• August Wilhelm von Schlegel to Friedrich Schiller

  • Place of Dispatch: Dresden · Place of Destination: Jena · Date: 23.04.1796
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Friedrich Schiller
  • Place of Dispatch: Dresden
  • Place of Destination: Jena
  • Date: 23.04.1796
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Friedrich Schiller ‒ August Wilhelm Schlegel. Der Briefwechsel. Hg. v. Norbert Oellers. Köln 2005, S. 78‒79.
  • Incipit: „[1] Dresden d. 23 April 1796 [Samstag]
    Verzeihen Sie gütigst, mein verehrter Freund, daß ich Ihre letzte Zuschrift nicht noch von Braunschweig [...]“
    Manuscript
  • Provider: Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv
  • Classification Number: GSA 83/428
[1] Dresden d. 23 April 1796 [Samstag]
Verzeihen Sie gütigst, mein verehrter Freund, daß ich Ihre letzte Zuschrift nicht noch von Braunschweig aus beantwortet habe: mancherley Geschäfte, die noch vor meiner Abreise bey Seite geschafft werden mußten, verhinderten mich daran. Ich freute mich indessen sehr, durch Herrn Hufeland von Ihrem bessern Befinden und Ihrem Besuche in Weimar zu hören. Hätte ich früher gewußt, daß der jetzige Zeitpunkt dort so interessant seyn würde, so hätte ich meine ganze Reise hieher anders zu stellen gesucht. Jetzt aber, als Ihre freundschaftliche Begrüßung durch Herrn Körner an mich gelangte, war es schon zu spät, meinen Aufenthalt hier so beträchtlich abzukürzen; auch muß ich auf dem Rückwege nothwendig einige Tage in Leipzig verweilen. Ich hoffe, daß diese Zerstreuung nach so manchen Anstrengungen für Ihre Gesundheit wird wohlthätig gewesen seyn, und schöpfe aus Ihrer wieder erweckten Lust am Theater die schönsten Hoffnungen für unsre dramatische Litteratur.
Es ist mir ungemein lieb, daß mein Aufsatz über Shakespeare, mein Entwurf einer neuen Übersetzung [2] und die Probe davon Ihnen nicht misfallen haben. Gegen die Einrückung der letzten in die Horen konnte ich nicht die geringste Einwendung haben, sobald sie kein Hinderniß des baldigen neuen Abdrucks des Ganzen wird: vielmehr ist es sehr vortheilhaft für meine Übersetzung, daß ein so zahlreiches Publikum und wohl das gewählteste, was irgend eine Zeitschrift hat, aufmerksam darauf gemacht wird. H. Körner, dem ich den ganzen Romeo vorzulesen das Vergnügen gehabt habe, wird Ihnen sein Urtheil darüber sagen können. Wie gern erführe ich das Ihrige noch vor dem Druck! Allein ich befürchte, daß ich mein Manuskript dem Verleger in Leipzig werde lassen müssen.
Daß Sie die kurze Note über Bürgers Macbeth ausgestrichen, dadurch haben Sie mir eigentlich einen wahren Dienst erwiesen: ich gestehe, daß ich sie zu übereilt hingeschrieben hatte, denn ich habe die Hexengesänge seit sehr langer Zeit nicht gelesen, und das Urtheil darüber nur nach einer unvollständigen Erinnerung gefällt. – Da [3] ich selbst eine neue Übersetzung Shakesp – s unternehme, so konnte ich es nicht über mich erhalten die vorhandne prosaische zu tadeln: die Vergleichung wird es jedem Leser leicht machen sie gehörig zu würdigen.
Mein Bruder bittet mich, ihn aufs angelegentlichste Ihrem gütigen Andenken zu empfehlen. Schon vor geraumer Zeit hat er gewünscht, einen Aufsatz für die Horen auszuarbeiten. Er hatte dazu Betrachtungen über das Verhältniß der modernen zur antiken Bildung gewählt, aber bey näherer Untersuchung fand er, das, was er über diesen Gegenstand zu sagen hatte, werde eine zu weitläuftige Abhandlung ausmachen, als daß sie in den Horen Platz finden könnte. Seitdem hat ihn die Eile, womit er das Manuskript seiner Versuche über das Griech. Alterthum hat abliefern müssen, deren Druck jetzt doch durch einen Zufall verzögert worden, abgehalten etwas dafür auszuarbeiten. Sobald ihm meine Entfernung von hier wieder freye Muße schaffen wird, hat er sich vorgenommen eine historische Parallele von einigen Blättern zwischen Alexander und Cäsar zu schreiben.
[4] Vielleicht ist Ihnen ein kurzes Fragment über Göthens dichterischen Charakter im zweyten Stück des Journals Deutschland vorgekommen, wobey durch einen Irrthum mein Nahme und Vornahme steht. Es ist aber nicht von mir sondern von meinem Bruder.
