• Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Unknown · Date: 07.01.1803
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 07.01.1803
  • Notations: Datum nicht eindeutig (wahrscheinlich eine 4, s. Hs).
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 365353833
  • Bibliography: Plitt, G. L.: Aus Schellings Leben. In Briefen. Bd. 1: 1775‒1803. Leipzig 1869, S. 437‒445.
  • Incipit: „Jena, den 7. Januar 1803.
    Sie erhalten hier außer verschiedenen andern Dingen auch ein Rescript des Weimarischen Consistorium, so vor ungefähr [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-36872
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.20,Nr.32
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 23,6 x 18,4 cm
Jena, den 7. Januar 1803.
Sie erhalten hier außer verschiedenen andern Dingen auch ein Rescript des Weimarischen Consistorium, so vor ungefähr acht Tagen hierher gekommen, mit einem gleichen an Caroline. Ich wollte es Ihnen nicht schicken, ehe ich zugleich melden konnte, was in der Sache Ihrerseits zu thun ist. Die Erscheinung vor dem Consistorium wird jetzt bereits parirt sein. Caroline hat sich deßhalb für sich und, in wie weit sich dieß geziemen wollte, auch für Sie in einem Schreiben an den Herzog verwendet; es bedarf zur letzten Formalität, so viel ich begreife, noch eines Blanquets von Ihnen, wovon Sie hier das Formular beigelegt finden. Sie schreiben es auf die untere Hälfte eines ganzen (beschnittenen) Foliobogens, drücken Ihr Siegel bei und unterzeichnen es. Senden Sie es ja mit umgehender Post an mich, das Uebrige soll dann besorgt werden. Caroline hat ein gleiches für sich auszustellen.
Haben Sie den besten Dank für das angenehme Geschenk, das Sie mir mit dem Rest von Novalis Schriften gemacht haben, sowie für das Versprechen, das Sie mir geben, mich einige Gedichte von Tieck und einige Ihrer neuern poetischen Uebersetzungen genießen zu lassen. Ich wünsche nur, daß Ihnen das Versenden der Abschrift von Calderon hierher keine Ungelegenheit mache; sonst will ich meine Ungeduld, obgleich ungern, noch bis Ostern mäßigen, wo man, wie gesagt wird, Hoffnung hat etwas davon im Druck zu sehen. Sie erhalten hiermit eine Abschrift der Uebersetzung des Danteschen Gesangs, von deren großer Unvollkommenheit, Härte und Unbeholfenheit mich zu überzeugen ich eben neue Gelegenheit gehabt habe. Wenn Sie etwas aus Dante übersetzen, so wählen Sie, wenn Sie mir diese Bitte erlauben, diesen Gesang, welches zum Theil freilich ein sehr eigennütziger Wunsch von meiner Seite ist, indem ich daraus über Maßen viel zu lernen Hoffnung hätte. ‒ Die Einleitungsvorlesungen zu meiner Aesthetik zu überschicken nehme ich jetzt wieder Anstand, da sie in dieser Allgemeinheit kein deutliches Bild meiner Methode geben können; lieber übersende ich mit Ihrer Erlaubnis als Probe derselben die Vorlesung über Musik, welche ins Reine zu schreiben der erste freie Abend benutzt werden soll. Auch liegen einige Hefte des Krit. Journals bei, nach dem Sie sich zu erkundigen die Güte hatten; das erste ist schon im Herbst erschienen, aber erst mit dem andern versendet worden, worin Sie den Anfang einer Bearbeitung des Naturrechts von Hegel finden. Die beiden lustigen Stücke, die Sie beigelegt haben, wünschte