• August Wilhelm von Schlegel to Jakob Lamberz

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Unknown · Date: 31.10.1829
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Jakob Lamberz
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 31.10.1829
    Printed Text
  • Bibliography: Paul Kaufmann: Auf den Spuren August Wilhelm von Schlegels. In: Preußische Jahrbücher 234 (1933), S. 233−234.
  • Incipit: „[1] Ich habe Sie, mein hochverehrter Freund, wegen der so lange verzögerten Antwort auf Ihr ausführliches Schreiben tausendmal um Verzeihung zu [...]“
    Manuscript
  • Provider: Bonn, Universitäts- und Landesbibliothek
  • OAI Id: 1923136
  • Classification Number: S 2537 : II : 21/22
  • Provenance: Betr. Frau Sophie von Schlegel.1939 aus Sondermitteln der Stiftung Vom Rath erworben.
  • Number of Pages: 1 e. Br. (1 Doppelbl.)
  • Format: 25 x 21 cm
  • Particularities: Mit Briefumschlag (Siegelrest). - Nach einer Blaustiftfoliierung handelt es sich um Bl. 21 und 22.
    Language
  • German
[1] Ich habe Sie, mein hochverehrter Freund, wegen der so lange verzögerten Antwort auf Ihr ausführliches Schreiben tausendmal um Verzeihung zu bitten. Ich erkannte darin einen neuen Beweis Ihrer so oft erprobten Freundschaft; der Inhalt ist von der größten Wichtigkeit. Sie werden, hoffe ich, in meinem Stillschweigen nichts anderes gesehen haben, als meine unüberwindliche Abneigung, mich von neuem mit der seit vielen Jahren glücklicherweise in die tiefste Vergessenheit begrabenen Ehesache zu beschäftigen.
Sie haben selbst eine Unterhandlung mit der Familie der Frau von Schlegel durch Vermittlung eines Heidelbergischen Rechtsgelehrten geführt und werden sich des Erfolges noch wohl erinnern. Sie fanden damals für gut, die Unterhandlung abzubrechen. Läßt sich jetzt ein besserer Erfolg hoffen, da die Eltern der Frau von Schlegel noch leben und ohne Zweifel in denselben Gesinnungen verharren?
Sollten die Eltern mit Tode abgehen, so könnte ich mich leichter dazu entschließen, mich mit Frau von Schlegel durch eine gütliche Uebereinkunft auseinander zu setzen. Aber vielleicht wären dann weniger dringende Bewegungsgründe dazu vorhanden. Als alleinige Erbin ihrer Eltern wird sie ein hinreichendes Auskommen haben; und ich glaube nicht, daß es in ihrem Charakter liegt, dem Aufsehen Trotz zu bieten, welches ein, in moralischer Beziehung so übel begründeter Anspruch auf die Hälfte meines Vermögens unfehlbar erregen würde, wenn sie denselben durch rechtliche Mittel geltend zu machen versuchte.
[2] Bei meinem Testament ist es mir am meisten um die Vermächtnisse zu thun, wodurch ich Personen, deren Freundschaft und Anhänglichkeit wesentlich zu meinem Glücke beigetragen hat, meine Dankbarkeit beweisen kann. Auch wünsche ich, daß meine wissenschaftlichen Sammlungen wenigstens zum Theil einer öffentlichen Lehranstalt zu Gute kommen mögen. Sie haben mir einmal bei einer mündlichen Consultation gesagt, die Vermächtnisse würden dennoch unverrückt stehen bleiben, wenn auch in Rücksicht auf die Ansprüche der Frau von Schlegel mein Testament durch eine gerichtliche Entscheidung modificirt würde, und dieses hat mir eine große Beruhigung gewährt. Der Gedanke ist mir allerdings tröstlich, daß durch den Antheil an meinem Nachlaß die Glückslage meiner natürlichen Erben, welche zugleich die ausdrücklich eingesetzten sind, verbessert werden wird. Aber ich glaube nicht, daß die Rücksicht hierauf mir die Verpflichtung auferlegt, mich in dem freien Gebrauch und Genuß meines sehr mäßigen Vermögens zu beschränken, und dieß würde doch unvermeidlich seyn, wenn ich Frau von Schlegel durch eine Entschädigung vermögen wollte, auf ihre Ansprüche rechtskräftig Verzicht zu leisten.
