• August Wilhelm von Schlegel to Sophie Bernhardi

  • Place of Dispatch: Coppet · Place of Destination: Unknown · Date: 09.07.1804
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Sophie Bernhardi
  • Place of Dispatch: Coppet
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 09.07.1804
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 117‒119.
  • Incipit: „Coppet d. 9 Jul [1804]
    Wie froh bin ich, meine theuerste Freundin, endlich wieder einen Brief von Ihrer lieben Hand zu haben, [...]“
    Language
  • German
Coppet d. 9 Jul [1804]
Wie froh bin ich, meine theuerste Freundin, endlich wieder einen Brief von Ihrer lieben Hand zu haben, und der die sehnlichst gewünschte Nachricht von dem Anfang Ihrer Genesung enthält. Jetzt werden Sie vermuthlich wieder aus dem Bade zurück seyn, lassen Sie mich ja recht bald wissen, ob die gute Wirkung davon sich dauerhaft bewährt. Wie glücklich würde ich mich schätzen zu erfahren, daß Sie über Bamberg zurückgereist wären und Marcus zu Rath gezogen hätten. Wenn es nicht geschehen ist, so geben Sie doch wenigstens Hufeland ausführlichen Bericht, und ziehen Sie ihn wegen des Winters zu Rathe. Halten Sie sich nicht zu voreilig auf eine augenblickliche Erleichterung [hin] für hergestellt, wenn die wesentlichen Übel nicht wirklich gehoben sind. Verzeihen Sie meine ängstlichen Bedenklichkeiten, Ihre Gesundheit hat leider so lange gelitten, daß auch anhaltend für ihre Befestigung gearbeitet werden muß. Sie wissen welch ein hartes Ding der Winter in Deutschland ist, wie er Sie das vorige Mal ganz in Ihrem Zimmer gefangen hielt, und von der freyen Luft abschnitt. Daß dieß Sie ja nicht wieder zurückwirft. – Doch ich habe alle Gründe für die Italiänische Reise auseinandergesetzt und weiß nichts hinzuzufügen. Wie wohl ich mich freue, wenn sie nicht mehr nothwendig ist, so können Sie leicht denken, wie hart es mir fällt, die schon gefaßte Hoffnung des Wiedersehens auf den Herbst aufzugeben. Geben Sie mir dafür wenigstens eine Versprechung auf den Frühling. In Italien können wir alsdann auf jeden Fall nur auf sehr kurze Zeit zusammentreffen; da wir Ende Mais aus Italien zurück seyn sollen, so müßten Sie sich schon Anfang Aprils auf den Weg machen, um gegen die Mitte des Mays uns in Florenz oder sonst einer Stadt, die sich nach gegenseitiger Übereinkunft wird ausmitteln lassen zu treffen. Weit lieber wäre es mir daher wenn Tieck die Arbeit für das Monument übernähme, und wir mit ihm ein paar Monate des nächsten Sommers hier zubrächten, wo er dieß, und etwa ein paar Porträts zu Stande brächte und sich übrigens in der herrlichen Gegend von seinen vielen Arbeiten erhohlte. Dieß hätte zugleich den Vortheil, daß er erst gegen den Herbst nach Italien ginge und etwa im September in Rom einträfe, wo die große Hitze vorbey ist. Es wird Ihnen nicht unbekannt seyn, daß der Sommer besonders für Ankömmlinge in Rom sehr ungesund ist, und Tieck würde doch seine Studien nicht mit dem Aufenthalt auf dem Lande zu Tivoli oder wo man sich sonst hinrettet, vereinigen können. Wenn er Anfang Mays von Weimar ausreiste, so träfe er vorausgesetzt, daß er unterwegs noch einiges mitnehmen will, z. B. München, etwa zugleich mit uns hier ein. Er könnte auch früher kommen und seine Arbeit vor unsrer Ankunft anfangen. Wenn Sie nicht Lust hätten mit ihm auf dem Schlosse zu wohnen, so könnten Sie auf einem benachbarten Dorfe angenehme Wohnung finden. Tieck arbeitete dann hier May, Juni, Juli, ginge im Anfange des August über die Alpen, und brächte den Rest des Sommers mit Turin, Genua, Parma, Florenz u. s. w. zu, wo es nicht so heiß ist, wie im südlichen Italien. – Etwas könnt ihr mir zu liebe thun, wer weiß wann uns der Himmel wieder so zusammen führt. Sie sehen leicht ein, daß meine neuen Verhältnisse die mir so vieles verschaffen mir auch Verbindlichkeiten auflegen. – Ich würde ganz gewiß auf diese schöne Aussicht rechnen, wenn der Aufenthalt in Coppet im nächsten Sommer unbezweifelbar gewiß wäre. Sollten sich aber die Umstände unterdessen so ändern, daß Fr.[au] v. St.[aël] nach Paris zurückgehen könnte so wäre es möglich, daß wir Coppet gar nicht berührten, und über Tyrol durch Deutschland nach Frankreich gingen. Doch dieß wird sich zeitig genug bestimmen um alsdann andre Verabredungen treffen zu können.
