• August Wilhelm von Schlegel to Friedrich Wilken

  • Place of Dispatch: Mailand · Place of Destination: Unknown · Date: 15.10.1815
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Friedrich Wilken
  • Place of Dispatch: Mailand
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 15.10.1815
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 308‒310.
  • Incipit: „[1] Mailand d. 15. Oktober 1815
    Im Monat August hatte ich die Ehre Ew. Wohlgeb. bey Übersendung meiner Beurtheilung der Altdeutschen Wälder [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-37212
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.8,Nr.74(4)
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 20,7 x 12,9 cm
[1] Mailand d. 15. Oktober 1815
Im Monat August hatte ich die Ehre Ew. Wohlgeb. bey Übersendung meiner Beurtheilung der Altdeutschen Wälder zu schreiben. Vielleicht ist Ihre Reise nach Paris, wovon ich seit meiner Ankunft hier gehört, Schuld daran, daß ich noch keine Antwort von Ihnen erhalten. Erlauben Sie mir mich in einer litterarischen Angelegenheit an Sie zu wenden. Es wird hier mit Anfang des nächsten Jahres eine gelehrte Zeitschrift erscheinen, welche zwar die Kritik Italiänischer Werke zum nächsten Zweck hat, zugleich aber die Italiäner mit den wichtigsten ausländischen Erscheinungen bekannt machen, und die wissenschaftlichen Berührungspunkte zwischen Deutschland und Italien vervielfältigen soll. Die Regierung begünstigt dieß Unternehmen und giebt die nöthigen Vorschüsse dazu her. Hrn. Acerbi, der sich durch eine Reisebeschreibung von Lappland und Finnland bekannt gemacht hat, ist die Redaction aufgetragen. Man wünscht einen kurzen monathlichen Bericht über die wichtigsten Deutschen Schriften im Fache der schönen Litteratur, der Philologie, der Geschichte und der Philosophie nebst allem dahin gehörigen, jedoch mit Ausschluß der Mathematik und der physischen Wissenschaften, für welche letzteren schon von hier aus gesorgt ist. [2] Jeder von diesen Berichten dürfte etwa nur einen Bogen stark seyn, er könnte also nur die Quintessenz des wahrhaft neuen und bedeutenden enthalten, und zwar müßte alles aus einem Europäischen Gesichtspunkte gesagt seyn. Er würde schicklich mit der letzten Ostermesse anfangen können, da man mit dem Stoff, der sich hiezu eignet, in Vorrath seyn muß. Eine Übersetzung ins Italiänische wird hier von guter Hand verfertigt. Der Gelehrte, der diese Arbeit übernimmt, kann seine eigne Bedingungen machen, die Vergütung, die er verlangt, darf nicht nach der Blätterzahl bestimmt werden; für hiesige Mitarbeiter hat die Regierung ein Honorar von 2 Napol.[eondʼor] oder 40 Franken für den Bogen ausgesetzt, welches für Italien schon beträchtlich ist, wiewohl es für Deutschland sehr mäßig seyn würde, aber wie gesagt, die Arbeit welche von Deutschland her verlangt wird, macht eine Ausnahme.
Können Sie mir einen gründlichen Gelehrten vorschlagen, der geneigt wäre, dieß zu übernehmen? Am wünschenswerthesten würde es seyn, wenn Sie selbst Hand an dieses gewiß nützliche Werk legen wollten: allein dieß wage ich nicht zu hoffen. Sie werden mich ungemein verbinden, wenn Sie die Güte haben wollen, den Herausgebern zu Erreichung ihres Zweckes behülflich zu seyn. Besonders bitte ich um eine schleunige Antwort. Ich selbst werde zwar nicht lange genug hier seyn, um sie erhalten zu können, seyn Sie dafür so gütig an meiner Statt Hrn. Baron von Sardagna zu antworten, einem Deutschen, der die [3] Redaction des Deutschland betreffenden Theils besorgen wird. Seine Adresse ist: à M. le Baron de Sardagna chez Son Exc. Mr le Maréchal Comte de Bellegarde. – Jedoch würde ich Ihnen auch meinerseits für einige Zeilen Nachricht sehr verbunden seyn.
