• Sophie Bernhardi to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Dresden · Place of Destination: Unknown · Date: 6. Juli [1803]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Sophie Bernhardi
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Dresden
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 6. Juli [1803]
  • Notations: Datum (Jahr) erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 45‒47.
  • Incipit: „[1] D[resden] d. 6ten Juli [1803]
    Lieber Schlegel
    Ob ich gleich meinen Brief an Schütze einlege so kann ich mich der Schwermühtigen Gedanken [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,15,18
  • Number of Pages: 7 S. auf Doppelbl., hs. m. Paraphe
  • Format: 19,2 x 11,6 cm
    Language
  • German
[1] D[resden] d. 6ten Juli [1803]
Lieber Schlegel
Ob ich gleich meinen Brief an Schütze einlege so kann ich mich der Schwermühtigen Gedanken nicht erwehren daß er Ihnen so bestelt wird wie ich es nicht mag und diese Ängstligkeit wird gewiß in meinem Schreiben sichtbar sein und ich bitte Sie mir das nicht anzurechnen. Zuerst bitte ich von ganzen Herzen mir es zu verzeihen daß Sie nicht schon am vorigen Posttage Nachricht von mir bekommen haben ich fühle es recht drükend welche Kränkung ich Ihnen dadurch verursacht habe und finde es sehr unrecht von mir daß ich von der Müdigkeit die mich quälte mich so beherschen ließ das Schreiben aufzugeben. Mit welcher innigen Rührung muß ich Ihren Brief ansehen der so das reinste Wohlwollen die uneigennützigste Freundschaft für mich enthält. Ich habe es so oft in [2] der Verzweifelung empfunden das mir die Liebe versagt und jezt fühle ich mit rechter Wehmuht wie sie mir so gebohten wird daß ich sie gar nicht verdiene.
Wie können Sie lieber Freund mir alle kleinen Ausgaben mit solcher Bestimtheit vorrechnen als ob ich nicht so wohl wüste wie Sie alles so gut einrichten und für mich sorgen wie ich es gar nicht verdiene und erwiedern kann. Ihr Plan mit dem Briefe meines Bruders hat meinen volkommensten Beifal. B[ernhardi] kann es mir nicht versagen meinen Bruder noch hier zu sehen wen[n] er schreibt daß er bestimt herkommen will. Ich kann nicht so schnel zurikkehren mein Herz zittert vor dem Gedanken. Wen[n] ich nicht mit Betrübniß daran dencken müste wie einsam Sie in Berlin so wäre ich [3] hier volkommen glücklig. Mein Bruder ist zwar noch nicht hier sondern mit Burgdorf noch von einer Reise nicht zurik doch wird er täglig erwartet und ich tröste mich damit daß es ihm einmal nicht möglig seine Plane und Wünsche aus Liebe zu irgend einem Menschen aufzugeben. Bei der Ernst bin ich noch nicht gewesen theils weil ich so angegriffen von der Reise bin daß ich noch nicht wieder das Fahren versuchen mochte theils auch weil Ernst mich erst auf den kommenden Sontag eingeladen hat. Sonst geht es mit meiner Gesundheit gut ich brauche gewissenhaft alle Mittel und da hier in der Einsamkeit mein Herz ruhig ist, so hat diese Reise gewiß den vorteilhaftesten Einfluß auf meine Gesundheit. Könte ich Sie nur wenigstens recht ruhig und [4] glücklich in Berlin wissen. Ich habe hier nur erst einmal eben jezt die Gallerie gesehen und bin davon so sehr angegriffen daß ich mich recht schwach fühle. Ich will Ihnen gleich meine Adresse schreiben in der grossen Meisner Strasse No 30 bei Madam Röder. Wen[n] es möglich ist mir etwaß Geld so gleich zu schiken so geschieht mir damit ein Dienst den[n] mir hat die Reise mehr als ich glaubte gekostet dan habe ich hier einen