• Ludwig Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Dresden · Place of Destination: Bonn · Date: 27.03.1822
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Ludwig Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Dresden
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 27.03.1822
    Printed Text
  • Bibliography: Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel. Briefe. Hg. v. Edgar Lohner auf der Grundlage der von Henry Lüdeke besorgten Edition. München 1972, S. 176‒178.
  • Incipit: „[1] Dresden, den 27ten März 1822
    Mein innigst geliebter Freund,
    Wie lange ist es nun schon, daß ich Dich nicht gesehn, daß ich [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-36934
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.28,Nr.81
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 23,4 x 19,1 cm
[1] Dresden, den 27ten März 1822
Mein innigst geliebter Freund,
Wie lange ist es nun schon, daß ich Dich nicht gesehn, daß ich Dir nicht geschrieben habe. Seit Jahren verfehle ich Dich immer da, wo ich Dich am gewissesten zu finden hoffe, so noch im Jahr 1817 in Paris, welches Du eben damals verlassen hattest. Meinen Dank für die Indische Bibliothek bin ich Dir auch noch schuldig, es scheint aber, es ist noch kein drittes Stück davon erschienen. Seit dem Jahr 1805 ist mein Gesundheits-Zustand so, daß ich fast immer zu klagen Ursach habe. Du erfreust Dich eines ungestörten Wohlseins. Ich bin abwechselnd fleissig, auch heiter, studire fast immer, wenn ich auch nicht immer arbeiten kann. Freilich sollte mehr geschehn, auch sollte ich wohl die wichtigeren Sachen voran schicken, und manches andre liegen lassen; aber man kann nicht immer seinen Launen, oder den Umständen gebiethen.
Der Dir diesen Brief überbringt, ist ein sehr werther Freund von mir, der sich vorigen Herbst und jezt wieder hier in Dresden aufgehalten hat, und den ich täglich gesehn habe; er ist ein Schüler des berühmten Wyttenbach, ein Dr. Thorbeck aus Leyden. Er hat sich mit der deutschen [2] Philosophie sehr vertraut gemacht, hat unsre Universitäten und die vorzüglichsten Gelehrten kennen gelernt, und ist jezt auf der Rückreise nach Holland begriffen. Ich bitte, ihn um meinetwillen freundlich aufzunehmen, da er sich sehr freut, Deine Bekanntschaft zu machen. (Verwechsle ihn aber nicht mit jenem lustigen Bruder Thorbeck, der jezt in Heidelberg sein Wesen treibt, sie sind entfernte Verwandte.)
Immer träume ich darüber, wie ich es möglich machen könnte, Dich einmal wieder zu sehn. Vielleicht gelingt es mir, ein Reiseprojekt zu realisiren, und Dich einmal in Bonn zu besuchen. Ich freue mich immer, wenn ich einmal von Dir höre; so war ich im vorigen Herbst so glücklich, als mir der Prof. Walcke von Dir erzählte. Ist denn keine Hoffnung, daß Du einmal in diese Gegend wieder kommen möchtest?
Deine Schwester ist recht wohl; auch befindet sich Deine Nichte in München froh und gesund. Die Meinigen erfreuen sich ebenfalls einer ununterbrochenen Gesundheit, nur ich leide für die ganze Familie. Wenn wir [3] uns wieder sehn sollten, würden wir uns nach so vielen Jahren manches zu erzählen haben. Ich hoffe nun bald mit meinen Englischen Arbeiten dem Schlusse nahe zu sein, eben so mit vielen poetischen, die ich schon längst angefangen und entworfen hatte. In Dresden lebt es sich sonst angenehm, nur fehlt es an Freunden, denen man sich mittheilen könnte: diejenigen, mit denen ich hier umgehe, und die ich für die besten halte, sind nur Dilettanten, darum eben war mir Thorbeck eine so erfreuliche Erscheinung, mit dem ich wieder so, wie ehemals mit Dir, Friedrich, Hardenberg, und späterhin mit Solger sprechen konnte. Mache mir die Freude, mir in einer müssigen Stunde etwas von Dir zu sagen, und behalte lieb
Deinen
alten, Dich treu liebenden Freund
L. Tieck.
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[1] Dresden, den 27ten März 1822
Mein innigst geliebter Freund,
Wie lange ist es nun schon, daß ich Dich nicht gesehn, daß ich Dir nicht geschrieben habe. Seit Jahren verfehle ich Dich immer da, wo ich Dich am gewissesten zu finden hoffe, so noch im Jahr 1817 in Paris, welches Du eben damals verlassen hattest. Meinen Dank für die Indische Bibliothek bin ich Dir auch noch schuldig, es scheint aber, es ist noch kein drittes Stück davon erschienen. Seit dem Jahr 1805 ist mein Gesundheits-Zustand so, daß ich fast immer zu klagen Ursach habe. Du erfreust Dich eines ungestörten Wohlseins. Ich bin abwechselnd fleissig, auch heiter, studire fast immer, wenn ich auch nicht immer arbeiten kann. Freilich sollte mehr geschehn, auch sollte ich wohl die wichtigeren Sachen voran schicken, und manches andre liegen lassen; aber man kann nicht immer seinen Launen, oder den Umständen gebiethen.
Der Dir diesen Brief überbringt, ist ein sehr werther Freund von mir, der sich vorigen Herbst und jezt wieder hier in Dresden aufgehalten hat, und den ich täglich gesehn habe; er ist ein Schüler des berühmten Wyttenbach, ein Dr. Thorbeck aus Leyden. Er hat sich mit der deutschen [2] Philosophie sehr vertraut gemacht, hat unsre Universitäten und die vorzüglichsten Gelehrten kennen gelernt, und ist jezt auf der Rückreise nach Holland begriffen. Ich bitte, ihn um meinetwillen freundlich aufzunehmen, da er sich sehr freut, Deine Bekanntschaft zu machen. (Verwechsle ihn aber nicht mit jenem lustigen Bruder Thorbeck, der jezt in Heidelberg sein Wesen treibt, sie sind entfernte Verwandte.)
Immer träume ich darüber, wie ich es möglich machen könnte, Dich einmal wieder zu sehn. Vielleicht gelingt es mir, ein Reiseprojekt zu realisiren, und Dich einmal in Bonn zu besuchen. Ich freue mich immer, wenn ich einmal von Dir höre; so war ich im vorigen Herbst so glücklich, als mir der Prof. Walcke von Dir erzählte. Ist denn keine Hoffnung, daß Du einmal in diese Gegend wieder kommen möchtest?
Deine Schwester ist recht wohl; auch befindet sich Deine Nichte in München froh und gesund. Die Meinigen erfreuen sich ebenfalls einer ununterbrochenen Gesundheit, nur ich leide für die ganze Familie. Wenn wir [3] uns wieder sehn sollten, würden wir uns nach so vielen Jahren manches zu erzählen haben. Ich hoffe nun bald mit meinen Englischen Arbeiten dem Schlusse nahe zu sein, eben so mit vielen poetischen, die ich schon längst angefangen und entworfen hatte. In Dresden lebt es sich sonst angenehm, nur fehlt es an Freunden, denen man sich mittheilen könnte: diejenigen, mit denen ich hier umgehe, und die ich für die besten halte, sind nur Dilettanten, darum eben war mir Thorbeck eine so erfreuliche Erscheinung, mit dem ich wieder so, wie ehemals mit Dir, Friedrich, Hardenberg, und späterhin mit Solger sprechen konnte. Mache mir die Freude, mir in einer müssigen Stunde etwas von Dir zu sagen, und behalte lieb
Deinen
alten, Dich treu liebenden Freund
L. Tieck.
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