• Sophie Bernhardi to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Rom · Place of Destination: Genf · Date: 26. Dezember [1805]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
  • XML
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Sophie Bernhardi
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Rom
  • Place of Destination: Genf
  • Date: 26. Dezember [1805]
  • Notations: Datum (Jahr) erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 252‒268.
  • Incipit: „[1] Rom den 26ten Decbr. [1805]
    Ich will Ihnen mein liebster Freund einmal heut am Weinachtstage recht weitläuftig schreiben. Es ist mir [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,15,43
  • Number of Pages: 44 S. auf Doppelbl., hs. m. Paraphe
  • Format: 16,6 x 11,2 cm
[1] Rom den 26ten Decbr. [1805]
Ich will Ihnen mein liebster Freund einmal heut am Weinachtstage recht weitläuftig schreiben. Es ist mir ein trauriges Gefühl daß wir Sie bei diesem Feste entbehrt haben. Sie würden sich an der grossen Freude der Kinder erfreut haben. Indem ich Ihnen schreibe spielen sie mit ihren Wagen und anderen Geschenken vor meinen Fenstern im Garten umher, und mir hatt es noch doppelt wehe gethan daß wir grade so wenig Geld haben und ich Ihnen nicht durch ein recht bedeutendes Geschenk als käme es von Ihnen die Freude erhöhen konte. Täglig kann ich sagen denken die Kinder an Sie, und für mich wäre es auch das traurigste wen[n] sie einen so werthen und treuen Freund vergessen könten. Ach lieber Freund wie gerne möchte ich nur einmal eine Stunde in rechter Ruhe mit Ihnen sprechen, niemals ist es uns doch so wohl geworden. Sie wissen selbst wie jede heitere, freie Mittheilung in Berlin unterdrückt wurde, wie Sie mit [2] der innigsten brüderligsten Zärtligkeit es doch nur dahin bringen konten mich von einer dumpfen Verzweifelung zu erretten, wie aber niemals eine anhaltende heitere Stimmung des Geistes möglig war. Wie ich Sie hier antraf in Rom war ich furchtbar gespant von der Reise, viele schmerzliche Vorfälle waren mir noch so ganz neu, ich hofte gleich in dem ersten Blick von Ihnen Trost für alles zu finden, und so kam es daß Sie mir kalt und verwandelt schienen, dazu mochte wohl von Ihrer Seite auch kommen, daß noch ausser mir Sie ein Interesse für andere Menschen gefaßt hatten, und ich weiß nicht warum Sie glaubten daß dies unserer Freundschaft drükend wäre. Ich wolte ja in Ihnen einen Bruder wieder finden, aber freilig einen zärtlichen der nicht deswegen weil sein Herz andere Bande kent daß mit mir kalt und unfreundlig zerreißt. Doch genug davon, dieß alles ist hoffe ich geendet, ich weiß Sie kennen mich noch so, daß Sie durch diese Worte in mein Herz sehen, daß [3] meine Seele unsichtbahr aus diesen Zeichen zu Ihnen spricht. Ewig wird es mich mit Dankbarkeit und Rührung erfüllen wen[n] ich denke daß nur Sie das bessere Theil meines Selbst errettet haben. Ich hätte vieleicht mein Leben in Verzweiflung geendet, da wurden Sie mir zum Schutze vom Himmel gegeben und nur Sie allein lehrten mich damals wieder hoffen. Ich hielt mich für verlohren, und glaubte mich von Gott und Menschen verlassen. Nur dadurch daß Sie mir den Balsam des Trostes damals täglig reichten bin ich mir selbst, meinen Kindern, Ihnen und allen denen welche mich lieben erhalten. Niemals mein theurer habe ich es mit solcher Lebhaftigkeit empfunden als jezt wie vielen Danck ich Ihnen schuldig bin, ich glaube daß ich es erst da ich weiter davon und kälter bin übersehen kann, an welchen Abgrund ich gestanden habe, und wie viel Sie dazu beigetragen haben daß ich nicht hinein gestürzt bin. Ich habe ein unwiederstehliches Bedürfniß einmal recht mein Herz auszuschütten, und kann vor Wehmuht und Rührung nicht die Worte [4] finden. Mein geliebter Bruder, denken Sie noch an alle alten Zeiten zurick? wo wir mühseelig dem Schicksall einen Tag der Exzistenz nach dem andern abrangen? In jener Zeit da war Ihre zärtliche Sorge für mich recht ein milder Sonnenstral in der kalten Finsterniß. Jene Zeit mein theurer Freund wie wird sie jezt verläumdet, wie bestrebt man sich mein Leben zur Gemeinheit herab zu ziehen. Ich will Sie weitläuftig von allem unterrichten, nicht weil ich mich anders gegen Sie fühlte habe ich es so lange verschoben Ihnen alles umständlig zu schreiben, sondern weil es für mich eine große Ueberwindung ist das in einen langen Brief zu fassen waß die Unterredung einer Stunde Ihnen deutlig machen würde. Lieber Freund könten Sie mein ganzes Leben Wort für Wort wißen Sie würden erstaunen, wie die seltsamen Träume und Fantasien meiner Kindheit worin ich mich oft verlohr jezt zur Warheit werden, wie das waß mich schon damals in poetischen Bildern umgaukelte mich nun wirklich be[5]rührt und umgiebt. Ich bin nun hier wircklig in Rom bewohne ein prächtiges Hauß, ein angenehmer Garten mit Orangen und Zitronen, mit anderen Bäumen und kleinen Springbrunnen umgiebt das ganze Haus, aus allen meinen Zimmern gehn die Thüren sogleich in den Garten, und ich bin frei in diesem Hause die oberste Gebiehterin. Eine grosse Fürstin ist meine zärtliche Freundin die mit Liebe und zärtligkeit alle meine Sorgen theilt, die nur darauf denkt allen meinen Kummer zu endigen. Der Cardinall Vikarius ist ein theilnehmender Freund meines ganzen Hauses und auch besonders meiner, meine Brüder lieben mich mit Zärtligkeit, waß mein Bruder Ludwig mir ehedem gethan hatt sucht er wieder gut zu machen durch die eifrige Bestrebung ein Band wieder zu trennen welches er zum theil geknüpft hatt. Knorring weiht sein ganzes Leben nur der Freundschaft und Ergebung für uns, und Sie mein Freund in der Ferne sind der Alte treue zärtliche der alle meine Sorgen mit mir theilt, mein Glück mit Liebe hegt. O Gott ich kann vor [6] Rührung und Dankbarkeit oft nicht weiter wen[n] ich denke wie viel mir der Himmel giebt. Es ist mehr als ein Ersaz für mein vergangenes Leben. Wie seltsam und wunderbahr stehe ich nun allem in Berlin gegenüber. Wie Bizar drängt sich die aller niedrigste Gemeinheit in mein glänzend reines Leben. Ich sehe ich muß in Ruhe anfangen Ihnen zu erzählen, und kann vor den Gedanken die mich überwältigen nicht dazu kommen. Nur dieß kurz zum Anfange, durch den Baron Dahlberg den Nefen des Churfürsten welcher hier war und ein brüderlicher Freund von Knorring ist lernten wir den Cardinal Grosvikarius kennen, dieser wurde bald unser Freund und stelte uns seiner Freundin der Erzherzogin Maria Anna, der Schwester des Kaisers vor, diese nun hatt eine solche Liebe für mich und meine Kinder gefaßt daß sie sich als meine Schwester und mit mir als die Mutter meiner Kinder betrachtet. Ich schreibe diesen Brief weil es mir ein Bedürfniß ist mit Ihnen mein Bruder aus dem Herzen zu reden, [7] Sie wissen aber wohl wie sorgsam Sie jedes Wort bewahren müssen, und es gegen niemand aussprechen, auch gegen Fr[au] von Stael vor allen Diengen nicht weil ich viel von H. v. Humbold reden muß und weil ich glaube daß sie von allen Menschen eine viel zu edle Ansicht hatt, und wohl gar darauf kommen könte an ihn zu schreiben, weil sie meinte daß sie in meiner Sache dadurch etwaß gutes bewirken könne. Von allen solchen Schritten bitte ich Sie sie ja abzuhalten, weil dieß nichts als nur eine Erniedrigung für mich bewirken könne. Glauben Sie mir meine Sachen stehen hier sehr gut, doch ist dies nicht die Schuld des Herrn v. Humb[oldt]. Ich muß den ganzen Hergang der Geschichte erzälen und vor allen Diengen muß ich Sie bitten ja nicht zu glauben ich sei bitter oder gereizt, den[n] warlig es ist nicht so, ich betrachte alles sehr kalt, und kann es auch zu meinem Glück mit grosser Ruhe. Herr v H[umboldt] gab mir vor langer Zeit den Rath bei dem Könige einzukommen um die Erlaubniß hier 2 Jahre bleiben zu dürfen. Damals meinte er es gut mit mir und mit sich, den[n] er wolte [8] auch sich sicher stellen daß B[ernhardi] sich nicht unvermuhtet einen Befehl auswürken könne daß ich und die Kinder zurick kommen sollen. Diese Erlaubniß kam an, jedoch wie es sich von selbst versteht mit der Einschränkung daß die Rechte des Mannes und Vaters meiner Kinder nicht geschmälert wirden. Dadurch versteht sich nun auch von selbst daß er beweisen muß er habe Rechte auf mich. Nun ließ mir H. v. H[umboldt] durch den Docktor Kohlrausch rahten ich solle weil B[ernhardi] mir durch ihn einen Brief geschickt habe denselben eigenhändig beantworten, darin erklären daß ich nicht mehr mit ihm leben wolle und daß ich zurickkommen wolle wen[n] es meine Gesundheit erlaube um meine Klage gegen ihn zu führen, daß ich aber übrigens keine Briefe mehr von ihm empfangen oder beantworten wolte, weil wir nur gerichtlig mit einander zu sprechen hätten. Dies geschahe, ich schrieb diesen Brief und theilte ihn H. v. H[umboldt] durch diesen selben Docktor mit. H. v. H[umboldt] billigte und lobte diesen Brief als sehr zweckmäßig und er wurde abgeschickt. Bis dahin [9] war alles gut, nun aber trat die Periode ein daß ich mit der Herzogin bekant wurde und F[rau] v. H[umboldt] war auf einmal verwandelt, begegnete mir in der Art wie in Weimar und ich weiß daß die Abgeschmacktesten Gerüchte über uns alle aus dem Humboldschen Hause besonders durch diesen H. D[ocktor] Kohlrausch herum getragen wurden. Dies verminderte natürlig meine Besuche. H. v. H[umboldt] hatte schon früher an die Herzogin geschrieben und gefragt ob es gegründet sei daß sie sich meiner Sache annehme, und ob er ihren Nahmen in meinen Angelegenheiten nennen dürfe. Sie ließ ihm darauf antworten, nicht allein dürfe er ihren Nahmen nennen sondern den allergrösten Dienst leistete er ihr wen[n] er durch seine Vermittelung es dahin brächte daß meine Sache zu meiner Zufriedenheit beendigt würde, und die Kinder mir überlassen, er möchte sich dazu ihres Nahmens bedienen wie er wolle. Er antwortete wieder daß sie sich darauf verlassen könne daß er ganz in ihrem Sinne handlen wolle daß gegen mich und meine Kinder nicht das geringste geschehen solle ohne daß er sie so[10]gleich benachrichtige. Dies sagte mir die Herzogin, und fügte hinzu, sie sehen darauß daß ihre Sache so gut wie beendigt ist. H. v H[umboldt] hatt aber gar nichts gethan als damit die Sache aus andere Hände genommen, den[n] sie war von der Herzogin einem andern Gesandten übertragen. Er muß nohtwendig nicht geglaubt haben daß die Herzogin meine Freundin ist sondern hatt wohl gedacht ich hätte demühtig um ihre Protecktion gebeten, und sie würde nun durch diesen Auftrag an ihn alles für abgethan halten, ich könte sie nicht sehen wen[n] ich wolte, am wenigsten aber so vertraut daß sie mir dieß alles sagen würde. Kurz er hatt nichts gethan, sondern da sich die Gunst seiner Frau von mir gewendet hatt, so hatten sie alle den Plan gefaßt, daß ich im April zurückkehren solte und F[rau] v. H[umboldt] sagte mir wen[n] ich meine Kinder so liebte so sei es meine Pflicht zu B[ernhardi] zurückzugehen um ihnen ein Opfer zu bringen. Um diese Zeit nun schrieb B[ernhardi] an Humbold warscheinlig einen Brief voll Heuchelei, und foderte ihn auf mei[11]ne Kinder so gleich zu sich zu nehmen oder sie einem andern zu geben welchen er vertraute bis B[ernhardi] kommen könte um sie zu holen, zugleich kam ein Rescript an welches auf B[ernhardis] ansuchen beim Kammergericht erfolgt war der mich beschuldigt daß ich ohne seine Erlaubnis abwesend sei, und seine Kinder mit Gewalt entführt habe. In diesen Rescript wurde H. v. H[umboldt] aufgegeben mich zur Rückreise zu bewegen, oder sonst die Kinder mit dem Vater zu vereinigen auf die Art und weise wie dieser es selber wollen würde. H. v. H[umboldt] wuste gewiß besser wie ich wie wenig dieß zu bedeuten hatte und wie ein solches Dieng ein jeder erhalten kann. Dennoch aber ließ er meinen Bruder Ludwig zu sich kommen. Gegen diesen nun sahe er die Sache ganz anders an, fand daß es unbillig sei daß ein