Nun endlich doch wieder ein Wort von Ihnen, mein trefflicher Schlegel. Ich habe mich zwar nie ganz vergessen geglaubt aber dennoch wirkt dieses Wort Ihrer Freundschaft lebendig auf mich ein. Wie hat es mich erquickt, Sie in Deutschland zu wissen, wie hat mich Ihr herrlicher Triumph in der Kaiserstadt gefreut! Die alten Apostel lebten mir wieder auf, wie die Herrlichen durch die Städte zogen, das Wort Gottes verkündeten, den Götzendienst mit donnernder Rede zerstörten und mit göttlichem Hauche zu den Menschen-Mumien den eingeschlummerten Geist erweckten. Ja wohl haben Sie Recht, noch ist es Zeit, alte [2] Kräfte müssen wie Milites tumultuarii aufgeboten, alte Schleusen müssen aufgezogen, Riesendämme aufgeworfen werden, damit dieses edle Volk nicht untergehe und endlich dennoch triumphire. Das ist Nacht und Tag mein Gedanke und mein Körper und meine Seele rüsten sich im Voraus, damit ich bereit sey wenn einst die Stunde schlagen wird. Unterdessen arbeite ich unaufhörlich, in Wissenschaft und Kunst neue Bildungen hervorzurufen, um diese mit den Werken meiner Genossen, wie ZauberRiesen um Deutschland herumzustellen. Ja, mein herrlicher Schlegel, solche Werke wie Sie [3] und Ihr Bruder schon gebildet haben und immer noch bilden, solche Schöpfungen wie sie mir im Traum der Ahndung vorschweben, das ist eine heiligere Schaar, als die der Thebaner, eine festere Mauer als die der Chinesen gegen den einbrechenden Strom. Mit der Geschichte bin ich völlig ausgesöhnt, ich fange an ihren ungeheuren Riesengeist in den Hieroglyphen der Geschichtschreiber zu ahnen und meine Hoffnung ist eine blühende Jungfrau und mein Muth ist kräftig aus dieser Flammenprobe hervorgegangen. Bald komme ich zu Ihnen und dann wollen wir viel von der Kunst, der Wissenschaft und dem Staate sprechen. Wir werden [4] gewaltig disputiren, aber dies wird eben ja so ganz herrlich seyn. Aus diesem Stoß der Elemente werden neue Gottheiten hervorspringen. Ich bin jetzt thätiger als je. Ich habe einen Freund in Paris gefunden, der alle meine Arbeiten theilt mit dem ich alle wissenschaftliche Pläne mache und der mich gewaltig belebt – es ist ein Franzose und heißt Coessin. Ich komme hoffentlich mit ihm nach Coppet wenn es Frau von Stael erlaubt. Hier ein Gedicht zur Probe. Ich schicke Ihnen nächstens sehr viel. Ich gehe gewiß nach Wien – ich habe einige Stücke fertig. Henriette hat ganz Unrecht. Sie verdiente es völlig. Übermorgen mehr. Leben Sie wohl.
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Johann Ferdinand Koreff to August Wilhelm von Schlegel
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Place of Dispatch: Paris GND · Place of Destination: Unknown · Date: [Sommer 1808]
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Metadata Concerning Header
- Sender: Johann Ferdinand Koreff
- Recipient: August Wilhelm von Schlegel
- Place of Dispatch: Paris GND
- Place of Destination: Unknown
- Date: [Sommer 1808]
- Notations: Datum sowie Absendeort erschlossen.
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Printed Text
- Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
- OAI Id: 335976727
- Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 593‒594.
- Incipit: „[1] [Paris, Sommer 1808]
Nun endlich doch wieder ein Wort von Ihnen, mein trefflicher Schlegel. Ich habe mich zwar nie ganz vergessen [...]“
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Manuscript
- Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
- OAI Id: APP2712-Bd-7
- Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,26,7
- Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs.
