• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Coppet · Date: 12.08.1808
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 12.08.1808
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 585‒588.
  • Incipit: „[1] Wien den 12ten August 1808.
    Geliebter Bruder,
    Du wirst nun meine beiden Briefe vom 13ten und vom 30ten Jul. (mit den Einlagen [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-8
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,I,55
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl., hs. m. U
  • Format: 20,6 x 12,5 cm
[1] Wien den 12ten August 1808.
Geliebter Bruder,
Du wirst nun meine beiden Briefe vom 13ten und vom 30ten Jul. (mit den Einlagen von Tieck und Schaumburger) richtig empfangen haben, den ersten gewiß gleich nach Abgang des Deinigen vom 25ten Jul. Das ist eben das Peinlichste bei einer so weiten Entfernung, daß man immer wieder vergißt, wie viele Zeit die Briefe gehn und sich mit vergeblicher Aengstlichkeit quält, so wie ich auch auf Deinen ersten Brief mit nicht geringer Sorge und Ungeduld gewartet habe. – Hierüber wirst Du nun durch meine beiden Briefe vollkommen beruhigt sein; ich schreibe also nichts mehr darüber. Von nun an werde ich Dir desto regelmäßiger alle 14 Tage wenigstens einmal schreiben, und Dir immer weiter von den Fortschritten meines Thuns und Dichtens und Trachtens gründlichen Bericht ertheilen. Wie hast Du nur daran zweifeln können, daß es mir jemals an Lust und Trieb fehlen würde dieß zu thun? Aber Rom ward doch nicht in einem Tage gebaut, und so habe ich auch nicht alle Tage neue Zeichen zu erzählen, um so mehr da fast alles auf dem Lande ist, und es [2] also in der letzten Zeit bei den einmal schon gemachten Bekanntschaften geblieben ist. Noch mehr Unrecht thust Du mir, wenn Du zu glauben scheinst, daß es mir auch nur in irgend einer Rücksicht an dem vollkommensten Zutrauen fehlen könnte. Zu wem sollte ich es haben können, wenn nicht zu Dir? Doch hat ein jeder seine Weise. Mir war das Beisammensein in Dreßden zu flüchtig und durch Zerstreuung verwirrt, als daß es mir dort möglich gewesen wäre, manche Gegenstände zu berühren, die mir sonst wohl die nächsten und wichtigsten gewesen wären. Möchten wir nur recht bald länger und ruhiger beisammen sein! Das wäre uns beiden gut. – Mir thut nur das leid, daß Du wieder so gar verstimmt bist. Ich fange an einen rechten Haß auf Coppet und Genf zu werfen, da dieser Aufenthalt so unabänderlich schädlich und störend auf Dich wirkt. Es ist recht betrübt, daß es so ist, und so muß man freilich wünschen, daß es endlich zu einer Aenderung kommt, oder Ihr doch so wenig als möglich da seid. Ist es denn wahr, daß Ihr wirklich den Plan habt, im Herbst wieder her zu kommen? Das wäre ganz herrlich und für mich könnte es nichts glücklicheres geben. Zusammen müßten wir in der Welt auftreten und leben und mit vereinten Kräften würde alles um so glänzender und leichter gelingen. – Ist die Sache gegründet, [3] so eile nur mir diese frohe Hoffnung zu geben. Etwas angenehmeres kannst Du mir nicht zu schreiben haben. –
Deine Grüße werden von allen Seiten erwiedert, und Du stehst hier überall in dem besten und lebhaftesten Andenken. Neulich speißte ich zu Abend bei Graf Ferd. Palfi und lernte unter andern an einem Grafen Moritz Dietrichstein einen sehr verständigen jungen Mann und einen Deiner eifrigen Zuhörer und Bewundrer kennen. Doch diese Stimmung ist fast die allgemeine. – An dem Grafen Rzewusky, der die schöne orientalische Sammlung besitzt, machte ich auch eine mir wichtige Bekanntschaft. – Von der Nuys weiß ich durch gemeinschaftliche Freunde, daß ihr das Bad gut bekommt. Sie war auch einmal einen Tag hier, ich habe es aber nicht erfahren, sie also auch nicht gesehen. Einmal denke ich doch nach Baden zu gehn, um das Wesen zu sehn. Bis jetzt habe ich noch Zeit und Geld gespart. – Mein ganzer Sinn steht nun außer Karl V. auf die Vorlesungen über Deutsche Geschichte (mit vorzüglicher Rücksicht auf Oesterreich), zu denen ich mich auch aus allen Kräften vorbereite. Hormayr meint, ich solle sie den 1ten November anfangen, und schon jetzt immer einige vorläufige Schritte thun, um die Erlaubniß zu erhalten. Überlege Dir das recht und schreibe mir Deine Gedanken darüber. –