Vater seine Kinder entbehren solle, daß er in der Sache nicht urtheilen wolle, daß wir aber in der Form so gefehlt hätten, daß das Recht ganz auf B[ernhardis] Seite sei, indem wir nicht geklagt hätten und ich den Brief an ihn geschrieben habe und ihn als Mann und Vater beleidigt, [12] alles waß geschehen könne wäre nun zu spät, alle Proteckzion welche ich hier finden könte völlig unnütz, den[n] wen[n] B[ernhardi] eine Sentenz bekäme so müßte die hier respecktirt werden, und ich würde es sehen, er wisse es gewiß, daß man mich so gleich wirde fallen lassen so bald er gezwungen wäre einzukommen. Er wünsche aber alles zum Guten zu lenken, vorzüglig kam er aber auf den Brief immer wieder zurick welchen ich geschrieben habe (und welchen er doch selbst gerathen und gebilligt hatt) als womit wir alles verdorben hätten. Daß einzige Mittel welches er am ende behauptete waß es gäbe um meine Kinder nicht gleich zu verliehren sei, wen[n] ich auf die schriftliche Anfrage die er mir machen müsse bestimt antwortete daß ich im April zurick reisen wolle. Und nun wurde mir deutlig daß der Plan mich fortzuschiken schon alt sein muß, den[n] mich hatt es oft warhaft geärgert wen[n] ich so kranck war daß ich hätte sterben mögen, so fand der Docktor immer daß meine Gesundheit sich augenscheinlig bessere. Jezt sagte H. v. H[umboldt] meinem Bruder ich sei nicht so kranck, ich würde ja täglig [besser] und wäre im April sicher so hergestelt daß [13] ich reisen könte. Dieß alles sagte er meinem armen kranken Bruder, und den Beschluß machte F[rau] v. H[umboldt] daß sie uns am andern Tage zum Essen bath, warscheinlig um den Effeckt zu sehen den dieß auf mich machte. Mein Bruder kam in Verzweiflung nach Hause, glaubte dieß alles und war entschlossen, sogleich nach Berlin zu reisen, um dort beim Könige und bei Beime persönlig alles mögliche zu versuchen. Wie mich dies angrif sage ich nicht, jedoch war ich für den Augenblick kalt und gefaßt, ich ließ den Kardinal bitten ob er mir eine Stunde in meinen Angelegenheiten schenken könne, er war wie ein wahrer Freund bereit, und ich fuhr hin um von ihm zu erfahren, waß ich hier zu erwarten habe, und waß die Herzogin für mich thun könne. Er beruhigte mich völlig, tröstete mich mit der innigsten Theilnahme, und sagte mir ich solte gleich von ihm zur Herzogin fahren, um zu verabreden waß hier zu thun sei. Nach Berlin solle ich noch einmal an den König schreiben und bitten daß man mir bis nach ausgemachter Sache meine Kinder lassen möchte. Auch an Beime solle ich schreiben, und ihn mit der Lage der Sachen bekant machen [14] und um seinen Beistand bitten. Bei der Herzogin wurde ausgemacht ich solle ein kurzes MEMOIRE an den Cardinal Statssekraetaer aufsetzen, worin ich anzeigte daß ich mich hier aufhielte mit meinen Kindern und Brüdern, und daß mir B[ernhardi] drohe meine Kinder zu entreissen, ich aber bäte wen[n] dem Gouvernement solche Anfoderungen gemacht wirden sie nicht zu gewähren weil ich gegründete Klagen gegen ihn habe. Dies habe ich der Herzogin gegeben, diese hatt an den Cardinal geschrieben, auf das dringendste Schutz und Sicherheit für mich gefodert, der Cardinal hatt beruhigend geantwortet, nach einigen Tagen die Herzogin besucht und mündlig jede Beruhigung bestätigt. Die Herzogin ist noch weiter gegangen und hatt den Pabst von meinem ganzen Schicksal unterrichtet wodurch er ein großes Interesse für mich gefaßt hatt und lebhaft wünscht mich zu kennen und zu sprechen, weil er aus ihrer grossen Liebe zu mir etwaß ganz ausserorndliches erwartet. Sie sehen also wen ich hier für mich habe, den Pabst, die Herzogin, den Cardinal Vikarius [15] und den Cardinal Statssekraetaer, daß ich ziemlig ruhig sein kann. Ich fuhr von der Herzogin nach Hause hohlte die Andern ab und zusammen fuhren wir zu Humbold zum Essen. Ich konte es orndlig sehen wie F[rau] v. H[umboldt] erstaunt war als ich heiter und frei herein trat. Ich war vorsäzlig viel gesprächiger als gewöhnlig, und H. v. H[umboldt] bath mich beim Abschiede noch um eine Unterredung ehe er die schriftliche Anfrage schiken würde. Er kam nach einigen Tagen, und wiederhohlte alles daß waß er meinem Bruder schon gesagt hatte. Ich baht ihn fürs erste als Freund mit mir zu reden und von dem waß ich ihm sagen würde als Minister keine Notiz zu nehmen, und nun sagte ich ihm wie er mir rathen könne nach Berlin vor ausgemachter Sache zurickzuge[h]n da er ja selber sagen müsse daß die preusischen Gesetze auf keinen Fall so entscheiden würden daß ich beide Kinder behielte. Da er ja zugeben müsse daß bei jedem Recht auch dem aller klarsten die menschliche Unvollkommenheit einträte, und ein böser Wille es anders deuten könne. Da ich als eine Frau ja in [16] dem schlimmen Fall sei daß nicht nur Männer gegen mich klagen würden, sondern daß auch meine Vertheidigung Männer führen müssen, und endlig Männer entscheiden. Da er selbst behauptete daß wen[n] auch Be[rnhardi] die Kinder abgesprochen würden, ich sie darum nicht haben würde, sondern ihnen ein Vormund gegeben würde, weil es Söhne währen die man nicht der einseitigen Ausbildung einer Mutter überlassen würde. Da endlig B[ernhar]dis Vater reich sei und der sagen wirde, kann mein Sohn die Kinder nicht erziehen so will ich es thun, und ich kann es mit meinem Vermögen, und mir würde mann ohne Zweifel sagen daß es etwa sehr ungewisses sei womit ich meine Kinder erhalten wolle indem es auf einen unsichern Erwerb beruhe und wen[n] ich sie auch jezt versorgen könne, so könne es in einigen Jahren anders sein. H. v. H[umboldt] muste mir dies alles zugeben, ja er zweifelt auch gar nicht daran daß wen[n] ich nach B[erlin] gienge ich die Kinder nicht behalten könne, aber er meint daß ich sie den[n] dort doch sehen und so Einfluß auf ihre Erziehung [17] behalten könne. Ich sagte ihm daß ich bei solchen Umständen nicht einsehe wie ich in Berlin mehr gewinnen könne als hier, und ich wolte ihm nun meine Offizielle Antwort geben und diese war folgende. Ich könne über meine Kinder gar nichts entscheiden, ich hätte alle meine Gewalt über sie der Herzogin übertragen, und an diese müsse er sich wenden, in meinen Angelegenheiten. Diese Antwort wolte H. v. H[umboldt] durchaus nicht nehmen sagte mir ich könne meine Rechte auf meine Kinder nicht einem Andern geben, weil ich selbst keine habe sondern sie dem Vater zukämen. Mit der Herzogin daß wäre ohne Erfolg, wen[n] ich dieß antwortete müsse er an sie schreiben ob es sich für ihren Stand schike sich meiner auf diese Art anzunehmen etc und dann wäre es mit ihrem Schutze auß und ich hätte dan alles verlohren. Er stelte noch einmal als die einzige Rettung vor daß ich feierlich versprechen solte im April zurickzuge[h]n und versicherte mir mit grosser Kälte ich sei ja gar nicht so kranck und wirde ohne Frage im April reisen können, und schon jezt [18] wen[n] wir so der guten wie der schlechten Jahreszeit entgegen lebten, wirde er sich ein Gewissen darauß machen die Hände zu biehten um meine Abreise zu verzögern. Ich versprach am Ende mich noch zu besinnen. Am andern Morgen sah ich die Herzogin und theilte ihr meine Unterredung mit H. v. H[umboldt] mit und fragte sie waß sie erwiedern wirde wen[n] er einen solchen Brief an sie schriebe. Sie lachte und fragte mich wie ich glauben könne daß er so an sie schreiben dürfe, wen[n] er es aber dennoch thäte so wirde sie ihm durch ihren Gesandten antworten lassen daß es sich allerdings mit ihrem Stande vereinige eine unglückliche kranke Frau zu beschützen und einem unwürdigen Vater Kinder zu entziehen um sie einer würdigen Mutter zu erhalten, waß aber die Kinder als künftige Bürger des States beträfe so solten sie dem Könige nur erzogen nicht entzogen werden, und dieß sei eine Sache die sie mit dem Könige selbst ausmachen wolle. Uebrigens aber sahen wir wohl ein da ich so mit Diplomatick kurirt [19] wurde daß H. D[ocktor] Kohlrausch das Zeugniß meiner Krankheit nicht mehr so geben würde wie es nöhtig war, und die Herzogin sagte mir daß sie mir ihren Leibmedikus den PROTOMEDICUS von Rom schiken würde, um H[umboldt] nicht zu beleidigen möchte ich nur sagen sie habe eine solche grosse Sorge für meine Gesundheit und ein solches Vertrauen auf diesen Arzt daß sie von ihm wünsche über meine Gesundheit unterrichtet zu sein. Ich fragte die Herzogin ferner ob ich versprechen solte im April abzureisen, wen[n] es meine Gesundheit erlauben solte. Sie sagte sie wolle erst mit dem Cardinal Vikarius darüber reden. Am andern Morgen schrieb sie mir einen wahrhaft zärtlichen Brief, und meldete mir darin der Cardinal liesse mich warnen ja nichts bestimtes zu versprechen sondern alles unbestimt zu lassen. H. v. H[umboldt] hatte schon auf eine nicht edle Weise mich gekränckt indem er meine Worte daß ich kein Vermögen besitze aufgenommen hatte und verschiedentlig wiederhohlte: Da sie selbst sagen daß sie arm sind daß sie [20] nur ein ungewisses Einkommen haben, B[ernhardi] dagegen reich wird, so ist ja auch natürlig daß ihm die Erziehung der Kinder gegeben wird. Ich hatte auch dies der Herzogin gesagt und konte meine Thränen darüber nicht zurick halten. Sie sagte jedem der etwaß ähnliches sage solle ich antworten wen[n] je die Zeit kommen solte daß mir auch nur das allergeringste zur allervollkommensten Erziehung meiner Kinder fehle daß sie sogleich als Mutter eintreten würde, und meine Kinder wie ihre eigne versorgen. Der Leibarzt der Herzogin besuchte mich auf ihren Befehl und fand meinen Zustand wie jeder ihn finden muß der keinen bösen Willen hatt, und gab daß Zeugniß daß eine Reise nach Norden mir warscheinlig tödlig sein wirde, und daß es durchaus ohne mich zu tödten nicht möglig sei in einer ehelichen Verbindung zu leben. Denselben Morgen besuchte mich Kohlrausch und war beim Eintrit erstaunt über mein blühendes gesundes Aussehen. Ich sagte daß ich dieß mit Recht bewundern müsse indem ich die ganze Nacht in den heftigsten Krämpfen zugebracht habe, und noch jezt [21] ein starkes Fieber mich quäle. Er faßte meinen Puls und sagte O sie Arme. Ich sagte ihm im Verlauf des Gesprächs daß die Herzogin mich so krank fände daß es sie beunruhige und sie mir ihren Arzt geschickt habe, welches ihm den H. D[ocktor] K[ohlrausch] nicht anders als sehr angenehm sein könne, indem dadurch wen[n] ich ein Zeugniß bedürfe, und ich zweie übereinstimmende habe, jeder Schein der Parteiligkeit vernichtet wirde der auf ihn als einen so grossen Freund meines Hauses fallen könte. Er wurde einen Augenblik verlegen, dan faßte er meinen Puls, sagte daß ich noch etwaß Fieber habe, fand daß sich meine Farbe so ausserorndlig verwandle daß man es mir recht ansehe wie viel ich erlitten haben müsse in dieser Nacht. H. v. H[umboldt] schickte mir seine Anfrage, und ich antwortete ongefähr folgendes. Daß ich nicht hier eigenmächtig sei sondern die Erlaubniß des Königs dazu habe und legte das Cabinetsschreiben bei, daß ich nicht wie B[ernhardi] behaupte die Kinder dem Lande entziehen wolle, sondern das Gegentheil durch meine augenblickliche Zurickkunft zeigen wirde wen[n] diese nicht durch meine Gesundheit unmöglig sei, und fügte das Zeugniß des Italiänischen Arztes und auch eines von K[ohlrausch] bei (der nun [22] auch ein recht gefährliches ausgestelt hatte). Daß meine Klagen gegen B[ernhardi] schon beim Cammergericht anhängig gemacht wären, worauß sich ergeben würde, daß er unfähig wäre Kinder zu erziehen, und ich schon beim Könige eingekommen sei, mir meine Kinder bis nach ausgemachter Sache zu lassen, daß ich die Gewährung dieser Bitte hofte. Solte sie mir aber abgeschlagen werden, so würde ich so bald es meine Gesundheit erlaubte nach Berlin sie selbst zurickführen und dort in Person meine gegründete Klagen gegen B[ernhardi] führen. Dies theilte ich erst der Herzogin mit die es billigte und noch einmal wiederhohlte ich solte mir keine Kränkung in