• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Köln · Place of Destination: Unknown · Date: 06.01.1808
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Köln
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 06.01.1808
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 491‒495.
  • Weitere Drucke: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 26. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Pariser und Kölner Lebensjahre (1802‒1808). Zweiter Teil (Januar 1806 ‒ Juni 1808). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hans Dierkes. Paderborn 2018, S. 301‒304.
  • Incipit: „[1] Kölln. Den 6ten Januar 1808*)
    Ich eile Dich wenigstens vorläufig mit einigen Worten in Wien zu begrüßen, und Dir für Deinen [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-8
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,I,45
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U
  • Format: 24,7 x 19,8 cm
[1] Kölln. Den 6ten Januar 1808*)
Ich eile Dich wenigstens vorläufig mit einigen Worten in Wien zu begrüßen, und Dir für Deinen obgleich sehr kurzen Brief aus München zu danken. Die meinigen noch nach Coppet addressirten vom 2ten Dec. an Dich, vom 22ten Dec. an Frau von St.[aël], nebst einem durch die Unger gesandten Briefe des von Hagen an Dich werden hoffentlich richtig angekommen [sein]. – Cotta will jetzt das Mittelalter erst nach Ostern erscheinen lassen, und ich glaube wohl daß er dabei dieselbe Absicht hat, weshalb es auch mir sehr recht ist; daß nemlich desto mehr Beiträge von Dir in dem ersten Bande erscheinen können. Da Du nun so viele Zeit mehr hast, so erbitte ich mir von Dir außer dem schon verabredeten, die angebotnen Auszüge aus Schillings burgundischer Geschichte, mit Anmerkungen aus dem auf der letzten Schweizerreise gesammelten. Dieß würde ein herrlicher Beitrag sein, um so mehr da ich wünsche, daß man uns hier gleich von Anfang nicht bloß auf dem gewohnten Felde der Litteratur und Philosophie sondern auch in eigentlich historischen Massen und Denkmahlen reich versehen fände. – Mir fehlt es aber bei einem oder dem andern einzelnen historischen Gegenstande, den ich wohl ausarbeiten möchte, hier zu sehr an den neuern historischen Schriften darüber. – Ich werde mich also im Historischen vorzüglich auf die Einleitung beschränken, die aber ziemlich ausführlich werden wird. in wiefern das Stück was Du übersandt damit, sei es nun darin oder daneben, vereinbar sei, darüber schreibe ich Dir nächstens. Durch Zufälligkeit war ich seit Empfang Deines Briefs zu sehr gestört, um es noch mit rechter Ruhe lesen zu können. – Mit dem Schilling – das schiebe aber ja nicht zu lange auf; die Zeit kömmt einem ohnehin nur allzuschnell über den Kopf. Auch bittet Cotta sehr, ihm immer Manuscript zu schicken, theils um gelegentlich den Druck anzufangen, und auch das Manuscript zu Auszügen für das Morgenblatt zu nutzen. Ich habe ihm dieß letzte nicht für alle aber für einige Beiträge zugesagt. Wann Du ihm also, was ich sehr wünschte, den vollendeten Anno, und den ersten Gesang des Tristan sendest, so bemerke ihm dabei, ob Du irgend einen Auszug zur Probe daraus gestatten kannst; eigentlich ist es wohl bei beiden nicht angebracht. Auch ersuche ich Dich wenn es Dir [2] anders recht ist, ihm bei Uebersendung des Manuscriptes zu schreiben, die Anordnung der einzelnen Beiträge, überliessest Du mir; damit ich im Nothfalle etwas darüber disponiren kann, ohne erst bei Dir anfragen zu müssen. Noch bitte ich Dich so viel es mit Deinem sonstigen Zweck bestehn mag, aus der burgundischen Geschichte nicht grade solche Stellen auszuwählen, welche direkt gegen Oesterreich sind, wenn sich dergleichen etwa darin finden. So muß ich Dich auch recht sehr bitten, die Anspielung auf Dalberg die in dem alten Anno liegen mag, ganz dem alten Heiligen zu überlassen, und nicht eigenes der Art hinzuzufügen. Denn ob Dalberg gleich schwerlich etwas für mich thun wird, so ists mir doch sehr wichtig wegen meiner vielen Verbindungen und wahrscheinlich noch öftern Aufenthaltes in Frankfurt, ihn wenigstens nicht gegen mich zu reizen. – Der trojanische Krieg des Conrad von Würzburg fehlt leider in meinem Exemplar der Myllerschen Sammlung. Aber auch ohne es nachlesen zu können, bin ich gewiß, daß das Lob der Poesie aus der Einleitung ein sehr schöner Beitrag sein würde.