Was meine äußre Einrichtung anbetrift, so habe ich die bis jetzt empfangenen 200 Thl. größtentheils zu dem was mir noch zu Visiten und zur son[4]stigen Erscheinung an Kleidung, Wäsche usw. unentbehrliches fehlte, verbraucht. Ich denke mir nun das übrige geben zu lassen und im September etwa mich in der Stadt einzurichten, wo ich dann die Besuche und Bekanntschaften viel eifriger und mit weniger Zeitverlust werde treiben können. – Ich zweifle auch nicht, daß ich den Rest ohne Anstand erhalten werde, da ja Kn.[orring] und S.[ophie] zu gut wissen, wie unentbehrlich nothwendig mir dieses Geld ist. – Ihre Einrichtung scheint mir jetzt besser zu sein, als sie mir sonst geschildert ward; ich kann das Ganze nicht übersehn, doch glaube ich wohl daß im Einzelnen manches immer noch anders, besser, vernünftiger und sparsamer eingerichtet sein könnte. – Sophie ist jetzt ziemlich wieder hergestellt, doch ist ihre Gesundheit immer noch durch diesen Anfall sehr angegriffen, da die Masern bei ihr nicht ihren gewöhnlichen Gang beobachtet sondern ganz unregelmäßig und weit über die Zeit gedauert haben. Daher wirst Du sie auch entschuldigen, wenn sie Dir heute nicht schreibt. Alle grüßen Dich herzlich. Felix ist ein gar herrlicher Knabe. – Aus Deinem Briefe hat mir S.[ophie] etwas mitgetheilt, worin ich aber Deine Maaßregel nicht gut gewählt finde. Du willst Dich wie ich höre, mit den Leuten, die deshalb geklagt haben, wegen der falschen Schneiderrechnung gütlich vergleichen. Dieß däucht mir, muß man aber in einem solchen Falle durchaus nicht thun. Entweder fällt es auf Dich zurück, und die Leute werden sagen; es müsse denn doch wohl [5] etwas an der Foderung sein, weil Du sonst zu keiner Zahlung Dich verstehen würdest. Oder wenn es nicht auf Dich fällt, so wird die Gegenparthei, die ja ohnehin alles so niedrig als möglich zu deuten sucht, es auf S.[ophie] wälzen, als habest Du ihr das Geld gegeben, und sie es für sich behalten. Besser wäre es daher gewiß gewesen, Du hättest die Summe gerichtlich deponirt, dann Deine Bibliothek wieder an Dich genommen und die Leute nachher in Gottes Nahmen processiren lassen.
Ludwig T.[ieck] ist seit etwa acht Tagen hier, und wird nur hier bleiben, so lange als die andern, sie auch nach Bayern begleiten, von da aber nach Ziebingen zurückkehren. Ich fand ihn die ersten Tage sehr verändert, und eher gebeugt von Kränklichkeit nicht nur, sondern selbst von Stimmung und Geist. Jetzt habe ich mich wieder mehr an ihn gewöhnt, er selbst ist auch heitrer und nun fällt mir eigentlich das am meisten an ihm auf, daß er noch so ganz auf dem alten Punkte steht, keinen höheren Aufschwung genommen, keine neuen Weltgegenden aufgefunden und angebaut hat. Am besten wäre es für ihn und für die Sache, wenn er einzig und allein seinem alten Plane vom 30jährigen Kriege sich hingäbe. Aber dazu ist jetzt wenig Aussicht, wenn er nicht thätiger ist als bisher. – Was Dir die Unger geschrieben hat, scheint doch [6] nur Mißverstänginiß oder Klatscherei gewesen zu sein. Er hat Dir nur Loves labour lost, das er wirklich größtentheils fertig im Manuscript bei sich hat, anbieten wollen, um es in Deinen Shakspeare mit aufzunehmen, und sagt, ihr hättet darüber schon einmal in Jena gesprochen.