Ansehung des Geldes über meine Kinder sagen lassen. Ich fuhr von ihr zu H[umboldt] um meine Antwort selbst abzugeben, und zugleich einen Besuch bei F[rau] v. H[umboldt] zu machen. Das Gespräch fiel natürlig auf meine Angelegenheit und unter andern artigen Diengen welche mir F[rau] v. H[umboldt] sagte war auch: Sie sagen ja selbst daß sie arm sind daß also H[err] B[ernhardi] die Kinder besser [23] erziehen kann als Sie. Ich erwiederte darauf daß ich nur gesagt habe, man wirde mir von seiten des Berlinischen Gerichts die Einwendung machen, ich habe nicht wie H[err] B[ernhardi] ein sicheres Vermögen zu erwarten, und könne darum nicht für die Zukunft versprechen daß ich meine Kinder mit Gewißheit eben so anständig wie jezt erziehen würde. Dies gölte aber nur für Berlin, von hier auß könne ich antworten, daß die Herzogin meine Kinder wie die ihrigen betrachtete, und mit mir gemeinschaftlig für ihre Erziehung sorgen wirde, und von der wirde man doch zugeben müssen daß sie reicher als B[ernhardi] sei. H. v. H[umboldt] sprach ich diesen Morgen nicht, er ließ sich entschuldigen, und sich ausbitten mit mir noch einmal in meinem Hause darüber zu reden. Ich weiß nun nicht ob H. v. H[umboldt] und F[rau] v. H[umboldt] es für unmöglig halten daß irgend jemand ein wahres Interesse der Liebe und Achtung für mich faßt, oder ob sie glauben ich sei viel zu gering mit fürstlichen Personen in Verbindung zu treten. Kurz H. v. H[umboldt] scheint geglaubt zu haben daß mein Verhältniß zur Herzogin nicht so sei wie ich und mei[24]ne Brüder es darstellen, und hatt es nicht verschmäht den Morgen vorher ehe er mich sprach zum Cardinal Vikarius zu fahren, um ihn auszuforschen, dieser nun hatt sich recht bereitwillig daß abfragen lassen waß er selbst wünschte daß es H. v. H[umboldt] wissen solte. Und so erfuhr er den[n] daß die Herzogin eine solche Liebe und zärtligkeit für mich habe, daß der Zustand meiner Gesundheit für sie das ängstlichste wäre, daß sie darum ihrem Arzt auf den sie nur allein Vertrauen habe befohlen habe mich zu besuchen, und für meine Gesundheit zu wachen, daß er selbst der Cardinal es recht sehr bedaure daß er von so vielen Geschäften überhäuft meinen Umgang nicht viel öfter geniessen könne, daß es für die Herzogin die ich so sehr oft sähe ein wahrer Gewin sei daß ich meinen Auffenthalt hier in Rom genommen habe. Der Cardinal kam selbst denselben Abend zu uns um uns dies Gespräch zu erzählen. So stehen nun die Sachen. Diese Antwort welche ich H[umboldt] gegeben habe hatt er nach Berlin geschickt. Ich habe eine Bittschrift an den König und einen Brief an Beime nach Berlin an Hufeland geschickt und ihn um die Besorgung gebeten, womit ich ihm auf den Auftrag [25] der Herzogin geschrieben daß er alles waß er in meiner Sache [thue] als für sie gethan betrachten möchte. Mein Bruder Ludwig hatt an Bernhardis Vater einen vortreflichen Brief gemacht welchen Friedrich abgeschrieben und in seinem Nahmen geschickt hatt, worin er ihn über seinen Sohn aufklärt und als Beweiß ist Ihr Brief welchen Sie vor einiger Zeit in meinen Angelegenheiten an Ludwig schrieben im Außzuge ihm mitgetheilt. Dan ist die Klage in der That anhängig gemacht und dem Vater noch die Wahl gelassen ob er es auf diese schimpfliche Klage will ankommen lassen oder sich so mit uns vergleichen daß sie die Scheidung suchen weil ich zu kranck sei, und er mir dan[n] freiwillig gerichtlig die Kinder überläßt, auf diesen Fall nehmen meine Brüder die Klage zurick, im entgegengesezten aber geht sie unwiederruflig fort. In dieser Klage nun ist auch Ihr Brief als das Zeugniß eines unparteiischen Freundes beigelegt und ich melde ihnen dies alles um Ihnen alles wieder ins Gedächtniß zurickzurufen, weil wen[n] die Klage fort geht ihr Zeugniß gewiß in vielen Punkten gefodert werden wird. Hauptsäglig aber muß ich Sie an einem Umstand erinnern auf welchen mein Bruder gleich [26] in der Klage ein grosses Gewicht gelegt hatt und welcher dem zuvorkomt daß die Groseltern nicht die Erziehung verlangen können. Sie erinnern sich wohl welch ein Entsetzen Sie hatten als Wilhelm da er noch ganz klein war so geschwollen und entzündet an den Geschlechtstheilen war, wie Sie damals mit Be[rnhardi] darüber sprachen, und dieser Ihnen sagte daß es warscheinlig von der alten mannsüchtigen verrückten Charlotte herrühre, die bei seinen Eltern diente. Sie erinnern sich wie erzürnt wir beide waren daß er trotz dem daß er dieß eingestand dennoch nicht die Besuche des Kindes bei seinen Eltern verminderte. Sie beziehen sich in ihrem Brief auch auf diesen Vorfall und ich bitte Sie sich ihn im Gedächtniß zurick zu rufen. Dies ist nun fürs erste geschehen, gewährt man mir nun meine Bitte so geht der Prozeß ruhig fort ehe sich die Herzogin einmischt. [27] [Anderthalb Seiten durch Ausstreichung unleserlich gemacht.] [28] Sie sehen also wie sicher ich bin, wie ich sagen kann daß man die Sicherheit sicher gemacht hatt. Nun bitte ich Sie aber dringend lieber Freund zweierlei zu erfüllen weil davon das Wohl meines Lebens abhängt. Erstlig um alles in der Welt ja aus diesem Briefe nichts mitzutheilen waß H. v. H[umboldt] angeht. Dagegen brauchen Sie die Theilnahme der Herzogin nicht zu verschweigen, alles aber wie sich die Humboldsche Familie genommen hatt lassen Sie in Stilschweigen begraben sein, erwähnen Sie es nicht gegen F[rau] v. Staël weil diese wie gesagt glauben könte sie könte alles durch einen Brief an H[umboldt] gut machen und dies könte nur ihn und sie erboßen und mich erniedrigen. Von der Herzogin sprechen Sie aber auch nicht so daß Sie die Plane welche sie hatt mittheilen, sondern daß habe ich [29] ihnen vertraut, und Sie sehen wohl ein daß ich sie als eine Fürstin nicht so compromitiren kann, daß alles waß sie sich vornimt für mich zu thun bekant wird, dieß wäre der Weg es ihr unmöglig zu machen. Ich kenne Sie ja und brauche also nichts weiter zu sagen als sein Sie klug und vorsichtig. Meine zweite Bitte an Sie ist, alles waß in Ihren Kräften steht dazu beizutragen damit mein Prozes in Berlin gut entschieden wird. Dazu nun ist nöhtig daß Sie einen Theil Ihrer Zeit mir aufopfern und ich bin von Ihnen überzeugt daß Sie es gerne thun werden. Zuerst also da wir Ihren Brief mit abgegeben haben als ein Zeugniß für mich, so sehen Sie ein daß Sie als Zeuge mit in dem Prozeß verwikelt werden. Sie müssen sich nun alles so viel als möglig ins Gedächtniß zurickrufen und mir thun Sie einen großen Dienst wen[n] Sie nun so bald als möglig die Summe welche Ihnen möglig sein wird an Hufeland absenden. Sie sehen wohl daß es mir um so lieber sein muß um wie viel diese Summe größer sein kann als wir uns erst vorgesezt hatten. Dan bitte ich Sie weil ich aus vielen Gründen vermuhte [30] daß B[ernhardi] mich bei Fichte ungeheuer verläumdet, und diesen dadurch bewogen hatt, dringend für ihn an Humbold zu schreiben, und darin wohl zum theil der Grund der Veränderung liegen mag, an Fichte zu schreiben. Sie können es ja mit einer guten Art indem Sie ihm schreiben Sie hätten in Erfahrung gebracht wie sündlig B[ernhardi] mich verläumde indem er thue als ob in meiner Verschwendung der Grund seiner Oekonomischen Unordnung, in meinem und Ihrem leichtsinnigen Betragen aber welches er vorgiebt das es ihn zur Verzweiflung gebracht habe, der Grund seiner andern Ausschweifungen liege. Sie können ihm ja sagen daß Sie nicht zweifelten er würde ihm den Fichte mit ähnlichen Erzählungen hintergangen haben, und so hielten Sie es für eine Nohtwehr auf der einen Seite und auf der andern für Ihre Schuldigkeit Fichte als einem Manne von Ehre mit der Lage der Sachen bekant zu machen. Ich brauche Ihnen wohl nicht den Inhalt eines Briefes zu sagen den Sie tausendmal besser [31] als ich zu schreiben verstehen. Nur wichtig ist es mir aus sehr vielen Gründen daß Fichte ein wenig über die Sache aufgeklärt wird, den[n] nach seinem Eherecht und nach dem waß ihm B[ernhardi] vorlügt muß er sie nohtwendig zu grausam finden, und sein entsezliches Schimpfen könte mir viel schaden. Dan bitte ich Sie lieber Freund mir doch weitläuftig zu schreiben von wem Sie die Nachricht haben daß Ihr Schneider todt wäre, und wie dieser Gestorbene heißt. Wen[n] Sie dieß nur von meinem Bruder wissen, so werden Sie über einen seltsamen Vorfall erstaunen. Sie werden sich wohl noch erinnern daß Sie einige unbedeutende Sachen bei B[ernhar]dis Schneider machen liessen welche Rechnung die Summe von 15 rth betrug. Sie werden auch wohl wissen daß wir diese Kleinigkeit bezalten. Dieser Mann nahmens Feige ist gestorben, und B[ernhardi] schrieb an meinen Bruder Friedrich in der Zeit in welcher ich schon in München war, die Bücher dieses gestorbenen Schneiders seien so in Unordnung, und die Witwe mache an Sie eine Foderung von über [32] 100 rth und legt einen Brief der Frau bei von welchem er behauptet daß er ihm für Sie gegeben sei, er aber habe um das Postgeld geringer zu machen die äussere leere Seite mit der Adresse abgeschnitten. Dieser Brief aber welchen mein Bruder gar nicht angesehen hatt paßt gar nicht an Sie wie überall an keinen Menschen der schon seit einem Jahre abwesend war, und dessen Abreise wie die Ihrige in allen Zeitungen bekant gemacht wurde. Wohl aber an einen der ihr wie B[ernhardi] gegenüber wohnt, und welcher ohne Zweifel oft bei ihr gewesen ist. Den[n] in diesem Briefe wird gesagt daß man immer gehoft hätte der Herr Professor wirde sie besuchen, daß er schon einigemale die Rechnungen bekommen aber keine Notiz davon genommen habe, usw. Ich vermuhte nun daß die Geschichte so ist daß die Bücher des Schneiders in der That in unordnung sind, daß man Ihre kleine Rechnung von 15 rth dem Be[rnhardi] zugeschickt hatt um sie Ihnen zuzustellen, der Brief aber ist ohne Frage an ihn und er hatt vieleicht erwartet, mein Bruder solle [33] ihm das Geld schiken, und so wolle er seine Verlegenheit endigen. Dieß ist mir umso einleuchtender weil er die Rechnung nicht schickt welche doch die Hauptsache wäre, sondern schreibt er wolle sie behalten weil sie ihm manche Unrichtigkeiten zu enthalten schiene, und sie ihm dan dienen könne um auch die Unrichtigkeiten auf der seinigen zu beweisen. Wie soll es den[n] aber erwiesen werden daß die Rechnung unrichtig ist die an Sie gerichtet ist wen[n] Sie sie nicht zu Gesicht bekommen? Auch wen[n] man mir einen Brief von einem dritten schickt und behauptet er ist an mich so pflegt man nicht die Adresse abzuschneiden die es ja einzig beweisen kann. Und welch ein Recht hätte dan B[ernhardi] überall Ihre Briefe aufzumachen. Ich hoffe wir wollen dieß alles in ein klares Licht setzen, darum bitte ich Sie mir alles waß Sie darüber wissen zu schreiben. Dan bitte ich Sie lieber Freund doch ja eine Verfügung zu treffen daß Ihre Bücher von B[ernhardi] weggenommen werden. Schütz hatt sich ja so erbärmlig gezeigt daß Sie gar nicht wissen können ob er den Schlüssel hatt. Oder [34] wen[n] er ihn hatt so ist daß noch viel schlimmer. Den[n] wer hindert B[ernhardi] in seinem Hause zu einem Schrank sich einen Schlüssel machen zu lassen alle Ihre Bücher herauß zu nehmen und zu verkaufen, wen[n] sie nachher fehlen so würde er mit grosser Grobheit sagen waß gehen mich die Bücher an, ich habe keinen Schlüssel dazu gehabt usw. Drum bitte ich Sie, geben Sie doch zum Beispiel Fouquet den Auftrag die Bücher von B[ernhardi] wegzunehmen, und sie bei sich aufzuheben. Machen Sie ihm aber dieß Geschäft dringend und eilig, und lassen Sie B[ernhardi] nichts davon vermuhten sondern Fouquet auf einmal kommen und die Bücher abholen. Ich komme nun noch einmal auf alles waß ich Ihnen geschrieben hatt zurick. Ich beschwöre Sie lieber Freund wen[n] Sie diesen Brief mit Aufmercksamkeit gelesen haben ihn ja sogleich zu vernichten, lassen Sie ihn sich nicht gereuen weil er von meiner Hand ist, ich will Ihnen nächstens einen sehr