• Sophie Bernhardi to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Rom · Place of Destination: Unknown · Date: 24. Juli [1805]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Sophie Bernhardi
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Rom
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 24. Juli [1805]
  • Notations: Datum (Jahr) erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 219‒221.
  • Incipit: „[1] Rom den 24ten Juli [1805]
    Verzeihen Sie mein geliebter Freund wen[n] ich Ihnen nur kurz schreibe, ich thue es nur um [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,15,39
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl. u. 1 S., hs. m. U.
  • Format: 18,9 x 12 cm
    Language
  • German
[1] Rom den 24ten Juli [1805]
Verzeihen Sie mein geliebter Freund wen[n] ich Ihnen nur kurz schreibe, ich thue es nur um sogleich auf ihren Brief zu antworten den ich heut erhalten habe der also 15 Tage unterwegs gewesen ist, nächstens will ich Ihnen weitläuftiger schreiben. Zuerst danke ich Ihnen recht herzlig für das Überschickte und noch viel mehr dafür daß Sie an Hufeland geschrieben haben. Ich muß aber bitten mein liebster Freund doch ja nicht weil Sie mich als reizbahr kennen meine Sorgen die ich Ihnen doch alle mit Ruhe und Überlegung geschrieben habe für zu übertrieben zu halten und deswegen irgend waß warum ich Sie bitte zu meinem Nachtheil zu verschieben. Ich habe die Sorge daß es möglich wäre daß ein solcher Brief verlohren gienge und ich kann Ihnen deshalb nicht alles so genau schreiben wie Sie es leicht errahten können. Ich bitte Sie zu glauben daß ich nicht aus Ängstlichkeit handle sondern nach wohlerwognen Raht. Es ist nicht nur ein Gesez daß die Kinder nicht ausser Landes erzogen werden sollen sondern ein sehr strenges daß niemand ohne besondre Erlaubniß ausser Landes reisen soll welches ich unbewußt übertreten habe. [2] Und da ich nun aus sehr sichern Quellen weiß das B[ernhardi] gegen mich klagen [will] daß ich nicht nur ohne seine und des Königs Erlaubniß ausser Landes bin sondern auch seine Söhne gewaltsam mit mir geführt habe und mich mit ihnen dem Gesez zu entziehen suche so könte wohl da sich überdem der Vater entschlossen hatt sein Geld nicht zu sparen eine Volmacht ausgewirckt werden mir die Kinder zu entziehen und H. v. Humbold miste mit den besten Willen für mich seine Hände biehten um es ins Werk zu richten.
Darum ist meine Bitschrift nicht übereilt von mir sondern als eine überlegte Sache desjenigen der am Besten wissen kann wie nöhtig es ist nach Berlin geschickt und sie ist so vortreflich nicht von mir verfaßt daß ich nicht zweifle man wird sie mir bewilligen.
Waß das Katholisch werden anbetrift so thun Sie wohl besser wen[n] Sie ein solches Gericht nicht bestätigen da es in Ihrem Munde eine Gewißheit haben würde die es nicht haben soll, übrigens glauben Sie mir daß auch dies Gerücht gut ist wie auch die Sachen stehen. Auf Bernhardis Brief ist nicht geantwortet wie ich nach mehrerer Überlegung für das Beste gehalten habe. Daß Sie aber noch fragen können ob Sie meiner in Ihrem Aufsatz erwähnen können, hat mir in der Seele weh gethan. Bernhardi [3] weiß meinen Auffenthalt hier authentisch indem er seinen Brief an mich um ihn sicher in meine Hände zu bringen dem Herrn v. Humboldt geschickt und dieser einen Empfangschein von mir verlangt und ihn Bernhardi zurikgeschickt hatt. Also thun Sie mir nur weh wen[n] Sie alle erwähnen und mich allein übergehen da doch unsre freundschaftliche Verbindung seit vielen Jahren jedermann weiß. Sie können mir keinen grösseren Dienst erweisen als jezt grade meinen Ruf in der gelehrten Welt so viel in Ihren Kräften steht vermehren. Überhaupt kann nichts mir jezt so gut sein als so öffentlich als möglich zu leben und glauben daß ich sehr sicher verfahre, ich hoffe meine Sache mit grosser Ehre zu ende zu bringen und bitte ich Sie nur immer mit Dreistigkeit alles das zu thun warum ich Sie bitte und nie zu dencken daß eine zu übereilte Hefftigkeit meines Gemüthes spricht. Waß Sie mein geliebter Freund ein gelinderes Mittel nennen wäre ja grade das aller schrecklichste für mich waß ich freilig als daß lezte der Verzweiflung ergreifen würde aber eher gewiß nicht. Bedenken Sie selbst, wen[n] ich flüchtig mit fremden Nahmen in der Welt sein miste, jeder Zufälligkeit unterworfen womit ich selbst die Schande auf mich häufte indem ich mir ja dadurch das gröste Unrecht gäbe und endlig durch die ungewisse Exzistenz ausser Stande gesezt für die anstän[4]dige Erziehung meiner Kinder zu sorgen die ich mit der zärtlichsten Liebe auszubilden hoffe und jeden Schaz eigner Kentnisse wie die aller Freunde auf sie häuffen will.
