geehrtes Schreiben vom 6ten ist mir überaus erfreulich gewesen. Es hat mir nicht nur die Nachricht von Ihrer glücklichen Ankunft in den Zeitungen bestätigt, sondern auch Beruhigung über Ihr Befinden gebracht. Ich war in der That nicht ganz ohne Sorgen deßhalb. Die Störung alter Gewohnheiten und die Entbehrung der häuslichen Bequemlichkeit macht doch immer einen unangenehmen Eindruck auf den Körper. Es gehört Ihr trefflicher Organismus und Ihre Lebenskraft dazu, um dergleichen so leicht zu nehmen
An der gnädigen Aufnahme, welche Sie bei unserem Monarchen finden würden, habe ich nie gezweifelt. Er ist einer der wenigen Fürsten unserer Zeit, welche nicht nur Achtung vor wissenschaftlichen Verdiensten [2] haben, sondern auch Wissenschaft und Kunst wahrhaft lieben. Seit man das geistige Fortschreiten für politisch gefährlich erklärt hat, ist alle Förderung desselben nur gleichsam wie ein nothwendiges Uebel angesehen worden. Die Wirkung auf die Gelehrten konnte nicht ausbleiben. Wir dürfen hoffen, daß diese Zeit für immer vorüber sei.
Mit Vergnügen erfahre ich von Ihnen, daß Preußens Persönlichkeit Ihnen besser zusagt, als seine Gelehrsamkeit und sein Styl. Dieser Mann verdient grosse Achtung. Er ist einer der seltenen Menschen, die ihr ganzes Leben an Eine Aufgabe setzen. Ist er auch gleich am Ende durchgedrungen, so werden Sie gewiß schon mehr, als ich weiß, davon erfahren haben, wie wenig Dank für die Lösung derselben früher für ihn zu erwarten stand.
Ich würde Herrn Böckh nicht ganz widersprechen mögen, wenn er in die Schonung der [3] Fehler des grossen Königs gegen die Sprache nicht auch die grammatischen Schnitzer und die Entstellungen von Namen u. Zahlen einschlösse. Die Germanismen jedoch und die Eigenthümlichkeiten seines Styls überhaupt, wie sie aus seiner Nationalität und selbst aus seinem Stande hervorgegangen sind, würde ich nicht anzutasten wagen. Raben quacken u. Frösche krächzen lassen sind freilich offenbare errores calami, die man, wo sie sich auch finden, wegschaffen muß.
Hoffentlich haben Sie sich mit Thorwaldsen ausgesöhnt und gefunden, daß er nicht undankbar gegen Ihr Verdienst um seinen Ruhm ist. Es sollte mich sehr freuen, wenn der König irgend ein bedeutendes Werk bei ihm bestellt hätte. Ich glaube, Berlin besitzt noch gar nichts von ihm.
[4] Mit grosser Genugthuung habe ich in den Zeitungen gelesen, wie feierlich Ew Hochwohlgeboren bewiesen worden ist, daß Sie von Deutschland noch nicht vergessen sind, wie Sie oft ungerecht gegen Ihre Zeitgenossen geurtheilt haben. Halten Sie mir diesen Vorwurf zu gut. Hätten Sie übrigens Recht, so würden Sie sich einige Schuld beimessen dürfen. Sie haben die Entwicklungen der schönen Literatur in Deutschland seit Ihrem Aufenthalt in Frankreich zu sehr ignorirt, als daß ihr nicht einige Empfindlichkeit dafür zu verzeihen wäre. Sie brauchten jährlich nur Eine Recension über ein Werk der allgemeinen Literatur inʼs Publicum zu schicken, und die ganze Schriftsteller-Welt würde Sie als den einzigen Richter über sie anerkennen.
Meine besten Wünsche sind für Ihre [5] Gesundheit, für die fruchtbare Huld unseres Geistvollen Königs gegen Sie, für das Gedeihen Ihrer arbeiten zur Verherrlichung seines grossen Ahnherrn und für Ihre glückliche Rückkehr zu uns. Nach den Zeitungen wird Ihnen auch noch die Freude werden können, den Herzog von Broglie in Coppet zu sehen.
Meine Genesung geht trotz dem Aufenthalt auf dem Lande sehr langsam. Das Wetter ist selbst für die Gesunden zu schlecht, u. Grippen und Husten sind fast in allen Häusern.
Leben Sie recht wohl und lassen Sie mich die Versicherung der alten Verehrung erneuern, mit der ich stets sein werde
Ew. Hochwohlgeboren
gstr. Dr.
v. Rehfues.
Römlingshofen,
d. 25. Juni 1841.
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