schönen langen und unschädlichen Brief schreiben, nur vernichten Sie diesen, den[n] niemals ist es klug Briefe, die so gefährlig werden können wie dieser aufzubewahren. Ich halte es für meine Pflicht Sie mei[35]nem treuen Freund von allem zu unterrichten und nicht weil ich es Ihnen nicht anvertraute sondern weil ich denke daß selbst beim Oeffnen der Briefe auf der Post es einer Indiskretion preiß gegeben wäre, so streiche ich lieber die Stelle wieder auß worin ich Ihnen sage waß die Herzogin für mich noch thun will und versichere bloß daß Sie über mein Schicksall völlig ruhig sein können. Ich bin nun so lange in Sorgen biß Sie mir schreiben daß Sie diesen Brief verbrant haben damit er keiner Zufälligkeit mehr unterworfen ist. Noch eines lieber Freund muß ich Sie bitten, wen[n] etwa durch H. v. H[umboldt] an F[rau] v. Stael über mich allerhand seltsame Dienge geschrieben wirden so muß ich Sie auffodern sich an meine Worte zu halten, und wen[n] es nöthig sein solte, ungereimten Diengen zu wiedersprechen. Es ist gar keinem Zweifel unterworfen daß man die Liebe und den Schutz welchen ich hier gefunden habe so darstellen wird, als wäre es eine orndliche Bezalung daß ich auf eine kriechend niedrige Art zur katolischen Religion übergetreten sei, ja man wird nicht ermangeln zu behaupten daß ich es mir mit baarem Gelde habe bezalen lassen, und einen Schein in dem [36] suchen, waß ich über die Herzogin in ansehung meiner Kinder gesagt habe. Es wird der Spot die Herzogin treffen wie dem Cardinal und wie dem Pabste selbst. Auch darüber bin ich es Ihnen und mir schuldig weitläuftig zu sprechen. Sie kennen meine Ansicht der Religion seit vielen Jahren, sie wissen wie selbst in dem waß ich geschrieben habe ehe ich Rom betrat sich wohl sehr deutlig ein Gemüht aussprach daß wohl nur in einer warhaft kristlichen Kirche seine Befriedigung findet. Sie selbst sind wohl weit davon entfernt ein Protestant zu sein und wir haben ja unzählige male über diese Gegenstände gesprochen. Hier nun ist mir dies alles deutlicher, lebendiger geworden, und hier hatt sich mein Geist warhaft mit der Kirche vereinigt. In dieser vereinigung ist mir die zärtliche Freundschaft der Herzogin und des Cardinals erst recht deutlich geworden, und ihre große edle Seele hatt sich mir recht ohne Hülle gezeigt. Weit davon entfernt sind wohl H[umboldt] und F[rau] v. H[umboldt] sich den wahren Zusammenhang liebender Gemühter und der Begebenheuten welche darauß erfolgen zu denken. Weit davon entfernt daß man hier wie wohl H. v. H[umboldt] denckt eine Art von Handel mit der Religion treibt, so war dieser Augenblick der Vereinigung [37] der schönste Moment meines Lebens. Die Herzogin drückte mich mit der grösten Liebe an ihre Brust und nannte mich ihre Schwester, der Cardinal sagte nein an die Stelle meiner Mutter sei sie getreten, und er habe alle Rechte eines Bruders und reichte mir als solcher seine Hand. Und als ein Bruder sprach er nun und in einer Art die wohl H. v. H[umboldt] nicht erwartet. Er sagte mir nemlig daß ja die Religion nur innerlig im Herzen und im Geiste ruhe daß ich so der Kirche angehören solle, aber alles vermeiden wodurch es bekant werden känne damit ich mir dadurch in Berlin nicht schadete, und so ist es seine vorzügligste [Sorge] es vor geheim zu halten. Wen[n] also H. v. H[umboldt] etwaß darüber schreiben solte so ist dieß nur seine Vermuhtung, erstlig weil er sich die Beschützung welche ich hier gefunden nicht anders erklären kann, zweitens aber weil er mir selbst diesen Rath hatt geben lassen in früheren Zeiten. Freilig klang es da sehr gemein wie mir der D[ocktor] Kohlrausch sagte, ich an ihrer Stelle würde hier katolisch so könte man mir nichts anhaben, den[n] hier liesse man eher eine Armee anrüken als daß man Seelen wieder hergäbe. Daß kann H. v. H[umboldt] auch nicht läugnen. Wen [n] Sie aber ja solten Nachrichten bekommen als hätte ich mit den Schutz auch Geld bekommen so sind dieß ge[38]meine Lügen. Ich glaube eben daß sich die grosse Liebe welche man für mich hatt darauf gründet, weil man meinen Abscheu vor allen Eigennuz kent. Und eben so wie man gewiß kein Mittel versäumen wirde mir beizustehen wen[n] ich warhaft in Noht wäre so vermeide ich jeden Anschein des Bedürfens sorgfältig. Und wie man wohl nicht behaupten kann daß die Herzogin geitzig wäre indem sie so sehr grosse Summen weggiebt, so muß ich es für die wahre Delikatesse der Freundschaft erklären daß sie mir [keine] andere als im Werth ganz unbedeutende Geschenke gemacht, wie eine Freundin sie der andern giebt, die mir nur ein Zeichen der Liebe sein können. Ich kann es mir nicht erklären warum H[umboldts] es uns nicht verzeihen können daß wir in einem schön möblirten Hause wohnen und nicht wie sie es gewolt haben eine Wohnung genommen haben ohne Möbel und diese mit einigen Strohstühlen eingerichtet. Dieser Rath war schon kein guter Wille, der solte uns sehr in der Niedrigkeit halten. Den[n] hätten wir uns nur einigermassen menschlig einrichten wollen so hätte uns dieß wie ich nun wohl weiß da ich Rom recht gut kenne eine [39] ganz tüchtige Summe gekostet. Also daß konte ihre Meinung nicht sein, so war den[n] folglig die Absicht ganz gemein in den leeren Wänden mit einigen Strohstühlen und schlechten Tischen zu leben. Da dieß nun nicht der Fall ist so suchen sie verschiedene Quellen natürlig aus denen wir Geld haben. Es geht so weit das sie meinen Bruder Friedrich völlig zu unterdrüken suchen indem F[rau] v. H[umboldt] die Miene annimt als ob sie ihn als einen jungen Menschen gern protegiren wolte. So hatt der Bruder die Büste von Allexzander H[umboldt] gemacht, und ich brauche Ihnen wohl nicht erst zu sagen daß bei meinem Bruder nicht die Rede davon sein kann ob ihm eine Büste geräth oder nicht. Aber diese ist wirklig sehr gut. F[rau] v. H[umboldt] hatt aber in der Voraussetzung daß sie mein Bruder ihnen geben wird überall gesagt daß es recht schade wäre daß ihm die Büste so gar nicht gerathen sei daß sie es recht gerne gesehn haben wirde wen[n] sie gut geworden wäre um sie bei sich aufzustellen weil doch viele Leute zu ihnen kämen die sie dort sehen könten, und so könne sie ihn doch empfehlen. Wie lächerlig ist [40] dieß in jeder Rücksicht, erstlig daß sie meinen Bruder wie einen ganz jungen Menschen behandelt der eben erst anfängt und protecktion von allen Seiten bedarf, der doch schon als ein in Deutschland anerkanter Künstler hieher komt. Zweitens aber macht sie durch dieß voreilige Sprechen es meinem Bruder unmöglig ihr die Büste welche er jezt in Marmor macht und wirklig zum Geschenk für sie bestimt hatte zu geben, und so geht dieser schöne Plan zu grunde, den[n] er wird sie nun nach Berlin dem Könige schicken, der A[lexander] H[umboldt] mit so grosser auszeichnung aufgenommen hatt, und dem also ein so wohl gerathenes, und so ausserorndlich ähnliches Bild eine Freude machen wird. Uebrigens sehen Sie wohl ein daß auch in dieser Rücksicht die Bestrebungen lächerlig sind. Mein Bruder macht jezt die Büste des Kardinal Vikarius der nie sein Bild hatt machen lassen und also meinen Bruder sehr auszeichnet daß er diese Ausnahme mit ihm macht. Wie viele Menschen verehren den Cardinal und wie viele bewerben sich um seine Gunst weil sie seiner bedürfen, alle diese Stimmen hatt er auf einmal. Waß die Herzogin thun kann um ihn zu empfehlen [41] versteht sich auch von selbst und gar nicht onmöglig ist es daß der Pabst sich für ihn interessirt. Und wodurch hatt den[n] Canova diesen Ruf gewonnen als weil der hiesige Hof sich für ihn interressirt? Waß übrigens die vielen Menschen betrift welche H[umboldt] sehen so kann ich in jedem Augenblick einen gleichen Zirkel bei mir versammeln, und die ausgestelten Kunstwerke würden dan in meinem eignem Hause gesehen. Sie sehen wohl ein welchen Effeckt es auch für meinen Bruder macht wen[n] mich die Herzogin dem Pabste öffentlig und feierlig vorstelt und ich ihn dan öfter sehe. Bis jezt ist es nur noch aufgeschoben um nicht ein neues Geschwäz über die Religion zu veranlassen, und ich habe es noch vermieden weil mir jezt grade Geld fehlt mir ein samtnes Kleid und dergleichen anzuschaffen. Dan aber wen[n] dies erst geschehen ist lasse ich mich in einigen der grösten Häuser vorstellen, und die Pabst, die Herzogin und die Cardinälle mit Auszeichnung behandlen, wird man überall gern aufnehmen. Welch eine andere Bahn ist dadurch auch zugleich dem Bruder geöffnet, ich glaube daß noch kein Künstler [42] unter solchen Aussichten hier gewesen ist. Sie sehen aber wohl unter diesen Umständen ein das H[umboldt] nicht über das Basrelief an F[rau] v. Stael etwaß erfreuliches schreiben wirde wie Sie wünschten, daß überall mein Bruder auch nicht den leisesten Schein veranlassen kann als wolte er H[umboldt] über sich urtheilen lassen. Ich hoffe daß F[rau] v. Stael selbst damit zufrieden sein wird und daß sein Nahme in einigen Jahren so genant sein soll, daß es für sie ein Gewin ist etwaß von ihm zu besitzen. Nun liebster Freund um in diesem langen Briefe alles zu erschöpfen noch eine Angelegenheit. Haben Sie Egidio und Isabella an Voigt abgeschickt? Ich bitte thun Sie doch alles dazu damit es noch gedruckt [wird]. Sie selbst sagen in Ihrem Briefe B[ernhardis] drückende Gegenwart hätte mich von allen Geistesarbeiten oft abgehalten, wird er nicht selbst wen[n] dieß in der Klage vorkomt antworten: Jezt ist sie 2 Jahre abwesend und jezt hatt sie nichts gethan. Zugleich giebt es mir wen[n] ich die Kinder behalten will ein grosses Gewicht wen[n] ich in der That etwaß womit ich etwas erworben habe aufweisen kann. [43] Flore und Blantscheflur schreibt jezt mein Bruder Ludwig sehr zierlig ab, theils um ein kleineres Paket zu machen, theils um eine Abschrift hier zu behalten wen[n] die eine verlohren gehen solte. Ich denke an diesem Gedicht sollen Sie eine Freude haben. Da nun dieser Brief doch einmal so lang geworden ist so will ich Ihnen auch noch unsere poetische Rache mittheilen welche wir an den D[ocktor] Kohlrausch [nahmen] für all sein Klatschen und verläumden welches er unter der Maske der Treuherzigkeit thut. Dan will ich Ihnen den dreimal verwirrten Anfang einer Romanze mittheilen und wir fodern Sie auf, erst das Original heraußzufinden und es dan fortzusetzen. Hauptsäglig aber wirden Sie uns erfreuen wen[n] Sie den Anfang der alten Romanze auf den König Muhamet[?] fortsetzten. Sie sehen wir sind noch nicht ganz ohne Lustigkeit, und ich hoffe daß ich in der Zukunft meine ganze Heiterkeit die ich so lange verlohren hatte wiederfinden werde. Jezt ist es mir aber doch eine Zeitlang schlecht gegangen, ich war recht kranck und ohne den Beistand des Arztes der Herzogin hätte es wohl können gefährlig werden. [44] Meine Kinder sind so gesund und blühend und wachsen sichtlig. Sie werden sich recht freuen wen[n] Sie einmal Ihren Liebling Felix wiedersehen. Glauben Sie aber ja nicht aus dem waß ich Ihnen geschrieben habe daß wir mit H[umboldts] nicht umgiengen. Nein ich habe jezt so viel Welt die Sie mir niemals zutrauten, daß wir ganz freundlig und höflig mit einander sind. Rehberg habe ich gesprochen, er hatt Ihre Mutter in Hannover nach ihrem Unglicke mit dem Beinbruch gesehen, und hat sie ausserorndlig wohl gefunden, diese Nachricht von einem Augenzeugen muß Ihnen Freude machen. Leben Sie recht herzlig wohl, noch einmal, verbrennen Sie diesen Brief und melden Sie mir ja sogleich damit mein Herz wieder ruhig. Erwähnen Sie ja gegen Niemand etwaß anders als die grosse Freundschaft der Herzogin gegen mich. Leben Sie wohl ewig Ihre Freundin
S[ophie] T[ieck]

Auch die Sonnette bitten wir sehr zu verbrennen wir konten es nur nicht lassen Ihnen diesen Scherz mitzutheilen. Bei Ihren Büchern lassen Sie den[n] doch auch die Englischen fodern welche Sie vom Bruder geliehen hatten, und sie Fouquet mit den Ihrigen aufgeben.
