• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Köln · Place of Destination: Unknown · Date: 24. Juli [1806]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Köln
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 24. Juli [1806]
  • Notations: Datum (Jahr) erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 349‒352.
  • Weitere Drucke: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 26. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Pariser und Kölner Lebensjahre (1802‒1808). Zweiter Teil (Januar 1806 ‒ Juni 1808). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hans Dierkes. Paderborn 2018, S. 75‒78.
  • Incipit: „[1] Kölln. Den 24ten Jul. [1806]
    Herzlich geliebter Bruder, ich kann Dir gar nicht sagen, wie leid und weh mir die Klagen [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-8
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,I,31
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19,9 x 11,6 cm
    Language
  • German
[1] Kölln. Den 24ten Jul. [1806]
Herzlich geliebter Bruder, ich kann Dir gar nicht sagen, wie leid und weh mir die Klagen Deines letzten Briefes thun. Zwar seh ich wohl daß die vorübergehende üble Laune wegen des verdrießlichen Aufenthalts in der dürren Oede des innern Frankreichs sich vermischt mit dem bleibenden Gefühl des Mangels oder Störenden in Deinem Verhältniß. Der Winter wird also gewiß besser seyn, als der Sommer, wenn die erste Ursache wegfällt; doch beunruhigt mich Deine Lage im Ganzen sehr. Das beste wäre freylich eine kurze Trennung, eine kleine Reise in einsamere Verhältnisse, wie ich Dir schon in meinem letzten Briefe vom 24ten Juni vorschlug. Am schönsten wäre es wenn in Erfüllung ginge, was die Staël in dem gestern erhaltnen Briefe mich hoffen läßt, daß Ihr zusammen herkämet. Darüber nun zuerst einige Worte, um unsre räumlichen Verhältnisse ganz ins Reine zu bringen. Da die Stael mir jene Hoffnung nur sehr ungewiß giebt, und auch keine Zeit bestimmt [2] so kann ich nun für den Augenblick meine lang beschloßne und lang bereitete Reise nicht aufgeben. Sie wird aber auch auf keinen Fall ein Hinderniß seyn, uns zu sehn. Den Plan nach Sachsen und Berlin zu gehn hab ich ohnehin aufgeben müssen. Ich gehe in diesen Tagen nach Frankfurt, von wo Philipp allein nach Berlin weiter geht, und von da zu Hardenberg auf sein Gut Unterzell dicht bei Würzburg. Kommt Ihr nicht oder später, so bleibe ich wohl den Rest des August und den ganzen September dort. Kommt Ihr aber, so kann ich leicht von da zurückeilen; oder die Stael käme nach Frankfurt, was noch näher von Eurem jetzigen Aufenthalt ist, und wenn der Plan wegen Alberts realisirt wird, so nähme ich den alsdann von Frankfurt mit mir nach Kölln. Schreibe mir nur nach wie vor nach Kölln – ist aber etwas eiliges in Betreff der Reise zu melden, daß ich zurückkommen soll, so addressire an Buchhändler Willmans in Frankfurt. [3] Thu also ja alles mögliche, um diese Hoffnung in Erfüllung zu bringen – an mir soll es nicht fehlen. So viel davon.
In Deinen Klagen gehst Du doch aber offenbar zu weit. Denke nur wie viele große Dichter (Cervantes, Camoens, Dante) in Deinem Alter noch nichts bedeutendes vor sich gebracht hatten und sich in einer viel üblern Lage befanden. Das letzte gilt gewiß auch von mir. Bedenke nur wie viel Du schon geleistet und welchen Ruhm und welche Mittel Du Dir schon erworben hast! Daß Du den Sommer nichts hast arbeiten können ist freilich schlimm; aber so wie eine Schwalbe keinen Sommer, so macht auch Ein Sommer noch kein Leben. Die Reise nach Italien war doch selbst für Deine Kunst ein großer und beneidenswerther Gewinn. – Zu einzelnen wenn gleich kleinen Gedichten solltest Du Dich mehr zwingen – es gehört doch nur Ein Morgen oder Eine Nacht dazu – es erhält in der Stimmung und erfrischt Dich gewiß mehr als alles andre. – Gewinnst Du aber wieder etwas mehr Laune und Ruhe, so riethe ich Dir falls die Abneigung gegen das Uebersetzen [4] zu groß ist und auch der Tristan Dir nicht anmuthet, den Bellerophon oder sonst einen romantisch dramatischen Plan vorzunehmen. Hier hast Du das Ziel der Vollendung nah genung vor Augen, um Muth und Munterkeit zu behalten.