Daß Ihnen nur Bern.[hardi] auf den Herbst keine verdrießliche Auftritte macht, die das Gefühl alles erlittnen von neuem in Ihnen erwecken, und Ihre Gesundheit von neuem zerrütten. Beruhigen Sie mich hierüber, und treffen Sie ja mit Ihren Brüdern gemeinschaftlich, die entschiedensten Maßregeln, und sorgfältigsten Vorkehrungen dagegen. Ich begreife daß die Reise nach Dr.[esden], die Sie zugleich in beständiger Bewegung zu erhalten dient, auch sonst Ihnen sehr wichtig ist. Schreiben Sie mir ja über alles, und seyn Sie nicht so karg mit einigen Buchstaben. Ich will meine Gesinnungen nicht anpreisen aber Sie fühlen es selbst, wie die Ruhe Freyheit und Freude Ihres Lebens das Hauptaugenmerk aller meiner Bestrebungen ist. Ich darf mir um so weniger ein Gewissen machen, um Briefe zu bitten, wenn es Ihre Kräfte nicht mehr so anstrengt zu schreiben. Seit dem Briefe Ihres Bruders bis zu dem Ihrigen (der sehr lange unterwegs gewesen, weil er über Paris gegangen) war ich beynahe 14 Tage lang in der quälendsten Beängstigung über Ihren Zustand.
Von Mittwoche bis Sonntag Abend bin ich mit Fr[au] v. St.[aël] und dem ältesten Sohne verreist gewesen, in Lausanne, wo ich Zeit genug hatte die ganze herrliche Gegend in Augenschein zu nehmen. Am Sonnabend reisten wir nach Vevey, zu Wasser hin und zu Lande am Abend zurück, wir wurden durch das Wetter vollkommen begünstigt und die Aussichten an jener Seite des Sees sind so groß und erstaunenswürdig, daß die anmuthigsten an dieser Seite ganz dagegen verschwinden. Bonstetten war mit uns und hatte im Voraus Matthisson zu uns citirt, der aber seit dem frühen Morgen aus gewesen war, weswegen ich denn beschuldigt wurde, er habe vor mir die Flucht genommen.
Ich will nun den Rest der Zeit, daß wir noch hier sind, im Shakspeare etwas vor mich bringen. Den 1ten August ziehn wir nach Genf, und dann wird gleich die Reise nach den Gletschern vorgenommen.
Lieber alter künstlerischer Zimmermann Joseph mache mir bald das Bild von deiner heiligen Familie, ich schmachte darnach, und will dir all mein Leben lang dankbar dafür seyn.
Sie sollten sich auch für mich von der Alberti verkleinert in Oel mahlen lassen, versteht sich daß wir es ihr vergüten.
Meine geliebte Freundin, seyn Sie versichert, daß ich in allen Stücken Ihren Wünschen entgegenzukommen suchen werde.
Ich herze die Engel von Kindern. Daß sie mich nur nicht vergessen.
Wann ist Knorr.[ing] zu Ihnen gekommen? Hat er sie schon auf der Hinreise nach Liebenstein begleitet? Tieck meldet ja nichts davon. –
Ich bitte Kn.[orring] herzlich zu grüßen. Er schreibt mir auch nicht.