[1] Rom den 26ten Decbr. [1805]
Ich will Ihnen mein liebster Freund einmal heut am Weinachtstage recht weitläuftig schreiben. Es ist mir ein trauriges Gefühl daß wir Sie bei diesem Feste entbehrt haben. Sie würden sich an der grossen Freude der Kinder erfreut haben. Indem ich Ihnen schreibe spielen sie mit ihren Wagen und anderen Geschenken vor meinen Fenstern im Garten umher, und mir hatt es noch doppelt wehe gethan daß wir grade so wenig Geld haben und ich Ihnen nicht durch ein recht bedeutendes Geschenk als käme es von Ihnen die Freude erhöhen konte. Täglig kann ich sagen denken die Kinder an Sie, und für mich wäre es auch das traurigste wen[n] sie einen so werthen und treuen Freund vergessen könten. Ach lieber Freund wie gerne möchte ich nur einmal eine Stunde in rechter Ruhe mit Ihnen sprechen, niemals ist es uns doch so wohl geworden. Sie wissen selbst wie jede heitere, freie Mittheilung in Berlin unterdrückt wurde, wie Sie mit [2] der innigsten brüderligsten Zärtligkeit es doch nur dahin bringen konten mich von einer dumpfen Verzweifelung zu erretten, wie aber niemals eine anhaltende heitere Stimmung des Geistes möglig war. Wie ich Sie hier antraf in Rom war ich furchtbar gespant von der Reise, viele schmerzliche Vorfälle waren mir noch so ganz neu, ich hofte gleich in dem ersten Blick von Ihnen Trost für alles zu finden, und so kam es daß Sie mir kalt und verwandelt schienen, dazu mochte wohl von Ihrer Seite auch kommen, daß noch ausser mir Sie ein Interesse für andere Menschen gefaßt hatten, und ich weiß nicht warum Sie glaubten daß dies unserer Freundschaft drükend wäre. Ich wolte ja in Ihnen einen Bruder wieder finden, aber freilig einen zärtlichen der nicht deswegen weil sein Herz andere Bande kent daß mit mir kalt und unfreundlig zerreißt. Doch genug davon, dieß alles ist hoffe ich geendet, ich weiß Sie kennen mich noch so, daß Sie durch diese Worte in mein Herz sehen, daß [3] meine Seele unsichtbahr aus diesen Zeichen zu Ihnen spricht. Ewig wird es mich mit Dankbarkeit und Rührung erfüllen wen[n] ich denke daß nur Sie das bessere Theil meines Selbst errettet haben. Ich hätte vieleicht mein Leben in Verzweiflung geendet, da wurden Sie mir zum Schutze vom Himmel gegeben und nur Sie allein lehrten mich damals wieder hoffen. Ich hielt mich für verlohren, und glaubte mich von Gott und Menschen verlassen. Nur dadurch daß Sie mir den Balsam des Trostes damals täglig reichten bin ich mir selbst, meinen Kindern, Ihnen und allen denen welche mich lieben erhalten. Niemals mein theurer habe ich es mit solcher Lebhaftigkeit empfunden als jezt wie vielen Danck ich Ihnen schuldig bin, ich glaube daß ich es erst da ich weiter davon und kälter bin übersehen kann, an welchen Abgrund ich gestanden habe, und wie viel Sie dazu beigetragen haben daß ich nicht hinein gestürzt bin. Ich habe ein unwiederstehliches Bedürfniß einmal recht mein Herz auszuschütten, und kann vor Wehmuht und Rührung nicht die Worte [4] finden. Mein geliebter Bruder, denken Sie noch an alle alten Zeiten zurick? wo wir mühseelig dem Schicksall einen Tag der Exzistenz nach dem andern abrangen? In jener Zeit da war Ihre zärtliche Sorge für mich recht ein milder Sonnenstral in der kalten Finsterniß. Jene Zeit mein theurer Freund wie wird sie jezt verläumdet, wie bestrebt man sich mein Leben zur Gemeinheit herab zu ziehen. Ich will Sie weitläuftig von allem unterrichten, nicht weil ich mich anders gegen Sie fühlte habe ich es so lange verschoben Ihnen alles umständlig zu schreiben, sondern weil es für mich eine große Ueberwindung ist das in einen langen Brief zu fassen waß die Unterredung einer Stunde Ihnen deutlig machen würde. Lieber Freund könten Sie mein ganzes Leben Wort für Wort wißen Sie würden erstaunen, wie die seltsamen Träume und Fantasien meiner Kindheit worin ich mich oft verlohr jezt zur Warheit werden, wie das waß mich schon damals in poetischen Bildern umgaukelte mich nun wirklich be[5]rührt und umgiebt. Ich bin nun hier wircklig in Rom bewohne ein prächtiges Hauß, ein angenehmer Garten mit Orangen und Zitronen, mit anderen Bäumen und kleinen Springbrunnen umgiebt das ganze Haus, aus allen meinen Zimmern gehn die Thüren sogleich in den Garten, und ich bin frei in diesem Hause die oberste Gebiehterin. Eine grosse Fürstin ist meine zärtliche Freundin die mit Liebe und zärtligkeit alle meine Sorgen theilt, die nur darauf denkt allen meinen Kummer zu endigen. Der Cardinall Vikarius ist ein theilnehmender Freund meines ganzen Hauses und auch besonders meiner, meine Brüder lieben mich mit Zärtligkeit, waß mein Bruder Ludwig mir ehedem gethan hatt sucht er wieder gut zu machen durch die eifrige Bestrebung ein Band wieder zu trennen welches er zum theil geknüpft hatt. Knorring weiht sein ganzes Leben nur der Freundschaft und Ergebung für uns, und Sie mein Freund in der Ferne sind der Alte treue zärtliche der alle meine Sorgen mit mir theilt, mein Glück mit Liebe hegt. O Gott ich kann vor [6] Rührung und Dankbarkeit oft nicht weiter wen[n] ich denke wie viel mir der Himmel giebt. Es ist mehr als ein Ersaz für mein vergangenes Leben. Wie seltsam und wunderbahr stehe ich nun allem in Berlin gegenüber. Wie Bizar drängt sich die aller niedrigste Gemeinheit in mein glänzend reines Leben. Ich sehe ich muß in Ruhe anfangen Ihnen zu erzählen, und kann vor den Gedanken die mich überwältigen nicht dazu kommen. Nur dieß kurz zum Anfange, durch den Baron Dahlberg den Nefen des Churfürsten welcher hier war und ein brüderlicher Freund von Knorring ist lernten wir den Cardinal Grosvikarius kennen, dieser wurde bald unser Freund und stelte uns seiner Freundin der Erzherzogin Maria Anna, der Schwester des Kaisers vor, diese nun hatt eine solche Liebe für mich und meine Kinder gefaßt daß sie sich als meine Schwester und mit mir als die Mutter meiner Kinder betrachtet. Ich schreibe diesen Brief weil es mir ein Bedürfniß ist mit Ihnen mein Bruder aus dem Herzen zu reden, [7] Sie wissen aber wohl wie sorgsam Sie jedes Wort bewahren müssen, und es gegen niemand aussprechen, auch gegen Fr[au] von Stael vor allen Diengen nicht weil ich viel von H. v. Humbold reden muß und weil ich glaube daß sie von allen Menschen eine viel zu edle Ansicht hatt, und wohl gar darauf kommen könte an ihn zu schreiben, weil sie meinte daß sie in meiner Sache dadurch etwaß gutes bewirken könne. Von allen solchen Schritten bitte ich Sie sie ja abzuhalten, weil dieß nichts als nur eine Erniedrigung für mich bewirken könne. Glauben Sie mir meine Sachen stehen hier sehr gut, doch ist dies nicht die Schuld des Herrn v. Humb[oldt]. Ich muß den ganzen Hergang der Geschichte erzälen und vor allen Diengen muß ich Sie bitten ja nicht zu glauben ich sei bitter oder gereizt, den[n] warlig es ist nicht so, ich betrachte alles sehr kalt, und kann es auch zu meinem Glück mit grosser Ruhe. Herr v H[umboldt] gab mir vor langer Zeit den Rath bei dem Könige einzukommen um die Erlaubniß hier 2 Jahre bleiben zu dürfen. Damals meinte er es gut mit mir und mit sich, den[n] er wolte [8] auch sich sicher stellen daß B[ernhardi] sich nicht unvermuhtet einen Befehl auswürken könne daß ich und die Kinder zurick kommen sollen. Diese Erlaubniß kam an, jedoch wie es sich von selbst versteht mit der Einschränkung daß die Rechte des Mannes und Vaters meiner Kinder nicht geschmälert wirden. Dadurch versteht sich nun auch von selbst daß er beweisen muß er habe Rechte auf mich. Nun ließ mir H. v. H[umboldt] durch den Docktor Kohlrausch rahten ich solle weil B[ernhardi] mir durch ihn einen Brief geschickt habe denselben eigenhändig beantworten, darin erklären daß ich nicht mehr mit ihm leben wolle und daß ich zurickkommen wolle wen[n] es meine Gesundheit erlaube um meine Klage gegen ihn zu führen, daß ich aber übrigens keine Briefe mehr von ihm empfangen oder beantworten wolte, weil wir nur gerichtlig mit einander zu sprechen hätten. Dies geschahe, ich schrieb diesen Brief und theilte ihn H. v. H[umboldt] durch diesen selben Docktor mit. H. v. H[umboldt] billigte und lobte diesen Brief als sehr zweckmäßig und er wurde abgeschickt. Bis dahin [9] war alles gut, nun aber trat die Periode ein daß ich mit der Herzogin bekant wurde und F[rau] v. H[umboldt] war auf einmal verwandelt, begegnete mir in der Art wie in Weimar und ich weiß daß die Abgeschmacktesten Gerüchte über uns alle aus dem Humboldschen Hause besonders durch diesen H. D[ocktor] Kohlrausch herum getragen wurden. Dies verminderte natürlig meine Besuche. H. v. H[umboldt] hatte schon früher an die Herzogin geschrieben und gefragt ob es gegründet sei daß sie sich meiner Sache annehme, und ob er ihren Nahmen in meinen Angelegenheiten nennen dürfe. Sie ließ ihm darauf antworten, nicht allein dürfe er ihren Nahmen nennen sondern den allergrösten Dienst leistete er ihr wen[n] er durch seine Vermittelung es dahin brächte daß meine Sache zu meiner Zufriedenheit beendigt würde, und die Kinder mir überlassen, er möchte sich dazu ihres Nahmens bedienen wie er wolle. Er antwortete wieder daß sie sich darauf verlassen könne daß er ganz in ihrem Sinne handlen wolle daß gegen mich und meine Kinder nicht das geringste geschehen solle ohne daß er sie so[10]gleich benachrichtige. Dies sagte mir die Herzogin, und fügte hinzu, sie sehen darauß daß ihre Sache so gut wie beendigt ist. H. v H[umboldt] hatt aber gar nichts gethan als damit die Sache aus andere Hände genommen, den[n] sie war von der Herzogin einem andern Gesandten übertragen. Er muß nohtwendig nicht geglaubt haben daß die Herzogin meine Freundin ist sondern hatt wohl gedacht ich hätte demühtig um ihre Protecktion gebeten, und sie würde nun durch diesen Auftrag an ihn alles für abgethan halten, ich könte sie nicht sehen wen[n] ich wolte, am wenigsten aber so vertraut daß sie mir dieß alles sagen würde. Kurz er hatt nichts gethan, sondern da sich die Gunst seiner Frau von mir gewendet hatt, so hatten sie alle den Plan gefaßt, daß ich im April zurückkehren solte und F[rau] v. H[umboldt] sagte mir wen[n] ich meine Kinder so liebte so sei es meine Pflicht zu B[ernhardi] zurückzugehen um ihnen ein Opfer zu bringen. Um diese Zeit nun schrieb B[ernhardi] an Humbold warscheinlig einen Brief voll Heuchelei, und foderte ihn auf mei[11]ne Kinder so gleich zu sich zu nehmen oder sie einem andern zu geben welchen er vertraute bis B[ernhardi] kommen könte um sie zu holen, zugleich kam ein Rescript an welches auf B[ernhardis] ansuchen beim Kammergericht erfolgt war der mich beschuldigt daß ich ohne seine Erlaubnis abwesend sei, und seine Kinder mit Gewalt entführt habe. In diesen Rescript wurde H. v. H[umboldt] aufgegeben mich zur Rückreise zu bewegen, oder sonst die Kinder mit dem Vater zu vereinigen auf die Art und weise wie dieser es selber wollen würde. H. v. H[umboldt] wuste gewiß besser wie ich wie wenig dieß zu bedeuten hatte und wie ein solches Dieng ein jeder erhalten kann. Dennoch aber ließ er meinen Bruder Ludwig zu sich kommen. Gegen diesen nun sahe er die Sache ganz anders an, fand daß es unbillig sei daß ein Vater seine Kinder entbehren solle, daß er in der Sache nicht urtheilen wolle, daß wir aber in der Form so gefehlt hätten, daß das Recht ganz auf B[ernhardis] Seite sei, indem wir nicht geklagt hätten und ich den Brief an ihn geschrieben habe und ihn als Mann und Vater beleidigt, [12] alles waß geschehen könne wäre nun zu spät, alle Proteckzion welche ich hier finden könte völlig unnütz, den[n] wen[n] B[ernhardi] eine Sentenz bekäme so müßte die hier respecktirt werden, und ich würde es sehen, er wisse es gewiß, daß man mich so gleich wirde fallen lassen so bald er gezwungen