Dein Calderone ist mit vielem und zwar verständigen Lobe in der Jenaischen A.[llgemeinen] L.[iteratur] Z.[eittung] ausführlich angezeigt. Die decimas meynt er hättest Du am unvergleichlichsten übersetzt; weniger wollen ihm die Romançes behagen. – Auch mein Wesen über Gothische Baukunst ist daselbst mit kurzem aber mehrem Lobe erwähnt, als ich von Goethens Einfluß hoffte. Der alte Sünder selbst hat die Riepenhausenschen Blätter zur Genoveva recensirt, mit Schonung doch mit wiederhohltem Seufzen über die jetzige Neigung zum alten Styl in der Mahlerei und zu katholischen Gegenständen; die Genoveva hat er dabei gelobt. – Humbolds hinkende Elegie ist wirklich gedruckt wie ich aus dem Freimüthigen sehe, der wacker drauf schimpft. – Von Boutterweck ist die [5] Geschichte der spanischen und der portugiesischen Poesie erschienen. Freilich seicht gearbeitet, auch klagt er bei der portugiesischen über den Mangel einiger der wichtigsten Bücher. Doch da er Nachrichten und Auszüge aus manchem mir und auch wohl Dir noch nicht bekannten Buch enthält, so wäre es immer der Mühe werth es unter den übrigen Büchern aus Deutschland mit kommen zu lassen; besonders wenn Du mit solchem Reiseplane schwanger gehst. – Schelling hat in Form einer Recension in der Jenaischen A.[llgemeinen] L.[iteratur] Z.[eitung] über die Stellen in Fichteʼs Wesen des Gelehrten welche auf seine (Fichteʼs) neue Philosophie Bezug haben, diese selbst angegriffen; besser der Form nach, als ich erwartet hätte – im Wesentlichen versteht einer den andern gleich sehr durchaus nicht. – Ich selbst, lieber Freund, habe viel gearbeitet; besonders Philosophie und Geschichte, auch einiges gedichtet, so daß ich nun wirklich vieles fertig liegen habe – welches endlich ans Licht zu fördern auch das irdische Bedürfniß dringt. Was aber zuerst erscheinen soll, hängt von so vielen äußern und innern Umständen und Rücksichten ab, daß ich nichts darüber bestimmen mag. Die Zeit entscheide.
[6] Die Universität zu Würzburg wird wohl einigermassen beibehalten werden; Schelling aber ist von derselben abgegangen, und hat der neuen Regierung nicht gehuldigt. Er hält sich in München auf, wahrscheinlich in der Absicht um eine Stelle bei der Akademie zu suchen.
Sonst wüßt ich nichts neues. Nur noch einige Worte zu meiner Rechtfertigung. Es ist gar keine gute Hand, sondern eine wenigstens ganz irre geleitete, welche Dir zu wissen gethan, daß ich mit Bernhardi in einem tröstenden Briefwechsel stehe. Ich hatte vorigen Winter an Fröhlich geschrieben; da ich keine Antwort erhielt so bat ich B.[ernhardi] mir diese zu verschaffen, wobei ich ihm nicht mehr freundschaftliches schrieb, als unser ehemaliger Umgang mit sich brachte, da ich nicht den mindesten Beruf fühle an seinen häuslichen Verhältnissen einen besondern Antheil zu nehmen. In der Antwort hat er in aller Kürze einige mit so kräftigen Redensarten gespickte Klagen ausgeschüttet, daß ich alle Lust den Brief[7]wechsel weiter fortzuspinnen würde verlohren haben, wenn ich auch diese Absicht gehabt hätte. – Daß ich im Winter 1800–1801 einigemal ziemlich in Hitze gerieth, will ich nicht läugnen; es würde Dich aber nicht wundern, wenn Du einigermaßen wüßtest was Karoline alles angestellt hat, um mich so weit zu bringen; doch würde die Rücksicht auf Dich gewiß jede leidenschaftliche Aufwallung besiegt haben, wenn Du mir nur damals Dein Vertrauen geschenkt und bestimmter Deine Absichten und Wünsche mitgetheilt hättest. Was Du für einen Verdacht aus ganz frühen Zeiten meynst, kann ich durchaus nicht errathen; wohl aber ist mir schon oft der Argwohn gekommen, daß Karolinens Lügengespinste zwischen uns so alt sind, als meine Bekantschaft mit ihr.
