Theuerster Freund
Ich habe bisher gezögert, Ihnen für Ihren schönen Aufsatz über Gerard’s Gemälde, die Corinna meinen, des Redacteurs und des Verlegers verbindlichsten Dank auszudrüken, weil ich zugleich die Absendung des Kunstblatts vom 21.t Januar, worin der Aufsatz gedruckt worden anzuzeigen wünschte. Dies kann ich nun heute wenigstens in so fern, als nächster Tage ein Paket für Sie an die dortige Weber’sche Buchhandlung abgehen wird, worin Sie 2 Expl. des genannten Blatts nebst den dazu gehörigen Umrißen, und überdem 2 Expl. von der Legende der drei Könige finden werden.
Die Herausgabe dieser letzteren, welche ich in der Heidelberger Bibliothek aufgefunden, habe ich veranlasst, so wie ich denn auch dem Herausgeber Gustav Schwab die histor. Notizen und eine kleine Abhandlung [2] dazu mitgetheilt habe. Deßhalb bitte ich ein Exemplar gütigst zum Andenken zu nehmen, und das andere an Eberhard Groote nach Köln zu schicken. Hoffentlich wird dieses Büchlein einiges Intereße für Sie haben. Finden Sie Lust Zeit und Gelegenheit eine Anzeige davon zu machen, so werden Sie den Herausgeber und mich dadurch recht sehr erfreuen.
Ihrem Wunsch gemäß schicke ich auch dieser Tage ein Exempl. des Kunstblatts mit dem Umriß der Corinna an H. v. Staël, so wie ich denn von meiner Seite gleichfalls eins an Gerard sende.
Für die Auskunft über den arabischen Codex des H. v. Hilgen danke sehr, er wird denselben ohne Zweifel bei Ihnen abholen, oder im Fall der Verhinderung darüber verfügen. Ich will indeßen auch Gelegenheit suchen, ihn von dem Erfolg Ihrer gütigen Bemühung zu unterrichten.
Zu der Ankunft, Ihrer Indischen Typen wünsche [3] von Herzen Glück; an Mühe und Arbeit wird es freilich nicht fehlen, die Druckerei in Gang zu setzen, aber nachdem Sie schon soviel gethan, werden Sie auch den übrigen, offenbahr kleinern Theil der Schwierigkeiten leicht überwinden.
Ihrem Wunsch, durch einen unserer Lithographen ein Blatt indischer Text ausführen zu laßen, würden wir sehr gern entsprechen, wenn wir unter unsern Leuten nur einen geschikten Schreiber hätten, und hier jemand wäre, der mit der Indischen Schrift bekannt auf eine recht genaue charakteristische Ausführung wachen könnte. Denn da der Versuch ein Muster liefern soll gegen die Indischen Schriften von Othmar Franck, so kömmt ja auf die treue, nur allein bei vollkommnem Verständniß der Sache mögliche Bearbeitung Nachahmung alles an.
Aus diesem Grunde scheint mir das beste, daß Sie, so sehr geübt in der Indischen Schrift, den Versuch selbst machen. Die Lithographirung von dergleichen Schriften geschieht nämlich am leichtesten und zweckmäßigsten [4] mit Tusche, welche man vermittelst einer Stahlfeder auf den Stein trägt. Die einzige Schwierigkeit besteht nur darin, daß man die Schrift umgekehrt zeichnen muß; indeßen bei der Indischen ist das kaum eine Schwierigkeit zu nennen. Die Behandlung der Tusche auf einem gehörig geschliffenen Stein aber ist so leicht, als wenn man mit einer Stahlfeder dicke Dinte aufs Papier trüge. Sie hätten also nichts andres zu thuen, als sich aus der Köllnischen oder Coblenzer Lithogr. Anstalt einen Stein, Tusche und Feder kommen zu laßen, und nach vollendeter Arbeit den Stein zum aetzen und Abdrucken an den gewählten Ort zu senden. Die Lith. Druckereien in Köln und Coblenz sind gut genug, um dergleichen Gegenstände, welche zu den leichtesten und einfachsten Aufgaben der Lith. gehören, ganz befriedigend zu drucken, wenn nur die Zeichnung gut sorgfältig gemacht ist. Rücksichtlich dieser letzteren muß ich nur bemerken, daß man sich keine Verbeßerungen [5] erlauben darf. Die Tusche wird zuerst trocken auf eine Porzellantasse gerieben, dann mit Regenwasser nicht gar dünn angemacht. Je öfter man die Tusche frisch nimmt, desto beßer ist es; auf keinen Fall darf man die am vorigen Tag schon angeriebene Tusche brauchen. Daß man sich vor Staub, Überwischen mit der Hand usw. zu hüten hat, versteht sich von selbst, weil das Mittel ein fettiges seifenartiges ist.
Um sich das Schreiben in umgekehrter Richtung zu erleichtern, und Fehler zu vermeiden, kann man auch ein Musterblatt mit Bleistift oder Rothstein zeichnen, und dieses auf die Grundirte Platte abdrucken, so daß man alsdann nur mit der Feder den abgedrukten Zügen nachzufahren braucht.
Ihre Nachricht über DʼAltons letztes Heft die Pachydermen ist mir sehr angenehm, ich werde es zu sehen suchen, und die Redaction des Kunstblatts darauf aufmerksam zu machen suchen. Der Gedanke, [6] das Knochengerüste der organisch. Gebilde in den äußeren Umriß hineinzuzeichnen, ist übrigens schon vor vielen Jahren bei Musterblättern zum Pferdezeichnen angewandt worden, die in Paris herausgekommen. Ich besitze sie. DʼAlton aber wird das mit größerer Genauigkeit, ja mit eigentlicher Wissenschaftlichkeit ausgeführt haben.
Bei Erwähnung des Kunstblatts fällt mir ein, daß ich Ihnen rücksichtlich des Honorairs für den Aufsatz sagen soll, H. v. Cotta wünsche recht sehr, Sie möchten diese Kleinigkeit durch wiederholte Beitrage bis zu einiger Bedeutung vermehren.
An die Rotunde im Titurel habe ich seither nicht denken können; wenn ich dazu gelange, werde ich mich Ihrer gütigen Anerbiethung gewiß erinnern. Aus den Handschriften ist weiter nichts zu bearbeiten, da ich aus allen die genausten Abschriften der treffenden Stelle genommen habe. Es käme also blos auf den Commentar auf die philologische Interpretation an.
Empfangen Sie sowohl in dieser Hinsicht als sonst für alle Ihre überaus freundschaftlichen Versicherungen meinen herzlichsten Dank; Und behalten Sie mich und die Meinigen, die sich bestens empfehlen, sofort in bestem Andenken Ganz Ihr Sulpiz Boisserée