• August Wilhelm von Schlegel to Anne Louise Germaine de Staël-Holstein

  • Place of Dispatch: Bern · Place of Destination: Unknown · Date: 01.03.1812
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Anne Louise Germaine de Staël-Holstein
  • Place of Dispatch: Bern
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 01.03.1812
  • Typ: Deutsche Übersetzung
    Printed Text
  • Bibliography: Pange, Pauline de: August Wilhelm Schlegel und Frau von Staël. Eine schicksalhafte Begegnung. Nach unveröffentlichten Briefen erzählt von Pauline Gräfin de Pange. Dt. Ausg. von Willy Grabert. Hamburg 1940, S. 295–296.
  • Incipit: „Bern, den 1. März 1812.
    Wir haben jetzt einen unangenehmen Rückfall in den Winter zu verzeichnen. Ich weiß nicht, ob es [...]“
    Language
  • German
Bern, den 1. März 1812.
Wir haben jetzt einen unangenehmen Rückfall in den Winter zu verzeichnen. Ich weiß nicht, ob es bei Ihnen ebenso ist, denke aber, in der jetzigen Jahreszeit wird das nicht lange andauern. Liebe Freundin! Mit großer Ungeduld warte ich bei jeder Post auf Nachrichten über Ihr Befinden – im Grunde sind das die einzigen Nachrichten, die mich augenblicklich interessieren. Hoffentlich höre ich heute, daß die Besserung, von der Sie in Ihrem letzten Briefe sprechen, anhält. Ich denke, C[apelles] Rückkehr wird nichts Neues oder auch nur etwas bringen, das die Situation ändert – dieses systematische hartnäckige Schweigen wird wohl einfach weiter fortgesetzt werden.
In der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen muß ich alles Wesentliche, was wir uns zu sagen haben, auf unsere Unterhaltungen verschieben. In Briefen ist man doch zu behindert, man kann sich in ihnen niemals deutlich ausdrücken.
Seit Donnerstag habe ich nichts Neues über Krieg oder Frieden in Erfahrung bringen können. Die Abgeordneten sind noch immer hier; der neue Vertrag über die Truppen ist nämlich noch nicht ratifiziert.
Ich habe den jungen Bonstetten gesprochen und ihn, wie Sie sich wohl denken können, eingehend ausgefragt. Er konnte mir aber nichts anderes sagen, als daß Sie einen sehr deprimierten Eindruck machten und unzufrieden mit Ihrem augenblicklichen Aufenthaltsort schienen. Hüten Sie sich vor dem ansteckend traurigen Klima des Landes. Ich glaube aber, das beschränkt sich auf G[enf] selber, und in ein paar Stunden Entfernung von der Stadt ist man davon schon wieder frei. Wann können Sie denn, ohne Ihrer Gesundheit zu schaden, Ihr Winterquartier verlassen und aufs Land gehen?
Eine Nachbarin hier versicherte mir, man habe Herrn von Bonstetten schon seit langer Zeit erwartet und seine Cousine, Frau von Wattenwyl, habe ihm endlich sehr dringend geschrieben zu kommen – seine Schwiegermutter fand es unrecht, daß er seine künftige Frau sich ganz allein langweilen läßt. In diese Ehe scheint keiner der beiden Teile mit glühender Leidenschaft hineinzugehen.
Mir geht’s immer noch gut. – Nur ist seit einiger Zeit mein Magen nicht in Ordnung, aber das besagt nichts. Ich bin jede Stunde bereit, mich in eine Postkutsche zu setzen, sobald Sie mir schreiben, daß ich das Glück haben kann, Sie wiederzusehen und Ihre Kinder zu umarmen. Sehr gegen meinen Willen kann ich so garnichts für Sie alle tun. Auch ich habe meinen Kummer, aber das geht niemanden etwas an.
Ich wundere mich, nichts über Ihren Prozeß zu hören. Geht es Albert noch nicht wieder besser?
Leben Sie wohl, liebe Freundin! Auf Wiedersehn!
Bern, den 1. März 1812.
Wir haben jetzt einen unangenehmen Rückfall in den Winter zu verzeichnen. Ich weiß nicht, ob es bei Ihnen ebenso ist, denke aber, in der jetzigen Jahreszeit wird das nicht lange andauern. Liebe Freundin! Mit großer Ungeduld warte ich bei jeder Post auf Nachrichten über Ihr Befinden – im Grunde sind das die einzigen Nachrichten, die mich augenblicklich interessieren. Hoffentlich höre ich heute, daß die Besserung, von der Sie in Ihrem letzten Briefe sprechen, anhält. Ich denke, C[apelles] Rückkehr wird nichts Neues oder auch nur etwas bringen, das die Situation ändert – dieses systematische hartnäckige Schweigen wird wohl einfach weiter fortgesetzt werden.
In der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen muß ich alles Wesentliche, was wir uns zu sagen haben, auf unsere Unterhaltungen verschieben. In Briefen ist man doch zu behindert, man kann sich in ihnen niemals deutlich ausdrücken.
Seit Donnerstag habe ich nichts Neues über Krieg oder Frieden in Erfahrung bringen können. Die Abgeordneten sind noch immer hier; der neue Vertrag über die Truppen ist nämlich noch nicht ratifiziert.
Ich habe den jungen Bonstetten gesprochen und ihn, wie Sie sich wohl denken können, eingehend ausgefragt. Er konnte mir aber nichts anderes sagen, als daß Sie einen sehr deprimierten Eindruck machten und unzufrieden mit Ihrem augenblicklichen Aufenthaltsort schienen. Hüten Sie sich vor dem ansteckend traurigen Klima des Landes. Ich glaube aber, das beschränkt sich auf G[enf] selber, und in ein paar Stunden Entfernung von der Stadt ist man davon schon wieder frei. Wann können Sie denn, ohne Ihrer Gesundheit zu schaden, Ihr Winterquartier verlassen und aufs Land gehen?
Eine Nachbarin hier versicherte mir, man habe Herrn von Bonstetten schon seit langer Zeit erwartet und seine Cousine, Frau von Wattenwyl, habe ihm endlich sehr dringend geschrieben zu kommen – seine Schwiegermutter fand es unrecht, daß er seine künftige Frau sich ganz allein langweilen läßt. In diese Ehe scheint keiner der beiden Teile mit glühender Leidenschaft hineinzugehen.
Mir geht’s immer noch gut. – Nur ist seit einiger Zeit mein Magen nicht in Ordnung, aber das besagt nichts. Ich bin jede Stunde bereit, mich in eine Postkutsche zu setzen, sobald Sie mir schreiben, daß ich das Glück haben kann, Sie wiederzusehen und Ihre Kinder zu umarmen. Sehr gegen meinen Willen kann ich so garnichts für Sie alle tun. Auch ich habe meinen Kummer, aber das geht niemanden etwas an.
Ich wundere mich, nichts über Ihren Prozeß zu hören. Geht es Albert noch nicht wieder besser?
Leben Sie wohl, liebe Freundin! Auf Wiedersehn!
· Original , 01.03.1812
· Pange, Pauline de: Auguste-Guillaume Schlegel et Madame de Staël d’apres des documents inédits. Paris 1938, S. 368‒369.
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