Monaht die Miehte bezalt welches 15 Thaler beträgt so daß ich nun Knorring von neuem schuldig bin. Die Miehte ist meine Hauptausgabe wieviel mir aber das Übrige kosten wird kann ich noch nicht berechnen auch ist das wohl überhaupt nicht gut möglich wen[n] mein Bruder wieder hier ist, ich will mich aber einschränken so sehr ich kann das verspreche ich gewiß. Könten Sie nur die Kinder sehen wie glücklig [5] die hier sind daß wirde recht ihr Herz erfreuen. Ihren Auftrag an Daßdorf habe ich besorgt er darf aber so nicht über die Bücher disponiren da über ihn Adelung und über diesen noch der Minister ist. Es bleibt also um sie zu bekomen kein anderer Weg als den ich gleich vorgeschlagen habe sie sich von Semler auf meinen Nahmen geben zu lassen und sie Ihnen hinzuschiken, wen[n] ich das thun soll so bitte ich darüber zu schreiben. Für das mitgetheilte Sonnet danke ich von ganzen Herzen wie rührt es mich daß Sie mich jeden Genuß wollen theilen lassen. Wie sehr mir die süße Unschuld die rührende Einfalt darin gefält kann ich nicht sagen. O mein Freund wie fühlt es mein Herz daß Ihr einziges Bestreben ist den Weg meines Lebens zu erheitern. Waß Sie [6] mir über Hülsen geschrieben haben hat mich betrübt aber nicht überrascht. Mir thut es wehe ihn zu sehen ob ich gleich glaube daß er sich in unserer Geselschaft recht finden wird. Es kann mir nicht leid thun wen[n] ihm die Schede gefält, er bedarf ja nur ein Bild worin er die Strahlen seines Herzens wiederscheinen lassen kann und warum solte daß nicht die Schede sein dürfen. Waß Sie über Ihren Bruder schreiben betrübt mein Herz. Darum will ich nichts weiter darauf sagen. Ich will B[ernhardi] noch mancherlei schreiben waß er Ihnen warscheinlich mittheilen wird darum will ich diesen Brief endigen. Behalten Sie mich so im Herzen wie ich es wünsche und ich bin zufrieden. An B[ernhardi] will ich schreiben und alle Freundligkeit meines Herzens die [7] mich hier so milde umfängt in meine Worte zu bringen suchen damit sein kränkendes Mistrauen sich auslöscht und er mir nicht alle Freude stöhrt. Leben Sie wohl und heiter und schonen Sie Ihre Gesundheit auch zu meinem Heil. Wilhelm läßt Sie grüssen Felix kann nichts sagen aber gewiß meint er es auch. Schreiben Sie mir bald.
S[ophie] T.[ieck]
Da mein Bruder nicht hier ist, so habe ich ihm Ihre Aufträge nicht bestellen können. Wen[n] eine Spanung jezt zwischen euch entstände so wirde mir das sehr kränkend sein. Knorring läßt sehr grüssen.
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[1] D[resden] d. 6ten Juli [1803]
Lieber Schlegel
Ob ich gleich meinen Brief an Schütze einlege so kann ich mich der Schwermühtigen Gedanken nicht erwehren daß er Ihnen so bestelt wird wie ich es nicht mag und diese Ängstligkeit wird gewiß in meinem Schreiben sichtbar sein und ich bitte Sie mir das nicht anzurechnen. Zuerst bitte ich von ganzen Herzen mir es zu verzeihen daß Sie nicht schon am vorigen Posttage Nachricht von mir bekommen haben ich fühle es recht drükend welche Kränkung ich Ihnen dadurch verursacht habe und finde es sehr unrecht von mir daß ich von der Müdigkeit die mich quälte mich so beherschen ließ das Schreiben aufzugeben. Mit welcher innigen Rührung muß ich Ihren Brief ansehen der so das reinste Wohlwollen die uneigennützigste Freundschaft für mich enthält. Ich habe es so oft in [2] der Verzweifelung empfunden das mir die Liebe versagt und jezt fühle ich mit rechter Wehmuht wie sie mir so gebohten wird daß ich sie gar nicht verdiene.