Bitten Sie doch künftig Ihren Verfertiger der Addresse, sie französisch abzufassen. Was hilft es mir Se. Wohlgebohren zu heißen, wenn ich den Brief vielleicht gar nicht erhalte? Wenden Sie auch noch die armen Worte an mich: en Suisse par Berne. Der Umweg über Frankreich macht gerade 4 Tage Unterschied.
Leben Sie tausendmal wohl.
Coppet d. 9 Jul [1804]
Wie froh bin ich, meine theuerste Freundin, endlich wieder einen Brief von Ihrer lieben Hand zu haben, und der die sehnlichst gewünschte Nachricht von dem Anfang Ihrer Genesung enthält. Jetzt werden Sie vermuthlich wieder aus dem Bade zurück seyn, lassen Sie mich ja recht bald wissen, ob die gute Wirkung davon sich dauerhaft bewährt. Wie glücklich würde ich mich schätzen zu erfahren, daß Sie über Bamberg zurückgereist wären und Marcus zu Rath gezogen hätten. Wenn es nicht geschehen ist, so geben Sie doch wenigstens Hufeland ausführlichen Bericht, und ziehen Sie ihn wegen des Winters zu Rathe. Halten Sie sich nicht zu voreilig auf eine augenblickliche Erleichterung [hin] für hergestellt, wenn die wesentlichen Übel nicht wirklich gehoben sind. Verzeihen Sie meine ängstlichen Bedenklichkeiten, Ihre Gesundheit hat leider so lange gelitten, daß auch anhaltend für ihre Befestigung gearbeitet werden muß. Sie wissen welch ein hartes Ding der Winter in Deutschland ist, wie er Sie das vorige Mal ganz in Ihrem Zimmer gefangen hielt, und von der freyen Luft abschnitt. Daß dieß Sie ja nicht wieder zurückwirft. – Doch ich habe alle Gründe für die Italiänische Reise auseinandergesetzt und weiß nichts hinzuzufügen. Wie wohl ich mich freue, wenn sie nicht mehr nothwendig ist, so können Sie leicht denken, wie hart es mir fällt, die schon gefaßte Hoffnung des Wiedersehens auf den Herbst aufzugeben. Geben Sie mir dafür wenigstens eine Versprechung auf den Frühling. In Italien können wir alsdann auf jeden Fall nur auf sehr kurze Zeit zusammentreffen; da wir Ende Mais aus Italien zurück seyn sollen, so müßten Sie sich schon Anfang Aprils auf den Weg machen, um gegen die Mitte des Mays uns in Florenz oder sonst einer Stadt, die sich nach gegenseitiger Übereinkunft wird ausmitteln lassen zu treffen. Weit lieber wäre es mir daher wenn Tieck die Arbeit für das Monument übernähme, und wir mit ihm ein paar Monate des nächsten Sommers hier zubrächten, wo er dieß, und etwa ein paar Porträts zu Stande brächte und sich übrigens in der herrlichen Gegend von seinen vielen Arbeiten erhohlte. Dieß hätte zugleich den Vortheil, daß er erst gegen den Herbst nach Italien ginge und etwa im September in Rom einträfe, wo die große Hitze vorbey ist. Es wird Ihnen nicht unbekannt seyn, daß der Sommer besonders für Ankömmlinge in Rom sehr ungesund ist, und Tieck würde doch seine Studien nicht mit dem Aufenthalt auf dem Lande zu Tivoli oder wo man sich sonst hinrettet, vereinigen können. Wenn er Anfang Mays von Weimar ausreiste, so träfe er vorausgesetzt, daß er unterwegs noch einiges mitnehmen will, z. B. München, etwa zugleich mit uns hier ein. Er könnte auch früher kommen und seine Arbeit vor unsrer Ankunft anfangen. Wenn Sie nicht Lust hätten mit ihm auf dem Schlosse zu wohnen, so könnten Sie auf einem benachbarten Dorfe angenehme Wohnung finden. Tieck arbeitete dann hier May, Juni, Juli, ginge im Anfange des August über die Alpen, und brächte den Rest des Sommers mit Turin, Genua, Parma, Florenz u. s. w. zu, wo es nicht so heiß ist, wie im südlichen Italien. – Etwas könnt ihr mir zu liebe thun, wer weiß wann uns der Himmel wieder so zusammen führt. Sie sehen leicht ein, daß meine neuen Verhältnisse die mir so vieles verschaffen mir auch Verbindlichkeiten auflegen. – Ich würde ganz gewiß auf diese schöne Aussicht rechnen, wenn der Aufenthalt in Coppet im nächsten Sommer unbezweifelbar gewiß wäre. Sollten sich aber die Umstände unterdessen so ändern, daß Fr.[au] v. St.[aël] nach Paris zurückgehen könnte so wäre es möglich, daß wir Coppet gar nicht berührten, und über Tyrol durch Deutschland nach Frankreich gingen. Doch dieß wird sich zeitig genug bestimmen um alsdann andre Verabredungen treffen zu können.