ich mit etwas Aehnlichem zu vergelten, welches folgen wird. ‒ Von Vermehren habe ich den Ayrer gleich erhalten, er liegt also nun bei mir zu Ihrer Disposition. Die hier gebliebene Ehrenpforte ist so abgelesen und beschmutzt, daß es sich kaum schickt, daß der Autor kein besseres Exemplar habe, und daß deswegen Anstand genommen wurde, es Ihnen zu schicken. Lassen Sie sich doch von dem Verleger noch ein halb Dutzend Exemplare geben. Wenn die ital. Grammatik die von Veneroni ist, so gehört sie mir, und ich bitte sie mir zu schicken, wenn ich etwa darum bitten sollte. Die andern von Ihrem Bruder erhaltenen Bücher wären schon abgeschickt, ließ Vermehren sagen; wohin? weiß ich nicht, eben so wenig als, ob die Legenden von Cochem darunter begriffen sind. Ich kann mich aber darnach weiter erkundigen, wenn Sie wollen. Von Ihrem freundschaftlichen Anerbieten wegen des Spanischen werde ich gewiß Gebrauch machen, wenn es sich schicken will. Ebenso von dem, mir Ihr neues Heft der Aesthetik mitzutheilen: ich denke nach Ostern einen gedrängten aber vollständigen Auszug aus meinen unlesbaren Papieren zu veranstalten und ihn dann Ihrem Urtheil vorzulegen. Von dem Bouterwekschen Museum ist uns hier noch nichts zu Gesicht gekommen, dagegen werden Sie eine andere kleine Berücksichtigung desselben in dem mitfolgenden Heft finden. Die Nachricht, Ihren Bruder betreffend, ist aus der Allg. Zeitung genommen, worein sie wahrscheinlich Böttiger hat setzen lassen, der, wie ich höre, auch in Weimar aus Briefen seines Correspondenten in Paris Dinge über Ihren Bruder debütirt. Madame de Wollzogen, die kürzlich zurückgekommen ist, erzählt nämlich, daß er gleich bei dem ersten Thé littéraire bei Millin die Franzosen durch seine Aeußerungen blaß gemacht habe. Daher wahrscheinlich jene Berichte. Ich höre jedoch, daß Ihr Bruder selbst hieher geschrieben hat, daß er Aussicht auf eine Stelle in den Rheindepartements habe. In einem Brief an Ritter steht, wie Frommann erzählt, ob dieser auch die zweite Sendung des Plato nicht erhalten? Indeß ist weder von dieser noch von der ersten etwas angekommen.
Die Ergötzlichkeit, deren ich oben Meldung gethan, besteht in mitfolgendem Brief von Paulus, der uns großen Spaß gemacht hat. ‒ Bezahlen Sie ihm doch ja nichts, da er Zeit und Gelegenheit genug gehabt, sich an Madame Veit oder Sie zu wenden, so lange jene noch gegenwärtig war: haben Sie aber die Güte, ihm nur mit ein paar Zeilen zu antworten, da zu befürchten steht, daß er Carolinen noch weiter beunruhige und noch importuner werde.
Die Vergleichung des Lacrymas mit der Gita‒Govinda (dieß ist der Name des indischen Gedichts) kann freilich nur in einem sehr allgemeinen Sinne stattfinden. Es ist kürzlich von dem jüngeren Dalberg ins Deutsche übersetzt, aber in vielen Stellen jämmerlich verunstaltet und der guten Sitten wegen sogar nach Jones noch verstümmelt. Indeß ist man doch dadurch aufmerksam geworden, es im Englischen zu lesen. Goethe machte es hier bekannter. Sie finden es in Jones Werken; wenn ich nicht irre, in der nach seinem Tod herausgekommenen Sammlung Vol. IV. Es ist ein Sehnsucht und Wohllust athmendes Gedicht. Sollten Sie es nicht gelesen haben, so werden Sie diese Werke doch leicht in Berlin in einer Bibliothek finden können.
