Dienstag früh Es ist mir gestern in Weimar außerordentlich wohl gegangen, aber auf dem Rückwege nicht zum besten. Ich wurde durchnäßt und zwar so durchnäßt, daß ich auch das mir mitgegebne Buch, Herders Briefe, nicht davor schützen konnte. Ich habe es zum Buchbinder geschickt, um es neu zu heften: bleiben Spuren davon zurück, so werde ich für ein andres Exemplar sorgen, welches mir heute nicht sogleich möglich ist. Indessen habe ich der Magd aufgetragen, es Ihnen auf jeden Fall zu bringen, sobald es vom Buchbinder zurückkömmt, weil Sie unterdessen vielleicht darin könnten lesen wollen.
Ich habe Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin viele Grüße zu bestellen vom Geh. Rath Voigt, von Göthe und Herder. Dieser ist sich nicht bewußt, daß er dem Reime übel wolle – er meynt er habe ihm alle Ehre erwiesen. [2] Wir haben ein weitläuftig Gespräch darüber gehabt. Böttiger habe ich auch gesprochen – er hatte eben von meinem Bruder die übersetzte Rede des Lysias mit einer Einleitung für das Attische Museum bekommen. Er erzählte mir, Wieland fühle sich sehr glücklich in der Schweiz, werde aber doch wahrscheinlich eher zurück kommen als anfänglich seine Absicht gewesen.
Leben Sie indessen recht wohl, und empfehlen Sie mich aufs beste Ihrer Frau Gemahlin. Der Himmel lächelt mir auch heute nicht, und ich fahre bis Merseburg auf einem unbedeckten Wagen. Doch mache ich mir eben nichts aus schlechtem Wetter.
Ich habe Götheʼn von meiner Reise und ihrer Ursache gesagt. Er erinnerte sich, meine Freundin in Maynz bey Forsters gesehen zu haben, und es wurde ihm dabey [3] lebhaft, wie erstaunlich die Zeiten sich seitdem verändert. Ich habe ihm auch von der Erzählung meiner Freundin gesagt, die Sie in Händen haben.
Leben Sie nochmals wohl.
Ganz der Ihrige
Schlegel
[4]