Diesen Brief nimmt H. Körner mit, dessen Umgang zu den angenehmsten Umständen meines Aufenthalts in Dresden gehört. Ich hoffe, ihn noch in Jena wieder zu treffen, und wie verlang ich darnach, Sie mündlich davon unterhalten zu können, wie tief ich Ihre mir auf so manche Art erzeigte Güte empfinde! Leben Sie indessen recht wohl.
Ganz der Ihrige
AWSchlegel
[1] Dresden d. 23 April 1796 [Samstag]
Verzeihen Sie gütigst, mein verehrter Freund, daß ich Ihre letzte Zuschrift nicht noch von Braunschweig aus beantwortet habe: mancherley Geschäfte, die noch vor meiner Abreise bey Seite geschafft werden mußten, verhinderten mich daran. Ich freute mich indessen sehr, durch Herrn Hufeland von Ihrem bessern Befinden und Ihrem Besuche in Weimar zu hören. Hätte ich früher gewußt, daß der jetzige Zeitpunkt dort so interessant seyn würde, so hätte ich meine ganze Reise hieher anders zu stellen gesucht. Jetzt aber, als Ihre freundschaftliche Begrüßung durch Herrn Körner an mich gelangte, war es schon zu spät, meinen Aufenthalt hier so beträchtlich abzukürzen; auch muß ich auf dem Rückwege nothwendig einige Tage in Leipzig verweilen. Ich hoffe, daß diese Zerstreuung nach so manchen Anstrengungen für Ihre Gesundheit wird wohlthätig gewesen seyn, und schöpfe aus Ihrer wieder erweckten Lust am Theater die schönsten Hoffnungen für unsre dramatische Litteratur.
Es ist mir ungemein lieb, daß mein Aufsatz über Shakespeare, mein Entwurf einer neuen Übersetzung [2] und die Probe davon Ihnen nicht misfallen haben. Gegen die Einrückung der letzten in die Horen konnte ich nicht die geringste Einwendung haben, sobald sie kein Hinderniß des baldigen neuen Abdrucks des Ganzen wird: vielmehr ist es sehr vortheilhaft für meine Übersetzung, daß ein so zahlreiches Publikum und wohl das gewählteste, was irgend eine Zeitschrift hat, aufmerksam darauf gemacht wird. H. Körner, dem ich den ganzen Romeo vorzulesen das Vergnügen gehabt habe, wird Ihnen sein Urtheil darüber sagen können. Wie gern erführe ich das Ihrige noch vor dem Druck! Allein ich befürchte, daß ich mein Manuskript dem Verleger in Leipzig werde lassen müssen.
Daß Sie die kurze Note über Bürgers Macbeth ausgestrichen, dadurch haben Sie mir eigentlich einen wahren Dienst erwiesen: ich gestehe, daß ich sie zu übereilt hingeschrieben hatte, denn ich habe die Hexengesänge seit sehr langer Zeit nicht gelesen, und das Urtheil darüber nur nach einer unvollständigen Erinnerung gefällt. – Da [3] ich selbst eine neue Übersetzung Shakesp – s unternehme, so konnte ich es nicht über mich erhalten die vorhandne prosaische zu tadeln: die Vergleichung wird es jedem Leser leicht machen sie gehörig zu würdigen.
Mein Bruder bittet mich, ihn aufs angelegentlichste Ihrem gütigen Andenken zu empfehlen. Schon vor geraumer Zeit hat er gewünscht, einen Aufsatz für die Horen auszuarbeiten. Er hatte dazu Betrachtungen über das Verhältniß der modernen zur antiken Bildung gewählt, aber bey näherer Untersuchung fand er, das, was er über diesen Gegenstand zu sagen hatte, werde eine zu weitläuftige Abhandlung ausmachen, als daß sie in den Horen Platz finden könnte. Seitdem hat ihn die Eile, womit er das Manuskript seiner Versuche über das Griech. Alterthum hat abliefern müssen, deren Druck jetzt doch durch einen Zufall verzögert worden, abgehalten etwas dafür auszuarbeiten. Sobald ihm meine Entfernung von hier wieder freye Muße schaffen wird, hat er sich vorgenommen eine historische Parallele von einigen Blättern zwischen Alexander und Cäsar zu schreiben.
[4] Vielleicht ist Ihnen ein kurzes Fragment über Göthens dichterischen Charakter im zweyten Stück des Journals Deutschland vorgekommen, wobey durch einen Irrthum mein Nahme und Vornahme steht. Es ist aber nicht von mir sondern von meinem Bruder.
Diesen Brief nimmt H. Körner mit, dessen Umgang zu den angenehmsten Umständen meines Aufenthalts in Dresden gehört. Ich hoffe, ihn noch in Jena wieder zu treffen, und wie verlang ich darnach, Sie mündlich davon unterhalten zu können, wie tief ich Ihre mir auf so manche Art erzeigte Güte empfinde! Leben Sie indessen recht wohl.
Ganz der Ihrige
AWSchlegel
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