• Heinrich Voß to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Weimar · Place of Destination: Auxerre · Date: 08.08.1806
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Heinrich Voß
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Weimar
  • Place of Destination: Auxerre
  • Date: 08.08.1806
  • Notations: Vgl. Krisenjahre, Bd. 3: „Der Brief kam in Schlegels Hände erst bei seiner am 7. Mai 1807 erfolgten Rückkehr nach Coppet [...]“.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 354‒355.
  • Incipit: „[1] Weimar d. 8. August 1806.
    Wohlgeborener,
    Hochzuverehrender Herr,
    Erlauben Sie mir, daß ich die erste würdige Gelegenheit, die sich mir darbietet, ergreife, Ihnen [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-6
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,21,92
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 24,2 x 19,1 cm
[1] Weimar d. 8. August 1806.
Wohlgeborener,
Hochzuverehrender Herr,
Erlauben Sie mir, daß ich die erste würdige Gelegenheit, die sich mir darbietet, ergreife, Ihnen zu sagen, wie herzlich ich Sie von jeher als Dichter, Sprachbildner und Kritiker verehrte; und daß ich dies ohne Rückhalt thue, im Vertraun auf Ihre mir oft gerühmte Humanität und Güte.
Mit einiger Schüchternheit überreiche ich Ihnen einliegende zwei Büchelchen, die Frucht vom Studium Ihrer Shakspeareübersezung. Ich war ein 16jähriger Knabe, als der erste Band Ihres Shakspeare erschien; aber wohl keiner hat sich inni[2]ger daran erlabt, wie ich damals. Mit der Erscheinung jedes neuen Bandes erneute sich meine Freude; und als das Werk in Stocken gerieth, habe ichʼs schmerzlich empfunden. – Was mich bewogen hat, eine Othelloübersezung in Ihrem Geiste zu versuchen, habe ich in der Vorrede kürzlich erläutert. Auch eine Learübersezung zu unternehmen, war einer der lezten Wünsche Schillers an mich, und als ein solcher mir heilig. – Da ich während des Übersezens strebte, meiner Arbeit die höchste Vollendung zu geben, so war zugleich meine Absicht, jede künftige Übersezung, auch die Ihrige, überflüssig zu machen; jezt, da ich einsehe, wie wenig der Ausgang meiner Absicht entsprochen hat, möchte ich Sie ersuchen, daß Sie den Werth meiner Übersezung öffentlich andeuteten. Sie sind der einzige Richter, den ich anerkenne, und wenn Sie mir Ihren Ausspruch entziehʼn, so wird es mir ergehn, wie Ihnen: ich werde für meine Shakspeareübersezung keinen Recensenten finden. Wollen Sie dagegen meine Arbeit als eine practische Recension Ihres Shakspeare ansehen, so wird es mich herzlich freuen, wenn Sie mir das Zeugnis geben können, ich habe Ihre Grundsäze vollkommen verstanden, ich sei Ihr Schüler im eigentlichsten Sinne dieses Wortes. Dann erhielte ich auch wahrscheinlich die Freude, in [3] Zukunft, Teile meiner Übersezung in die Ihrige vom Lear und Othello aufgenommen zu sehn.
Erlauben Sie mir, ehʼ ich schließe, eine Bitte. Darf ich Gebrauch von dem von Ihnen übersezten Fragmente aus den Eumeniden machen für meine Aeschylosübersezung? Hätten Sie sonst noch einzelne übersezte Partieen aus dem Äschylos, um die ich Sie ansprechen dürfte? Nächstens erscheint in der J.[enaischen] A.[llgemeinen] L.[iteratur] Z.[eitung] eine Probe meiner Übersezung; und ihr Wehrt mag entscheiden, ob Sie in meine leztere Bitte einzuwilligen in Stande sind.
Verzeihen Sie mir wenn ich Ihre Geduld gemisbraucht habe, und entschuldigen Sie es durch meine Liebe zu Ihnen, die geschwäzig und zutraulich macht. Ich nenne mich, verehrter Mann, Ihren ergebenen
Johann Heinrich Voß
[4]
[1] Weimar d. 8. August 1806.
Wohlgeborener,
Hochzuverehrender Herr,
Erlauben Sie mir, daß ich die erste würdige Gelegenheit, die sich mir darbietet, ergreife, Ihnen zu sagen, wie herzlich ich Sie von jeher als Dichter, Sprachbildner und Kritiker verehrte; und daß ich dies ohne Rückhalt thue, im Vertraun auf Ihre mir oft gerühmte Humanität und Güte.
Mit einiger Schüchternheit überreiche ich Ihnen einliegende zwei Büchelchen, die Frucht vom Studium Ihrer Shakspeareübersezung. Ich war ein 16jähriger Knabe, als der erste Band Ihres Shakspeare erschien; aber wohl keiner hat sich inni[2]ger daran erlabt, wie ich damals. Mit der Erscheinung jedes neuen Bandes erneute sich meine Freude; und als das Werk in Stocken gerieth, habe ichʼs schmerzlich empfunden. – Was mich bewogen hat, eine Othelloübersezung in Ihrem Geiste zu versuchen, habe ich in der Vorrede kürzlich erläutert. Auch eine Learübersezung zu unternehmen, war einer der lezten Wünsche Schillers an mich, und als ein solcher mir heilig. – Da ich während des Übersezens strebte, meiner Arbeit die höchste Vollendung zu geben, so war zugleich meine Absicht, jede künftige Übersezung, auch die Ihrige, überflüssig zu machen; jezt, da ich einsehe, wie wenig der Ausgang meiner Absicht entsprochen hat, möchte ich Sie ersuchen, daß Sie den Werth meiner Übersezung öffentlich andeuteten. Sie sind der einzige Richter, den ich anerkenne, und wenn Sie mir Ihren Ausspruch entziehʼn, so wird es mir ergehn, wie Ihnen: ich werde für meine Shakspeareübersezung keinen Recensenten finden. Wollen Sie dagegen meine Arbeit als eine practische Recension Ihres Shakspeare ansehen, so wird es mich herzlich freuen, wenn Sie mir das Zeugnis geben können, ich habe Ihre Grundsäze vollkommen verstanden, ich sei Ihr Schüler im eigentlichsten Sinne dieses Wortes. Dann erhielte ich auch wahrscheinlich die Freude, in [3] Zukunft, Teile meiner Übersezung in die Ihrige vom Lear und Othello aufgenommen zu sehn.
Erlauben Sie mir, ehʼ ich schließe, eine Bitte. Darf ich Gebrauch von dem von Ihnen übersezten Fragmente aus den Eumeniden machen für meine Aeschylosübersezung? Hätten Sie sonst noch einzelne übersezte Partieen aus dem Äschylos, um die ich Sie ansprechen dürfte? Nächstens erscheint in der J.[enaischen] A.[llgemeinen] L.[iteratur] Z.[eitung] eine Probe meiner Übersezung; und ihr Wehrt mag entscheiden, ob Sie in meine leztere Bitte einzuwilligen in Stande sind.
Verzeihen Sie mir wenn ich Ihre Geduld gemisbraucht habe, und entschuldigen Sie es durch meine Liebe zu Ihnen, die geschwäzig und zutraulich macht. Ich nenne mich, verehrter Mann, Ihren ergebenen
Johann Heinrich Voß
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