Mit Albert habe ich nun förmliche Abrede genommen, ihn regelmäßig alle Sonntag zu sehen. Alltags kann es doch nur selten und nur auf sehr kurze Zeit geschehn, die er sich noch obendrein alsdann von der einzigen Stunde abziehn muß, die er zum Spatzieren laufen im Garten hat. – Als ich ihn das erstemal zum Essen eingeladen hatte, konnte ich allerdings nachher nicht bleiben, da ich grade zur Fürstin Salm zum erstenmale zum Essen eingeladen ward, dieses also nicht abschlagen wollte. Dieß scheint der kleine Narr übel genommen zu haben, obgleich er hier ungeachtet meiner Abwesenheit sehr gut aufgehoben war und sich auch ganz lustig gebraucht hat. Jetzt ist er wieder recht gut mit mir, und jene kleine Anmaßung oder Empfindlichkeit ist ihm gern zu verzeihen; nur weiß ich nicht wie Frau von Staël deshalb mit mir unzufrieden sein könnte, [7] da sie wohl dreist hätte voraussetzen dürfen, daß ich meine Gründe müsse gehabt oder sonst irgend ein Umstand bei der Sache gewesen sei. Am meisten thut es mir leid, wenn sie die Sache von der Seite nehmen sollte, wie Du anzudeuten scheinst. Alberten bin ich von Herzen gut und brauche keine andre Beweggründe um zu thun was ich für ihn thun kann, und was mir ohnehin Freude macht. Uebrigens hat sie, wie Du wohl weißt, bisweilen den Fehler alles was sie thut, gar zu hoch anzuschlagen; was der andre dagegen etwa thun mag, aber nicht gehörig zu achten, oder doch jenes zu oft in Erinnrung zu bringen.
Der Cours des Papiergeldes ist jetzt wiederum besser; auf 26 fl (nie auf 28 fl) stand der Karolin während einiger Tage, länger auf 23, jetzt wieder ungefähr 21 fl. Ich schreibe Dir dieß nur im Fall Du etwa noch Rechnung hieher abzumachen hättest. Mit Schaumburger wirst Du Dich ohnehin nicht weiter einlassen. Sein Gebot ist gar zu elend.
Von Hardenberg habe ich aus Meinungen die letzte Nachricht, wo er eben im Begriff war nach Cassel und Münster zu Stolberg eine kleine Reise zu machen. – Geliebter Bruder, in Dreßden waren wir viel zu zerstreut, um darüber viel zu reden, und dann möchte ich auch auf keinen Fall in den stillen Gang Deines innern Fühlens und Denkens von außen gewaltsam überredend eingreifen. Das aber möcht ich Dich wohl auffodern und bitten zu thun; [8] gewiß wirst Du grade in Deiner jetzigen Stimmung und Verstimmung eine wahre Beruhigung darin finden; daß Du Dir nehmlich aus dem Christenthum und der katholischen Religion ein fortgehendes regelmäßig und täglich fortzusetzendes Studium machtest. Vor allem solltest Du Dir ein vollständiges Brevier anschaffen. Außer der Darstellung des katholischen Festjahres findest Du darin eine Auswahl treflicher Stellen aus den besten Kirchenvätern, eine schöne christliche Anthologie. Unter den lateinischen Kirchenvätern würde gewiß S. Cyprianus Dir sehr entsprechen, an Heiligkeit und auch Kraft des Gefühls ohne Vergleich unter allen der erste. – Ließ dann auch einmal die Epistolas S. Hieronymi. Es ist eine rechte Löwenflammenglut darin.
Nun genug für heute. Alle grüßen herzlich. Auch Knorring noch insbesondre.
Ewig der Deine
Friedrich

Von meiner Frau hab ich gar keine Nachricht, und bin unruhig deshalb; von Charlotte noch nicht, seit ich hier bin, ungeachtet ich ihr schon zweimal schrieb. – Von Creuzer hab ich jetzt schon einen Brief für Collin erhalten. Er grüßt Dich sehr. – Mit dem Prometheus geht es ziemlich schlecht; der Verleger ist gar zu elend. –
[1] Wien den 12ten August 1808.