Nun zu andern Dingen, die mir eigentlich für jetzt noch näher am Herzen liegen. Die Rückkehr des Gefangenen habe ich unter dem Nahmen Eckart in das Morgenblatt eingesandt; um so weniger darfst Du wohl ganz bestimmt und authentisch ausdrücklich sagen, daß es von mir sei, doch mache das wie es Dir nach Ort und Zeit am besten scheint. Die Huldigung magst Du mittheilen, bei wem es Dir passend scheint; das werden doch wohl nur sehr wenige sein. Jedermann magst Du sagen, daß ich an einem dramatischen Werke über Karl V arbeite; auch daß ich mich viel mit österreichischer Geschichte überhaupt und zu diesem Behufe beschäftige; aber durchaus nicht, daß ich eine österreichische Geschichte zu schreiben gesonnen sei. Man möchte mir sonst eine zu bestimmte Absicht zuschreiben, und mich in eine Classe setzen, gegen die durch Genz, Müller und so manche andre in Wien nur allzuviel Mistrauen herrschen muß.
Du schriebst mir daß Frau von Staël wünsche, mir in W.[ien] nützlich zu seyn, herzlich soll es mich freuen, wenn sie wirklich sich meiner noch freundschaftlich erinnert. – Mit Empfehlungen muß man äußerst vorsichtig und überdacht zu Werke gehn, damit sie wenigstens nicht schaden. [3] Dieß letzte ist mir einigemal durch freundschaftlich gemeinte, aber zu unbestimmte und zu weit verbreitete Empfehlungen wiederfahren insofern dadurch nur das Bedrängte meiner Lage zu sehr bekannt worden ist, ohne weitern Erfolg als den meinen Feinden einen angenehmen Triumph zu verschaffen. – Aber eine Empfehlung grade am rechten Orte, nach reif durchdachtem Plane im günstigen Augenblick mit der entscheidendsten Stärke vorgetragen und durchgeführt – könnte leicht meinem ganzen äußern Geschick eine bessre Richtung geben.
Meine 2 letzten Briefe an Dich enthalten so viel Bitten und Rathschläge um Vorsicht, daß Du vielleicht schon darüber gelacht hast. Damit Du indessen siehst, wie aufmerksam man auf jeden Eurer Schritte ist, kann ich Dir sagen, daß ich schon aus einer andren Quelle auf einem großen Umwege (über Hamburg) mehr von Eurem Aufenthalt in München weiß, als Du mir geschrieben hast. – Man weiß nun schon in ganz Deutschland daß die Staël alle Abende bei Jakobi war, und daß man Dich nie ohne Schelling sah. Das erste finden die Leute wohl ganz in der Ordnung, über das letzte mögen sie wohl allerlei Glossen machen. – Hast Du die Frau auch gesehn? – Ich finde nur das daran auszusetzen, daß Du eigentlich zu unvorsichtig bist, um Dich Deiner edeln Gutmüthigkeit so überlassen zu dürfen; da ich so gewiß bin, daß diese Menschen keinen andern Grund hatten, Dich aufzusuchen als die Absicht Dir so viel als möglich abzuhorchen; theils Deine Ideen, da Schelling jetzt einen gewaltigen Drang fühlt, über Kunst zu schwadroniren, wobei es ihm aber leider nur an eignen Gedanken darüber fehlt, daher ihm denn nichts erwünschter sein kann, als von den Deinigen oder meinigen bei Gelegenheit Besitz ergreifen zu können; theils aber auch was irgend Stoff oder Gelegenheit zu einer Klatscherei oder Verläumdung gegen uns besonders gegen mich werden kann. – Wie war denn Jakobi gegen Dich, und was denkst Du zu der ganzen Akademie? Ihre Reden wollen aber nicht viel sagen. – Du hast doch ja dem Aretin einige Aufmerksamkeit erwiesen? Er ist für unsern Zweck wichtig. – Lieber Freund, Du mußt mir nothwendig mehr schreiben, solltest Du auch einmal eine halbe Nacht daran geben, wie ich es jetzt auch sehr oft, bloßen Arbeitens wegen thue. – Ich habe nun auch Schützens Gräfin von Gleichen gelesen; sie ist noch toller verunglückt als die Niobe. – Ich habe einige Recensionen in der neuen Heidelberger Litteratur Zeitung übernommen; sind sie erst fertig sage ich Dir welche. – Schreib, schreib, schreib!!! Ich umarme Dich herzlich so wie meine Frau Dich grüßt.