Ich glaube, der Zeitpunkt ist wirklich vorhanden, wo Deutschland einen litterarischen und wissenschaftlichen Einfluß auf Italien ausüben kann: die politischen Umstände begünstigen ihn, und das geistige Bedürfniß wird auch wohl gefühlt. Uns, dünkt mich, kann dieß nicht gleichgültig seyn. In Frankreich ist der Haß gegen uns so groß, daß auf lange hin an eine Anerkennung nicht zu denken ist, wenn auch die Fähigkeit dazu da wäre, was bezweifelt werden muß. Auf Dänemark, Schweden und Holland erstreckt sich der Deutsche Wirkungskreis schon; allein dieß sind Nebenländer: nur durch England und Italien können wir ein Europäisches Ansehen gewinnen.
Man rüstet sich hier mit großem Eifer zu der erwähnten Italiänischen Zeitschrift. Die vorzüglichsten Schriftsteller sind dazu eingeladen. Der Feld-Marschall von Bellegarde nimmt lebhaften Antheil an dem Gelingen dieses Unternehmens, und hat sich mit mir ausführlich über die Mittel dazu unterhalten. – Der Baron von Sardagna hat sich deswegen auch an meinen Bruder in Wien gewandt, aber dieser steckt jetzt ganz in publicistischen Geschäften, und überdieß läßt sich das Ganze der Deutschen Litteratur in Heidelberg weit [4] bequemer als in Wien, wohin vieles erst sehr spät gelangt [, übersehen]. Ich schmeichle mir daher, keine Fehlbitte an Sie gethan zu haben.
Die monathliche Lieferung der Berichte wird sich vielleicht in eine vierteljährige verwandeln lassen. Der V.[er]f.[asser] darf sich darüber nur mit Hrn. von Sardagna in Briefwechsel setzen.
Den Winter werde ich in Italien zubringen, im nächsten Frühling hoffe ich Ihnen aber wieder Beyträge für die Heidelbergischen Jahrbücher zu liefern. Leben Sie unterdessen recht wohl. Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr ergebenster
A. W. von Schlegel
[1] Mailand d. 15. Oktober 1815
Im Monat August hatte ich die Ehre Ew. Wohlgeb. bey Übersendung meiner Beurtheilung der Altdeutschen Wälder zu schreiben. Vielleicht ist Ihre Reise nach Paris, wovon ich seit meiner Ankunft hier gehört, Schuld daran, daß ich noch keine Antwort von Ihnen erhalten. Erlauben Sie mir mich in einer litterarischen Angelegenheit an Sie zu wenden. Es wird hier mit Anfang des nächsten Jahres eine gelehrte Zeitschrift erscheinen, welche zwar die Kritik Italiänischer Werke zum nächsten Zweck hat, zugleich aber die Italiäner mit den wichtigsten ausländischen Erscheinungen bekannt machen, und die wissenschaftlichen Berührungspunkte zwischen Deutschland und Italien vervielfältigen soll. Die Regierung begünstigt dieß Unternehmen und giebt die nöthigen Vorschüsse dazu her. Hrn. Acerbi, der sich durch eine Reisebeschreibung von Lappland und Finnland bekannt gemacht hat, ist die Redaction aufgetragen. Man wünscht einen kurzen monathlichen Bericht über die wichtigsten Deutschen Schriften im Fache der schönen Litteratur, der Philologie, der Geschichte und der Philosophie nebst allem dahin gehörigen, jedoch mit Ausschluß der Mathematik und der physischen Wissenschaften, für welche letzteren schon von hier aus gesorgt ist. [2] Jeder von diesen Berichten dürfte etwa nur einen Bogen stark seyn, er könnte also nur die Quintessenz des wahrhaft neuen und bedeutenden enthalten, und zwar müßte alles aus einem Europäischen Gesichtspunkte gesagt seyn. Er würde schicklich mit der letzten Ostermesse anfangen können, da man mit dem Stoff, der sich hiezu eignet, in Vorrath seyn muß. Eine Übersetzung ins Italiänische wird hier von guter Hand verfertigt. Der Gelehrte, der diese Arbeit übernimmt, kann seine eigne Bedingungen machen, die Vergütung, die er verlangt, darf nicht nach der Blätterzahl bestimmt werden; für hiesige Mitarbeiter hat die Regierung ein Honorar von 2 Napol.[eondʼor] oder 40 Franken für den Bogen ausgesetzt, welches für Italien schon beträchtlich ist, wiewohl es für Deutschland sehr mäßig seyn würde, aber wie gesagt, die Arbeit welche von Deutschland her verlangt wird, macht eine Ausnahme.
