• Karl von Hardenberg to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Weißenfels · Place of Destination: Unknown · Date: 02.12.1807
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Karl von Hardenberg
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Weißenfels
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 02.12.1807
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 485‒487.
  • Incipit: „Weißenfels d. 2ten Dezbr. 1807
    Hier erhalten Sie, mein geliebter Freund, Florio und Blanscheflur; Sophie schrieb mir vor einigen Tagen, daß ich [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-7
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,28,5
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 20,8 x 17,6 cm
Weißenfels d. 2ten Dezbr. 1807
Hier erhalten Sie, mein geliebter Freund, Florio und Blanscheflur; Sophie schrieb mir vor einigen Tagen, daß ich sie Ihnen zusenden mögte. Wie es mit der HerausGabe desselben wird, weiß ich noch nicht zu bestimmen; der Buchhandel liegt so gänzlich, daß ich noch keinen Verleger weiß, doch will ich mir alle Mühe geben. – Wollte nur Gott, die Lage unserer Freunde in Prag wäre erträglicher; doch hoffe ich täglich auf Hülfe; Leider scheint sie bis hierher gänzlich unerfüllt; – K[norring]ʼs Vater mag ein nordisches Gemüth haben; doch denke ich noch immer, daß er bald Geld schikken muß; – am Besten für sie wird es immer seyn, wenn sie vor der Hand in P.[rag] bleiben, wo die Wohlfeilheit ihnen die Subsistenz doch möglich macht. So seltsam die Zeit ist, so wird sie mir doch für mich selbst leicht zu ertragen, da ich in einem Hause für die Ewigkeit wohne; täglich sinkt mir die Erde tiefer, und tiefer, und ich denke dadurch mich dem Himmel zu nähern; – die Sorge für so viele meiner Freunde, die jezt in der tiefsten Noth sind, würde mich ängstlich machen, wenn mein Herz nicht mit unauflösbaren Ketten an eine unsichtbare Welt geknüpft wäre. – O! mein werther Freund, nur so konnte ich fortleben, nur so Alles ertragen, was geschehen ist, und kommen wird. – Höchst merkwürdig ist es wie die Geschichte des Königs Pharao sich immer in der jetzigen Zeit wiederhohlt; bey jeder neuen Plage scheint sich das Herz der Menschen mehr zu verhärten, und mögte ich oft den Ahndungen meines Herzens glauben, so ist die Zeit nicht mehr so fern, wo die Quaalen aufs Neue sich schrecklicher als jemals aufthürmen werden, bis ein Meer von Blut die Kinder dieser Welt vertilgen, und nur das Volk Gottes bewahret werden wird. – Hie und da zeigen sich gewiß bald die gräßlichsten Dinge, die man wieder leicht und gleichgültig aufnehmen wird, bis zu dem Tage wo die Arche sich schließt; – Aber wie sichtbarlich schwebt nicht auch Gottes Geist jezt wieder über uns Allen; und mein Herz klopft mit ungestümer Freude, daß wir uns unter einander noch Alle in dem heiligen Schooße wiederfinden, und in unendlicher herrlicher Freude und himmlischen Frieden uns umarmen werden. – Ich bin jezt in mancherley Arbeiten verwikkelt, wobey die Poesie aber eifrig getrieben wird; – Von Katholischen Geistlichen bin ich aufgefordert eine Uebersetzung des neuen Testaments herauszugeben, da 2 Katholische Geistliche van Es, eine höchst neologische jezt geliefert haben, und durch den sehr wohlfeilen Preis alle Menschen zum Kaufen lokken; – ich habe dieses heilige Vorhaben nicht ablehnen mögen; – Es ist keine Frage, daß Styl und Dikzion in den Katholischen deutschen Ausgaben sehr vernachlässigt ist, und vielleicht ist eine Uebersetzung im kräftigern bessern deutsch sehr nothwendig; – bey genauer Prüfung finde ich, daß ich wenig von der Lutherschen abweichen darf, da das deutsch wirklich vortrefflich, sehr passend, und zugleich so sehr populär ist; – Was meynen Sie dazu, geliebter Freund? – da ich kein griechisch kann, so halte ich mich lediglich an 2 lateinischen Ausgaben der Vulgata, einer Französischen, Spanischen und Italienischen, und mehrern Commentaren. – Für die Rezension des D.[ichter] G.[artens] nehmen Sie meinen wärmsten Dank; sie ist ganz nach dem Bedarfe; Ihre Kritik meiner Gedichte sollen Sie mir einmal mündlich strenger mittheilen. – Wüßte ich, daß es Ihnen Freude machte, so sendete ich Ihnen von Zeit zu Zeit einige neue Lieder. – Der Justiz Commissarius Bode schreibt mir, daß er die besten Aussichten zu Ihrem Prozeß hätte, da besonders die Feigeʼschen Erben ganz durchfallen müßten; – Er hat erst 3 Friedrichdʼor von mir gefordert, und erhalten. – Leben Sie wohl, mein geliebter Freund; Gott mit uns Allen! Die h. Jungfrau und alle Heiligen mögen unserer in ihren Gebeten gedenken! – den Winter bleibe ich hier. – Meine Frau und 2 Kinder sind wohl; die erste grüßt Sie unbekannter Weise; Ihr Freund