Deine Bemerkungen über Gemählde in Beziehung auf die Europa waren mir sehr angenehm – freilich verändert sich in Paris die Scene allen Augenblick, und so glaube ich wohl daß Du viele der beschriebnen Gemählde nicht hast finden können. Von Eyck sollen ja aber jetzt [8] sehr schöne Sachen ausgestellt seyn, die ich noch nicht gesehen. – Wenn Du noch einmal nach Paris gehst, so besuche doch ja Denon. – Von Fiorillo ist ein neuer Theil der Kunstgeschichte erschienen, welcher die französische Mahlerei enthält.
Der Pellegrin wird bei jeder Gelegenheit in der Jenaischen A. [llgemeinen] L.[iteratur] Z.[eitung] äusserst unbillig und hämisch mitgenommen; es kömmt mir fast vor als ob es Karolinens Styl wäre. – In der Hallischen Zeitung Ergänzungs Bl.[ätter] in einer Revision der aesthetischen Litteratur ist sehr viel von uns die Rede; nach ihrer Art lobend genung.
Der Brief der Stael an Lameth ist mir sehr lieb. Die hiesige Sache ist immer noch nicht entschieden. – Dieses ist verdrießlicher als Du wohl denkst. Ich könnte mit grossem Recht bittre Klagen ganz andrer Art als die Deinigen führen. Noch nie bin ich so ganz und so anhaltend durch äußre Noth im Arbeiten gestört, als diesen Sommer. Man wird es endlich satt. – Schreibe mir bald wieder und wie ich hoffe tröstlicher als das letztemal.
Friedrich.
[1] Kölln. Den 24ten Jul. [1806]
Herzlich geliebter Bruder, ich kann Dir gar nicht sagen, wie leid und weh mir die Klagen Deines letzten Briefes thun. Zwar seh ich wohl daß die vorübergehende üble Laune wegen des verdrießlichen Aufenthalts in der dürren Oede des innern Frankreichs sich vermischt mit dem bleibenden Gefühl des Mangels oder Störenden in Deinem Verhältniß. Der Winter wird also gewiß besser seyn, als der Sommer, wenn die erste Ursache wegfällt; doch beunruhigt mich Deine Lage im Ganzen sehr. Das beste wäre freylich eine kurze Trennung, eine kleine Reise in einsamere Verhältnisse, wie ich Dir schon in meinem letzten Briefe vom 24ten Juni vorschlug. Am schönsten wäre es wenn in Erfüllung ginge, was die Staël in dem gestern erhaltnen Briefe mich hoffen läßt, daß Ihr zusammen herkämet. Darüber nun zuerst einige Worte, um unsre räumlichen Verhältnisse ganz ins Reine zu bringen. Da die Stael mir jene Hoffnung nur sehr ungewiß giebt, und auch keine Zeit bestimmt [2] so kann ich nun für den Augenblick meine lang beschloßne und lang bereitete Reise nicht aufgeben. Sie wird aber auch auf keinen Fall ein Hinderniß seyn, uns zu sehn. Den Plan nach Sachsen und Berlin zu gehn hab ich ohnehin aufgeben müssen. Ich gehe in diesen Tagen nach Frankfurt, von wo Philipp allein nach Berlin weiter geht, und von da zu Hardenberg auf sein Gut Unterzell dicht bei Würzburg. Kommt Ihr nicht oder später, so bleibe ich wohl den Rest des August und den ganzen September dort. Kommt Ihr aber, so kann ich leicht von da zurückeilen; oder die Stael käme nach Frankfurt, was noch näher von Eurem jetzigen Aufenthalt ist, und wenn der Plan wegen Alberts realisirt wird, so nähme ich den alsdann von Frankfurt mit mir nach Kölln. Schreibe mir nur nach wie vor nach Kölln – ist aber etwas eiliges in Betreff der Reise zu melden, daß ich zurückkommen soll, so addressire an Buchhändler Willmans in Frankfurt. [3] Thu also ja alles mögliche, um diese Hoffnung in Erfüllung zu bringen – an mir soll es nicht fehlen. So viel davon.