Friedrich S.[chlegel]

[4] Es ist noch so manches zu schreiben, daß ich die letzte Seite die eigentlich zum Couvert dienen sollte, noch mit anfüllen muß.
Das indische Werk ist schon mehr als sechs Wochen vollständig in den Händen des Verlegers; auch schreibt mir Creuzer von Heidelberg es sei wirklich im Druck. Doch wirds nicht sehr schnell gehn, – immer aber schnell genug, daß Du es in Wien selbst vertheilen kannst, wenn Du es nicht gar zu bald wieder verläßest. Erkundige Dich immer vorläufig nach den dortigen Orientalisten und gieb mir einige Kundschaft von ihnen. – Einer derselben, den ich durch Reinhards (und aus einer Schrift von ihm) vom Hörensagen und Empfehlung kenne, Herr von Hammer, ist wohl schon wieder in Jassy? –
Vergiß nicht für mich auf der Wiener Bibliothek nach Deutschen Handschriften oder alten Editionen von Henricus Suso (Henrich Süß) besonders aber von Meister Eckart (Magister Eccardus) zu fragen.
Der Wechsel von 10 L[ouis]dor ist nun endlich in Hannover richtig angekommen. Karl verliehrt beträchtlich durch die Abtrennung von Grubenhagen und Göttingen; und scheint auch für Moritz besorgt. Charlotte ist wohl, Ernst ist mit dem König in Pohlen.
Werdet Ihr nicht vielleicht von Wien über Prag nach Dresden gehn? – – Wird der Florio der Bernhardi nicht bald gedruckt werden?

Wenn Ihr bis Ostern in Wien bleibt, so denke ich gewiß Dir noch das erste Stück des Karl oder wenigstens mehre Acte dahin schicken zu können. – Ich habe Fleiß und Geduld wirklich so weit getrieben, einen beträchtlichen Theil von Luthers Schriften zu lesen. Für die Geschichte, das Innre Tiefe Einzelne derselben war mirs sehr lehrreich. Das Personnage selber kann ich aber in meinem Stück nicht brauchen. Ulrich von Hutten und Franz von Sickingen sollen mir statt dessen besser dienen.
Denke Dir nur, daß ich jetzt mit einemmale in das Canonicat eingerückt bin, das ich ganz vergessen hatte. Von den Einkünften würde ich erst 1810 etwas bekommen; indessen bin ich nur besorgt wie ich mir die ganze Sache mit guter Manier vom Halse schaffen soll, da ich nichts unterschreiben oder vorgeben kann was gegen mein Gewissen ist und auf der andern Seite in Furcht bin, die Mutter erfährt die Ursache der Weigerung. – Gieb mir doch Deinen Rath.
[3] Von einer Seite könnt Ihr, Du und auch die Frau von Staël mir gewiß nützen. – Da ich den Umständen nach meine Verheirathung nicht in öffentlichen Blättern anzeigen konnte, so giebt es gewiß noch manche Menschen in Deutschland die voraussetzen daß ich nicht verheirathet sei, oder sonst von alter Zeit etwas uneben in dieser Rücksicht von mir denken; im Vorbeigehn ein Wort von Dir oder von der Frau von Stael noch mehr – über mein häusliches Verhältniß wie es ist, mit Würde gesagt, kann daher sehr vortheilhaft und gewiß nicht überflüßig sein.
[2] Siehst Du den Geschichtschreiber von Hormayr, so empfiehl mich ihm und sag ihm, daß ich seine Geschichte von Tyrol mit grossem Interesse gelesen habe. Er ahmt nur zu sehr den Müllerschen Styl nach.