wäre einzukommen. Er wünsche aber alles zum Guten zu lenken, vorzüglig kam er aber auf den Brief immer wieder zurick welchen ich geschrieben habe (und welchen er doch selbst gerathen und gebilligt hatt) als womit wir alles verdorben hätten. Daß einzige Mittel welches er am ende behauptete waß es gäbe um meine Kinder nicht gleich zu verliehren sei, wen[n] ich auf die schriftliche Anfrage die er mir machen müsse bestimt antwortete daß ich im April zurick reisen wolle. Und nun wurde mir deutlig daß der Plan mich fortzuschiken schon alt sein muß, den[n] mich hatt es oft warhaft geärgert wen[n] ich so kranck war daß ich hätte sterben mögen, so fand der Docktor immer daß meine Gesundheit sich augenscheinlig bessere. Jezt sagte H. v. H[umboldt] meinem Bruder ich sei nicht so kranck, ich würde ja täglig [besser] und wäre im April sicher so hergestelt daß [13] ich reisen könte. Dieß alles sagte er meinem armen kranken Bruder, und den Beschluß machte F[rau] v. H[umboldt] daß sie uns am andern Tage zum Essen bath, warscheinlig um den Effeckt zu sehen den dieß auf mich machte. Mein Bruder kam in Verzweiflung nach Hause, glaubte dieß alles und war entschlossen, sogleich nach Berlin zu reisen, um dort beim Könige und bei Beime persönlig alles mögliche zu versuchen. Wie mich dies angrif sage ich nicht, jedoch war ich für den Augenblick kalt und gefaßt, ich ließ den Kardinal bitten ob er mir eine Stunde in meinen Angelegenheiten schenken könne, er war wie ein wahrer Freund bereit, und ich fuhr hin um von ihm zu erfahren, waß ich hier zu erwarten habe, und waß die Herzogin für mich thun könne. Er beruhigte mich völlig, tröstete mich mit der innigsten Theilnahme, und sagte mir ich solte gleich von ihm zur Herzogin fahren, um zu verabreden waß hier zu thun sei. Nach Berlin solle ich noch einmal an den König schreiben und bitten daß man mir bis nach ausgemachter Sache meine Kinder lassen möchte. Auch an Beime solle ich schreiben, und ihn mit der Lage der Sachen bekant machen [14] und um seinen Beistand bitten. Bei der Herzogin wurde ausgemacht ich solle ein kurzes MEMOIRE an den Cardinal Statssekraetaer aufsetzen, worin ich anzeigte daß ich mich hier aufhielte mit meinen Kindern und Brüdern, und daß mir B[ernhardi] drohe meine Kinder zu entreissen, ich aber bäte wen[n] dem Gouvernement solche Anfoderungen gemacht wirden sie nicht zu gewähren weil ich gegründete Klagen gegen ihn habe. Dies habe ich der Herzogin gegeben, diese hatt an den Cardinal geschrieben, auf das dringendste Schutz und Sicherheit für mich gefodert, der Cardinal hatt beruhigend geantwortet, nach einigen Tagen die Herzogin besucht und mündlig jede Beruhigung bestätigt. Die Herzogin ist noch weiter gegangen und hatt den Pabst von meinem ganzen Schicksal unterrichtet wodurch er ein großes Interesse für mich gefaßt hatt und lebhaft wünscht mich zu kennen und zu sprechen, weil er aus ihrer grossen Liebe zu mir etwaß ganz ausserorndliches erwartet. Sie sehen also wen ich hier für mich habe, den Pabst, die Herzogin, den Cardinal Vikarius [15] und den Cardinal Statssekraetaer, daß ich ziemlig ruhig sein kann. Ich fuhr von der Herzogin nach Hause hohlte die Andern ab und zusammen fuhren wir zu Humbold zum Essen. Ich konte es orndlig sehen wie F[rau] v. H[umboldt] erstaunt war als ich heiter und frei herein trat. Ich war vorsäzlig viel gesprächiger als gewöhnlig, und H. v. H[umboldt] bath mich beim Abschiede noch um eine Unterredung ehe er die schriftliche Anfrage schiken würde. Er kam nach einigen Tagen, und wiederhohlte alles daß waß er meinem Bruder schon gesagt hatte. Ich baht ihn fürs erste als Freund mit mir zu reden und von dem waß ich ihm sagen würde als Minister keine Notiz zu nehmen, und nun sagte ich ihm wie er mir rathen könne nach Berlin vor ausgemachter Sache zurickzuge[h]n da er ja selber sagen müsse daß die preusischen Gesetze auf keinen Fall so entscheiden würden daß ich beide Kinder behielte. Da er ja zugeben müsse daß bei jedem Recht auch dem aller klarsten die menschliche Unvollkommenheit einträte, und ein böser Wille es anders deuten könne. Da ich als eine Frau ja in [16] dem schlimmen Fall sei daß nicht nur Männer gegen mich klagen würden, sondern daß auch meine Vertheidigung Männer führen müssen, und endlig Männer entscheiden. Da er selbst behauptete daß wen[n] auch Be[rnhardi] die Kinder abgesprochen würden, ich sie darum nicht haben würde, sondern ihnen ein Vormund gegeben würde, weil es Söhne währen die man nicht der einseitigen Ausbildung einer Mutter überlassen würde. Da endlig B[ernhar]dis Vater reich sei und der sagen wirde, kann mein Sohn die Kinder nicht erziehen so will ich es thun, und ich kann es mit meinem Vermögen, und mir würde mann ohne Zweifel sagen daß es etwa sehr ungewisses sei womit ich meine Kinder erhalten wolle indem es auf einen unsichern Erwerb beruhe und wen[n] ich sie auch jezt versorgen könne, so könne es in einigen Jahren anders sein. H. v. H[umboldt] muste mir dies alles zugeben, ja er zweifelt auch gar nicht daran daß wen[n] ich nach B[erlin] gienge ich die Kinder nicht behalten könne, aber er meint daß ich sie den[n] dort doch sehen und so Einfluß auf ihre Erziehung [17] behalten könne. Ich sagte ihm daß ich bei solchen Umständen nicht einsehe wie ich in Berlin mehr gewinnen könne als hier, und ich wolte ihm nun meine Offizielle Antwort geben und diese war folgende. Ich könne über meine Kinder gar nichts entscheiden, ich hätte alle meine Gewalt über sie der Herzogin übertragen, und an diese müsse er sich wenden, in meinen Angelegenheiten. Diese Antwort wolte H. v. H[umboldt] durchaus nicht nehmen sagte mir ich könne meine Rechte auf meine Kinder nicht einem Andern geben, weil ich selbst keine habe sondern sie dem Vater zukämen. Mit der Herzogin daß wäre ohne Erfolg, wen[n] ich dieß antwortete müsse er an sie schreiben ob es sich für ihren Stand schike sich meiner auf diese Art anzunehmen etc und dann wäre es mit ihrem Schutze auß und ich hätte dan alles verlohren. Er stelte noch einmal als die einzige Rettung vor daß ich feierlich versprechen solte im April zurickzuge[h]n und versicherte mir mit grosser Kälte ich sei ja gar nicht so kranck und wirde ohne Frage im April reisen können, und schon jezt [18] wen[n] wir so der guten wie der schlechten Jahreszeit entgegen lebten, wirde er sich ein Gewissen darauß machen die Hände zu biehten um meine Abreise zu verzögern. Ich versprach am Ende mich noch zu besinnen. Am andern Morgen sah ich die Herzogin und theilte ihr meine Unterredung mit H. v. H[umboldt] mit und fragte sie waß sie erwiedern wirde wen[n] er einen solchen Brief an sie schriebe. Sie lachte und fragte mich wie ich glauben könne daß er so an sie schreiben dürfe, wen[n] er es aber dennoch thäte so wirde sie ihm durch ihren Gesandten antworten lassen daß es sich allerdings mit ihrem Stande vereinige eine unglückliche kranke Frau zu beschützen und einem unwürdigen Vater Kinder zu entziehen um sie einer würdigen Mutter zu erhalten, waß aber die Kinder als künftige Bürger des States beträfe so solten sie dem Könige nur erzogen nicht entzogen werden, und dieß sei eine Sache die sie mit dem Könige selbst ausmachen wolle. Uebrigens aber sahen wir wohl ein da ich so mit Diplomatick kurirt [19] wurde daß H. D[ocktor] Kohlrausch das Zeugniß meiner Krankheit nicht mehr so geben würde wie es nöhtig war, und die Herzogin sagte mir daß sie mir ihren Leibmedikus den PROTOMEDICUS von Rom schiken würde, um H[umboldt] nicht zu beleidigen möchte ich nur sagen sie habe eine solche grosse Sorge für meine Gesundheit und ein solches Vertrauen auf diesen Arzt daß sie von ihm wünsche über meine Gesundheit unterrichtet zu sein. Ich fragte die Herzogin ferner ob ich versprechen solte im April abzureisen, wen[n] es meine Gesundheit erlauben solte. Sie sagte sie wolle erst mit dem Cardinal Vikarius darüber reden. Am andern Morgen schrieb sie mir einen wahrhaft zärtlichen Brief, und meldete mir darin der Cardinal liesse mich warnen ja nichts bestimtes zu versprechen sondern alles unbestimt zu lassen. H. v. H[umboldt] hatte schon auf eine nicht edle Weise mich gekränckt indem er meine Worte daß ich kein Vermögen besitze aufgenommen hatte und verschiedentlig wiederhohlte: Da sie selbst sagen daß sie arm sind daß sie [20] nur ein ungewisses Einkommen haben, B[ernhardi] dagegen reich wird, so ist ja auch natürlig daß ihm die Erziehung der Kinder gegeben wird. Ich hatte auch dies der Herzogin gesagt und konte meine Thränen darüber nicht zurick halten. Sie sagte jedem der etwaß ähnliches sage solle ich antworten wen[n] je die Zeit kommen solte daß mir auch nur das allergeringste zur allervollkommensten Erziehung meiner Kinder fehle daß sie sogleich als Mutter eintreten würde, und meine Kinder wie ihre eigne versorgen. Der Leibarzt der Herzogin besuchte mich auf ihren Befehl und fand meinen Zustand wie jeder ihn finden muß der keinen bösen Willen hatt, und gab daß Zeugniß daß eine Reise nach Norden mir warscheinlig tödlig sein wirde, und daß es durchaus ohne mich zu tödten nicht möglig sei in einer ehelichen Verbindung zu leben. Denselben Morgen besuchte mich Kohlrausch und war beim Eintrit erstaunt über mein blühendes gesundes Aussehen. Ich sagte daß ich dieß mit Recht bewundern müsse indem ich die ganze Nacht in den heftigsten Krämpfen zugebracht habe, und noch jezt [21] ein starkes Fieber mich quäle. Er faßte meinen Puls und sagte O sie Arme. Ich sagte ihm im Verlauf des Gesprächs daß die Herzogin mich so krank fände daß es sie beunruhige und sie mir ihren Arzt geschickt habe, welches ihm den H. D[ocktor] K[ohlrausch] nicht anders als sehr angenehm sein könne, indem dadurch wen[n] ich ein Zeugniß bedürfe, und ich zweie übereinstimmende habe, jeder Schein der Parteiligkeit vernichtet wirde der auf ihn als einen so grossen Freund meines Hauses fallen könte. Er wurde einen Augenblik verlegen, dan faßte er meinen Puls, sagte daß ich noch etwaß Fieber habe, fand daß sich meine Farbe so ausserorndlig verwandle daß man es mir recht ansehe wie viel ich erlitten haben müsse in dieser Nacht. H. v. H[umboldt] schickte mir seine Anfrage, und ich antwortete ongefähr folgendes. Daß ich nicht hier eigenmächtig sei sondern die Erlaubniß des Königs dazu habe und legte das Cabinetsschreiben bei, daß ich nicht wie B[ernhardi] behaupte die Kinder dem Lande entziehen wolle, sondern das Gegentheil durch meine augenblickliche Zurickkunft zeigen wirde wen[n] diese nicht durch meine Gesundheit unmöglig sei, und fügte das Zeugniß des Italiänischen Arztes und auch eines von K[ohlrausch] bei (der nun [22] auch ein recht gefährliches ausgestelt hatte). Daß meine Klagen gegen B[ernhardi] schon beim Cammergericht anhängig gemacht wären, worauß sich ergeben würde, daß er unfähig wäre Kinder zu erziehen, und ich schon beim Könige eingekommen sei, mir meine Kinder bis nach ausgemachter Sache zu lassen, daß ich die Gewährung dieser Bitte hofte. Solte sie mir aber abgeschlagen werden, so würde ich so bald es meine Gesundheit erlaubte nach Berlin sie selbst zurickführen und dort in Person meine gegründete Klagen gegen B[ernhardi] führen. Dies theilte ich erst der Herzogin mit die es billigte und noch einmal wiederhohlte ich solte mir keine Kränkung in Ansehung des Geldes über meine Kinder sagen lassen. Ich fuhr von ihr zu H[umboldt] um meine Antwort selbst abzugeben, und zugleich einen Besuch bei F[rau] v. H[umboldt] zu machen. Das Gespräch fiel natürlig auf meine Angelegenheit und unter andern artigen Diengen welche mir F[rau] v. H[umboldt] sagte war auch: Sie sagen ja selbst daß sie arm sind daß also H[err] B[ernhardi] die Kinder