Geliebter Bruder!
Ich muß meinem vorigen Brief nur gleich noch ein paar Zeilen nachschicken. Ich sprach heute Morgen den Grafen Goltz, der mir sagte, daß Hard.[enberg] bis zum 5ten oder 6ten Sept.[ember] in Coblenz seyn würde. Dieß streitet jedoch eigentlich gar nicht mit meinem letzten Vorschlage; wenn Du am 1ten oder 2ten Sept.[ember] hier eintriffst und mir zu Liebe ein oder zwey Tage hier bleibst, so kommst Du grade zu rechter Zeit hin; auch würde Dir ja dort, mit Görres und Schlosser [2] noch einen Tag dort zubringen und warten zu müßen, nicht sehr verdrießlich fallen können, vorausgesetzt daß Sophie mit geht.
Die Gräfin Goltz sprach übrigens viel von Deiner Liebenswürdigkeit, welches ich denn auch bejahte. Auch die Salling ist wieder hier und fragte mit vieler Theilnahme nach Dir. Sie war in Schlangenbad sehr gefährlich krank; doch sieht sie wieder ziemlich wohl aus.
Unsre Schwester Marie hat mir den allerliebenswürdigsten und freundschaftlichsten Brief geschrieben. Ungeachtet Du, wie es scheint, etwas herbe von ihr geschieden bist, [3] hat sie noch immer die alte Freundschaft für Dich. Sie sagt, Du hättest Dein Versprechen, ihr zu schreiben, noch nicht erfüllt. Thu dieß also nun, lieber Bruder. – Von meiner Frau habe ich immer noch keine weitere Nachricht, weil man die Briefe <in Wien> für mich zurückbehält. Wo bleiben <denn> die versprochenen Briefe an meine Frau von der Mutter und von Sophien? –
Eine große Neuigkeit, ist daß Graf Bernstorf Preußischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten geworden ist; ein tödtlicher Streich für Humbold, der sich nun wohl ganz in die revoluzionäre Opposition werfen wird. – Es ist dieß ein [4] recht <entscheidender> Sieg der guten Sache und eine nicht geringe Bürgschaft für die Erhaltung des Deutschen und selbst des Europäischen Friedens. –
Noch eines wegen Deiner Plane. Da die Herzogin von Broglie sich so ganz als Deine wahre Freundin zeigt; so ist der Wunsch sehr natürlich, Deine Frau mit ihr bekannt zu machen. Nur ist doch zunächst das nächste und wichtigste, erst Deine Lebensangelegenheit völlig zu reguliren und ins Reine zu bringen. Dazu ist die Rheinreise nothwendig und wird auch <der Rest> der guten Jahrszeit darüber wohl ziemlich verstreichen. Schiebe es also lieber bis Ostern auf, und gehe dann nach Paris. <Nimm unter dessen so mit dieser freundschaftlichen, brüderlich gemeynten Prose vorlieb.
Friedrich.
Die herzlichsten Grüße an Sophie und die Eltern.>