• August Wilhelm von Schlegel to Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Jena · Date: 08.10.1802
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Jena
  • Date: 08.10.1802
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 365353833
  • Bibliography: Plitt, G. L.: Aus Schellings Leben. In Briefen. Bd. 1: 1775‒1803. Leipzig 1869, S. 417‒419.
  • Incipit: „Berlin, den 8. Octbr. 1802.
    Ihren Brief vom 8. d. nebst dem Packet mit funfzig Exemplaren der Rüge und den beiden [...]“
    Manuscript
  • Provider: Deutsches Literaturarchiv Marbach
  • Classification Number: A:Schelling 56.1465
  • Number of Pages: 4. S., hs. m. U.
  • Format: 8°
Berlin, den 8. Octbr. 1802.
Ihren Brief vom 8. d. nebst dem Packet mit funfzig Exemplaren der Rüge und den beiden neuen Heften Ihrer Zeitschrift, habe ich gestern erhalten. ‒ Die jetzt wegen der Berichtigung getroffene Auskunft billige ich vollkommen. Der erste Vorschlag war vielleicht mehr für den unmittelbaren Eindruck, bei der jetzt getroffenen Maßregel kann mir Schütz nicht vorrücken, daß ich seinen Brief geflissentlich verschwiegen und auf seine Versicherung, er sei nicht der Recensent, keine Rücksicht genommen habe.
Ich erwarte nunmehr allerdings die wüthendsten Ausfälle von seiner Seite und sehe ihnen mit großer Gleichgültigkeit entgegen. Antworten werde ich ihm durchaus nicht, ich habe ihn selbst ehrlos erklärt und kann daher keine Worte mehr mit ihm wechseln. Es müßte in der That eine seltsame Nöthigung eintreten, wenn ich in dieser Sache wieder die Feder ergreifen sollte. Daß er seinen Brief an mich abdrucken läßt, dazu halte ich ihn auch für schamlos und niederträchtig genug. Sie meinen, ich hätte den Brief wieder dahin zurückschicken sollen, von woher ich ihn empfangen. Dieses fiel mir schon deswegen nicht ein, weil er während meiner Abwesenheit angenommen worden war. Es ist wahr, ich hätte nach Lesung desselben ihn wieder versiegeln und an Unger zurückschicken können, mit dem Bedeuten, der Brief sei von der Art, daß ich ihn als nicht empfangen betrachten müsse. Aber was wäre damit gewonnen worden? Schütz würde das „nicht-annehmen-wollen“ auf die letzte Anspielung beziehen; und ich wiederhole es, ich weiß keine andere Art zu verstehen zu geben, daß man so etwas verstanden hat, als körperliche Eindringlichkeiten. Da er auch bei seinen ferneren Ausfällen auf mich auf bloßes Anspielen sich wird einschränken müssen, um sich nicht in rechtlicher Hinsicht zu sehr in Nachtheil zu stellen, so wird er mich schwerlich auf diese Art nöthigen können, das Schweigen zu brechen.
Sollte Büchler in das Spiel gemischt werden, so versteht sichʼs von selbst, daß ich Ihnen sogleich eine Abschrift von seiner Krankheitsgeschichte nebst den Beilagen besorge, sowie auch von Ihrem eignen damaligen Berichte. Ich habe nur geglaubt, es sei für jetzt besser, diesem unbekannten Menschen für jetzt keinen Anlaß zu geben, sich mit einer Rechtfertigung vor das Publicum zu drängen, wodurch der verdrießliche Handel nur verlängert werden würde.
Das wäre ja wohl das Nothwendige hierüber. Ueber die andere Angelegenheit habe ich nichts zu erwiedern, als daß ich das Nöthige erwarte.
Ich schreibe in großer Eile. Die neuen Hefte habe ich natürlich seit gestern noch nicht lesen können, doch sehe ich schon aus dem bloßen Durchblättern das große Interesse derselben und freue mich auf die Lectüre.
Ich bin begierig, welchen Eindruck das Spanische Schauspiel auf Sie machen wird, von Goethe habe ich noch nichts darüber vernommen. Diesen Winter werde ich vermuthlich zum Behufe meiner Vorlesungen noch allerlei poetische Stücke aus dem Petrarca, Guanini, Cervantes u. s. w. übersetzen.
Daß Ihnen mein Heft nicht uninteressant ist, muß mich sehr erfreuen. Melden Sie mir doch, ob Fernow in Jena ankommt und wirklich liest. Hier haben über sogenannte Aesthetik noch Kiesewetter und Bendavid Vorlesungen angekündigt. Ich fürchte aber die Competenz ganz und gar nicht. Von Merkel hat es auch so geheißen. Er treibt sich wieder herum. Frankfurt hat er nach einem empfangenen und eingesteckten Affront, nämlich ein paar Ohrfeigen von einem dasigen Steuerrath an der Tafel eines Generals, verlassen. Gedicke hat sich sehr für ihn beworben, daß er in Frankfurt als Professor möchte angesetzt werden, worauf das Zeugnis der Universität gefordert und ziemlich protestirend ausgefallen sein soll.
Noch ein lächerlicher Competent mit Vorlesungen ist hier, ein Prof. Harl aus Salzburg, ein weggelaufener Geistlicher, der eine entsprungene Nonne geheirathet hat. Er will über Pädagogik, besonders für Damen lesen; es wäre der Mühe werth, Ihnen die Ankündigung zu schicken, ich lege sie einmal bei einem Packete bei.