besser [23] erziehen kann als Sie. Ich erwiederte darauf daß ich nur gesagt habe, man wirde mir von seiten des Berlinischen Gerichts die Einwendung machen, ich habe nicht wie H[err] B[ernhardi] ein sicheres Vermögen zu erwarten, und könne darum nicht für die Zukunft versprechen daß ich meine Kinder mit Gewißheit eben so anständig wie jezt erziehen würde. Dies gölte aber nur für Berlin, von hier auß könne ich antworten, daß die Herzogin meine Kinder wie die ihrigen betrachtete, und mit mir gemeinschaftlig für ihre Erziehung sorgen wirde, und von der wirde man doch zugeben müssen daß sie reicher als B[ernhardi] sei. H. v. H[umboldt] sprach ich diesen Morgen nicht, er ließ sich entschuldigen, und sich ausbitten mit mir noch einmal in meinem Hause darüber zu reden. Ich weiß nun nicht ob H. v. H[umboldt] und F[rau] v. H[umboldt] es für unmöglig halten daß irgend jemand ein wahres Interesse der Liebe und Achtung für mich faßt, oder ob sie glauben ich sei viel zu gering mit fürstlichen Personen in Verbindung zu treten. Kurz H. v. H[umboldt] scheint geglaubt zu haben daß mein Verhältniß zur Herzogin nicht so sei wie ich und mei[24]ne Brüder es darstellen, und hatt es nicht verschmäht den Morgen vorher ehe er mich sprach zum Cardinal Vikarius zu fahren, um ihn auszuforschen, dieser nun hatt sich recht bereitwillig daß abfragen lassen waß er selbst wünschte daß es H. v. H[umboldt] wissen solte. Und so erfuhr er den[n] daß die Herzogin eine solche Liebe und zärtligkeit für mich habe, daß der Zustand meiner Gesundheit für sie das ängstlichste wäre, daß sie darum ihrem Arzt auf den sie nur allein Vertrauen habe befohlen habe mich zu besuchen, und für meine Gesundheit zu wachen, daß er selbst der Cardinal es recht sehr bedaure daß er von so vielen Geschäften überhäuft meinen Umgang nicht viel öfter geniessen könne, daß es für die Herzogin die ich so sehr oft sähe ein wahrer Gewin sei daß ich meinen Auffenthalt hier in Rom genommen habe. Der Cardinal kam selbst denselben Abend zu uns um uns dies Gespräch zu erzählen. So stehen nun die Sachen. Diese Antwort welche ich H[umboldt] gegeben habe hatt er nach Berlin geschickt. Ich habe eine Bittschrift an den König und einen Brief an Beime nach Berlin an Hufeland geschickt und ihn um die Besorgung gebeten, womit ich ihm auf den Auftrag [25] der Herzogin geschrieben daß er alles waß er in meiner Sache [thue] als für sie gethan betrachten möchte. Mein Bruder Ludwig hatt an Bernhardis Vater einen vortreflichen Brief gemacht welchen Friedrich abgeschrieben und in seinem Nahmen geschickt hatt, worin er ihn über seinen Sohn aufklärt und als Beweiß ist Ihr Brief welchen Sie vor einiger Zeit in meinen Angelegenheiten an Ludwig schrieben im Außzuge ihm mitgetheilt. Dan ist die Klage in der That anhängig gemacht und dem Vater noch die Wahl gelassen ob er es auf diese schimpfliche Klage will ankommen lassen oder sich so mit uns vergleichen daß sie die Scheidung suchen weil ich zu kranck sei, und er mir dan[n] freiwillig gerichtlig die Kinder überläßt, auf diesen Fall nehmen meine Brüder die Klage zurick, im entgegengesezten aber geht sie unwiederruflig fort. In dieser Klage nun ist auch Ihr Brief als das Zeugniß eines unparteiischen Freundes beigelegt und ich melde ihnen dies alles um Ihnen alles wieder ins Gedächtniß zurickzurufen, weil wen[n] die Klage fort geht ihr Zeugniß gewiß in vielen Punkten gefodert werden wird. Hauptsäglig aber muß ich Sie an einem Umstand erinnern auf welchen mein Bruder gleich [26] in der Klage ein grosses Gewicht gelegt hatt und welcher dem zuvorkomt daß die Groseltern nicht die Erziehung verlangen können. Sie erinnern sich wohl welch ein Entsetzen Sie hatten als Wilhelm da er noch ganz klein war so geschwollen und entzündet an den Geschlechtstheilen war, wie Sie damals mit Be[rnhardi] darüber sprachen, und dieser Ihnen sagte daß es warscheinlig von der alten mannsüchtigen verrückten Charlotte herrühre, die bei seinen Eltern diente. Sie erinnern sich wie erzürnt wir beide waren daß er trotz dem daß er dieß eingestand dennoch nicht die Besuche des Kindes bei seinen Eltern verminderte. Sie beziehen sich in ihrem Brief auch auf diesen Vorfall und ich bitte Sie sich ihn im Gedächtniß zurick zu rufen. Dies ist nun fürs erste geschehen, gewährt man mir nun meine Bitte so geht der Prozeß ruhig fort ehe sich die Herzogin einmischt. [27] [Anderthalb Seiten durch Ausstreichung unleserlich gemacht.] [28] Sie sehen also wie sicher ich bin, wie ich sagen kann daß man die Sicherheit sicher gemacht hatt. Nun bitte ich Sie aber dringend lieber Freund zweierlei zu erfüllen weil davon das Wohl meines Lebens abhängt. Erstlig um alles in der Welt ja aus diesem Briefe nichts mitzutheilen waß H. v. H[umboldt] angeht. Dagegen brauchen Sie die Theilnahme der Herzogin nicht zu verschweigen, alles aber wie sich die Humboldsche Familie genommen hatt lassen Sie in Stilschweigen begraben sein, erwähnen Sie es nicht gegen F[rau] v. Staël weil diese wie gesagt glauben könte sie könte alles durch einen Brief an H[umboldt] gut machen und dies könte nur ihn und sie erboßen und mich erniedrigen. Von der Herzogin sprechen Sie aber auch nicht so daß Sie die Plane welche sie hatt mittheilen, sondern daß habe ich [29] ihnen vertraut, und Sie sehen wohl ein daß ich sie als eine Fürstin nicht so compromitiren kann, daß alles waß sie sich vornimt für mich zu thun bekant wird, dieß wäre der Weg es ihr unmöglig zu machen. Ich kenne Sie ja und brauche also nichts weiter zu sagen als sein Sie klug und vorsichtig. Meine zweite Bitte an Sie ist, alles waß in Ihren Kräften steht dazu beizutragen damit mein Prozes in Berlin gut entschieden wird. Dazu nun ist nöhtig daß Sie einen Theil Ihrer Zeit mir aufopfern und ich bin von Ihnen überzeugt daß Sie es gerne thun werden. Zuerst also da wir Ihren Brief mit abgegeben haben als ein Zeugniß für mich, so sehen Sie ein daß Sie als Zeuge mit in dem Prozeß verwikelt werden. Sie müssen sich nun alles so viel als möglig ins Gedächtniß zurickrufen und mir thun Sie einen großen Dienst wen[n] Sie nun so bald als möglig die Summe welche Ihnen möglig sein wird an Hufeland absenden. Sie sehen wohl daß es mir um so lieber sein muß um wie viel diese Summe größer sein kann als wir uns erst vorgesezt hatten. Dan bitte ich Sie weil ich aus vielen Gründen vermuhte [30] daß B[ernhardi] mich bei Fichte ungeheuer verläumdet, und diesen dadurch bewogen hatt, dringend für ihn an Humbold zu schreiben, und darin wohl zum theil der Grund der Veränderung liegen mag, an Fichte zu schreiben. Sie können es ja mit einer guten Art indem Sie ihm schreiben Sie hätten in Erfahrung gebracht wie sündlig B[ernhardi] mich verläumde indem er thue als ob in meiner Verschwendung der Grund seiner Oekonomischen Unordnung, in meinem und Ihrem leichtsinnigen Betragen aber welches er vorgiebt das es ihn zur Verzweiflung gebracht habe, der Grund seiner andern Ausschweifungen liege. Sie können ihm ja sagen daß Sie nicht zweifelten er würde ihm den Fichte mit ähnlichen Erzählungen hintergangen haben, und so hielten Sie es für eine Nohtwehr auf der einen Seite und auf der andern für Ihre Schuldigkeit Fichte als einem Manne von Ehre mit der Lage der Sachen bekant zu machen. Ich brauche Ihnen wohl nicht den Inhalt eines Briefes zu sagen den Sie tausendmal besser [31] als ich zu schreiben verstehen. Nur wichtig ist es mir aus sehr vielen Gründen daß Fichte ein wenig über die Sache aufgeklärt wird, den[n] nach seinem Eherecht und nach dem waß ihm B[ernhardi] vorlügt muß er sie nohtwendig zu grausam finden, und sein entsezliches Schimpfen könte mir viel schaden. Dan bitte ich Sie lieber Freund mir doch weitläuftig zu schreiben von wem Sie die Nachricht haben daß Ihr Schneider todt wäre, und wie dieser Gestorbene heißt. Wen[n] Sie dieß nur von meinem Bruder wissen, so werden Sie über einen seltsamen Vorfall erstaunen. Sie werden sich wohl noch erinnern daß Sie einige unbedeutende Sachen bei B[ernhar]dis Schneider machen liessen welche Rechnung die Summe von 15 rth betrug. Sie werden auch wohl wissen daß wir diese Kleinigkeit bezalten. Dieser Mann nahmens Feige ist gestorben, und B[ernhardi] schrieb an meinen Bruder Friedrich in der Zeit in welcher ich schon in München war, die Bücher dieses gestorbenen Schneiders seien so in Unordnung, und die Witwe mache an Sie eine Foderung von über [32] 100 rth und legt einen Brief der Frau bei von welchem er behauptet daß er ihm für Sie gegeben sei, er aber habe um das Postgeld geringer zu machen die äussere leere Seite mit der Adresse abgeschnitten. Dieser Brief aber welchen mein Bruder gar nicht angesehen hatt paßt gar nicht an Sie wie überall an keinen Menschen der schon seit einem Jahre abwesend war, und dessen Abreise wie die Ihrige in allen Zeitungen bekant gemacht wurde. Wohl aber an einen der ihr wie B[ernhardi] gegenüber wohnt, und welcher ohne Zweifel oft bei ihr gewesen ist. Den[n] in diesem Briefe wird gesagt daß man immer gehoft hätte der Herr Professor wirde sie besuchen, daß er schon einigemale die Rechnungen bekommen aber keine Notiz davon genommen habe, usw. Ich vermuhte nun daß die Geschichte so ist daß die Bücher des Schneiders in der That in unordnung sind, daß man Ihre kleine Rechnung von 15 rth dem Be[rnhardi] zugeschickt hatt um sie Ihnen zuzustellen, der Brief aber ist ohne Frage an ihn und er hatt vieleicht erwartet, mein Bruder solle [33] ihm das Geld schiken, und so wolle er seine Verlegenheit endigen. Dieß ist mir umso einleuchtender weil er die Rechnung nicht schickt welche doch die Hauptsache wäre, sondern schreibt er wolle sie behalten weil sie ihm manche Unrichtigkeiten zu enthalten schiene, und sie ihm dan dienen könne um auch die Unrichtigkeiten auf der seinigen zu beweisen. Wie soll es den[n] aber erwiesen werden daß die Rechnung unrichtig ist die an Sie gerichtet ist wen[n] Sie sie nicht zu Gesicht bekommen? Auch wen[n] man mir einen Brief von einem dritten schickt und behauptet er ist an mich so pflegt man nicht die Adresse abzuschneiden die es ja einzig beweisen kann. Und welch ein Recht hätte dan B[ernhardi] überall Ihre Briefe aufzumachen. Ich hoffe wir wollen dieß alles in ein klares Licht setzen, darum bitte ich Sie mir alles waß Sie darüber wissen zu schreiben. Dan bitte ich Sie lieber Freund doch ja eine Verfügung zu treffen daß Ihre Bücher von B[ernhardi] weggenommen werden. Schütz hatt sich ja so erbärmlig gezeigt daß Sie gar nicht wissen können ob er den Schlüssel hatt. Oder [34] wen[n] er ihn hatt so ist daß noch viel schlimmer. Den[n] wer hindert B[ernhardi] in seinem Hause zu einem Schrank sich einen Schlüssel machen zu lassen alle Ihre Bücher herauß zu nehmen und zu verkaufen, wen[n] sie nachher fehlen so würde er mit grosser Grobheit sagen waß gehen mich die Bücher an, ich habe keinen Schlüssel dazu gehabt usw. Drum bitte ich Sie, geben Sie doch zum Beispiel Fouquet den Auftrag die Bücher von B[ernhardi] wegzunehmen, und sie bei sich aufzuheben. Machen Sie ihm aber dieß Geschäft dringend und eilig, und lassen Sie B[ernhardi] nichts davon vermuhten sondern Fouquet auf einmal kommen und die Bücher abholen. Ich komme nun noch einmal auf alles waß ich Ihnen geschrieben hatt zurick. Ich beschwöre Sie lieber Freund wen[n] Sie diesen Brief mit Aufmercksamkeit gelesen haben ihn ja sogleich zu vernichten, lassen Sie ihn sich nicht gereuen weil er von meiner Hand ist, ich will Ihnen nächstens einen sehr schönen langen und unschädlichen Brief schreiben, nur vernichten Sie diesen, den[n] niemals ist es klug Briefe, die so gefährlig werden können wie dieser aufzubewahren. Ich halte es für meine Pflicht