In Deinen Klagen gehst Du doch aber offenbar zu weit. Denke nur wie viele große Dichter (Cervantes, Camoens, Dante) in Deinem Alter noch nichts bedeutendes vor sich gebracht hatten und sich in einer viel üblern Lage befanden. Das letzte gilt gewiß auch von mir. Bedenke nur wie viel Du schon geleistet und welchen Ruhm und welche Mittel Du Dir schon erworben hast! Daß Du den Sommer nichts hast arbeiten können ist freilich schlimm; aber so wie eine Schwalbe keinen Sommer, so macht auch Ein Sommer noch kein Leben. Die Reise nach Italien war doch selbst für Deine Kunst ein großer und beneidenswerther Gewinn. – Zu einzelnen wenn gleich kleinen Gedichten solltest Du Dich mehr zwingen – es gehört doch nur Ein Morgen oder Eine Nacht dazu – es erhält in der Stimmung und erfrischt Dich gewiß mehr als alles andre. – Gewinnst Du aber wieder etwas mehr Laune und Ruhe, so riethe ich Dir falls die Abneigung gegen das Uebersetzen [4] zu groß ist und auch der Tristan Dir nicht anmuthet, den Bellerophon oder sonst einen romantisch dramatischen Plan vorzunehmen. Hier hast Du das Ziel der Vollendung nah genung vor Augen, um Muth und Munterkeit zu behalten.
Dein Calderone ist mit vielem und zwar verständigen Lobe in der Jenaischen A.[llgemeinen] L.[iteratur] Z.[eittung] ausführlich angezeigt. Die decimas meynt er hättest Du am unvergleichlichsten übersetzt; weniger wollen ihm die Romançes behagen. – Auch mein Wesen über Gothische Baukunst ist daselbst mit kurzem aber mehrem Lobe erwähnt, als ich von Goethens Einfluß hoffte. Der alte Sünder selbst hat die Riepenhausenschen Blätter zur Genoveva recensirt, mit Schonung doch mit wiederhohltem Seufzen über die jetzige Neigung zum alten Styl in der Mahlerei und zu katholischen Gegenständen; die Genoveva hat er dabei gelobt. – Humbolds hinkende Elegie ist wirklich gedruckt wie ich aus dem Freimüthigen sehe, der wacker drauf schimpft. – Von Boutterweck ist die [5] Geschichte der spanischen und der portugiesischen Poesie erschienen. Freilich seicht gearbeitet, auch klagt er bei der portugiesischen über den Mangel einiger der wichtigsten Bücher. Doch da er Nachrichten und Auszüge aus manchem mir und auch wohl Dir noch nicht bekannten Buch enthält, so wäre es immer der Mühe werth es unter den übrigen Büchern aus Deutschland mit kommen zu lassen; besonders wenn Du mit solchem Reiseplane schwanger gehst. – Schelling hat in Form einer Recension in der Jenaischen A.[llgemeinen] L.[iteratur] Z.[eitung] über die Stellen in Fichteʼs Wesen des Gelehrten welche auf seine (Fichteʼs) neue Philosophie Bezug haben, diese selbst angegriffen; besser der Form nach, als ich erwartet hätte – im Wesentlichen versteht einer den andern gleich sehr durchaus nicht. – Ich selbst, lieber Freund, habe viel gearbeitet; besonders Philosophie und Geschichte, auch einiges gedichtet, so daß ich nun wirklich vieles fertig liegen habe – welches endlich ans Licht zu fördern auch das irdische Bedürfniß dringt. Was aber zuerst erscheinen soll, hängt von so vielen äußern und innern Umständen und Rücksichten ab, daß ich nichts darüber bestimmen mag. Die Zeit entscheide.