Kotzebue ist hier, ich habe aber weder ihn noch sein Taschenbuch, worin er mich ja bedacht haben soll, gesehen.
Leben Sie recht wohl.
Der Ihrige.
A. W. Schlegel.
Berlin, den 8. Octbr. 1802.
Ihren Brief vom 8. d. nebst dem Packet mit funfzig Exemplaren der Rüge und den beiden neuen Heften Ihrer Zeitschrift, habe ich gestern erhalten. ‒ Die jetzt wegen der Berichtigung getroffene Auskunft billige ich vollkommen. Der erste Vorschlag war vielleicht mehr für den unmittelbaren Eindruck, bei der jetzt getroffenen Maßregel kann mir Schütz nicht vorrücken, daß ich seinen Brief geflissentlich verschwiegen und auf seine Versicherung, er sei nicht der Recensent, keine Rücksicht genommen habe.
Ich erwarte nunmehr allerdings die wüthendsten Ausfälle von seiner Seite und sehe ihnen mit großer Gleichgültigkeit entgegen. Antworten werde ich ihm durchaus nicht, ich habe ihn selbst ehrlos erklärt und kann daher keine Worte mehr mit ihm wechseln. Es müßte in der That eine seltsame Nöthigung eintreten, wenn ich in dieser Sache wieder die Feder ergreifen sollte. Daß er seinen Brief an mich abdrucken läßt, dazu halte ich ihn auch für schamlos und niederträchtig genug. Sie meinen, ich hätte den Brief wieder dahin zurückschicken sollen, von woher ich ihn empfangen. Dieses fiel mir schon deswegen nicht ein, weil er während meiner Abwesenheit angenommen worden war. Es ist wahr, ich hätte nach Lesung desselben ihn wieder versiegeln und an Unger zurückschicken können, mit dem Bedeuten, der Brief sei von der Art, daß ich ihn als nicht empfangen betrachten müsse. Aber was wäre damit gewonnen worden? Schütz würde das „nicht-annehmen-wollen“ auf die letzte Anspielung beziehen; und ich wiederhole es, ich weiß keine andere Art zu verstehen zu geben, daß man so etwas verstanden hat, als körperliche Eindringlichkeiten. Da er auch bei seinen ferneren Ausfällen auf mich auf bloßes Anspielen sich wird einschränken müssen, um sich nicht in rechtlicher Hinsicht zu sehr in Nachtheil zu stellen, so wird er mich schwerlich auf diese Art nöthigen können, das Schweigen zu brechen.
Sollte Büchler in das Spiel gemischt werden, so versteht sichʼs von selbst, daß ich Ihnen sogleich eine Abschrift von seiner Krankheitsgeschichte nebst den Beilagen besorge, sowie auch von Ihrem eignen damaligen Berichte. Ich habe nur geglaubt, es sei für jetzt besser, diesem unbekannten Menschen für jetzt keinen Anlaß zu geben, sich mit einer Rechtfertigung vor das Publicum zu drängen, wodurch der verdrießliche Handel nur verlängert werden würde.
Das wäre ja wohl das Nothwendige hierüber. Ueber die andere Angelegenheit habe ich nichts zu erwiedern, als daß ich das Nöthige erwarte.
Ich schreibe in großer Eile. Die neuen Hefte habe ich natürlich seit gestern noch nicht lesen können, doch sehe ich schon aus dem bloßen Durchblättern das große Interesse derselben und freue mich auf die Lectüre.
Ich bin begierig, welchen Eindruck das Spanische Schauspiel auf Sie machen wird, von Goethe habe ich noch nichts darüber vernommen. Diesen Winter werde ich vermuthlich zum Behufe meiner Vorlesungen noch allerlei poetische Stücke aus dem Petrarca, Guanini, Cervantes u. s. w. übersetzen.
Daß Ihnen mein Heft nicht uninteressant ist, muß mich sehr erfreuen. Melden Sie mir doch, ob Fernow in Jena ankommt und wirklich liest. Hier haben über sogenannte Aesthetik noch Kiesewetter und Bendavid Vorlesungen angekündigt. Ich fürchte aber die Competenz ganz und gar nicht. Von Merkel hat es auch so geheißen. Er treibt sich wieder herum. Frankfurt hat er nach einem empfangenen und eingesteckten Affront, nämlich ein paar Ohrfeigen von einem dasigen Steuerrath an der Tafel eines Generals, verlassen. Gedicke hat sich sehr für ihn beworben, daß er in Frankfurt als Professor möchte angesetzt werden, worauf das Zeugnis der Universität gefordert und ziemlich protestirend ausgefallen sein soll.
Noch ein lächerlicher Competent mit Vorlesungen ist hier, ein Prof. Harl aus Salzburg, ein weggelaufener Geistlicher, der eine entsprungene Nonne geheirathet hat. Er will über Pädagogik, besonders für Damen lesen; es wäre der Mühe werth, Ihnen die Ankündigung zu schicken, ich lege sie einmal bei einem Packete bei.
Kotzebue ist hier, ich habe aber weder ihn noch sein Taschenbuch, worin er mich ja bedacht haben soll, gesehen.
Leben Sie recht wohl.
Der Ihrige.
A. W. Schlegel.
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