[1] Ich habe wohl im Sinne gehabt auch an Jakobi und Schelling ein Exemplar meines indischen Werks zu schicken, da ich gar keine Ursache finde, einen solchen zwecklosen Schein von Feindschaft fortzusetzen. Doch aber erwarte ich was Du mir über diese Menschen und das Münchner Wesen überhaupt schreiben wirst, um zu sehen, ob es auch schicklich ist.

*) Im Original: 1807
[1] Kölln. Den 6ten Januar 1808*)
Ich eile Dich wenigstens vorläufig mit einigen Worten in Wien zu begrüßen, und Dir für Deinen obgleich sehr kurzen Brief aus München zu danken. Die meinigen noch nach Coppet addressirten vom 2ten Dec. an Dich, vom 22ten Dec. an Frau von St.[aël], nebst einem durch die Unger gesandten Briefe des von Hagen an Dich werden hoffentlich richtig angekommen [sein]. – Cotta will jetzt das Mittelalter erst nach Ostern erscheinen lassen, und ich glaube wohl daß er dabei dieselbe Absicht hat, weshalb es auch mir sehr recht ist; daß nemlich desto mehr Beiträge von Dir in dem ersten Bande erscheinen können. Da Du nun so viele Zeit mehr hast, so erbitte ich mir von Dir außer dem schon verabredeten, die angebotnen Auszüge aus Schillings burgundischer Geschichte, mit Anmerkungen aus dem auf der letzten Schweizerreise gesammelten. Dieß würde ein herrlicher Beitrag sein, um so mehr da ich wünsche, daß man uns hier gleich von Anfang nicht bloß auf dem gewohnten Felde der Litteratur und Philosophie sondern auch in eigentlich historischen Massen und Denkmahlen reich versehen fände. – Mir fehlt es aber bei einem oder dem andern einzelnen historischen Gegenstande, den ich wohl ausarbeiten möchte, hier zu sehr an den neuern historischen Schriften darüber. – Ich werde mich also im Historischen vorzüglich auf die Einleitung beschränken, die aber ziemlich ausführlich werden wird. in wiefern das Stück was Du übersandt damit, sei es nun darin oder daneben, vereinbar sei, darüber schreibe ich Dir nächstens. Durch Zufälligkeit war ich seit Empfang Deines Briefs zu sehr gestört, um es noch mit rechter Ruhe lesen zu können. – Mit dem Schilling – das schiebe aber ja nicht zu lange auf; die Zeit kömmt einem ohnehin nur allzuschnell über den Kopf. Auch bittet Cotta sehr, ihm immer Manuscript zu schicken, theils um gelegentlich den Druck anzufangen, und auch das Manuscript zu Auszügen für das Morgenblatt zu nutzen. Ich habe ihm dieß letzte nicht für alle aber für einige Beiträge zugesagt. Wann Du ihm also, was ich sehr wünschte, den vollendeten Anno, und den ersten Gesang des Tristan sendest, so bemerke ihm dabei, ob Du irgend einen Auszug zur Probe daraus gestatten kannst; eigentlich ist es wohl bei beiden nicht angebracht. Auch ersuche ich Dich wenn es Dir [2] anders recht ist, ihm bei Uebersendung des Manuscriptes zu schreiben, die Anordnung der einzelnen Beiträge, überliessest Du mir; damit ich im Nothfalle etwas darüber disponiren kann, ohne erst bei Dir anfragen zu müssen. Noch bitte ich Dich so viel es mit Deinem sonstigen Zweck bestehn mag, aus der burgundischen Geschichte nicht grade solche Stellen auszuwählen, welche direkt gegen Oesterreich sind, wenn sich dergleichen etwa darin finden. So muß ich Dich auch recht sehr bitten, die Anspielung auf Dalberg die in dem alten Anno liegen mag, ganz dem alten Heiligen zu überlassen, und nicht eigenes der Art hinzuzufügen. Denn ob Dalberg gleich schwerlich etwas für mich thun wird, so ists mir doch sehr wichtig wegen meiner vielen Verbindungen und wahrscheinlich noch öftern Aufenthaltes in Frankfurt, ihn wenigstens nicht gegen mich zu reizen. – Der trojanische Krieg des Conrad von Würzburg fehlt leider in meinem Exemplar der Myllerschen Sammlung. Aber auch ohne es nachlesen zu können, bin ich gewiß, daß das Lob der Poesie aus der Einleitung ein sehr schöner Beitrag sein würde.