Genehmigen Sie die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung und meiner freundschaftlichsten Gesinnungen.
Ganz der Ihrige
AW. v. Schlegel.
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[1] Ich habe Sie, mein hochverehrter Freund, wegen der so lange verzögerten Antwort auf Ihr ausführliches Schreiben tausendmal um Verzeihung zu bitten. Ich erkannte darin einen neuen Beweis Ihrer so oft erprobten Freundschaft; der Inhalt ist von der größten Wichtigkeit. Sie werden, hoffe ich, in meinem Stillschweigen nichts anderes gesehen haben, als meine unüberwindliche Abneigung, mich von neuem mit der seit vielen Jahren glücklicherweise in die tiefste Vergessenheit begrabenen Ehesache zu beschäftigen.
Sie haben selbst eine Unterhandlung mit der Familie der Frau von Schlegel durch Vermittlung eines Heidelbergischen Rechtsgelehrten geführt und werden sich des Erfolges noch wohl erinnern. Sie fanden damals für gut, die Unterhandlung abzubrechen. Läßt sich jetzt ein besserer Erfolg hoffen, da die Eltern der Frau von Schlegel noch leben und ohne Zweifel in denselben Gesinnungen verharren?
Sollten die Eltern mit Tode abgehen, so könnte ich mich leichter dazu entschließen, mich mit Frau von Schlegel durch eine gütliche Uebereinkunft auseinander zu setzen. Aber vielleicht wären dann weniger dringende Bewegungsgründe dazu vorhanden. Als alleinige Erbin ihrer Eltern wird sie ein hinreichendes Auskommen haben; und ich glaube nicht, daß es in ihrem Charakter liegt, dem Aufsehen Trotz zu bieten, welches ein, in moralischer Beziehung so übel begründeter Anspruch auf die Hälfte meines Vermögens unfehlbar erregen würde, wenn sie denselben durch rechtliche Mittel geltend zu machen versuchte.
[2] Bei meinem Testament ist es mir am meisten um die Vermächtnisse zu thun, wodurch ich Personen, deren Freundschaft und Anhänglichkeit wesentlich zu meinem Glücke beigetragen hat, meine Dankbarkeit beweisen kann. Auch wünsche ich, daß meine wissenschaftlichen Sammlungen wenigstens zum Theil einer öffentlichen Lehranstalt zu Gute kommen mögen. Sie haben mir einmal bei einer mündlichen Consultation gesagt, die Vermächtnisse würden dennoch unverrückt stehen bleiben, wenn auch in Rücksicht auf die Ansprüche der Frau von Schlegel mein Testament durch eine gerichtliche Entscheidung modificirt würde, und dieses hat mir eine große Beruhigung gewährt. Der Gedanke ist mir allerdings tröstlich, daß durch den Antheil an meinem Nachlaß die Glückslage meiner natürlichen Erben, welche zugleich die ausdrücklich eingesetzten sind, verbessert werden wird. Aber ich glaube nicht, daß die Rücksicht hierauf mir die Verpflichtung auferlegt, mich in dem freien Gebrauch und Genuß meines sehr mäßigen Vermögens zu beschränken, und dieß würde doch unvermeidlich seyn, wenn ich Frau von Schlegel durch eine Entschädigung vermögen wollte, auf ihre Ansprüche rechtskräftig Verzicht zu leisten.
Genehmigen Sie die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung und meiner freundschaftlichsten Gesinnungen.
Ganz der Ihrige
AW. v. Schlegel.
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