• Friedrich August Eschen to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Rümligen · Place of Destination: Jena · Date: 30.05.1800
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich August Eschen
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Rümligen
  • Place of Destination: Jena
  • Date: 30.05.1800
  • Notations: Da der Brief im Druck nur teilweise wiedergegeben ist, wurde er neu transkribiert.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 362657327
  • Bibliography: Waitz, Georg: Caroline und ihre Freunde. Mittheilungen aus Briefen. Leipzig 1882, S. 74‒75.
  • Weitere Drucke: Voss, Johann Heinrich: Briefe von Johann Heinrich Voss. Hg. v. August Eschen. In: Archiv für Litteraturgeschichte 15 (1887), S. 379.
    Wortmann, Michael: Der Freie Mann Friedrich August Eschen (1776‒1800). Aus der Zeit ,grosser Klassiker‘. Biografie ‒ Briefe ‒ Werke ‒ Kontexte ‒ Pädagogik ‒ Rezeption. Borchen 2017. Anhang S. 1355‒1358.
  • Incipit: „[1] Rümligen, d. 30 May 1800.
    bey Bern
    Schon lange war es mein Wunsch, Ihnen, verehrter Freund, einige Nachrichten von meinem Leben [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-33449
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.7,Nr.83
  • Number of Pages: 3S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 24 x 19,4 cm
  • Editors: Bamberg, Claudia · Seidel, Aline · Varwig, Olivia
[1] Rümligen, d. 30 May 1800.
bey Bern
Schon lange war es mein Wunsch, Ihnen, verehrter Freund, einige Nachrichten von meinem Leben und Treiben zu geben, da ich hoffen darf, daß ich sowohl Ihrem als Ihrer Gattin freundschaftlichem Andenken nicht fremde geworden bin, und da ich so oft und gerne mir die frohen Stunden zurückrufe, die ich in Ihrem Hause durch Ihre Güte genoß. Ich ergreife daher freudig diese Gelegenheit, indem ich Ihnen, als ein geringes Zeichen meiner Gefühle für Sie, meine Übersezung der Horazischen Oden zusende. Ich wünsche, daß Sie es annehmen als δοσιν ολιγην τε φιλην τε. Doch, so klein die Gabe auch seyn mag, muß ich Sie bitten, daß Sie dieselbe Ihrer Beurtheilung werth halten und wenn wichtigere Geschäfte es Ihnen erlauben, mir diese mittheilen. Ich glaube, daß Sie mir gerne dieselbe Güte erzeig schriftlich erzeigen werden, welche ich einst bey Vorlesung ähnlicher Arbeiten zu so großem Nuzen für mich von Ihnen xxx xxx und Ihrer geistvollen Gattin erhielt. Zwar weiß ich, daß vor Ihrem Blicke alle Mängel des Werkes deutlicher hervorspringen werden; aber das Bewußtseyn davon ist nicht stärker, als mein Wunsch, durch solche Beurtheilungen, wie die Ihrigen sind, jeder nächsten Arbeit eine größere Annäherung zur Vollkommenheit zu geben zu können. Daß die fehlervollen Proben meiner Übersezung im Teutschen Merkur nur Proben der ersten Arbeit waren, die ich bekannt zu machen sehr Unrecht hatte, werden Sie bey dem [2] Lesen dieser lezten Arbeit, glaube ich, leicht sehen, und daß ich alle meine Kräfte aufwandte, um jedem einzelnen Gedichte den eigenen gemäßen Ton zu geben, bald durch leichtere, bald durch kühnere Wendungen. Auch im Sylbenmaße suchte ich die Kraft und Schönheit des Originals zu erreichen und habe deshalb vorzüglich im Sapphischen Sylbenmaße mir selten statt der Spondäen die schlaff machenden Trochäen erlaubt. – Doch wozu vor Ihnen hiervon reden, was Sie so schnell bemerken?