- Format: 19,8 x 11,9 cm
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Language
- German
[1] [Paris, Sommer 1808]
Nun endlich doch wieder ein Wort von Ihnen, mein trefflicher Schlegel. Ich habe mich zwar nie ganz vergessen geglaubt aber dennoch wirkt dieses Wort Ihrer Freundschaft lebendig auf mich ein. Wie hat es mich erquickt, Sie in Deutschland zu wissen, wie hat mich Ihr herrlicher Triumph in der Kaiserstadt gefreut! Die alten Apostel lebten mir wieder auf, wie die Herrlichen durch die Städte zogen, das Wort Gottes verkündeten, den Götzendienst mit donnernder Rede zerstörten und mit göttlichem Hauche zu den Menschen-Mumien den eingeschlummerten Geist erweckten. Ja wohl haben Sie Recht, noch ist es Zeit, alte [2] Kräfte müssen wie Milites tumultuarii aufgeboten, alte Schleusen müssen aufgezogen, Riesendämme aufgeworfen werden, damit dieses edle Volk nicht untergehe und endlich dennoch triumphire. Das ist Nacht und Tag mein Gedanke und mein Körper und meine Seele rüsten sich im Voraus, damit ich bereit sey wenn einst die Stunde schlagen wird. Unterdessen arbeite ich unaufhörlich, in Wissenschaft und Kunst neue Bildungen hervorzurufen, um diese mit den Werken meiner Genossen, wie ZauberRiesen um Deutschland herumzustellen. Ja, mein herrlicher Schlegel, solche Werke wie Sie [3] und Ihr Bruder schon gebildet haben und immer noch bilden, solche Schöpfungen wie sie mir im Traum der Ahndung vorschweben, das ist eine heiligere Schaar, als die der Thebaner, eine festere Mauer als die der Chinesen gegen den einbrechenden Strom. Mit der Geschichte bin ich völlig ausgesöhnt, ich fange an ihren ungeheuren Riesengeist in den Hieroglyphen der Geschichtschreiber zu ahnen und meine Hoffnung ist eine blühende Jungfrau und mein Muth ist kräftig aus dieser Flammenprobe hervorgegangen. Bald komme ich zu Ihnen und dann wollen wir viel von der Kunst, der Wissenschaft und dem Staate sprechen. Wir werden [4] gewaltig disputiren, aber dies wird eben ja so ganz herrlich seyn. Aus diesem Stoß der Elemente werden neue Gottheiten hervorspringen. Ich bin jetzt thätiger als je. Ich habe einen Freund in Paris gefunden, der alle meine Arbeiten theilt mit dem ich alle wissenschaftliche Pläne mache und der mich gewaltig belebt – es ist ein Franzose und heißt Coessin. Ich komme hoffentlich mit ihm nach Coppet wenn es Frau von Stael erlaubt. Hier ein Gedicht zur Probe. Ich schicke Ihnen nächstens sehr viel. Ich gehe gewiß nach Wien – ich habe einige Stücke fertig. Henriette hat ganz Unrecht. Sie verdiente es völlig. Übermorgen mehr. Leben Sie wohl.
Nun endlich doch wieder ein Wort von Ihnen, mein trefflicher Schlegel. Ich habe mich zwar nie ganz vergessen geglaubt aber dennoch wirkt dieses Wort Ihrer Freundschaft lebendig auf mich ein. Wie hat es mich erquickt, Sie in Deutschland zu wissen, wie hat mich Ihr herrlicher Triumph in der Kaiserstadt gefreut! Die alten Apostel lebten mir wieder auf, wie die Herrlichen durch die Städte zogen, das Wort Gottes verkündeten, den Götzendienst mit donnernder Rede zerstörten und mit göttlichem Hauche zu den Menschen-Mumien den eingeschlummerten Geist erweckten. Ja wohl haben Sie Recht, noch ist es Zeit, alte [2] Kräfte müssen wie Milites tumultuarii aufgeboten, alte Schleusen müssen aufgezogen, Riesendämme aufgeworfen werden, damit dieses edle Volk nicht untergehe und endlich dennoch triumphire. Das ist Nacht und Tag mein Gedanke und mein Körper und meine Seele rüsten sich im Voraus, damit ich bereit sey wenn einst die Stunde schlagen wird. Unterdessen arbeite ich unaufhörlich, in Wissenschaft und Kunst neue Bildungen hervorzurufen, um diese mit den Werken meiner Genossen, wie ZauberRiesen um Deutschland herumzustellen. Ja, mein herrlicher Schlegel, solche Werke wie Sie [3] und Ihr Bruder schon gebildet haben und immer noch bilden, solche Schöpfungen wie sie mir im Traum der Ahndung vorschweben, das ist eine heiligere Schaar, als die der Thebaner, eine festere Mauer als die der Chinesen gegen den einbrechenden Strom. Mit der Geschichte bin ich völlig ausgesöhnt, ich fange an ihren ungeheuren Riesengeist in den Hieroglyphen der Geschichtschreiber zu ahnen und meine Hoffnung ist eine blühende Jungfrau und mein Muth ist kräftig aus dieser Flammenprobe hervorgegangen. Bald komme ich zu Ihnen und dann wollen wir viel von der Kunst, der Wissenschaft und dem Staate sprechen. Wir werden [4] gewaltig disputiren, aber dies wird eben ja so ganz herrlich seyn. Aus diesem Stoß der Elemente werden neue Gottheiten hervorspringen. Ich bin jetzt thätiger als je. Ich habe einen Freund in Paris gefunden, der alle meine Arbeiten theilt mit dem ich alle wissenschaftliche Pläne mache und der mich gewaltig belebt – es ist ein Franzose und heißt Coessin. Ich komme hoffentlich mit ihm nach Coppet wenn es Frau von Stael erlaubt. Hier ein Gedicht zur Probe. Ich schicke Ihnen nächstens sehr viel. Ich gehe gewiß nach Wien – ich habe einige Stücke fertig. Henriette hat ganz Unrecht. Sie verdiente es völlig. Übermorgen mehr. Leben Sie wohl.
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Index
Names
- Coëssin, François Guillaume ( , GND )
- Mendelssohn, Henriette ( , GND , )
- Schlegel, Friedrich von ( , GND , )
- Staël-Holstein, Anne Louise Germaine de ( , GND , )