Ich kann nicht glauben, daß Goethe einigen Kaltsinn gegen Sie habe. Wegen des Calderon hat er mich einmal gebeten, ihn bei Ihnen zu entschuldigen, daß er nicht gleich darüber geschrieben: habe ich es nicht gethan, so muß ich sehr um Verzeihung bitten: ich erinnere mich, daß er es mir auftrug, nachdem ich eine halbe Stunde vorher einen Brief an Sie abgeschickt hatte, worin ich von seinem Urtheil darüber geschrieben hatte; ich sagte ihm dieß und er dankte mir, es gethan zu haben. Ich kann Ihnen wohl sagen, da Sie keinen weitern Gebrauch davon machen werden, daß er ohnlängst in einem sehr allgemeinen Gespräche von der Kunstausstellungsgeschichte etwas von Impietät sagte, wodurch er auf Urheber zu zielen schien, mit denen er in freundschaftlichen Verbindungen gestanden hatte; allein gewiß hat er dabei an keinen Ihrer unmittelbaren Freunde gedacht (sowie manche, nach dem, was ich von Fr. Tieck gehört habe, diesen und seinen Bruder für die Urheber jenes Berichts ausgegeben haben sollen); wenn dieß Wort, außer der ganz allgemeinen Bedeutung, da er sich, wie Sie wissen, gern die Ansprüche des Alters giebt, eine nähere Beziehung hatte, was ich nicht glaube, so mochte es auf Hartmann zielen, der jetzt allgemeiner für den Verfasser gehalten wird, wie ich gleichfalls von Tieck erfahren habe. Ueber die letztern Arbeiten hat er sich in der besten Laune mit wahrhafter Theilnahme und Billigung geäußert, so daß ich nicht begreife, wie Tieck einigen Grund haben konnte, eine minder gute Stimmung gegen sich bei Goethe vorauszusetzen. Der junge Bode hat es auch mit andern wie mit Ihnen gemacht, z. B. mit Gries, welcher jetzt, Sie werden es kaum denken, sich den Ariosto vorgesetzt hat zu verwässern. Können Sie ihm einen Verleger zuschaffen, so erwerben Sie sich ein großes Verdienst um ihn, obgleich freilich nicht um die Sache. ‒
Caroline bezeugt ihre innigste Theilnahme an den ausgestandenen Uebeln und wünscht die gänzliche Herstellung von Madame Bernhardi bald zu erfahren. Sie würde sich das Vergnügen machen, eine Bouteille von dem excellenten und mit großen Heilkräften begabten Tockayer zu schicken, womit wir durch den ungarischen Baron versehen sind, wenn sie nicht fürchtete, daß die Accise zu viel Unbequemlichkeiten machte. Die an sich höchst erfreuliche Rettung des zarten und liebenswürdigen Knaben freut mich auch sehr für Hufeland, dem ich Sie bitte mich angelegentlich zu empfehlen. ‒ Sie wissen doch, daß Himly nun vollends nach Göttingen berufen ist und geht. So hoch steht jetzt der Preis der tiefen Mittelmäßigkeit.
Hegel empfiehlt sich Ihnen.
Leben Sie wohl, erhalten Sie Ihre Gesundheit und mir Ihre Freundschaft.
Schelling.

P. S. Ich bemerke erst beim Durchlesen, daß ich noch hätte erwähnen sollen, daß außer dem Blanquet von Ihrer Seite nun nichts zu geschehen braucht, um die persönliche Erscheinung zu verbitten. So sind wir von Weimar aus angewiesen worden. Mittelst des Blanquets wird, so viel ich abnehmen kann, da ich selbst über den Gebrauch davon nicht näher unterrichtet bin und die Zeit nicht erlaubte erst weiter sich zu erkundigen, Ihre Stelle vertreten.