[6] Die Universität zu Würzburg wird wohl einigermassen beibehalten werden; Schelling aber ist von derselben abgegangen, und hat der neuen Regierung nicht gehuldigt. Er hält sich in München auf, wahrscheinlich in der Absicht um eine Stelle bei der Akademie zu suchen.
Sonst wüßt ich nichts neues. Nur noch einige Worte zu meiner Rechtfertigung. Es ist gar keine gute Hand, sondern eine wenigstens ganz irre geleitete, welche Dir zu wissen gethan, daß ich mit Bernhardi in einem tröstenden Briefwechsel stehe. Ich hatte vorigen Winter an Fröhlich geschrieben; da ich keine Antwort erhielt so bat ich B.[ernhardi] mir diese zu verschaffen, wobei ich ihm nicht mehr freundschaftliches schrieb, als unser ehemaliger Umgang mit sich brachte, da ich nicht den mindesten Beruf fühle an seinen häuslichen Verhältnissen einen besondern Antheil zu nehmen. In der Antwort hat er in aller Kürze einige mit so kräftigen Redensarten gespickte Klagen ausgeschüttet, daß ich alle Lust den Brief[7]wechsel weiter fortzuspinnen würde verlohren haben, wenn ich auch diese Absicht gehabt hätte. – Daß ich im Winter 1800–1801 einigemal ziemlich in Hitze gerieth, will ich nicht läugnen; es würde Dich aber nicht wundern, wenn Du einigermaßen wüßtest was Karoline alles angestellt hat, um mich so weit zu bringen; doch würde die Rücksicht auf Dich gewiß jede leidenschaftliche Aufwallung besiegt haben, wenn Du mir nur damals Dein Vertrauen geschenkt und bestimmter Deine Absichten und Wünsche mitgetheilt hättest. Was Du für einen Verdacht aus ganz frühen Zeiten meynst, kann ich durchaus nicht errathen; wohl aber ist mir schon oft der Argwohn gekommen, daß Karolinens Lügengespinste zwischen uns so alt sind, als meine Bekantschaft mit ihr.
Deine Bemerkungen über Gemählde in Beziehung auf die Europa waren mir sehr angenehm – freilich verändert sich in Paris die Scene allen Augenblick, und so glaube ich wohl daß Du viele der beschriebnen Gemählde nicht hast finden können. Von Eyck sollen ja aber jetzt [8] sehr schöne Sachen ausgestellt seyn, die ich noch nicht gesehen. – Wenn Du noch einmal nach Paris gehst, so besuche doch ja Denon. – Von Fiorillo ist ein neuer Theil der Kunstgeschichte erschienen, welcher die französische Mahlerei enthält.
Der Pellegrin wird bei jeder Gelegenheit in der Jenaischen A. [llgemeinen] L.[iteratur] Z.[eitung] äusserst unbillig und hämisch mitgenommen; es kömmt mir fast vor als ob es Karolinens Styl wäre. – In der Hallischen Zeitung Ergänzungs Bl.[ätter] in einer Revision der aesthetischen Litteratur ist sehr viel von uns die Rede; nach ihrer Art lobend genung.
Der Brief der Stael an Lameth ist mir sehr lieb. Die hiesige Sache ist immer noch nicht entschieden. – Dieses ist verdrießlicher als Du wohl denkst. Ich könnte mit grossem Recht bittre Klagen ganz andrer Art als die Deinigen führen. Noch nie bin ich so ganz und so anhaltend durch äußre Noth im Arbeiten gestört, als diesen Sommer. Man wird es endlich satt. – Schreibe mir bald wieder und wie ich hoffe tröstlicher als das letztemal.
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