• Johanna Christiane Erdmuthe Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Hannover · Place of Destination: Unknown · Date: 10.11.1810
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Johanna Christiane Erdmuthe Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Hannover
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 10.11.1810
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-36881
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.21,Nr.66
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19,3 x 11,4 cm
  • Incipit: „[1] den 10 ten November 1810
    Mein Lieber bester Sohn,
    Ich habe eine unbeschreibliche Freude gehabt, wieder was von Dir zu hören. [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
[1] den 10 ten November 1810
Mein Lieber bester Sohn,
Ich habe eine unbeschreibliche Freude gehabt, wieder was von Dir zu hören. Erst aus der Zeitung, daß Du Dein Werk fortsetzt, woraus ich doch schließen konnte, Daß Du noch am Leben wärst. Denn ich kann nicht leugnen, daß ich unbeschreibliche Sorge, u Angst vor Dich gehabt habe. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Du nicht wenigstens melden solltest, daß Du die überschickten Papire erhalten hättest. Nun gottlob haben wir von Dir selbst einen Brief, u wißen daß Du gesund bist u uns vor erst näher bleibst. Es war gut, daß ich Deinen Brief eher zu sehn bekam, als das was in Zeitung stand, was auch Zum Theil falsch ist. Die bewuste Sache ärgert u betriebt mich sehr sage es ihr daß ich sehr viel Theil nehme, u mache mir Hofnung, daß nach einiger Zeit, noch Hofnung dazu ist. Von Friedrich kränkt es mich sehr, daß er seine Alte Mutter so ganz vergist, ich habe seit langer Zeit keine Zeile von ihm. Ich bin es mir bewust, daß ich es um ihm nicht verdient habe. Auch setze ich meine Warmen Wünsche u Gebethe Täglich vor ihm fort.
[2] Was meine Gesundheit betrift, so muß ich sagen ist selbige nach meinen Alter noch Ziemlich Gut, u sie würde noch beßer seyn wenn mich die Sorgen u bösen Zeiten nicht so angrifen Der Gute Vatter hat recht praf vor mich gesorgt, u ich würde recht gut leben könen, aber da alles Witwencaßen, u Pansion, sind die itzo fast alle Veränterung leiten, die groß Theuerung von meiner Haubtbetürfnüßen, auf daß ich mich oft muß tragen laßen da ich fast zu Fuße gar nicht mehr fort kommen kann, macht es bey aller Einschränkung das auskommen schwirig, da auch manches Zu gäben ist. Doch gottlob daß ich es itzo recht erfahre, daß im Ater Gute Kinder ein Großer Trost sind. Du mein lieber Sohn hast so reichlich vor mich gesorgt – daß ich bis Jehanne 1811 noch davon habe, denn wird Gott wieder sorgen, wo es nur ohne Nachtheil meiner Gesundheit geschähn kann [3] schränke ich mich sehr ein. Ein haubt Aufwand von mir ist, daß ich bey meiner Einsamkeit, u ohne bestimmte Geschäfte, oft abens Zum Thee eine oder ein paar Freundinn bey mir haben muß, wenn ich nicht ganz Melangolisch werden will. ob ich es aber werde fortsetzen können da Zucker Thee Caffee bald nicht mehr Zu bezahlen sind. Von Lottchen habe ich recht Gute Nachrichten. Auch von Götting, außer daß der Gute Moritz viele Sorgen hat wegen seinen Sohne, der itzo hier bey Carl ist. Carl wird Dir wohl selbst da von Nachricht gäben, auch von seinen Eigenen Schüksaal, daß noch nicht entschieden ist.
Ich muß wohl schließen Carl hat mir gesagt daß ich nur ein klein Blätchen voll schreiben möchte. Nun bitte ich Dich recht inständig, gieb mir ja recht [4] oft Nachricht von Dir, es ist mir nothwendig zu meiner Ruhe. Mein Schlaf ist itzo nicht welcher, die Ersten 4 bis 5 Stunden schlaffe ich aber den geht es ans Wachen bis gegen Morgen noch eine Stunde. Bey dem Wachen bin ich mit meinen Lieben Kindern beschäfftiget, Du kenst Die Gedanken auf was vor Art. Auch mit denen die voran gegangen sind, auf die ich mich freue sie zu fünden. Lebe wohl bester Sohn
Mutter
Schlegel
Das Mädchen daß Du kennst habe ich noch immer. bald 8 Jahre. Ich gehe zu weilen da mit zu ändern Meine Freundin rathe es aber immer ab das Sittenverderbniß ist gar zu Arg das Mädchen ist Ehrlich, u nicht Liderlich aber unausstehnlich Launisch u Zänkisch. Ich denke es ist eine Gedulds Schule vor mich.