––––––
Auf den möglichen Fall, daß die Kunstausstellungsbegebenheit bei Goethe irgend einen Eindruck gegen Ihre nähern Freunde und dadurch gegen Sie gemacht hätte, obgleich ich nochmals aufrichtig versichere, daß ich aus seinem Betragen oder Aeußerungen von ihm nicht den geringsten Grund habe dieß anzunehmen ‒ auf diesen Fall also und wenn Ihnen daran liegt, einem solchen möglichen Eindruck bei ihm zu begegnen, bitte ich Sie, da ich es am besten und schicklicher als Sie selbst thun kann und da jede öffentliche Erwähnung als Wiederaufrührung der Sache ihm wahrscheinlich unangenehm wäre, mich zu autorisiren, ihm über diesen Punct auf welche Weise es sich am besten schickt, diejenigen Versicherungen zu geben, die Sie ihm selbst geben können.
––––––
3. Postscript. Ich muß noch melden, was ich immer vergessen habe, daß Rosaʼs declarirter Liebhaber jetzt Herr Geist ist, nachdem die Anfänge dieser Platonischen Verbindung schon vorigen Sommer in Lauchstädt gemacht wurden. Er ist nicht lässig mit Briefen an Demoiselle Rosette Abbt; so viel wir aber abnehmen können, scheint er ziemlich den Lothario unter den Bedienten zu spielen.
––––––
Dante. Paradiso II.
Ihr, die auf leichter Barke schwankend zoget
Voll von des Hörens lockenden Gelüsten
Dem Kiele nach, der singend vor euch woget,
O kehrt zurück zu suchen eure Küsten;
Vertraut dem Meere nicht, daß meine Spuren
Verlierend ihr verirrt in seinen Wüsten.
Nie schnitt ein Schiff durch dieses Wassers Fluren,
Minerva weht, es leitet mich Apoll
Und neue Musen zeigen mir Arkturen.
Ihr andern wenʼgen, die zu Zeiten wohl
Das Haupt erhoben zu der Engel Speise,
Wovon man lebt, doch nimmer dessen voll,
Wagt euer Schifflein folgend meinem Gleise
Durchs tiefe Salz und hinter jenen Wogen,
Die wiederkehren stets auf gleiche Weise.
Die Ruhmbedeckten, die nach Kolchis flogen,
Erstaunten so nicht, als sie sich verkehren
Zum Pflüger sahn den, dem sie nachgezogen.
Das anerschaffne stete Grundbegehren
Des gottgestalten Reiches trug uns schier
Empor so schnell, als ist der Lauf der Sphären.
Beatrix sah nach oben, ich nach ihr;
Vielleicht in so viel Zeit, als los sich schläget
Ein Pfeil vom Bogen, kam ich hin, wo mir
Ein wunderbares Ding den Sinn erreget.
Worauf gewandt zu mir aus naher Ferne
Sie, die nichts flieht, was mir den Geist beweget,
So schön als froh: Willig erhebʼ und gerne,
Mir zuruft, dankbarn Sinn zur ewʼgen Güte,
Die uns verbunden hat dem ersten Sterne.
Mir war es, als ob eine Wolke glühte,
Glanzvoll, dicht, fest und glatt um uns ergossen,
Dem Demant ähnlich, den das Licht durchsprühte.
Die ewʼge Perle hat sich uns erschlossen
Und nahm uns auf, so wie man sieht das Licht
Durch ungetrenntes Wasser gehn und sprossen.
War ich ein Körper und begreift sich nicht,
Wie eine Dimension die andre trägt,
Wenn Körper sich durch Körper drängt und bricht,
So werde nur uns höhʼrer Durst erregt
Zu schaun das Zeichen, welches uns belehret,
Wie menschliche Natur Gott in sich hegt.
Hier wird man sehn, was Glauben sonst gewähret,
Nicht durch Beweis, nein, gleich dem ersten Wahren
Des Menschen, einzig durch sich selbst bewähret.
Den Dank will ich andächtiglich bewahren,
Sprach ich, o selig Bild, dem, dessen Willen
Mich zog von Dingen, welche sterblich waren.
Doch sage, welche dunkle Flecken hüllen
Sich um den Körper, wegen deren viele
Mit Fabeln sich von Kain die Neugier stillen.