Ob ich diesen Sommer irgend etwas anderes übersezen werde, zweifle ich; da ich die Homeridischen Hymnen bis zum Winter zurücklegen werde, und durch meine bisherigen Übersezungen vielleicht Gewandtheit der Sprache genug erhielt und genug von den versibus rerum inopibus nugisque canoris gewarnt ward, um an mir jezt ernstlicher versuchen zu können, ob eine eigene Muse mir Antwort giebt, oder nicht. Was mir einige Hofnung zu dieser Antwort giebt, ist, daß ich so schlechte Sachen, als im Schillerschen Musenallmanache von mir abgedruckt sind, nicht mehr machen könnte: und lieber auch mag die blinde Themis meine Gefährtin durchs Leben seyn, als eine solche plaudernde Muse.
Daß ich meinen Plaz in der Schweiz verändert habe, hörten Sie vielleicht schon durch Gries. Die wenige Frucht, welche ich an meinem vorigen Zöglinge gedeihen sah, zwang mich zu dieser Veränderung, wodurch ich in vielen Rücksichten gewann. Außer einem liebenswürdigen Mädchen von acht Jahren, mit welchem ich mich noch wenig beschäftige, habe ich auch hier nur Einen Knaben von 9 Jahren, den ich von Herz und [3] Geist nicht besser mir wünschen möchte und der seit meinem kurzen Hierseyn sehr große Fortschritte, vorzüglich im Griechischen und Lateinischen, gemacht hat. Eine bezaubernde Gegend, in welcher ich allenthalben, selbst auf meinem Zimmer die ganze Kette der leuchtenden Schneeberge vor mir habe, umgiebt mich und erregt so oft in mir den Wunsch, daß dieses Land mein Vaterland seyn möchte, obgleich an seinem politischen Himmel noch trübe Wolken hängen. – Wie bald ich nach Deutschland zurückkehren werde, hängt großentheils von der Bildung meines Zöglings ab; doch länger als zwey Jahre noch wird schwerlich mein Bleiben hier seyn. Jena wird dann der Ort seyn, wo ich zuerst für ein oder zwey Jahre meinen festen Wohnsiz nehmen werde, und ich freue mich, dann mit Ihnen und Ihrer theuren Gattin und anderen, deren Andenken mir so werth ist, die Bekanntschaft zu erneuern, und mündlich Ihnen versichern zu können, wie ich Ihrer auch in der Ferne gedacht habe. – Indem ich schließe bitte ich Sie noch, Ihre Auguste und alle Ihrer Bekannten, die sich meiner gerne erinnern, zu grüßen, und meiner herzlichen Empfindungen und Hochachtung für Sie versichert zu seyn. Ihr
FAEschen.
Addr. – Eschen bey dem Hr. Frisching von Rümligen – zu Bern.

[4] Dem
Herrn Rath A. W. Schlegel,
Professor der Ästhetik
zu
Jena.

[1] Darf ich Sie bitten, das eine Exemplar mit vielen Grüßen Ihrem hoch geschäzten Bruder zu übergeben? –
[1] Rümligen, d. 30 May 1800.
bey Bern
Schon lange war es mein Wunsch, Ihnen, verehrter Freund, einige Nachrichten von meinem Leben und Treiben zu geben, da ich hoffen darf, daß ich sowohl Ihrem als Ihrer Gattin freundschaftlichem Andenken nicht fremde geworden bin, und da ich so oft und gerne mir die frohen Stunden zurückrufe, die ich in Ihrem Hause durch Ihre Güte genoß. Ich ergreife daher freudig diese Gelegenheit, indem ich Ihnen, als ein geringes Zeichen meiner Gefühle für Sie, meine Übersezung der Horazischen Oden zusende. Ich wünsche, daß Sie es annehmen als δοσιν ολιγην τε φιλην τε. Doch, so klein die Gabe auch seyn mag, muß ich Sie bitten, daß Sie dieselbe Ihrer Beurtheilung werth halten und wenn wichtigere Geschäfte es Ihnen erlauben, mir diese mittheilen. Ich glaube, daß Sie mir gerne dieselbe Güte erzeig schriftlich erzeigen werden, welche ich einst bey Vorlesung ähnlicher Arbeiten zu so großem Nuzen für mich von Ihnen xxx xxx und Ihrer geistvollen Gattin erhielt. Zwar weiß ich, daß vor Ihrem Blicke alle Mängel des Werkes deutlicher hervorspringen werden; aber das Bewußtseyn davon ist nicht stärker, als mein Wunsch, durch solche Beurtheilungen, wie die Ihrigen sind, jeder nächsten Arbeit eine größere Annäherung zur Vollkommenheit zu geben zu können. Daß die fehlervollen Proben meiner Übersezung im Teutschen Merkur nur Proben der ersten Arbeit waren, die ich bekannt zu machen sehr Unrecht hatte, werden Sie bey dem [2] Lesen dieser lezten Arbeit, glaube ich, leicht sehen, und daß ich alle meine Kräfte aufwandte, um jedem einzelnen Gedichte den eigenen gemäßen Ton zu geben, bald durch leichtere, bald durch kühnere Wendungen. Auch im Sylbenmaße suchte ich die Kraft und Schönheit des Originals zu erreichen und habe deshalb vorzüglich im Sapphischen Sylbenmaße mir selten statt der Spondäen die schlaff machenden Trochäen erlaubt. – Doch wozu vor Ihnen hiervon reden, was Sie so schnell bemerken?
