• Christian Friedrich Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Zürich · Place of Destination: Genf · Date: 21.02.1811
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Friedrich Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Zürich
  • Place of Destination: Genf
  • Date: 21.02.1811
    Printed Text
  • Bibliography: „Geliebter Freund und Bruder“. Der Briefwechsel zwischen Christian Friedrich Tieck und August Wilhelm Schlegel in den Jahren 1804 bis 1811. Hg. und kommentiert v. Cornelia Bögel. Dresden 2015, S. 265–267.
  • Incipit: „[1] Zürich den 21. Februar. 1811.
    Geliebter Freund, ich habe dir so lange nicht geschrieben weil ich immer erwarten wollte dir Neuigkeiten [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,17,13
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 24,7 x 20,9 cm
    Language
  • German
[1] Zürich den 21. Februar. 1811.
Geliebter Freund, ich habe dir so lange nicht geschrieben weil ich immer erwarten wollte dir Neuigkeiten von München aus zu schreiben, auch weil ich dachte du würdest mir vielleicht Gelegentlich wieder schreiben, da ich selbst noch nicht komme, denn erstlich kann ich noch nicht, und dann je länger ich an der Zeichnung arbeite je mehr das sich daran zu thun vorfindet, es thut mir leid das ich nicht das Bild in Oehl gemacht habe ich glaube ich würde schneller damit fertig werden, obgleich freilich die kurzen Tage zum Theil daran Schuld sind.
Dann habe ich schon in voriger Woche eine Antwort von Weisser erhalten, welcher sich entschuldigt das er noch keinen Abgüsse der Büsten gemacht hatt, der Herbst und Winter, schreibt er mir, bringen ihn der kurzen Tage halber immer sehr in seinen Arbeiten, auch in den Finanzen zurük so das er da immer gern, auch gezwungen die Arbeiten macht welche am Nächsten Geld einbringen, und oft irrt er darin doch, denn er klagt zugleich das er mancherlei Arbeiten habe dort machen müssen, wofür er die Bezahlung nicht fodern könne, und also solche wohl nie erhalten würde, doch wird er jezt eifrig an dise Arbeiten gehen. – Dann habe ich gestern auch endlich einen Brief von der Schwester bekommen, worin mir endlich Knorrings Ankunft zu Hause gemeldet wird, aber wie langsam gehen die Briefe, K.[norrings] Brief ist vom 1. Januar datirt, und die Schwester hatt solchen erst den 14ten Februar erhalten. Er schreibt darin das der Vater sehr freundlich ist, und unter sehr leichten Bedingungen gern dem Sohn die Güther übergeben will. Er hatt Vorläufig eine Summe nach Petersburg geschikt, wie man jezt des beständig schwankenden Courses halber alles Geld schicken muß, um die dring[end]sten Bedürfnisse der Schwester [2] abzuhelfen, und in kurzem eine andre nachschikke, die Schwester meint also ich würde wohl noch eine drei Wochen also hierbleiben müssen, das wäre nun auch beinahe nöthig um die Zeichnung fertig zu machen, aber was soll mann zu allen Verzögerungen sagen, wie soll ich sicher sein zu der Zeit als ich meinem Wirth das versprochene Monathsgeld bezahlen soll, das ich das auch habe, ich habe meiner Schwester schon am Sonntag geschrieben ich müsse zu der Zeit 3 Louisd’or haben, aber es ist sehr möglich das dis Geld bis dann nicht hier sein kann, da der Weg über Petersburg natürlich beträchtlich weiter, und es auch von der Wilkühr des Banquiers abhängt wie eilig er es besorgen will. Auch vorläufig schreibt meine Schwester mir das sie nur sehr wenig von diser Summe würde schikken können, und das glaube ich auch ohnehin schon, da sie natürlich alles das bezahlen muß was sie in der Zeit schuldig geworden, und mehr als das, denn sie hatt seit K.