Nun zu andern Dingen, die mir eigentlich für jetzt noch näher am Herzen liegen. Die Rückkehr des Gefangenen habe ich unter dem Nahmen Eckart in das Morgenblatt eingesandt; um so weniger darfst Du wohl ganz bestimmt und authentisch ausdrücklich sagen, daß es von mir sei, doch mache das wie es Dir nach Ort und Zeit am besten scheint. Die Huldigung magst Du mittheilen, bei wem es Dir passend scheint; das werden doch wohl nur sehr wenige sein. Jedermann magst Du sagen, daß ich an einem dramatischen Werke über Karl V arbeite; auch daß ich mich viel mit österreichischer Geschichte überhaupt und zu diesem Behufe beschäftige; aber durchaus nicht, daß ich eine österreichische Geschichte zu schreiben gesonnen sei. Man möchte mir sonst eine zu bestimmte Absicht zuschreiben, und mich in eine Classe setzen, gegen die durch Genz, Müller und so manche andre in Wien nur allzuviel Mistrauen herrschen muß.
Du schriebst mir daß Frau von Staël wünsche, mir in W.[ien] nützlich zu seyn, herzlich soll es mich freuen, wenn sie wirklich sich meiner noch freundschaftlich erinnert. – Mit Empfehlungen muß man äußerst vorsichtig und überdacht zu Werke gehn, damit sie wenigstens nicht schaden. [3] Dieß letzte ist mir einigemal durch freundschaftlich gemeinte, aber zu unbestimmte und zu weit verbreitete Empfehlungen wiederfahren insofern dadurch nur das Bedrängte meiner Lage zu sehr bekannt worden ist, ohne weitern Erfolg als den meinen Feinden einen angenehmen Triumph zu verschaffen. – Aber eine Empfehlung grade am rechten Orte, nach reif durchdachtem Plane im günstigen Augenblick mit der entscheidendsten Stärke vorgetragen und durchgeführt – könnte leicht meinem ganzen äußern Geschick eine bessre Richtung geben.
Meine 2 letzten Briefe an Dich enthalten so viel Bitten und Rathschläge um Vorsicht, daß Du vielleicht schon darüber gelacht hast. Damit Du indessen siehst, wie aufmerksam man auf jeden Eurer Schritte ist, kann ich Dir sagen, daß ich schon aus einer andren Quelle auf einem großen Umwege (über Hamburg) mehr von Eurem Aufenthalt in München weiß, als Du mir geschrieben hast. – Man weiß nun schon in ganz Deutschland daß die Staël alle Abende bei Jakobi war, und daß man Dich nie ohne Schelling sah. Das erste finden die Leute wohl ganz in der Ordnung, über das letzte mögen sie wohl allerlei Glossen machen. – Hast Du die Frau auch gesehn? – Ich finde nur das daran auszusetzen, daß Du eigentlich zu unvorsichtig bist, um Dich Deiner edeln Gutmüthigkeit so überlassen zu dürfen; da ich so gewiß bin, daß diese Menschen keinen andern Grund hatten, Dich aufzusuchen als die Absicht Dir so viel als möglich abzuhorchen; theils Deine Ideen, da Schelling jetzt einen gewaltigen Drang fühlt, über Kunst zu schwadroniren, wobei es ihm aber leider nur an eignen Gedanken darüber fehlt, daher ihm denn nichts erwünschter sein kann, als von den Deinigen oder meinigen bei Gelegenheit Besitz ergreifen zu können; theils aber auch was irgend Stoff oder Gelegenheit zu einer Klatscherei oder Verläumdung gegen uns besonders gegen mich werden kann. – Wie war denn Jakobi gegen Dich, und was denkst Du zu der ganzen Akademie? Ihre Reden wollen aber nicht viel sagen. – Du hast doch ja dem Aretin einige Aufmerksamkeit erwiesen? Er ist für unsern Zweck wichtig. – Lieber Freund, Du mußt mir nothwendig mehr schreiben, solltest Du auch einmal eine halbe Nacht daran geben, wie ich es jetzt auch sehr oft, bloßen Arbeitens wegen thue. – Ich habe nun auch Schützens Gräfin von Gleichen gelesen; sie ist noch toller verunglückt als die Niobe. – Ich habe einige Recensionen in der neuen Heidelberger Litteratur Zeitung übernommen; sind sie erst fertig sage ich Dir welche. – Schreib, schreib, schreib!!! Ich umarme Dich herzlich so wie meine Frau Dich grüßt.
