Hochzuverehrender Herr!
So befriedigend Ihre gütige Beantwortung v[om] 10. d. auf unsre Anfragen in Betreff des Werkes der Frau von Staël im Ganzen für uns ist, so geht denn doch im Einzelnen ein neuer Umstand für uns daraus hervor und wir hoffen, Sie werden uns, rüksichtlich der großen Bedeutung des Unternehmens vergeben, wenn wir Ihnen diesen zuvor noch zu erkennen geben und, nach Prüfung dessen, was Sie uns darüber sagen werden ‒ erst unsern Entschluß fassen.
Sie bemerken uns nehmlich daß die Verf[asserin] ihr Manuscr[ipt] drucken lassen und die gedruckten Bogen als Manuscr[ipt] den Verlegern überlassen wolle. Diese Veranstaltung sichert freilich die Richtigkeit u[nd] Gleichförmigkeit beider Ausgaben, allein sie muß dem Verleger auf dem festen Lande eine sehr bedenkliche Sache werden, in Hinsicht [2] des Mißbrauchs der bei der besten Meinung der Frau Verf[asserin] dabei getrieben werden kann. Es bedarf also für diesen Verleger ganz besondrer Zusicherungen u[nd] Sicherheit darüber. Der Engländer hat die Sicherheit für seine Unternehmen in seinen Gesetzen, der deutsche Verleger aber ist jedem Unheil Preiß gegeben und dennoch wird auf ihm die größte Last ruhen, weil bei ihm der größere Vortheil vorausgesetzt wird. Da wir nun noch dazu keine Sicherheit wegen des möglichen Verbots in Frankreich erhalten können, so glauben wir in Hinsicht dieser beiden wichtigen Punkte folgende Bedingungen in Vorschlag bringen zu dürfen:
1. Da die Kosten des Satzes doch einmal von der Frau Verf[asserin] bestritten werden und bei dem Honorar mit in Anschlag gekommen sind, so möge uns zugestanden werden, daß wir unsre ganze Auflage in der selben Drukkerei gleich drukken lassen, folglich die Kosten des Satzes ersparen, übrigens bliebe uns dabei überlassen, mit der Drukkerei darüber zu contrahiren
[3] 2. daß wir, im Falle des eintreffenden Verbots in Frankreich, eine zu bestimmende Entschädigung vom Honorar der Verf[asserin] zu gewärtigen haben, indem uns dadurch auf jeden Fall der beträchtlichste Absatz entgehen würde, wenn wir auch alle erlaubten Mittel u[nd] Wege das Schädliche eines solchen Verbots zu mildern, einschlagen würden.
Wir haben übrigens zu bedenken, daß wir 5000 Exempl[are] des Werks absetzen müssen um vorʼs erste auf die Kosten zu kommen und was dies in jezzigen geldarmen Zeitläuften sagen will, kann der Verleger wohl aus Erfahrung beurtheilen u[nd] entscheiden, obgleich hier eine bedeutende Ausnahme von der Regel zu erwarten steht.
Lassen Sie uns nun hierüber gütigst noch eine Entscheidung vernehmen, wir zweiflen nicht daß diese uns dann zu dem gewünschten Ende führen wird.
Ihrem Verlangen in Hinsicht des Honorars der 2. Aufl[age] der Vorlesungen entsprechen wir mit allem Vergnügen ‒ wornach dasselbe auf einhundert Carolin fürʼs Ganze festgesetzt wird.
[4] Das Exempl[ar] zum Behuf der Verbesserungen zur n[euen] A[uflage] der Vorles[ungen] werden Sie empfangen haben. Ihre Rechnung erfolgt hier nach Befehl. Was Sie zuletzt für die Jahrbücher gütigst eingesandt haben ist noch nicht abgedrukt. Im Fall uns nun der Verlag des Werkes der Frau von Staël zu Theil wird, schmeicheln wir uns mit der Hoffnung, daß Sie Sich auch noch zur Übersetzung desselben entschließen, denn wir müßten sonst verzweifeln, dem geistvollen Original eine gleiche Uebersetzung zur Seite bringen zu können. Hierbey erinnern wir uns noch einer erfreulichen Nachricht welche uns H[err] Hofr[ath] Wilken vor kurzem mittheilte: Daß Sie nehmlich im Sinne hätten eine Einleitung zum Nibelungenlied besonders herauszugeben noch ehe die Ausgabe dieses Liedes selbst erfolgte ‒ vielleicht sind Sie damit jezt beschäftigt und wir dürfen uns Hoffnung machen daß Sie uns dieselbe zum Verlag überlassen?
Mit unwandelbarer Verehrung empfehlen wir uns
Ew. Hochwohlgebohren
ganz ergebenst
Mohr u. Winter.
Heidelberg d[en] 25. August 1816.