Geliebter Bruder,
Du wirst nun meine beiden Briefe vom 13ten und vom 30ten Jul. (mit den Einlagen von Tieck und Schaumburger) richtig empfangen haben, den ersten gewiß gleich nach Abgang des Deinigen vom 25ten Jul. Das ist eben das Peinlichste bei einer so weiten Entfernung, daß man immer wieder vergißt, wie viele Zeit die Briefe gehn und sich mit vergeblicher Aengstlichkeit quält, so wie ich auch auf Deinen ersten Brief mit nicht geringer Sorge und Ungeduld gewartet habe. – Hierüber wirst Du nun durch meine beiden Briefe vollkommen beruhigt sein; ich schreibe also nichts mehr darüber. Von nun an werde ich Dir desto regelmäßiger alle 14 Tage wenigstens einmal schreiben, und Dir immer weiter von den Fortschritten meines Thuns und Dichtens und Trachtens gründlichen Bericht ertheilen. Wie hast Du nur daran zweifeln können, daß es mir jemals an Lust und Trieb fehlen würde dieß zu thun? Aber Rom ward doch nicht in einem Tage gebaut, und so habe ich auch nicht alle Tage neue Zeichen zu erzählen, um so mehr da fast alles auf dem Lande ist, und es [2] also in der letzten Zeit bei den einmal schon gemachten Bekanntschaften geblieben ist. Noch mehr Unrecht thust Du mir, wenn Du zu glauben scheinst, daß es mir auch nur in irgend einer Rücksicht an dem vollkommensten Zutrauen fehlen könnte. Zu wem sollte ich es haben können, wenn nicht zu Dir? Doch hat ein jeder seine Weise. Mir war das Beisammensein in Dreßden zu flüchtig und durch Zerstreuung verwirrt, als daß es mir dort möglich gewesen wäre, manche Gegenstände zu berühren, die mir sonst wohl die nächsten und wichtigsten gewesen wären. Möchten wir nur recht bald länger und ruhiger beisammen sein! Das wäre uns beiden gut. – Mir thut nur das leid, daß Du wieder so gar verstimmt bist. Ich fange an einen rechten Haß auf Coppet und Genf zu werfen, da dieser Aufenthalt so unabänderlich schädlich und störend auf Dich wirkt. Es ist recht betrübt, daß es so ist, und so muß man freilich wünschen, daß es endlich zu einer Aenderung kommt, oder Ihr doch so wenig als möglich da seid. Ist es denn wahr, daß Ihr wirklich den Plan habt, im Herbst wieder her zu kommen? Das wäre ganz herrlich und für mich könnte es nichts glücklicheres geben. Zusammen müßten wir in der Welt auftreten und leben und mit vereinten Kräften würde alles um so glänzender und leichter gelingen. – Ist die Sache gegründet, [3] so eile nur mir diese frohe Hoffnung zu geben. Etwas angenehmeres kannst Du mir nicht zu schreiben haben. –
Deine Grüße werden von allen Seiten erwiedert, und Du stehst hier überall in dem besten und lebhaftesten Andenken. Neulich speißte ich zu Abend bei Graf Ferd. Palfi und lernte unter andern an einem Grafen Moritz Dietrichstein einen sehr verständigen jungen Mann und einen Deiner eifrigen Zuhörer und Bewundrer kennen. Doch diese Stimmung ist fast die allgemeine. – An dem Grafen Rzewusky, der die schöne orientalische Sammlung besitzt, machte ich auch eine mir wichtige Bekanntschaft. – Von der Nuys weiß ich durch gemeinschaftliche Freunde, daß ihr das Bad gut bekommt. Sie war auch einmal einen Tag hier, ich habe es aber nicht erfahren, sie also auch nicht gesehen. Einmal denke ich doch nach Baden zu gehn, um das Wesen zu sehn. Bis jetzt habe ich noch Zeit und Geld gespart. – Mein ganzer Sinn steht nun außer Karl V. auf die Vorlesungen über Deutsche Geschichte (mit vorzüglicher Rücksicht auf Oesterreich), zu denen ich mich auch aus allen Kräften vorbereite. Hormayr meint, ich solle sie den 1ten November anfangen, und schon jetzt immer einige vorläufige Schritte thun, um die Erlaubniß zu erhalten. Überlege Dir das recht und schreibe mir Deine Gedanken darüber. –