Friedrich S.[chlegel]

[4] Es ist noch so manches zu schreiben, daß ich die letzte Seite die eigentlich zum Couvert dienen sollte, noch mit anfüllen muß.
Das indische Werk ist schon mehr als sechs Wochen vollständig in den Händen des Verlegers; auch schreibt mir Creuzer von Heidelberg es sei wirklich im Druck. Doch wirds nicht sehr schnell gehn, – immer aber schnell genug, daß Du es in Wien selbst vertheilen kannst, wenn Du es nicht gar zu bald wieder verläßest. Erkundige Dich immer vorläufig nach den dortigen Orientalisten und gieb mir einige Kundschaft von ihnen. – Einer derselben, den ich durch Reinhards (und aus einer Schrift von ihm) vom Hörensagen und Empfehlung kenne, Herr von Hammer, ist wohl schon wieder in Jassy? –
Vergiß nicht für mich auf der Wiener Bibliothek nach Deutschen Handschriften oder alten Editionen von Henricus Suso (Henrich Süß) besonders aber von Meister Eckart (Magister Eccardus) zu fragen.
Der Wechsel von 10 L[ouis]dor ist nun endlich in Hannover richtig angekommen. Karl verliehrt beträchtlich durch die Abtrennung von Grubenhagen und Göttingen; und scheint auch für Moritz besorgt. Charlotte ist wohl, Ernst ist mit dem König in Pohlen.
Werdet Ihr nicht vielleicht von Wien über Prag nach Dresden gehn? – – Wird der Florio der Bernhardi nicht bald gedruckt werden?

Wenn Ihr bis Ostern in Wien bleibt, so denke ich gewiß Dir noch das erste Stück des Karl oder wenigstens mehre Acte dahin schicken zu können. – Ich habe Fleiß und Geduld wirklich so weit getrieben, einen beträchtlichen Theil von Luthers Schriften zu lesen. Für die Geschichte, das Innre Tiefe Einzelne derselben war mirs sehr lehrreich. Das Personnage selber kann ich aber in meinem Stück nicht brauchen. Ulrich von Hutten und Franz von Sickingen sollen mir statt dessen besser dienen.
Denke Dir nur, daß ich jetzt mit einemmale in das Canonicat eingerückt bin, das ich ganz vergessen hatte. Von den Einkünften würde ich erst 1810 etwas bekommen; indessen bin ich nur besorgt wie ich mir die ganze Sache mit guter Manier vom Halse schaffen soll, da ich nichts unterschreiben oder vorgeben kann was gegen mein Gewissen ist und auf der andern Seite in Furcht bin, die Mutter erfährt die Ursache der Weigerung. – Gieb mir doch Deinen Rath.
[3] Von einer Seite könnt Ihr, Du und auch die Frau von Staël mir gewiß nützen. – Da ich den Umständen nach meine Verheirathung nicht in öffentlichen Blättern anzeigen konnte, so giebt es gewiß noch manche Menschen in Deutschland die voraussetzen daß ich nicht verheirathet sei, oder sonst von alter Zeit etwas uneben in dieser Rücksicht von mir denken; im Vorbeigehn ein Wort von Dir oder von der Frau von Stael noch mehr – über mein häusliches Verhältniß wie es ist, mit Würde gesagt, kann daher sehr vortheilhaft und gewiß nicht überflüßig sein.
[2] Siehst Du den Geschichtschreiber von Hormayr, so empfiehl mich ihm und sag ihm, daß ich seine Geschichte von Tyrol mit grossem Interesse gelesen habe. Er ahmt nur zu sehr den Müllerschen Styl nach.
[1] Ich habe wohl im Sinne gehabt auch an Jakobi und Schelling ein Exemplar meines indischen Werks zu schicken, da ich gar keine Ursache finde, einen solchen zwecklosen Schein von Feindschaft fortzusetzen. Doch aber erwarte ich was Du mir über diese Menschen und das Münchner Wesen überhaupt schreiben wirst, um zu sehen, ob es auch schicklich ist.

*) Im Original: 1807
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