Drauf lächelnd sie: Wenn von dem rechten Ziele
Abirren jene, wo der Wahrheit Siegel
Die Sinne nicht eröffnen, lern und fühle:
Daß weil Vernunft hat kurz beschnittne Flügel
Den Sinnen nachzufliegen, du mit nichten
Dir schießen lässest der Verwundrung Zügel;
Doch was du selber denkst, wollst mir berichten.
Drauf ich: Was unten so verschieden blinket,
Machen die Körper so die dünn als dichten.
Dann jene: Was dir jetzund so bedünket,
Will ich dir zeigen alsbald dergestalten,
Daß es vor dir ins Meer des Irrthums sinket.
Ihr sehet in der achten Sphäre walten
Der Lichter viele, die durch Größʼ und Art
Verschieden sich und mannichfach entfalten.
Wär aller Unterschied nur Dünn und Hart,
So wär es Eine Kraft nur, die sich spaltet,
Hier stark dort schwach, hier grob dort wieder zart.
Allein Natur, die mit den Kräften schaltet,
Nimmt sie als Früchte von verschiednen Bäumen
Formaler Gründe, die sie nie entfaltet.
Wärʼ des verschiednen Lichts in jenen Räumen
Ursache, wie du meinst, das Dünn und Dichte,
So müßtest du von zweien eins mir räumen,
Entweder, daß sich Dünn und Dichtes schichte
Abwechselnd, oder daß an jenen Stellen
Gleichförmig sich die ganze Masse lichte.
Wärʼ wahr das zweite, müßte es erhellen
Bei Finsternis der Sonne, wie wir sehn
Das Licht auch sonst durch andres Dünnes quellen.
Nun siehest du doch dieses nie geschehn.
Drum, kann ich dir das erste widerlegen,
So siehst du deine Meinung ganz zergehn.
Wärʼ jenes wahr, so fänd auf seinen Wegen
Das Licht ein Ziel und käm aufs neu zurücke
Von dem, was seinem Laufe steht entgegen,
So wie die Farbe widerstrahlt dem Blicke
Das Glas, dem Blei den Rücken überziehet;
Allein schon lahm hast du noch eine Krücke.
Denn daß man doch die Stelle dunkel siehet,
Hat, wirst du sagen, seinen Grund darinnen,
Daß weit zurück der Strahl erst rückwärts fliehet.
Allein nun richte einmal deine Sinnen
Auf die Erfahrung, jene einzʼge Quelle,
Von welcher eurer Künste Bäche rinnen.
Drei Spiegel nimm und zwei derselben stelle
Gleich weit von dir, doch ferner noch, ich bitte,
Finde der dritte deiner Augen Helle.
Und hinter dir, in aller dreier Mitte
Steh dir ein Licht, so jene Spiegel zünde,
Daß widerstrahlt der erste, zweite, dritte;
Setz, daß das fernʼre Bild sich enger ründe,
So wirst du nie doch sehn, was du geschlossen,
Daß es den Weg zu deinem Augʼ nicht finde.
Doch jetzt, wie von des Sonnenlichts Geschossen
Die Erdʼ nicht ändert Frischheit noch Gesicht
Befreit des Schnees, der über ihr zerflossen,
Soll solch ein mächtʼger Strahl und Strom von Licht
Den irrthumfreien Geist in dir entzünden,
Daß er sich dir im Auge zitternd bricht.
Drin in des ewʼgen Friedens stillen Gründen
Wälzt sich ein Körper, worin alle Macht
Der Dingʼ und ihre Kräfte sich verbünden.
Der zweite Himmel nach ihm, welcher lacht
Aus so viel Augen, theilt, aufs neu genesen
Von vielen Dingen, jenes Himmels Pracht.
Die weitern Kreise haben auserlesen
Ein jeder sich die Kräfte, die ihm frommen,
Und theilen sie nach Zwecken aus und Wesen.