Sie mei[35]nem treuen Freund von allem zu unterrichten und nicht weil ich es Ihnen nicht anvertraute sondern weil ich denke daß selbst beim Oeffnen der Briefe auf der Post es einer Indiskretion preiß gegeben wäre, so streiche ich lieber die Stelle wieder auß worin ich Ihnen sage waß die Herzogin für mich noch thun will und versichere bloß daß Sie über mein Schicksall völlig ruhig sein können. Ich bin nun so lange in Sorgen biß Sie mir schreiben daß Sie diesen Brief verbrant haben damit er keiner Zufälligkeit mehr unterworfen ist. Noch eines lieber Freund muß ich Sie bitten, wen[n] etwa durch H. v. H[umboldt] an F[rau] v. Stael über mich allerhand seltsame Dienge geschrieben wirden so muß ich Sie auffodern sich an meine Worte zu halten, und wen[n] es nöthig sein solte, ungereimten Diengen zu wiedersprechen. Es ist gar keinem Zweifel unterworfen daß man die Liebe und den Schutz welchen ich hier gefunden habe so darstellen wird, als wäre es eine orndliche Bezalung daß ich auf eine kriechend niedrige Art zur katolischen Religion übergetreten sei, ja man wird nicht ermangeln zu behaupten daß ich es mir mit baarem Gelde habe bezalen lassen, und einen Schein in dem [36] suchen, waß ich über die Herzogin in ansehung meiner Kinder gesagt habe. Es wird der Spot die Herzogin treffen wie dem Cardinal und wie dem Pabste selbst. Auch darüber bin ich es Ihnen und mir schuldig weitläuftig zu sprechen. Sie kennen meine Ansicht der Religion seit vielen Jahren, sie wissen wie selbst in dem waß ich geschrieben habe ehe ich Rom betrat sich wohl sehr deutlig ein Gemüht aussprach daß wohl nur in einer warhaft kristlichen Kirche seine Befriedigung findet. Sie selbst sind wohl weit davon entfernt ein Protestant zu sein und wir haben ja unzählige male über diese Gegenstände gesprochen. Hier nun ist mir dies alles deutlicher, lebendiger geworden, und hier hatt sich mein Geist warhaft mit der Kirche vereinigt. In dieser vereinigung ist mir die zärtliche Freundschaft der Herzogin und des Cardinals erst recht deutlich geworden, und ihre große edle Seele hatt sich mir recht ohne Hülle gezeigt. Weit davon entfernt sind wohl H[umboldt] und F[rau] v. H[umboldt] sich den wahren Zusammenhang liebender Gemühter und der Begebenheuten welche darauß erfolgen zu denken. Weit davon entfernt daß man hier wie wohl H. v. H[umboldt] denckt eine Art von Handel mit der Religion treibt, so war dieser Augenblick der Vereinigung [37] der schönste Moment meines Lebens. Die Herzogin drückte mich mit der grösten Liebe an ihre Brust und nannte mich ihre Schwester, der Cardinal sagte nein an die Stelle meiner Mutter sei sie getreten, und er habe alle Rechte eines Bruders und reichte mir als solcher seine Hand. Und als ein Bruder sprach er nun und in einer Art die wohl H. v. H[umboldt] nicht erwartet. Er sagte mir nemlig daß ja die Religion nur innerlig im Herzen und im Geiste ruhe daß ich so der Kirche angehören solle, aber alles vermeiden wodurch es bekant werden känne damit ich mir dadurch in Berlin nicht schadete, und so ist es seine vorzügligste [Sorge] es vor geheim zu halten. Wen[n] also H. v. H[umboldt] etwaß darüber schreiben solte so ist dieß nur seine Vermuhtung, erstlig weil er sich die Beschützung welche ich hier gefunden nicht anders erklären kann, zweitens aber weil er mir selbst diesen Rath hatt geben lassen in früheren Zeiten. Freilig klang es da sehr gemein wie mir der D[ocktor] Kohlrausch sagte, ich an ihrer Stelle würde hier katolisch so könte man mir nichts anhaben, den[n] hier liesse man eher eine Armee anrüken als daß man Seelen wieder hergäbe. Daß kann H. v. H[umboldt] auch nicht läugnen. Wen [n] Sie aber ja solten Nachrichten bekommen als hätte ich mit den Schutz auch Geld bekommen so sind dieß ge[38]meine Lügen. Ich glaube eben daß sich die grosse Liebe welche man für mich hatt darauf gründet, weil man meinen Abscheu vor allen Eigennuz kent. Und eben so wie man gewiß kein Mittel versäumen wirde mir beizustehen wen[n] ich warhaft in Noht wäre so vermeide ich jeden Anschein des Bedürfens sorgfältig. Und wie man wohl nicht behaupten kann daß die Herzogin geitzig wäre indem sie so sehr grosse Summen weggiebt, so muß ich es für die wahre Delikatesse der Freundschaft erklären daß sie mir [keine] andere als im Werth ganz unbedeutende Geschenke gemacht, wie eine Freundin sie der andern giebt, die mir nur ein Zeichen der Liebe sein können. Ich kann es mir nicht erklären warum H[umboldts] es uns nicht verzeihen können daß wir in einem schön möblirten Hause wohnen und nicht wie sie es gewolt haben eine Wohnung genommen haben ohne Möbel und diese mit einigen Strohstühlen eingerichtet. Dieser Rath war schon kein guter Wille, der solte uns sehr in der Niedrigkeit halten. Den[n] hätten wir uns nur einigermassen menschlig einrichten wollen so hätte uns dieß wie ich nun wohl weiß da ich Rom recht gut kenne eine [39] ganz tüchtige Summe gekostet. Also daß konte ihre Meinung nicht sein, so war den[n] folglig die Absicht ganz gemein in den leeren Wänden mit einigen Strohstühlen und schlechten Tischen zu leben. Da dieß nun nicht der Fall ist so suchen sie verschiedene Quellen natürlig aus denen wir Geld haben. Es geht so weit das sie meinen Bruder Friedrich völlig zu unterdrüken suchen indem F[rau] v. H[umboldt] die Miene annimt als ob sie ihn als einen jungen Menschen gern protegiren wolte. So hatt der Bruder die Büste von Allexzander H[umboldt] gemacht, und ich brauche Ihnen wohl nicht erst zu sagen daß bei meinem Bruder nicht die Rede davon sein kann ob ihm eine Büste geräth oder nicht. Aber diese ist wirklig sehr gut. F[rau] v. H[umboldt] hatt aber in der Voraussetzung daß sie mein Bruder ihnen geben wird überall gesagt daß es recht schade wäre daß ihm die Büste so gar nicht gerathen sei daß sie es recht gerne gesehn haben wirde wen[n] sie gut geworden wäre um sie bei sich aufzustellen weil doch viele Leute zu ihnen kämen die sie dort sehen könten, und so könne sie ihn doch empfehlen. Wie lächerlig ist [40] dieß in jeder Rücksicht, erstlig daß sie meinen Bruder wie einen ganz jungen Menschen behandelt der eben erst anfängt und protecktion von allen Seiten bedarf, der doch schon als ein in Deutschland anerkanter Künstler hieher komt. Zweitens aber macht sie durch dieß voreilige Sprechen es meinem Bruder unmöglig ihr die Büste welche er jezt in Marmor macht und wirklig zum Geschenk für sie bestimt hatte zu geben, und so geht dieser schöne Plan zu grunde, den[n] er wird sie nun nach Berlin dem Könige schicken, der A[lexander] H[umboldt] mit so grosser auszeichnung aufgenommen hatt, und dem also ein so wohl gerathenes, und so ausserorndlich ähnliches Bild eine Freude machen wird. Uebrigens sehen Sie wohl ein daß auch in dieser Rücksicht die Bestrebungen lächerlig sind. Mein Bruder macht jezt die Büste des Kardinal Vikarius der nie sein Bild hatt machen lassen und also meinen Bruder sehr auszeichnet daß er diese Ausnahme mit ihm macht. Wie viele Menschen verehren den Cardinal und wie viele bewerben sich um seine Gunst weil sie seiner bedürfen, alle diese Stimmen hatt er auf einmal. Waß die Herzogin thun kann um ihn zu empfehlen [41] versteht sich auch von selbst und gar nicht onmöglig ist es daß der Pabst sich für ihn interessirt. Und wodurch hatt den[n] Canova diesen Ruf gewonnen als weil der hiesige Hof sich für ihn interressirt? Waß übrigens die vielen Menschen betrift welche H[umboldt] sehen so kann ich in jedem Augenblick einen gleichen Zirkel bei mir versammeln, und die ausgestelten Kunstwerke würden dan in meinem eignem Hause gesehen. Sie sehen wohl ein welchen Effeckt es auch für meinen Bruder macht wen[n] mich die Herzogin dem Pabste öffentlig und feierlig vorstelt und ich ihn dan öfter sehe. Bis jezt ist es nur noch aufgeschoben um nicht ein neues Geschwäz über die Religion zu veranlassen, und ich habe es noch vermieden weil mir jezt grade Geld fehlt mir ein samtnes Kleid und dergleichen anzuschaffen. Dan aber wen[n] dies erst geschehen ist lasse ich mich in einigen der grösten Häuser vorstellen, und die Pabst, die Herzogin und die Cardinälle mit Auszeichnung behandlen, wird man überall gern aufnehmen. Welch eine andere Bahn ist dadurch auch zugleich dem Bruder geöffnet, ich glaube daß noch kein Künstler [42] unter solchen Aussichten hier gewesen ist. Sie sehen aber wohl unter diesen Umständen ein das H[umboldt] nicht über das Basrelief an F[rau] v. Stael etwaß erfreuliches schreiben wirde wie Sie wünschten, daß überall mein Bruder auch nicht den leisesten Schein veranlassen kann als wolte er H[umboldt] über sich urtheilen lassen. Ich hoffe daß F[rau] v. Stael selbst damit zufrieden sein wird und daß sein Nahme in einigen Jahren so genant sein soll, daß es für sie ein Gewin ist etwaß von ihm zu besitzen. Nun liebster Freund um in diesem langen Briefe alles zu erschöpfen noch eine Angelegenheit. Haben Sie Egidio und Isabella an Voigt abgeschickt? Ich bitte thun Sie doch alles dazu damit es noch gedruckt [wird]. Sie selbst sagen in Ihrem Briefe B[ernhardis] drückende Gegenwart hätte mich von allen Geistesarbeiten oft abgehalten, wird er nicht selbst wen[n] dieß in der Klage vorkomt antworten: Jezt ist sie 2 Jahre abwesend und jezt hatt sie nichts gethan. Zugleich giebt es mir wen[n] ich die Kinder behalten will ein grosses Gewicht wen[n] ich in der That etwaß womit ich etwas erworben habe aufweisen kann. [43] Flore und Blantscheflur schreibt jezt mein Bruder Ludwig sehr zierlig ab, theils um ein kleineres Paket zu machen, theils um eine Abschrift hier zu behalten wen[n] die eine verlohren gehen solte. Ich denke an diesem Gedicht sollen Sie eine Freude haben. Da nun dieser Brief doch einmal so lang geworden ist so will ich Ihnen auch noch unsere poetische Rache mittheilen welche wir an den D[ocktor] Kohlrausch [nahmen] für all sein Klatschen und verläumden welches er unter der Maske der Treuherzigkeit thut. Dan will ich Ihnen den dreimal verwirrten Anfang einer Romanze mittheilen und wir fodern Sie auf, erst das Original heraußzufinden und es dan fortzusetzen. Hauptsäglig aber wirden Sie uns erfreuen wen[n] Sie den Anfang der alten Romanze auf den König Muhamet[?] fortsetzten. Sie sehen wir sind noch nicht ganz ohne Lustigkeit, und ich hoffe daß ich in der Zukunft meine ganze Heiterkeit die ich so lange verlohren hatte wiederfinden werde. Jezt ist es mir aber doch eine Zeitlang schlecht gegangen, ich war recht kranck und ohne den Beistand des Arztes der Herzogin hätte es wohl können gefährlig werden. [44] Meine Kinder sind so gesund und blühend und wachsen sichtlig. Sie werden sich recht freuen wen[n] Sie einmal Ihren Liebling Felix wiedersehen. Glauben Sie aber ja nicht aus dem waß ich Ihnen geschrieben habe daß wir mit H[umboldts] nicht umgiengen. Nein ich habe jezt so viel Welt die Sie mir niemals zutrauten, daß wir ganz freundlig und höflig mit einander sind. Rehberg habe ich gesprochen, er hatt Ihre Mutter in Hannover nach ihrem Unglicke mit dem Beinbruch gesehen, und hat sie ausserorndlig wohl gefunden, diese Nachricht von einem Augenzeugen muß Ihnen Freude machen. Leben Sie recht herzlig wohl, noch einmal, verbrennen Sie diesen Brief und melden Sie mir ja sogleich damit mein Herz wieder ruhig. Erwähnen Sie ja gegen Niemand etwaß anders als die grosse Freundschaft der Herzogin gegen mich. Leben Sie wohl ewig Ihre Freundin
S[ophie] T[ieck]

Auch die Sonnette bitten wir sehr zu verbrennen wir konten es nur nicht lassen Ihnen diesen Scherz mitzutheilen. Bei Ihren Büchern lassen Sie den[n] doch auch die Englischen fodern welche Sie vom Bruder geliehen hatten, und sie Fouquet mit den Ihrigen aufgeben.
×
×