Wir waren im Anfange des vorigen Monaths so frey, einen Brief an Herrn Benj. Constant, der im Grunde an Ew. Wohlgeboren mit gerichtet war, so zu adreßiren, daß er auch eventuel von Ihnen geöfnet werden konte. – Den Empfang deßelben zeigte uns die Bescheinigung an, welche Sie darüber an die Degensche Buchhandlung zu geben die Güte gehabt haben; ob Sie den Brief aber, auch als an sich mit gerichtet, betrachtet haben, wißen wir nicht und möchten wir selbst bezweifeln, da Herr Constant uns denselben in diesen Tagen von Paris aus beantwortet hat, wo er uns meldet ihn empfangen zu haben.
In dieser Ungewißheit erlauben wir es uns, Ihnen diese Zeilen noch mahl zu adreßiren und Sie mit dem Inhalt jenes Briefes bekant zu machen: eine Plaisanterie des Herrn von Villers in Lübeck war im Grunde die Veranlaßung dazu. Er sandte uns einen Wechsel auf HE. Constant, Mad. de Stael und Ew. Wohlgeboren payable en quelques morceaux de prose ou de poesie, für unser französisches Journal, das unter dem Titel le conservateur bey uns erscheint, und an welchem HE. von Villers selbst ein thätiger Mitarbeiter ist. – Wir entwickelten zugleich den Plan und die Tendenz dieses Journals, das einerseits ein Esprit des meilleurs Journaux françois seyn soll und andererseits gute Original Aufsätze liefern. – Litteratur ist seine Haupttendenz. Politik ist beinahe ganz ausgeschloßen, da darüber doch nur ganz einseitig darf heut zu Tage gesprochen [2] werden. – Indeßen haben wir es doch gewagt, von Zeit zu Zeit – etwas nach Scharlach aussehendes – wie den Brief von Villers über Lübeck bekant zu machen. – Sciences exactes sind auch ausgeschloßen.
Bey der Einseitigkeit der Pariser Journale könte dieses unser Journal, wenn sich mehrere ausgezeichnete Köpfe daran schlößen, bedeutend einwirken und – gewißermaßen – im Litteratur Fache ein Journal dʼopposition seyn. – Übrigens ist es hauptsächlich für Deutschland und das nördliche Europa berechnet, und weniger für Frankreich, wo man doch nichts lesen mag oder ansieht ein mahl, als was in Paris gedruckt ist.
Unsere ergebenste Bitte war also in Vereinigung mit HE. von Villers, der sich für uns sehr intereßirt, Ew. Wohlgeboren hiezu mit einzuladen und Sie zu bitten auch der Mad. de Stael Holstein unsere Wünsche hierüber vorzutragen.
Solte diese geistreiche Dame früher oder später uns selbst einmahl ein größeres Werk wie Ihre Corinne und Delphine es waren, in Verlag anvertrauen wollen, so würden wir uns sehr geehrt dadurch fühlen und uns deßen würdig bezeigen, wie es unsere junge Handlung sehr consolidiren würde.
Eine gleiche Bitte haben wir an Ew. Wohlgeboren selbst.
Indem wir Sie also auf das Ergebenste bitten, uns mit Ihrer gütigen Antwort zu beehren, empfehle ich mich Ew. Wohlgeboren auf das gehorsamste.
Brockhaus,
unter der Firma: Kunst und Industrie Comptoir