Was meine äußre Einrichtung anbetrift, so habe ich die bis jetzt empfangenen 200 Thl. größtentheils zu dem was mir noch zu Visiten und zur son[4]stigen Erscheinung an Kleidung, Wäsche usw. unentbehrliches fehlte, verbraucht. Ich denke mir nun das übrige geben zu lassen und im September etwa mich in der Stadt einzurichten, wo ich dann die Besuche und Bekanntschaften viel eifriger und mit weniger Zeitverlust werde treiben können. – Ich zweifle auch nicht, daß ich den Rest ohne Anstand erhalten werde, da ja Kn.[orring] und S.[ophie] zu gut wissen, wie unentbehrlich nothwendig mir dieses Geld ist. – Ihre Einrichtung scheint mir jetzt besser zu sein, als sie mir sonst geschildert ward; ich kann das Ganze nicht übersehn, doch glaube ich wohl daß im Einzelnen manches immer noch anders, besser, vernünftiger und sparsamer eingerichtet sein könnte. – Sophie ist jetzt ziemlich wieder hergestellt, doch ist ihre Gesundheit immer noch durch diesen Anfall sehr angegriffen, da die Masern bei ihr nicht ihren gewöhnlichen Gang beobachtet sondern ganz unregelmäßig und weit über die Zeit gedauert haben. Daher wirst Du sie auch entschuldigen, wenn sie Dir heute nicht schreibt. Alle grüßen Dich herzlich. Felix ist ein gar herrlicher Knabe. – Aus Deinem Briefe hat mir S.[ophie] etwas mitgetheilt, worin ich aber Deine Maaßregel nicht gut gewählt finde. Du willst Dich wie ich höre, mit den Leuten, die deshalb geklagt haben, wegen der falschen Schneiderrechnung gütlich vergleichen. Dieß däucht mir, muß man aber in einem solchen Falle durchaus nicht thun. Entweder fällt es auf Dich zurück, und die Leute werden sagen; es müsse denn doch wohl [5] etwas an der Foderung sein, weil Du sonst zu keiner Zahlung Dich verstehen würdest. Oder wenn es nicht auf Dich fällt, so wird die Gegenparthei, die ja ohnehin alles so niedrig als möglich zu deuten sucht, es auf S.[ophie] wälzen, als habest Du ihr das Geld gegeben, und sie es für sich behalten. Besser wäre es daher gewiß gewesen, Du hättest die Summe gerichtlich deponirt, dann Deine Bibliothek wieder an Dich genommen und die Leute nachher in Gottes Nahmen processiren lassen.
Ludwig T.[ieck] ist seit etwa acht Tagen hier, und wird nur hier bleiben, so lange als die andern, sie auch nach Bayern begleiten, von da aber nach Ziebingen zurückkehren. Ich fand ihn die ersten Tage sehr verändert, und eher gebeugt von Kränklichkeit nicht nur, sondern selbst von Stimmung und Geist. Jetzt habe ich mich wieder mehr an ihn gewöhnt, er selbst ist auch heitrer und nun fällt mir eigentlich das am meisten an ihm auf, daß er noch so ganz auf dem alten Punkte steht, keinen höheren Aufschwung genommen, keine neuen Weltgegenden aufgefunden und angebaut hat. Am besten wäre es für ihn und für die Sache, wenn er einzig und allein seinem alten Plane vom 30jährigen Kriege sich hingäbe. Aber dazu ist jetzt wenig Aussicht, wenn er nicht thätiger ist als bisher. – Was Dir die Unger geschrieben hat, scheint doch [6] nur Mißverstänginiß oder Klatscherei gewesen zu sein. Er hat Dir nur Loves labour lost, das er wirklich größtentheils fertig im Manuscript bei sich hat, anbieten wollen, um es in Deinen Shakspeare mit aufzunehmen, und sagt, ihr hättet darüber schon einmal in Jena gesprochen.