Wie können Sie lieber Freund mir alle kleinen Ausgaben mit solcher Bestimtheit vorrechnen als ob ich nicht so wohl wüste wie Sie alles so gut einrichten und für mich sorgen wie ich es gar nicht verdiene und erwiedern kann. Ihr Plan mit dem Briefe meines Bruders hat meinen volkommensten Beifal. B[ernhardi] kann es mir nicht versagen meinen Bruder noch hier zu sehen wen[n] er schreibt daß er bestimt herkommen will. Ich kann nicht so schnel zurikkehren mein Herz zittert vor dem Gedanken. Wen[n] ich nicht mit Betrübniß daran dencken müste wie einsam Sie in Berlin so wäre ich [3] hier volkommen glücklig. Mein Bruder ist zwar noch nicht hier sondern mit Burgdorf noch von einer Reise nicht zurik doch wird er täglig erwartet und ich tröste mich damit daß es ihm einmal nicht möglig seine Plane und Wünsche aus Liebe zu irgend einem Menschen aufzugeben. Bei der Ernst bin ich noch nicht gewesen theils weil ich so angegriffen von der Reise bin daß ich noch nicht wieder das Fahren versuchen mochte theils auch weil Ernst mich erst auf den kommenden Sontag eingeladen hat. Sonst geht es mit meiner Gesundheit gut ich brauche gewissenhaft alle Mittel und da hier in der Einsamkeit mein Herz ruhig ist, so hat diese Reise gewiß den vorteilhaftesten Einfluß auf meine Gesundheit. Könte ich Sie nur wenigstens recht ruhig und [4] glücklich in Berlin wissen. Ich habe hier nur erst einmal eben jezt die Gallerie gesehen und bin davon so sehr angegriffen daß ich mich recht schwach fühle. Ich will Ihnen gleich meine Adresse schreiben in der grossen Meisner Strasse No 30 bei Madam Röder. Wen[n] es möglich ist mir etwaß Geld so gleich zu schiken so geschieht mir damit ein Dienst den[n] mir hat die Reise mehr als ich glaubte gekostet dan habe ich hier einen Monaht die Miehte bezalt welches 15 Thaler beträgt so daß ich nun Knorring von neuem schuldig bin. Die Miehte ist meine Hauptausgabe wieviel mir aber das Übrige kosten wird kann ich noch nicht berechnen auch ist das wohl überhaupt nicht gut möglich wen[n] mein Bruder wieder hier ist, ich will mich aber einschränken so sehr ich kann das verspreche ich gewiß. Könten Sie nur die Kinder sehen wie glücklig [5] die hier sind daß wirde recht ihr Herz erfreuen. Ihren Auftrag an Daßdorf habe ich besorgt er darf aber so nicht über die Bücher disponiren da über ihn Adelung und über diesen noch der Minister ist. Es bleibt also um sie zu bekomen kein anderer Weg als den ich gleich vorgeschlagen habe sie sich von Semler auf meinen Nahmen geben zu lassen und sie Ihnen hinzuschiken, wen[n] ich das thun soll so bitte ich darüber zu schreiben. Für das mitgetheilte Sonnet danke ich von ganzen Herzen wie rührt es mich daß Sie mich jeden Genuß wollen theilen lassen. Wie sehr mir die süße Unschuld die rührende Einfalt darin gefält kann ich nicht sagen. O mein Freund wie fühlt es mein Herz daß Ihr einziges Bestreben ist den Weg meines Lebens zu erheitern. Waß Sie [6] mir über Hülsen geschrieben haben hat mich betrübt aber nicht überrascht. Mir thut es wehe ihn zu sehen ob ich gleich glaube daß er sich in unserer Geselschaft recht finden wird. Es kann mir nicht leid thun wen[n] ihm die Schede gefält, er bedarf ja nur ein Bild worin er die Strahlen seines Herzens wiederscheinen lassen kann und warum solte daß nicht die Schede sein dürfen. Waß Sie über Ihren Bruder schreiben betrübt mein Herz. Darum will ich nichts weiter darauf sagen. Ich will B[ernhardi] noch mancherlei schreiben waß er Ihnen warscheinlich mittheilen wird darum will ich diesen Brief endigen. Behalten Sie mich so im Herzen wie ich es wünsche und ich bin zufrieden. An B[ernhardi] will ich schreiben und alle Freundligkeit meines Herzens die [7] mich hier so milde umfängt in meine Worte zu bringen suchen damit sein kränkendes Mistrauen sich auslöscht und er mir nicht alle Freude stöhrt. Leben Sie wohl und heiter und schonen Sie Ihre Gesundheit auch zu meinem Heil. Wilhelm läßt Sie grüssen Felix kann nichts sagen aber gewiß meint er es auch. Schreiben Sie mir bald.
S[ophie] T.[ieck]
Da mein Bruder nicht hier ist, so habe ich ihm Ihre Aufträge nicht bestellen können. Wen[n] eine Spanung jezt zwischen euch entstände so wirde mir das sehr kränkend sein. Knorring läßt sehr grüssen.
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