[norrings] abwesenheit in der allergrösten Armuth und Mangel gelebt, und ich wünsche von Herzen das das Geld schon angekommen sein möge. Doch das alles hilft mir selbst nichts und ich habe nicht das Herz bei dir anzufragen ob du mir noch einmahl so vil vorschissen kannst. Vor meiner Abreise von hier werde ich die ersten 5 Lousid’or unfehlbar Weisser übersenden, wie ich ihm auch geschrieben habe, und wenn du mir noch einmahl auf den Fall das mir die Schwester das Geld nicht schikken könnte zur rechten Zeit die Summe noch einmahl übernehmen könntest, so könntest du sicher sein solche wieder zurük zu erhalten, ich gebe mein Ehrenwort solches unangerührt zurikzusenden, wenn von beiden seiten Geld ankömmt, oder nur so viel davon zu nehmen, als etwa die Schwester mir weniger sendet. Ich würde mir das höchste Gewissen daraus machen dis zu fodern, und es gewiß nicht thun sehe ich nicht nun die Nothwendigkeit ein das ich es müste zurikgeben können, du hast so viel für uns gethan, das das Kleinste noch zu fodern schon bei weitem zu viel ist, und darum schäme ich mich, aber ich kann nicht anders um nicht hier in die aller unangenehmste Situazion versezt zu werden, und es ist ja [3] höchstens nur ein Da[r]lehn auf einige Wochen, vielleicht nicht einmahl, vielleicht entbehrst du es nur auf wenige Tage, da etwas mir die Schwester gewiß schikt, nur kann ich nicht wissen wie viel, da sie selbst nicht wissen kann wie viel sie erhält. Noch füge ich die Bitte bei, Antworte mir mit zwei Worten mit umgehender Post. habe ich die Antwort darüber so ist es natürlich auch einerlei wenn dis Geld erst den dritten etwa ankommt, doch das versteth sich von selbst. Ich weis nicht ob ich dir es schon geschrieben habe das der Prinz von B.[ayern] meinen hisigen Auffenthalt erfahren hatt, und anfangs natürlich sehr unzufrieden damit war, die Schwester muste ihm darüber schreiben auf seinen willen, und er war mit der Antwort zufrieden, und schrieb mir selbst, mit meiner Antwort scheintt er sehr zufrieden zu sein, und hatt mir einen überaus freundlichen zweiten Brief geschrieben, worauf ich noch nicht geantwortet habe weil er mehrere Anfragen enthält die ich nicht sogleich zu beantworten imstande war, weil sie nöthig machen die hiesige Bibliothek zu besuchen, und das konnte ich noch nicht weil ich leider auch einen kleinen Anfall von Gicht am linken Handgelenk gehabt, welches mich ein paar Tage sehr geniert hatt, aber schon wieder hergestellt ist. ich werde ihm nun mit der Sonntags Post antworten. Auch an Schelling habe ich bereits seit mehr als 14 Tagen geschrieben, von ihm aber noch keine Antwort erhalten. Die Schwester schreibt mir unter andrem, sie würde wohl nicht eher als zu Ende Märtz aus München abreisen können und wollte sich dann in Prag noch eine kurze Zeit aufhalten, um sich mit einigen Bedürfnissen zu versehen, so das sie erst im Maÿ dort ankommen könnte. Sobald sie das Geld hatt will sie dir schreiben, denn sie möchte noch gar gern einen Brief von dir haben vor ihrer Abreise. Nun lebe wohl für heut mein Theurer Freund, und nimm meine Bitte nicht Uebel, und erfülle solche wenn du kannst, ich sehe mit Ungeduld deinem Brief entgegen, und das wir uns bald persönlich wieder sehn. Lebe wohl und behalte mich lieb.
Ewig der deinige Friedrich Tieck.
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[1] Zürich den 21. Februar. 1811.
Geliebter Freund, ich habe dir so lange nicht geschrieben weil ich immer erwarten wollte dir Neuigkeiten von München aus zu schreiben, auch weil ich dachte du würdest mir vielleicht Gelegentlich wieder schreiben, da ich selbst noch nicht komme, denn erstlich kann ich noch nicht, und dann je länger ich an der Zeichnung arbeite je mehr das sich daran zu thun vorfindet, es thut mir leid das ich nicht das Bild in Oehl gemacht habe ich glaube ich würde schneller damit fertig werden, obgleich freilich die kurzen Tage zum Theil daran Schuld sind.