Ich weiß eben so sicher wie ich weiß waß Bernhardi thun will daß man in Berlin für mich und gegen ihn gestimt ist, daß ich hier mächtigen Schuz habe und daß sich sehr bedeutende Menschen aufs kräftigste für mich interressiren, auch daß die welche hier gegen mich handlen könten so weit es nur die Pflicht erlaubt für mich sein werden. Sie sehen also wohl warum ich ruhig bin warum ich aber keinen Schrit versäumen darf da ich grade etwaß will wogegen das preusische Gesezbuch geradezu spricht. Meine Brüder sind noch nicht hier und es schmerzt mich sehr theils weil sich mein Herz sehnt sie endlich wieder[zu]sehen theils weil sie nach meinem Raht für mich hier handlen sollen nicht aber mir rahten, den[n] sie haben durch voreiliges Drohen durch zu viele Worte B[ernhardi] zu deutlig gezeigt waß er nicht zu fürchten hatt. Egidio und Isabella liegt mir sehr am Herzen und ich bitte Sie flehentlich alles anzuwenden daß es zu Michaeli gedruckt wird. Knorring läßt Sie recht sehr grüssen und bittet Sie sich doch des Versprechens mit dem St. Martin so bald Sie können zu erinnern. [5] Mit Flore und Blantscheflur bin ich fertig und ich freue mich sehr wen[n] ich es werde noch durchgesehn haben es Ihnen mitzutheilen. Mit meiner Gesundheit geht es jezt wieder um vieles besser obwohl ich diese Zeit viel gelitten habe. Meine Kinder sind recht gesund, sie lassen Sie grüssen und bitten doch ja recht bald wiederzukommen. Felix stelt immer den Herrn Schlegel vor und fährt mit Albertine spazieren, Wilhelm lernt recht fleissig lesen. Ich habe Ihnen mein liebster Freund diesen Brief mit solcher Kälte geschrieben um sie nur endlich zu überzeugen daß ich nicht leidenschaftlig sondern mit Überlegung handle. Nun will ich Ihnen noch mit recht warmen Herzen Lebewohl sagen und daß ich ewig sein werde Ihre Freundin
S[ophie] Tieck
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[1] Rom den 24ten Juli [1805]
Verzeihen Sie mein geliebter Freund wen[n] ich Ihnen nur kurz schreibe, ich thue es nur um sogleich auf ihren Brief zu antworten den ich heut erhalten habe der also 15 Tage unterwegs gewesen ist, nächstens will ich Ihnen weitläuftiger schreiben. Zuerst danke ich Ihnen recht herzlig für das Überschickte und noch viel mehr dafür daß Sie an Hufeland geschrieben haben. Ich muß aber bitten mein liebster Freund doch ja nicht weil Sie mich als reizbahr kennen meine Sorgen die ich Ihnen doch alle mit Ruhe und Überlegung geschrieben habe für zu übertrieben zu halten und deswegen irgend waß warum ich Sie bitte zu meinem Nachtheil zu verschieben. Ich habe die Sorge daß es möglich wäre daß ein solcher Brief verlohren gienge und ich kann Ihnen deshalb nicht alles so genau schreiben wie Sie es leicht errahten können. Ich bitte Sie zu glauben daß ich nicht aus Ängstlichkeit handle sondern nach wohlerwognen Raht. Es ist nicht nur ein Gesez daß die Kinder nicht ausser Landes erzogen werden sollen sondern ein sehr strenges daß niemand ohne besondre Erlaubniß ausser Landes reisen soll welches ich unbewußt übertreten habe. [2] Und da ich nun aus sehr sichern Quellen weiß das B[ernhardi] gegen mich klagen [will] daß ich nicht nur ohne seine und des Königs Erlaubniß ausser Landes bin sondern auch seine Söhne gewaltsam mit mir geführt habe und mich mit ihnen dem Gesez zu entziehen suche so könte wohl da sich überdem der Vater entschlossen hatt sein Geld nicht zu sparen eine Volmacht ausgewirckt werden mir die Kinder zu entziehen und H. v. Humbold miste mit den besten Willen für mich seine Hände biehten um es ins Werk zu richten.