Daß Ihnen nur Bern.[hardi] auf den Herbst keine verdrießliche Auftritte macht, die das Gefühl alles erlittnen von neuem in Ihnen erwecken, und Ihre Gesundheit von neuem zerrütten. Beruhigen Sie mich hierüber, und treffen Sie ja mit Ihren Brüdern gemeinschaftlich, die entschiedensten Maßregeln, und sorgfältigsten Vorkehrungen dagegen. Ich begreife daß die Reise nach Dr.[esden], die Sie zugleich in beständiger Bewegung zu erhalten dient, auch sonst Ihnen sehr wichtig ist. Schreiben Sie mir ja über alles, und seyn Sie nicht so karg mit einigen Buchstaben. Ich will meine Gesinnungen nicht anpreisen aber Sie fühlen es selbst, wie die Ruhe Freyheit und Freude Ihres Lebens das Hauptaugenmerk aller meiner Bestrebungen ist. Ich darf mir um so weniger ein Gewissen machen, um Briefe zu bitten, wenn es Ihre Kräfte nicht mehr so anstrengt zu schreiben. Seit dem Briefe Ihres Bruders bis zu dem Ihrigen (der sehr lange unterwegs gewesen, weil er über Paris gegangen) war ich beynahe 14 Tage lang in der quälendsten Beängstigung über Ihren Zustand.
Von Mittwoche bis Sonntag Abend bin ich mit Fr[au] v. St.[aël] und dem ältesten Sohne verreist gewesen, in Lausanne, wo ich Zeit genug hatte die ganze herrliche Gegend in Augenschein zu nehmen. Am Sonnabend reisten wir nach Vevey, zu Wasser hin und zu Lande am Abend zurück, wir wurden durch das Wetter vollkommen begünstigt und die Aussichten an jener Seite des Sees sind so groß und erstaunenswürdig, daß die anmuthigsten an dieser Seite ganz dagegen verschwinden. Bonstetten war mit uns und hatte im Voraus Matthisson zu uns citirt, der aber seit dem frühen Morgen aus gewesen war, weswegen ich denn beschuldigt wurde, er habe vor mir die Flucht genommen.
Ich will nun den Rest der Zeit, daß wir noch hier sind, im Shakspeare etwas vor mich bringen. Den 1ten August ziehn wir nach Genf, und dann wird gleich die Reise nach den Gletschern vorgenommen.
Lieber alter künstlerischer Zimmermann Joseph mache mir bald das Bild von deiner heiligen Familie, ich schmachte darnach, und will dir all mein Leben lang dankbar dafür seyn.
Sie sollten sich auch für mich von der Alberti verkleinert in Oel mahlen lassen, versteht sich daß wir es ihr vergüten.
Meine geliebte Freundin, seyn Sie versichert, daß ich in allen Stücken Ihren Wünschen entgegenzukommen suchen werde.
Ich herze die Engel von Kindern. Daß sie mich nur nicht vergessen.
Wann ist Knorr.[ing] zu Ihnen gekommen? Hat er sie schon auf der Hinreise nach Liebenstein begleitet? Tieck meldet ja nichts davon. –
Ich bitte Kn.[orring] herzlich zu grüßen. Er schreibt mir auch nicht.
Bitten Sie doch künftig Ihren Verfertiger der Addresse, sie französisch abzufassen. Was hilft es mir Se. Wohlgebohren zu heißen, wenn ich den Brief vielleicht gar nicht erhalte? Wenden Sie auch noch die armen Worte an mich: en Suisse par Berne. Der Umweg über Frankreich macht gerade 4 Tage Unterschied.
Leben Sie tausendmal wohl.
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