Dann habe ich schon in voriger Woche eine Antwort von Weisser erhalten, welcher sich entschuldigt das er noch keinen Abgüsse der Büsten gemacht hatt, der Herbst und Winter, schreibt er mir, bringen ihn der kurzen Tage halber immer sehr in seinen Arbeiten, auch in den Finanzen zurük so das er da immer gern, auch gezwungen die Arbeiten macht welche am Nächsten Geld einbringen, und oft irrt er darin doch, denn er klagt zugleich das er mancherlei Arbeiten habe dort machen müssen, wofür er die Bezahlung nicht fodern könne, und also solche wohl nie erhalten würde, doch wird er jezt eifrig an dise Arbeiten gehen. – Dann habe ich gestern auch endlich einen Brief von der Schwester bekommen, worin mir endlich Knorrings Ankunft zu Hause gemeldet wird, aber wie langsam gehen die Briefe, K.[norrings] Brief ist vom 1. Januar datirt, und die Schwester hatt solchen erst den 14ten Februar erhalten. Er schreibt darin das der Vater sehr freundlich ist, und unter sehr leichten Bedingungen gern dem Sohn die Güther übergeben will. Er hatt Vorläufig eine Summe nach Petersburg geschikt, wie man jezt des beständig schwankenden Courses halber alles Geld schicken muß, um die dring[end]sten Bedürfnisse der Schwester [2] abzuhelfen, und in kurzem eine andre nachschikke, die Schwester meint also ich würde wohl noch eine drei Wochen also hierbleiben müssen, das wäre nun auch beinahe nöthig um die Zeichnung fertig zu machen, aber was soll mann zu allen Verzögerungen sagen, wie soll ich sicher sein zu der Zeit als ich meinem Wirth das versprochene Monathsgeld bezahlen soll, das ich das auch habe, ich habe meiner Schwester schon am Sonntag geschrieben ich müsse zu der Zeit 3 Louisd’or haben, aber es ist sehr möglich das dis Geld bis dann nicht hier sein kann, da der Weg über Petersburg natürlich beträchtlich weiter, und es auch von der Wilkühr des Banquiers abhängt wie eilig er es besorgen will. Auch vorläufig schreibt meine Schwester mir das sie nur sehr wenig von diser Summe würde schikken können, und das glaube ich auch ohnehin schon, da sie natürlich alles das bezahlen muß was sie in der Zeit schuldig geworden, und mehr als das, denn sie hatt seit K.[norrings] abwesenheit in der allergrösten Armuth und Mangel gelebt, und ich wünsche von Herzen das das Geld schon angekommen sein möge. Doch das alles hilft mir selbst nichts und ich habe nicht das Herz bei dir anzufragen ob du mir noch einmahl so vil vorschissen kannst. Vor meiner Abreise von hier werde ich die ersten 5 Lousid’or unfehlbar Weisser übersenden, wie ich ihm auch geschrieben habe, und wenn du mir noch einmahl auf den Fall das mir die Schwester das Geld nicht schikken könnte zur rechten Zeit die Summe noch einmahl übernehmen könntest, so könntest du sicher sein solche wieder zurük zu erhalten, ich gebe mein Ehrenwort solches unangerührt zurikzusenden, wenn von beiden seiten Geld ankömmt, oder nur so viel davon zu nehmen, als etwa die Schwester mir weniger sendet. Ich würde mir das höchste Gewissen daraus machen dis zu fodern, und es gewiß nicht thun sehe ich nicht nun die Nothwendigkeit ein das ich es müste zurikgeben können, du hast so viel für uns gethan, das das Kleinste noch zu fodern schon bei weitem zu viel ist, und darum schäme ich mich, aber ich kann nicht anders um nicht hier in die aller unangenehmste Situazion versezt zu werden, und es ist ja [3] höchstens nur ein Da[r]lehn auf einige Wochen, vielleicht nicht einmahl, vielleicht entbehrst du es nur auf wenige Tage, da etwas mir die Schwester gewiß schikt, nur kann ich nicht wissen wie viel, da sie selbst nicht wissen kann wie viel sie erhält. Noch füge ich die Bitte bei, Antworte mir mit zwei Worten mit umgehender Post. habe ich die Antwort darüber so ist es natürlich auch einerlei wenn dis Geld erst den dritten etwa ankommt, doch das versteth sich von selbst. Ich weis nicht ob ich dir es schon geschrieben habe das der Prinz von B.[ayern] meinen hisigen Auffenthalt erfahren hatt, und anfangs natürlich sehr unzufrieden damit war, die Schwester muste ihm darüber schreiben auf seinen willen, und er war mit der Antwort zufrieden, und schrieb mir selbst, mit meiner Antwort scheintt er sehr zufrieden zu sein, und hatt mir einen überaus freundlichen zweiten Brief geschrieben, worauf ich noch nicht geantwortet habe weil er mehrere Anfragen enthält die ich nicht sogleich zu beantworten imstande war, weil sie nöthig machen die hiesige Bibliothek zu besuchen, und das konnte ich noch nicht weil ich leider auch einen kleinen Anfall von Gicht am linken Handgelenk gehabt, welches mich ein paar Tage sehr geniert hatt, aber schon wieder hergestellt ist. ich werde ihm nun mit der Sonntags Post antworten. Auch an Schelling habe ich bereits seit mehr als 14 Tagen geschrieben, von ihm aber noch keine Antwort erhalten. Die Schwester schreibt mir unter andrem, sie würde wohl nicht eher als zu Ende Märtz aus München abreisen können und wollte sich dann in Prag noch eine kurze Zeit aufhalten, um sich mit einigen Bedürfnissen zu versehen, so das sie erst im Maÿ dort ankommen könnte. Sobald sie das Geld hatt will sie dir schreiben, denn sie möchte noch gar gern einen Brief von dir haben vor ihrer Abreise. Nun lebe wohl für heut mein Theurer Freund, und nimm meine Bitte nicht Uebel, und erfülle solche wenn du kannst, ich sehe mit Ungeduld deinem Brief entgegen, und das wir uns bald persönlich wieder sehn. Lebe wohl und behalte mich lieb.
Ewig der deinige Friedrich Tieck.
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