Du siehst der Welt Organe gehn und kommen
Von Grad zu Grad, wie sie nach unten wirken
Mit dem, was sie von oben sich genommen.
Im Schwung von jenen heiligen Bezirken
Muß, wie des Künstlers Feuʼr in seinem Werke,
Noch wehen der Beweger selig Wirken.
Der hohe Sinn, daß unerforschte Stärke
Den Himmel lenkt, prägt in ihm aus sein Bild
Und drücktʼs ihm auf, daß man sein Siegel merke;
Und wie die Seelʼ in euerm Staube quillt,
Absondernd sich in vielgestalte Glieder,
In die verschiedne Kräfte sie gehüllt,
So die Intelligenz, die auf und nieder
Durch Sterne streut die Gunst, die sie regieret,
Doch immer kreisʼt in ihre Einheit wieder
Verschiedne Kraft verschiedentlich formiret
Die kostbare Materie, die sie wählet
Und die sie, wie das Leben euch, legiret.
Kraft der Natur, von welcher sie beseelet,
Strahlt wie die Freude durch belebtes Auge,
Die Kraft durch Körper, denen sie vermählet;
Nicht daß das Licht in Dünn und Dichtes tauche
Abwechselnd, macht das Helle oder Dunkle,
Nur von des bildenden Principes Hauche
Kommtʼs, daß der Körper trüb sei oder funkle.
Jena, den 7. Januar 1803.
Sie erhalten hier außer verschiedenen andern Dingen auch ein Rescript des Weimarischen Consistorium, so vor ungefähr acht Tagen hierher gekommen, mit einem gleichen an Caroline. Ich wollte es Ihnen nicht schicken, ehe ich zugleich melden konnte, was in der Sache Ihrerseits zu thun ist. Die Erscheinung vor dem Consistorium wird jetzt bereits parirt sein. Caroline hat sich deßhalb für sich und, in wie weit sich dieß geziemen wollte, auch für Sie in einem Schreiben an den Herzog verwendet; es bedarf zur letzten Formalität, so viel ich begreife, noch eines Blanquets von Ihnen, wovon Sie hier das Formular beigelegt finden. Sie schreiben es auf die untere Hälfte eines ganzen (beschnittenen) Foliobogens, drücken Ihr Siegel bei und unterzeichnen es. Senden Sie es ja mit umgehender Post an mich, das Uebrige soll dann besorgt werden. Caroline hat ein gleiches für sich auszustellen.
Haben Sie den besten Dank für das angenehme Geschenk, das Sie mir mit dem Rest von Novalis Schriften gemacht haben, sowie für das Versprechen, das Sie mir geben, mich einige Gedichte von Tieck und einige Ihrer neuern poetischen Uebersetzungen genießen zu lassen. Ich wünsche nur, daß Ihnen das Versenden der Abschrift von Calderon hierher keine Ungelegenheit mache; sonst will ich meine Ungeduld, obgleich ungern, noch bis Ostern mäßigen, wo man, wie gesagt wird, Hoffnung hat etwas davon im Druck zu sehen. Sie erhalten hiermit eine Abschrift der Uebersetzung des Danteschen Gesangs, von deren großer Unvollkommenheit, Härte und Unbeholfenheit mich zu überzeugen ich eben neue Gelegenheit gehabt habe. Wenn Sie etwas aus Dante übersetzen, so wählen Sie, wenn Sie mir diese Bitte erlauben, diesen Gesang, welches zum Theil freilich ein sehr eigennütziger Wunsch von meiner Seite ist, indem ich daraus über Maßen viel zu lernen Hoffnung hätte. ‒ Die Einleitungsvorlesungen zu meiner Aesthetik zu überschicken nehme ich jetzt wieder Anstand, da sie in dieser Allgemeinheit kein deutliches Bild meiner Methode geben können; lieber übersende ich mit Ihrer Erlaubnis als Probe derselben die Vorlesung über Musik, welche ins Reine zu schreiben der