Carl Hardenberg
Weißenfels d. 2ten Dezbr. 1807
Hier erhalten Sie, mein geliebter Freund, Florio und Blanscheflur; Sophie schrieb mir vor einigen Tagen, daß ich sie Ihnen zusenden mögte. Wie es mit der HerausGabe desselben wird, weiß ich noch nicht zu bestimmen; der Buchhandel liegt so gänzlich, daß ich noch keinen Verleger weiß, doch will ich mir alle Mühe geben. – Wollte nur Gott, die Lage unserer Freunde in Prag wäre erträglicher; doch hoffe ich täglich auf Hülfe; Leider scheint sie bis hierher gänzlich unerfüllt; – K[norring]ʼs Vater mag ein nordisches Gemüth haben; doch denke ich noch immer, daß er bald Geld schikken muß; – am Besten für sie wird es immer seyn, wenn sie vor der Hand in P.[rag] bleiben, wo die Wohlfeilheit ihnen die Subsistenz doch möglich macht. So seltsam die Zeit ist, so wird sie mir doch für mich selbst leicht zu ertragen, da ich in einem Hause für die Ewigkeit wohne; täglich sinkt mir die Erde tiefer, und tiefer, und ich denke dadurch mich dem Himmel zu nähern; – die Sorge für so viele meiner Freunde, die jezt in der tiefsten Noth sind, würde mich ängstlich machen, wenn mein Herz nicht mit unauflösbaren Ketten an eine unsichtbare Welt geknüpft wäre. – O! mein werther Freund, nur so konnte ich fortleben, nur so Alles ertragen, was geschehen ist, und kommen wird. – Höchst merkwürdig ist es wie die Geschichte des Königs Pharao sich immer in der jetzigen Zeit wiederhohlt; bey jeder neuen Plage scheint sich das Herz der Menschen mehr zu verhärten, und mögte ich oft den Ahndungen meines Herzens glauben, so ist die Zeit nicht mehr so fern, wo die Quaalen aufs Neue sich schrecklicher als jemals aufthürmen werden, bis ein Meer von Blut die Kinder dieser Welt vertilgen, und nur das Volk Gottes bewahret werden wird. – Hie und da zeigen sich gewiß bald die gräßlichsten Dinge, die man wieder leicht und gleichgültig aufnehmen wird, bis zu dem Tage wo die Arche sich schließt; – Aber wie sichtbarlich schwebt nicht auch Gottes Geist jezt wieder über uns Allen; und mein Herz klopft mit ungestümer Freude, daß wir uns unter einander noch Alle in dem heiligen Schooße wiederfinden, und in unendlicher herrlicher Freude und himmlischen Frieden uns umarmen werden. – Ich bin jezt in mancherley Arbeiten verwikkelt, wobey die Poesie aber eifrig getrieben wird; – Von Katholischen Geistlichen bin ich aufgefordert eine Uebersetzung des neuen Testaments herauszugeben, da 2 Katholische Geistliche van Es, eine höchst neologische jezt geliefert haben, und durch den sehr wohlfeilen Preis alle Menschen zum Kaufen lokken; – ich habe dieses heilige Vorhaben nicht ablehnen mögen; – Es ist keine Frage, daß Styl und Dikzion in den Katholischen deutschen Ausgaben sehr vernachlässigt ist, und vielleicht ist eine Uebersetzung im kräftigern bessern deutsch sehr nothwendig; – bey genauer Prüfung finde ich, daß ich wenig von der Lutherschen abweichen darf, da das deutsch wirklich vortrefflich, sehr passend, und zugleich so sehr populär ist; – Was meynen Sie dazu, geliebter Freund? – da ich kein griechisch kann, so halte ich mich lediglich an 2 lateinischen Ausgaben der Vulgata, einer Französischen, Spanischen und Italienischen, und mehrern Commentaren. – Für die Rezension des D.[ichter] G.[artens] nehmen Sie meinen wärmsten Dank; sie ist ganz nach dem Bedarfe; Ihre Kritik meiner Gedichte sollen Sie mir einmal mündlich strenger mittheilen. – Wüßte ich, daß es Ihnen Freude machte, so sendete ich Ihnen von Zeit zu Zeit einige neue Lieder. – Der Justiz Commissarius Bode schreibt mir, daß er die besten Aussichten zu Ihrem Prozeß hätte, da besonders die Feigeʼschen Erben ganz durchfallen müßten; – Er hat erst 3 Friedrichdʼor von mir gefordert, und erhalten. – Leben Sie wohl, mein geliebter Freund; Gott mit uns Allen! Die h. Jungfrau und alle Heiligen mögen unserer in ihren Gebeten gedenken! – den Winter bleibe ich hier. – Meine Frau und 2 Kinder sind wohl; die erste grüßt Sie unbekannter Weise; Ihr Freund
Carl Hardenberg
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