Ob ich diesen Sommer irgend etwas anderes übersezen werde, zweifle ich; da ich die Homeridischen Hymnen bis zum Winter zurücklegen werde, und durch meine bisherigen Übersezungen vielleicht Gewandtheit der Sprache genug erhielt und genug von den versibus rerum inopibus nugisque canoris gewarnt ward, um an mir jezt ernstlicher versuchen zu können, ob eine eigene Muse mir Antwort giebt, oder nicht. Was mir einige Hofnung zu dieser Antwort giebt, ist, daß ich so schlechte Sachen, als im Schillerschen Musenallmanache von mir abgedruckt sind, nicht mehr machen könnte: und lieber auch mag die blinde Themis meine Gefährtin durchs Leben seyn, als eine solche plaudernde Muse.
Daß ich meinen Plaz in der Schweiz verändert habe, hörten Sie vielleicht schon durch Gries. Die wenige Frucht, welche ich an meinem vorigen Zöglinge gedeihen sah, zwang mich zu dieser Veränderung, wodurch ich in vielen Rücksichten gewann. Außer einem liebenswürdigen Mädchen von acht Jahren, mit welchem ich mich noch wenig beschäftige, habe ich auch hier nur Einen Knaben von 9 Jahren, den ich von Herz und [3] Geist nicht besser mir wünschen möchte und der seit meinem kurzen Hierseyn sehr große Fortschritte, vorzüglich im Griechischen und Lateinischen, gemacht hat. Eine bezaubernde Gegend, in welcher ich allenthalben, selbst auf meinem Zimmer die ganze Kette der leuchtenden Schneeberge vor mir habe, umgiebt mich und erregt so oft in mir den Wunsch, daß dieses Land mein Vaterland seyn möchte, obgleich an seinem politischen Himmel noch trübe Wolken hängen. – Wie bald ich nach Deutschland zurückkehren werde, hängt großentheils von der Bildung meines Zöglings ab; doch länger als zwey Jahre noch wird schwerlich mein Bleiben hier seyn. Jena wird dann der Ort seyn, wo ich zuerst für ein oder zwey Jahre meinen festen Wohnsiz nehmen werde, und ich freue mich, dann mit Ihnen und Ihrer theuren Gattin und anderen, deren Andenken mir so werth ist, die Bekanntschaft zu erneuern, und mündlich Ihnen versichern zu können, wie ich Ihrer auch in der Ferne gedacht habe. – Indem ich schließe bitte ich Sie noch, Ihre Auguste und alle Ihrer Bekannten, die sich meiner gerne erinnern, zu grüßen, und meiner herzlichen Empfindungen und Hochachtung für Sie versichert zu seyn. Ihr
FAEschen.
Addr. – Eschen bey dem Hr. Frisching von Rümligen – zu Bern.

[4] Dem
Herrn Rath A. W. Schlegel,
Professor der Ästhetik
zu
Jena.

[1] Darf ich Sie bitten, das eine Exemplar mit vielen Grüßen Ihrem hoch geschäzten Bruder zu übergeben? –
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