Zu meiner innigsten Freude erfahre ich daß wir so glücklich seyn werden dich hier zu sehen. Ich bin jetzt eben mit meinem Auszug nach Pillnitz beschäftigt, und es kreuzt sich Besuche und Geschäfte durch einander ich kann also nur ein paar Zeilen schreiben. Ich schreibe bloß um dich inständigst zu bitten mir nur mit ein paar Worten vorher Nachricht zu geben, wann du kommen und wie lange du ungefähr bleiben wirst. Da ich in Pillnitz bin würde mir zuvil von den lange ersehnten Augenblicken verloren gehen, wenn ich es dann erst erfahren sollte. Thue es also ja ich bitte dich darum, Dein Leben wird hier überhaupt erstaunlich zerstreut seyn, die Szene hat sich ganz geändert alles wird dich recherchiren, ud ich werde die einzelne Augenblicke recht aufhaschen müßen. Bleibst du so lange hier so würde ich dir rathen dich von dem Herrn von Kügelchen mahlen zu laßen.
Hartmann hat dieß Jahr ein schönes Bild ausgestellt die Fußwaschung Christi nur der Jesus ist nicht sonderlich gerathen, er will gern Professor werden. Mechau ist gestorben Seidelmann hat seine besten Sachen herauf gehängt, es ist sein Schwanengesang [2] denn nie erscholl sein Ruhm so als jetzt nach seinem Tode. Ein junger Gelehrter den ich innigst schätze Dr. Schubert, (er kam nach Jena wie ihr eben wegwart) freut sich sehr dich kennen zu lernen. Wenn du nun hier bist wollen wir das weitere wegen der Mutter besprechen, mit dem herkommen wird es wohl schwerlich gehen, ich habe den Winter mein Möglichstes gethan, wir haben ihr im Ganzen 50 r. geschickt, das könnte ich aber unmöglig fortsetzen, Gustchen fängt an uns vil zu kosten, gelernt hat sie noch wenig aber im zeichnen ud spielen ist sie ziemlich weit, ud tanzen thut sie auch artig, das Schreibe talent ist ihr nicht geworden, denn sowohl das schriben wie die Ortographie wird ihr sauer, das Zeichnen scheint ihr bestes zu seyn, nun du wirst sie sehen ud gewiß auch deinen Gefallen an ihr finden, sie schießt sehr in die höhe. Du lebst in Wien wie ich höre in einem rechten Glanze auch davon hoffe ich sollst du mir vil erzählen, deiner Vorlesung möchte ich gar zu gerne bey wohnen Nun lebe wohl ich umarme dich in Gedanken
Charlotte Ernst
Endesunterschriebener empfiehlt sich ebenfalls zu freundschaftlichen Andenken. Dresden, d. 28. Apr. 1808.
L. Emmanuel Ernst.
[3] [leer]
[4] [leer]