich nur noch sagen das Sie mir Ihre Brüderliche Liebe erhalten sollen, alle meine Bitten erfüllen mögen und alles sorgfältig verschweigen besonders was ich über Schütz und Schierstädt gesagt habe da es doch nur Vermuhtungen sind. Wen[n] Sie aber Briefe haben von Schütz, sehen Sie doch das [8] Wapen an ob es nicht ein getheiltes Feld hat, auf der einen Seite eine Krahne [?] und auf der andren ein Herz mit Pfeilen.
Leben Sie wohl, die Kinder sind wohl und grüßen Sie. Knorring bittet ihn nicht zu vergessen und Natorp empfielt sich Ihnen. Leben Sie wohl.
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