Mein theuerster Freund!
Ihren freundlichen Brief vom 6ten März habe ich erst bey meiner Zurückkunft hier zu Anfang Maiʼs vorgefunden, und alsdann auch den vom 16 Mai erhalten. Meinen herzlichsten Dank für die Übernahme meiner Geschäfte in Berlin! Sie empfangen hiebey alles dazu nöthige: 1) die gerichtlich bekräftigte Vollmacht; 2) meinen Wechsel auf Frankfurt von 20 Carolin, welcher für die gerichtlich zu deponirende Summe von 107 rth. 17 gr., falls es erfoderlich seyn sollte, und für die ersten Auslagen hinreichend seyn wird. 3) alle die Sache betreffende Papiere und Actenstücke nebst einer ausführlichen Instruction für den Justizcommissar. Ich bitte Sie, Hrn. Troschel das Geschäft aufzutragen, weil eben derselbe die EhescheidungsKlage gegen Bernhardi übernommen hat. Ich hoffe, das Geschäft soll Ihnen nicht viel Zeit kosten, damit es Ihnen aber auch keine Unkosten verursache, so zeichnen Sie doch ja alle Ausgaben von Porto u. dergl. sorgfältig auf. Wenn die gerichtliche Niederlegung des Betrags der Schneiderrechnung nicht nöthig ist, so dürfen Sie mir darum doch die übrige Summe nicht zurückschicken, sie kann sogleich in Berlin ihre Bestimmung finden, indem ich dort noch verschiednes zu bezahlen habe.
Und nun genug von diesem trocknen Geschäft, welches nicht nur wegen Versendung der Vollmacht meine Antwort so lange verzögert hat, sondern mir auch heute die Zeit wegnimmt, so daß ich auf Ihre herrlichen seelenerquickenden Briefe nur wenige abgerissene Worte erwiedern kann. Ich behalte mir aber vor, nächstens wieder, und dann zugleich an den wackern vortrefflichen Knorring zu schreiben.
Die Anzeige des Dichtergartens übernehme ich sehr gern, und habe sogleich nach Jena geschrieben, damit mir nicht etwa ein andrer zuvorkommt. Sie ist beynahe fertig und soll unfehlbar in diesen Tagen abgehen.
Von dem himmlischen Gedicht unsrer Freundin, Florio und Blanscheflur, habe ich in Rom nur die ersten vier Gesänge gelesen, und bin unendlich begierig das Ganze kennen zu lernen. Ich wünsche mir Glück dazu diese Wahl mit veranlaßt zu haben. Der Gedanke den zweyten Jahrgang des Dichtergartens damit anzufüllen scheint mir sehr glücklich. Da Sie das Manuscript schon in Händen haben, so unterziehen Sie sich vielleicht dem Geschäft des Herausgebers in seinem ganzen Umfange, nehmen die noch stehen gebliebnen Unrichtigkeiten und Nachläßigkeiten der Sprache weg und geben dem Versbau hier und da mehr Rundung und Vollendung. Lieben sie aber dieses grammatische Amt nicht, so theilen Sie mir das Gedicht mit, damit ich es wie an Egidio und Isabella und den frühern Gedichten unsrer Freundin verrichte. Freylich bedarf sie bei ihrem wunderwürdigen Talent, dem es ehemals nur an Übung gebrach, dieser Nachhülfe immer weniger; allein ich wünschte, daß Florio auch bis ins Einzelne der Ausführung hinein so vollendet als möglich erscheinen möchte. Wenn Sie mir dieses Geschäft auftragen wollen, so verspreche ich es so bald als möglich zu besorgen. Sollte der Druck bald anfangen, so könnte ich die durchgesehenen Gesänge einzeln zurücksenden.
Lassen Sie doch wo möglich, den 2ten Jahrgang des Dichtergartens mit deutschen Lettern drucken, und zwar am liebsten mit den kleinen Ungerschen wie einige Gedichte in Ihrer Pilgrimschaft nach Eleusis gedruckt sind. Ich liebe die lateinischen Lettern nicht, überdieß greift die graue Schwärze die Augen an, auch haben sich in Egidio und Isabella bedeutende Druckfehler eingeschlichen, wiewohl meine Abschrift gewiß genau und deutlich war.
Sehr gern verspreche ich zu der Fortsetzung des Dichtergartens nach besten Kräften beyzutragen. Da Sie von den zum ersten Jahrgange Ihnen übersandten Gedichten keinen Gebrauch mehr haben machen können, so gebe ich ihnen eine andre Bestimmung, lassen Sie also nichts davon drucken ohne mich vorher zu benachrichtigen. Glaube und dann Sehnsucht sind vermuthlich schon im Morgenblatt abgedruckt.
Mir erscheint die Poesie in diesen verworrenen Zeiten besonders als Zeugniß der Gesinnung, und da dichte ich denn freylich manches, was nicht für den Druck bestimmt ist, und was ich Ihnen möchte mittheilen können. Ich suche den Muth nicht sinken zu lassen, ich hoffe und harre, auf eine freudige wundervolle Auferstehung alles Guten.
Wider Willen muß ich für heute schließen, und was ich Ihnen aus dem innersten Herzen zu sagen hätte, auf das nächste mal versparen. Leben Sie wohl, mein geliebter und verehrter Freund! Der Himmel segne Sie in Ihrem edlen Thun.
A. W. S.