• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Köln · Place of Destination: Unknown · Date: Anfang November 1807
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Köln
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: Anfang November 1807
  • Notations: Absendeort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 26. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Pariser und Kölner Lebensjahre (1802‒1808). Zweiter Teil (Januar 1806 ‒ Juni 1808). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hans Dierkes. Paderborn 2018, S. 266‒267.
  • Incipit: „Proben der neuesten Poesie.
    I. Griechisch.
    Steil zu meist mir steinern versteigender Gott
    Apollon ist. Der bleiern hackrige Wort-
    klump bricht hervor mit [...]“
Proben der neuesten Poesie.
I. Griechisch.
Steil zu meist mir steinern versteigender Gott
Apollon ist. Der bleiern hackrige Wort-
klump bricht hervor mit Weh des Zahns, des Lesenden Lohn.
Knirschend anfangs zu kaun bemüht das Gedicht,
Ihm hängt es im Leim klebend Kiesel-
steine des Buchbinders wie. –
Aber von Zahngrimmen Schmerz
Eilend freier geübt schon,
Braust im geflügelten Hirne
Bald des Hellenen schönere Sylbenwuth.
––––––––––
Altdeutsch.
Es gehen zwei Butzemänner im Reich herum
Mit der kleinen Kilikeia, mit der großen Kumkum.
Der eine klimpert um den Brei herum
Bidibum auf der Trumm, Bidibum, bidibum.
Der andre schaut sich nach den Fräulein um
Mit der kleinen Kilikeia mit der großen Kumkum. |
Sie drehen sich beide recht artig herum
Bidibum Bidibum.
Gute Nacht Butzemänner, dreht euch weiter um,
Mit der kleinen Kilikeia, mit der großen Kumkum.
Wer hat dieß feine Liedlein gemacht? –
Es kamen entlang drei Enten den Bach,
Die haben dieß feine Liedlein u s w.
––––––––––
III Spanisch.
An dem Quell der Langenweile
Lag die Dichtkunst hingegossen,
Ihre Kinder die Vokale
Brachten große Wasserblumen
Aus den Blumen Funken wurden
Kleine Lichter funkelnd kamen,
Die zu Wasser bald erloschen
Als Romanzen Thalwärts eilen,
Die nun fließen und nun funkeln
Auf des Klanges leichten Spuren. |
––––––––––
IV. Das klare Geheimniß.
Vielseitigkeit wird auf des Lebens Gipfeln nur
Gefunden, wo des reinen Daseyns heitres Nichts,
In zarter Redensarten klarem Schein verhüllt,
Auf schwankem Seil der Bildung hin und wieder spielt.
So redʼ und bilde Dich, gebildet rede fort!
Doch was in Kunst, in Reden, Handeln Du beginnst
Es sey Dir niemals ungebildet voller Ernst.
––––––––––
Liebster Bruder,
ich schicke Dir hier einige Späße, denn da das Wetter schon sehr schlecht zu werden anfängt, so darf man das Lachen nicht ganz verlernen. Schreib mir nun wie Sie Dir gefallen; bei dem Griechisch hatte ich den ersten Chor in Schützens Niobe vor Augen.
Vor allen Dingen aber sei ja recht fleißig am Mittelalter. Was giebst Du? – Walther oder den heil. Anno – u doch auch Minnelieder? Der Walther wäre aber gewiß noch schöner als der Anno. – Könntest Du nicht auch, einiges aus Deinem LitterHeft über das Mittelalter als litterarische Umrisse auswählen? – Du willst einmal etwas Ganzes über Geschichte der Poesie liefern. Aber das geschieht doch so bald nicht, u Du nimmst Dir also eigentlich nichts dadurch vorweg Thu es, wenn es nicht mit wichtigeren Zwecken streitet. Vor allem aber schreib mir ja recht bald u recht ausführlich. Herzlich freuen soll es mich, wenn die Zwerge Dir einen Augenblick Deutscher guter Laune gewähren. – Meine Frau grüßt herzlich. Friedrich

Hast Du gedichtet, so schick mir ja eine Abschrift.
Proben der neuesten Poesie.
I. Griechisch.
Steil zu meist mir steinern versteigender Gott
Apollon ist. Der bleiern hackrige Wort-
klump bricht hervor mit Weh des Zahns, des Lesenden Lohn.
Knirschend anfangs zu kaun bemüht das Gedicht,
Ihm hängt es im Leim klebend Kiesel-
steine des Buchbinders wie. –
Aber von Zahngrimmen Schmerz
Eilend freier geübt schon,
Braust im geflügelten Hirne
Bald des Hellenen schönere Sylbenwuth.
––––––––––
Altdeutsch.
Es gehen zwei Butzemänner im Reich herum
Mit der kleinen Kilikeia, mit der großen Kumkum.
Der eine klimpert um den Brei herum
Bidibum auf der Trumm, Bidibum, bidibum.
Der andre schaut sich nach den Fräulein um
Mit der kleinen Kilikeia mit der großen Kumkum. |
Sie drehen sich beide recht artig herum
Bidibum Bidibum.
Gute Nacht Butzemänner, dreht euch weiter um,
Mit der kleinen Kilikeia, mit der großen Kumkum.
Wer hat dieß feine Liedlein gemacht? –
Es kamen entlang drei Enten den Bach,
Die haben dieß feine Liedlein u s w.
––––––––––
III Spanisch.
An dem Quell der Langenweile
Lag die Dichtkunst hingegossen,
Ihre Kinder die Vokale
Brachten große Wasserblumen
Aus den Blumen Funken wurden
Kleine Lichter funkelnd kamen,
Die zu Wasser bald erloschen
Als Romanzen Thalwärts eilen,
Die nun fließen und nun funkeln
Auf des Klanges leichten Spuren. |
––––––––––
IV. Das klare Geheimniß.
Vielseitigkeit wird auf des Lebens Gipfeln nur
Gefunden, wo des reinen Daseyns heitres Nichts,
In zarter Redensarten klarem Schein verhüllt,
Auf schwankem Seil der Bildung hin und wieder spielt.
So redʼ und bilde Dich, gebildet rede fort!
Doch was in Kunst, in Reden, Handeln Du beginnst
Es sey Dir niemals ungebildet voller Ernst.
––––––––––
Liebster Bruder,
ich schicke Dir hier einige Späße, denn da das Wetter schon sehr schlecht zu werden anfängt, so darf man das Lachen nicht ganz verlernen. Schreib mir nun wie Sie Dir gefallen; bei dem Griechisch hatte ich den ersten Chor in Schützens Niobe vor Augen.
Vor allen Dingen aber sei ja recht fleißig am Mittelalter. Was giebst Du? – Walther oder den heil. Anno – u doch auch Minnelieder? Der Walther wäre aber gewiß noch schöner als der Anno. – Könntest Du nicht auch, einiges aus Deinem LitterHeft über das Mittelalter als litterarische Umrisse auswählen? – Du willst einmal etwas Ganzes über Geschichte der Poesie liefern. Aber das geschieht doch so bald nicht, u Du nimmst Dir also eigentlich nichts dadurch vorweg Thu es, wenn es nicht mit wichtigeren Zwecken streitet. Vor allem aber schreib mir ja recht bald u recht ausführlich. Herzlich freuen soll es mich, wenn die Zwerge Dir einen Augenblick Deutscher guter Laune gewähren. – Meine Frau grüßt herzlich. Friedrich

Hast Du gedichtet, so schick mir ja eine Abschrift.
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