Darum ist meine Bitschrift nicht übereilt von mir sondern als eine überlegte Sache desjenigen der am Besten wissen kann wie nöhtig es ist nach Berlin geschickt und sie ist so vortreflich nicht von mir verfaßt daß ich nicht zweifle man wird sie mir bewilligen.
Waß das Katholisch werden anbetrift so thun Sie wohl besser wen[n] Sie ein solches Gericht nicht bestätigen da es in Ihrem Munde eine Gewißheit haben würde die es nicht haben soll, übrigens glauben Sie mir daß auch dies Gerücht gut ist wie auch die Sachen stehen. Auf Bernhardis Brief ist nicht geantwortet wie ich nach mehrerer Überlegung für das Beste gehalten habe. Daß Sie aber noch fragen können ob Sie meiner in Ihrem Aufsatz erwähnen können, hat mir in der Seele weh gethan. Bernhardi [3] weiß meinen Auffenthalt hier authentisch indem er seinen Brief an mich um ihn sicher in meine Hände zu bringen dem Herrn v. Humboldt geschickt und dieser einen Empfangschein von mir verlangt und ihn Bernhardi zurikgeschickt hatt. Also thun Sie mir nur weh wen[n] Sie alle erwähnen und mich allein übergehen da doch unsre freundschaftliche Verbindung seit vielen Jahren jedermann weiß. Sie können mir keinen grösseren Dienst erweisen als jezt grade meinen Ruf in der gelehrten Welt so viel in Ihren Kräften steht vermehren. Überhaupt kann nichts mir jezt so gut sein als so öffentlich als möglich zu leben und glauben daß ich sehr sicher verfahre, ich hoffe meine Sache mit grosser Ehre zu ende zu bringen und bitte ich Sie nur immer mit Dreistigkeit alles das zu thun warum ich Sie bitte und nie zu dencken daß eine zu übereilte Hefftigkeit meines Gemüthes spricht. Waß Sie mein geliebter Freund ein gelinderes Mittel nennen wäre ja grade das aller schrecklichste für mich waß ich freilig als daß lezte der Verzweiflung ergreifen würde aber eher gewiß nicht. Bedenken Sie selbst, wen[n] ich flüchtig mit fremden Nahmen in der Welt sein miste, jeder Zufälligkeit unterworfen womit ich selbst die Schande auf mich häufte indem ich mir ja dadurch das gröste Unrecht gäbe und endlig durch die ungewisse Exzistenz ausser Stande gesezt für die anstän[4]dige Erziehung meiner Kinder zu sorgen die ich mit der zärtlichsten Liebe auszubilden hoffe und jeden Schaz eigner Kentnisse wie die aller Freunde auf sie häuffen will.
Ich weiß eben so sicher wie ich weiß waß Bernhardi thun will daß man in Berlin für mich und gegen ihn gestimt ist, daß ich hier mächtigen Schuz habe und daß sich sehr bedeutende Menschen aufs kräftigste für mich interressiren, auch daß die welche hier gegen mich handlen könten so weit es nur die Pflicht erlaubt für mich sein werden. Sie sehen also wohl warum ich ruhig bin warum ich aber keinen Schrit versäumen darf da ich grade etwaß will wogegen das preusische Gesezbuch geradezu spricht. Meine Brüder sind noch nicht hier und es schmerzt mich sehr theils weil sich mein Herz sehnt sie endlich wieder[zu]sehen theils weil sie nach meinem Raht für mich hier handlen sollen nicht aber mir rahten, den[n] sie haben durch voreiliges Drohen durch zu viele Worte B[ernhardi] zu deutlig gezeigt waß er nicht zu fürchten hatt. Egidio und Isabella liegt mir sehr am Herzen und ich bitte Sie flehentlich alles anzuwenden daß es zu Michaeli gedruckt wird. Knorring läßt Sie recht sehr grüssen und bittet Sie sich doch des Versprechens mit dem St. Martin so bald Sie können zu erinnern. [5] Mit Flore und Blantscheflur bin ich fertig und ich freue mich sehr wen[n] ich es werde noch durchgesehn haben es Ihnen mitzutheilen. Mit meiner Gesundheit geht es jezt wieder um vieles besser obwohl ich diese Zeit viel gelitten habe. Meine Kinder sind recht gesund, sie lassen Sie grüssen und bitten doch ja recht bald wiederzukommen. Felix stelt immer den Herrn Schlegel vor und fährt mit Albertine spazieren, Wilhelm lernt recht fleissig lesen. Ich habe Ihnen mein liebster Freund diesen Brief mit solcher Kälte geschrieben um sie nur endlich zu überzeugen daß ich nicht leidenschaftlig sondern mit Überlegung handle. Nun will ich Ihnen noch mit recht warmen Herzen Lebewohl sagen und daß ich ewig sein werde Ihre Freundin
S[ophie] Tieck
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