Mit Albert habe ich nun förmliche Abrede genommen, ihn regelmäßig alle Sonntag zu sehen. Alltags kann es doch nur selten und nur auf sehr kurze Zeit geschehn, die er sich noch obendrein alsdann von der einzigen Stunde abziehn muß, die er zum Spatzieren laufen im Garten hat. – Als ich ihn das erstemal zum Essen eingeladen hatte, konnte ich allerdings nachher nicht bleiben, da ich grade zur Fürstin Salm zum erstenmale zum Essen eingeladen ward, dieses also nicht abschlagen wollte. Dieß scheint der kleine Narr übel genommen zu haben, obgleich er hier ungeachtet meiner Abwesenheit sehr gut aufgehoben war und sich auch ganz lustig gebraucht hat. Jetzt ist er wieder recht gut mit mir, und jene kleine Anmaßung oder Empfindlichkeit ist ihm gern zu verzeihen; nur weiß ich nicht wie Frau von Staël deshalb mit mir unzufrieden sein könnte, [7] da sie wohl dreist hätte voraussetzen dürfen, daß ich meine Gründe müsse gehabt oder sonst irgend ein Umstand bei der Sache gewesen sei. Am meisten thut es mir leid, wenn sie die Sache von der Seite nehmen sollte, wie Du anzudeuten scheinst. Alberten bin ich von Herzen gut und brauche keine andre Beweggründe um zu thun was ich für ihn thun kann, und was mir ohnehin Freude macht. Uebrigens hat sie, wie Du wohl weißt, bisweilen den Fehler alles was sie thut, gar zu hoch anzuschlagen; was der andre dagegen etwa thun mag, aber nicht gehörig zu achten, oder doch jenes zu oft in Erinnrung zu bringen.
Der Cours des Papiergeldes ist jetzt wiederum besser; auf 26 fl (nie auf 28 fl) stand der Karolin während einiger Tage, länger auf 23, jetzt wieder ungefähr 21 fl. Ich schreibe Dir dieß nur im Fall Du etwa noch Rechnung hieher abzumachen hättest. Mit Schaumburger wirst Du Dich ohnehin nicht weiter einlassen. Sein Gebot ist gar zu elend.
Von Hardenberg habe ich aus Meinungen die letzte Nachricht, wo er eben im Begriff war nach Cassel und Münster zu Stolberg eine kleine Reise zu machen. – Geliebter Bruder, in Dreßden waren wir viel zu zerstreut, um darüber viel zu reden, und dann möchte ich auch auf keinen Fall in den stillen Gang Deines innern Fühlens und Denkens von außen gewaltsam überredend eingreifen. Das aber möcht ich Dich wohl auffodern und bitten zu thun; [8] gewiß wirst Du grade in Deiner jetzigen Stimmung und Verstimmung eine wahre Beruhigung darin finden; daß Du Dir nehmlich aus dem Christenthum und der katholischen Religion ein fortgehendes regelmäßig und täglich fortzusetzendes Studium machtest. Vor allem solltest Du Dir ein vollständiges Brevier anschaffen. Außer der Darstellung des katholischen Festjahres findest Du darin eine Auswahl treflicher Stellen aus den besten Kirchenvätern, eine schöne christliche Anthologie. Unter den lateinischen Kirchenvätern würde gewiß S. Cyprianus Dir sehr entsprechen, an Heiligkeit und auch Kraft des Gefühls ohne Vergleich unter allen der erste. – Ließ dann auch einmal die Epistolas S. Hieronymi. Es ist eine rechte Löwenflammenglut darin.
Nun genug für heute. Alle grüßen herzlich. Auch Knorring noch insbesondre.
Ewig der Deine
Friedrich

Von meiner Frau hab ich gar keine Nachricht, und bin unruhig deshalb; von Charlotte noch nicht, seit ich hier bin, ungeachtet ich ihr schon zweimal schrieb. – Von Creuzer hab ich jetzt schon einen Brief für Collin erhalten. Er grüßt Dich sehr. – Mit dem Prometheus geht es ziemlich schlecht; der Verleger ist gar zu elend. –
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