Können Sie mir einen gründlichen Gelehrten vorschlagen, der geneigt wäre, dieß zu übernehmen? Am wünschenswerthesten würde es seyn, wenn Sie selbst Hand an dieses gewiß nützliche Werk legen wollten: allein dieß wage ich nicht zu hoffen. Sie werden mich ungemein verbinden, wenn Sie die Güte haben wollen, den Herausgebern zu Erreichung ihres Zweckes behülflich zu seyn. Besonders bitte ich um eine schleunige Antwort. Ich selbst werde zwar nicht lange genug hier seyn, um sie erhalten zu können, seyn Sie dafür so gütig an meiner Statt Hrn. Baron von Sardagna zu antworten, einem Deutschen, der die [3] Redaction des Deutschland betreffenden Theils besorgen wird. Seine Adresse ist: à M. le Baron de Sardagna chez Son Exc. Mr le Maréchal Comte de Bellegarde. – Jedoch würde ich Ihnen auch meinerseits für einige Zeilen Nachricht sehr verbunden seyn.
Ich glaube, der Zeitpunkt ist wirklich vorhanden, wo Deutschland einen litterarischen und wissenschaftlichen Einfluß auf Italien ausüben kann: die politischen Umstände begünstigen ihn, und das geistige Bedürfniß wird auch wohl gefühlt. Uns, dünkt mich, kann dieß nicht gleichgültig seyn. In Frankreich ist der Haß gegen uns so groß, daß auf lange hin an eine Anerkennung nicht zu denken ist, wenn auch die Fähigkeit dazu da wäre, was bezweifelt werden muß. Auf Dänemark, Schweden und Holland erstreckt sich der Deutsche Wirkungskreis schon; allein dieß sind Nebenländer: nur durch England und Italien können wir ein Europäisches Ansehen gewinnen.
Man rüstet sich hier mit großem Eifer zu der erwähnten Italiänischen Zeitschrift. Die vorzüglichsten Schriftsteller sind dazu eingeladen. Der Feld-Marschall von Bellegarde nimmt lebhaften Antheil an dem Gelingen dieses Unternehmens, und hat sich mit mir ausführlich über die Mittel dazu unterhalten. – Der Baron von Sardagna hat sich deswegen auch an meinen Bruder in Wien gewandt, aber dieser steckt jetzt ganz in publicistischen Geschäften, und überdieß läßt sich das Ganze der Deutschen Litteratur in Heidelberg weit [4] bequemer als in Wien, wohin vieles erst sehr spät gelangt [, übersehen]. Ich schmeichle mir daher, keine Fehlbitte an Sie gethan zu haben.
Die monathliche Lieferung der Berichte wird sich vielleicht in eine vierteljährige verwandeln lassen. Der V.[er]f.[asser] darf sich darüber nur mit Hrn. von Sardagna in Briefwechsel setzen.
Den Winter werde ich in Italien zubringen, im nächsten Frühling hoffe ich Ihnen aber wieder Beyträge für die Heidelbergischen Jahrbücher zu liefern. Leben Sie unterdessen recht wohl. Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr ergebenster
A. W. von Schlegel
· Beiliegender Brief von/an A.W. Schlegel , 16.10.1815
· Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
· Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.4,Nr.40(29)
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