• August Wilhelm von Schlegel to Philipp Joseph von Rehfues

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Unknown · Date: 01.06.1843
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Philipp Joseph von Rehfues
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 01.06.1843
    Manuscript
  • Provider: Bonn, Universitäts- und Landesbibliothek
  • OAI Id: 1917866
  • Classification Number: S 1392 : 94
  • Number of Pages: 1 e. Br. (1 Doppelbl.=3 S.)
  • Particularities: Mit Empfangsvermerk Rehfuesʼ
  • Incipit: „[1] Mein hochverehrter Freund,
    Seit Sie uns hier so plötzlich verschwunden sind, um Ihren Landsitz zu beziehen, wo Sie leider für [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Strobel, Jochen
[1] Mein hochverehrter Freund,
Seit Sie uns hier so plötzlich verschwunden sind, um Ihren Landsitz zu beziehen, wo Sie leider für mich beinahe so unzugänglich sind, als wenn Sie jenseits des Atlantischen Meeres wohnten, habe ich mir oft vorgenommen Sie zu besuchen; jedes Mal bin ich aber abgehalten worden, bald durch das böse Wetter, bald durch mein Befinden (Rückfälle von meiner Seekrankheit) hauptsächlich aber durch dringende Geschäfte. Eine lebhafte Correspondenz nach und von Berlin ist im Gange; meine dortigen Angelegenheiten haben die günstigste Wendung genommen. Freilich wird nun auch etwas bedeutendes von mir erwartet. Ich muß meine Kräfte sammeln, mich aufrütteln, u das fällt mir sehr schwer, da schlafen eigentlich mein natürlicher Zustand ist.
[2] Sie scheinen in Ihrer ländlichen Einsamkeit mehr von der Welt zu erfahren, als ich hier in der Stadt. Von dem vorgeblichen Übertritt wußte ich noch nichts. Es hat mich ungemein belustigt, aber zugleich mit neuer Verachtung gegen das heutige Publicum erfüllt.
In Berlin tragen die Pflastertreter eine französische Redensart von mir herum, welche beweisen soll, ich sey ein Afrancesado, ein ausgearteter Deutscher, der seine Muttersprache verläugne. Das ist wiederum eine kleine perfidie von dem vortrefllichen Böckh. Die Redensart steht wirklich in einem confidentiellen Briefe an ihn: sie ist die unbedeutendste von der Welt; er hat sie aus dem Zusammenhange gerissen um ihr einen andern Sinn unterzuschieben. Mein akademischer Herr College mag sich hüten mich nicht allzu sehr zu reizen, sonst will ich ihn mit Deutscher oder Französischer Ironie so zurichten daß er schreien soll wie eine abgebrüthe Katze –
[3] Da Sie selbst Gäste bei sich haben oder erwarten, so habe ich wohl nichts sobald die Hoffnung Sie bei mir zu sehen. Sonst sind Sie jeden Tag willkommen, wenn Sie mit einer schmalen Mahlzeit vorlieb nehmen.
Mit den besten Empfehlungen
Ganz der Ihrige
AWvSchlegel
Bonn d. 1sten Jun
1843
[4] [leer]
[1] pr. d. 2. Juni. 43.
[1] Mein hochverehrter Freund,
Seit Sie uns hier so plötzlich verschwunden sind, um Ihren Landsitz zu beziehen, wo Sie leider für mich beinahe so unzugänglich sind, als wenn Sie jenseits des Atlantischen Meeres wohnten, habe ich mir oft vorgenommen Sie zu besuchen; jedes Mal bin ich aber abgehalten worden, bald durch das böse Wetter, bald durch mein Befinden (Rückfälle von meiner Seekrankheit) hauptsächlich aber durch dringende Geschäfte. Eine lebhafte Correspondenz nach und von Berlin ist im Gange; meine dortigen Angelegenheiten haben die günstigste Wendung genommen. Freilich wird nun auch etwas bedeutendes von mir erwartet. Ich muß meine Kräfte sammeln, mich aufrütteln, u das fällt mir sehr schwer, da schlafen eigentlich mein natürlicher Zustand ist.
[2] Sie scheinen in Ihrer ländlichen Einsamkeit mehr von der Welt zu erfahren, als ich hier in der Stadt. Von dem vorgeblichen Übertritt wußte ich noch nichts. Es hat mich ungemein belustigt, aber zugleich mit neuer Verachtung gegen das heutige Publicum erfüllt.
In Berlin tragen die Pflastertreter eine französische Redensart von mir herum, welche beweisen soll, ich sey ein Afrancesado, ein ausgearteter Deutscher, der seine Muttersprache verläugne. Das ist wiederum eine kleine perfidie von dem vortrefllichen Böckh. Die Redensart steht wirklich in einem confidentiellen Briefe an ihn: sie ist die unbedeutendste von der Welt; er hat sie aus dem Zusammenhange gerissen um ihr einen andern Sinn unterzuschieben. Mein akademischer Herr College mag sich hüten mich nicht allzu sehr zu reizen, sonst will ich ihn mit Deutscher oder Französischer Ironie so zurichten daß er schreien soll wie eine abgebrüthe Katze –
[3] Da Sie selbst Gäste bei sich haben oder erwarten, so habe ich wohl nichts sobald die Hoffnung Sie bei mir zu sehen. Sonst sind Sie jeden Tag willkommen, wenn Sie mit einer schmalen Mahlzeit vorlieb nehmen.
Mit den besten Empfehlungen
Ganz der Ihrige
AWvSchlegel
Bonn d. 1sten Jun
1843
[4] [leer]
[1] pr. d. 2. Juni. 43.
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