[1] den 10 ten November 1810
Mein Lieber bester Sohn,
Ich habe eine unbeschreibliche Freude gehabt, wieder was von Dir zu hören. Erst aus der Zeitung, daß Du Dein Werk fortsetzt, woraus ich doch schließen konnte, Daß Du noch am Leben wärst. Denn ich kann nicht leugnen, daß ich unbeschreibliche Sorge, u Angst vor Dich gehabt habe. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Du nicht wenigstens melden solltest, daß Du die überschickten Papire erhalten hättest. Nun gottlob haben wir von Dir selbst einen Brief, u wißen daß Du gesund bist u uns vor erst näher bleibst. Es war gut, daß ich Deinen Brief eher zu sehn bekam, als das was in Zeitung stand, was auch Zum Theil falsch ist. Die bewuste Sache ärgert u betriebt mich sehr sage es ihr daß ich sehr viel Theil nehme, u mache mir Hofnung, daß nach einiger Zeit, noch Hofnung dazu ist. Von Friedrich kränkt es mich sehr, daß er seine Alte Mutter so ganz vergist, ich habe seit langer Zeit keine Zeile von ihm. Ich bin es mir bewust, daß ich es um ihm nicht verdient habe. Auch setze ich meine Warmen Wünsche u Gebethe Täglich vor ihm fort.
[2] Was meine Gesundheit betrift, so muß ich sagen ist selbige nach meinen Alter noch Ziemlich Gut, u sie würde noch beßer seyn wenn mich die Sorgen u bösen Zeiten nicht so angrifen Der Gute Vatter hat recht praf vor mich gesorgt, u ich würde recht gut leben könen, aber da alles Witwencaßen, u Pansion, sind die itzo fast alle Veränterung leiten, die groß Theuerung von meiner Haubtbetürfnüßen, auf daß ich mich oft muß tragen laßen da ich fast zu Fuße gar nicht mehr fort kommen kann, macht es bey aller Einschränkung das auskommen schwirig, da auch manches Zu gäben ist. Doch gottlob daß ich es itzo recht erfahre, daß im Ater Gute Kinder ein Großer Trost sind. Du mein lieber Sohn hast so reichlich vor mich gesorgt – daß ich bis Jehanne 1811 noch davon habe, denn wird Gott wieder sorgen, wo es nur ohne Nachtheil meiner Gesundheit geschähn kann [3] schränke ich mich sehr ein. Ein haubt Aufwand von mir ist, daß ich bey meiner Einsamkeit, u ohne bestimmte Geschäfte, oft abens Zum Thee eine oder ein paar Freundinn bey mir haben muß, wenn ich nicht ganz Melangolisch werden will. ob ich es aber werde fortsetzen können da Zucker Thee Caffee bald nicht mehr Zu bezahlen sind. Von Lottchen habe ich recht Gute Nachrichten. Auch von Götting, außer daß der Gute Moritz viele Sorgen hat wegen seinen Sohne, der itzo hier bey Carl ist. Carl wird Dir wohl selbst da von Nachricht gäben, auch von seinen Eigenen Schüksaal, daß noch nicht entschieden ist.
Ich muß wohl schließen Carl hat mir gesagt daß ich nur ein klein Blätchen voll schreiben möchte. Nun bitte ich Dich recht inständig, gieb mir ja recht [4] oft Nachricht von Dir, es ist mir nothwendig zu meiner Ruhe. Mein Schlaf ist itzo nicht welcher, die Ersten 4 bis 5 Stunden schlaffe ich aber den geht es ans Wachen bis gegen Morgen noch eine Stunde. Bey dem Wachen bin ich mit meinen Lieben Kindern beschäfftiget, Du kenst Die Gedanken auf was vor Art. Auch mit denen die voran gegangen sind, auf die ich mich freue sie zu fünden. Lebe wohl bester Sohn
Mutter
Schlegel
Das Mädchen daß Du kennst habe ich noch immer. bald 8 Jahre. Ich gehe zu weilen da mit zu ändern Meine Freundin rathe es aber immer ab das Sittenverderbniß ist gar zu Arg das Mädchen ist Ehrlich, u nicht Liderlich aber unausstehnlich Launisch u Zänkisch. Ich denke es ist eine Gedulds Schule vor mich.
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