erste freie Abend benutzt werden soll. Auch liegen einige Hefte des Krit. Journals bei, nach dem Sie sich zu erkundigen die Güte hatten; das erste ist schon im Herbst erschienen, aber erst mit dem andern versendet worden, worin Sie den Anfang einer Bearbeitung des Naturrechts von Hegel finden. Die beiden lustigen Stücke, die Sie beigelegt haben, wünschte ich mit etwas Aehnlichem zu vergelten, welches folgen wird. ‒ Von Vermehren habe ich den Ayrer gleich erhalten, er liegt also nun bei mir zu Ihrer Disposition. Die hier gebliebene Ehrenpforte ist so abgelesen und beschmutzt, daß es sich kaum schickt, daß der Autor kein besseres Exemplar habe, und daß deswegen Anstand genommen wurde, es Ihnen zu schicken. Lassen Sie sich doch von dem Verleger noch ein halb Dutzend Exemplare geben. Wenn die ital. Grammatik die von Veneroni ist, so gehört sie mir, und ich bitte sie mir zu schicken, wenn ich etwa darum bitten sollte. Die andern von Ihrem Bruder erhaltenen Bücher wären schon abgeschickt, ließ Vermehren sagen; wohin? weiß ich nicht, eben so wenig als, ob die Legenden von Cochem darunter begriffen sind. Ich kann mich aber darnach weiter erkundigen, wenn Sie wollen. Von Ihrem freundschaftlichen Anerbieten wegen des Spanischen werde ich gewiß Gebrauch machen, wenn es sich schicken will. Ebenso von dem, mir Ihr neues Heft der Aesthetik mitzutheilen: ich denke nach Ostern einen gedrängten aber vollständigen Auszug aus meinen unlesbaren Papieren zu veranstalten und ihn dann Ihrem Urtheil vorzulegen. Von dem Bouterwekschen Museum ist uns hier noch nichts zu Gesicht gekommen, dagegen werden Sie eine andere kleine Berücksichtigung desselben in dem mitfolgenden Heft finden. Die Nachricht, Ihren Bruder betreffend, ist aus der Allg. Zeitung genommen, worein sie wahrscheinlich Böttiger hat setzen lassen, der, wie ich höre, auch in Weimar aus Briefen seines Correspondenten in Paris Dinge über Ihren Bruder debütirt. Madame de Wollzogen, die kürzlich zurückgekommen ist, erzählt nämlich, daß er gleich bei dem ersten Thé littéraire bei Millin die Franzosen durch seine Aeußerungen blaß gemacht habe. Daher wahrscheinlich jene Berichte. Ich höre jedoch, daß Ihr Bruder selbst hieher geschrieben hat, daß er Aussicht auf eine Stelle in den Rheindepartements habe. In einem Brief an Ritter steht, wie Frommann erzählt, ob dieser auch die zweite Sendung des Plato nicht erhalten? Indeß ist weder von dieser noch von der ersten etwas angekommen.
Die Ergötzlichkeit, deren ich oben Meldung gethan, besteht in mitfolgendem Brief von Paulus, der uns großen Spaß gemacht hat. ‒ Bezahlen Sie ihm doch ja nichts, da er Zeit und Gelegenheit genug gehabt, sich an Madame Veit oder Sie zu wenden, so lange jene noch gegenwärtig war: haben Sie aber die Güte, ihm nur mit ein paar Zeilen zu antworten, da zu befürchten steht, daß er Carolinen noch weiter beunruhige und noch importuner werde.
Die Vergleichung des Lacrymas mit der Gita‒Govinda (dieß ist der Name des indischen Gedichts) kann freilich nur in einem sehr allgemeinen Sinne stattfinden. Es ist kürzlich von dem jüngeren Dalberg ins Deutsche übersetzt, aber in vielen Stellen jämmerlich verunstaltet und der guten Sitten wegen sogar nach Jones noch verstümmelt. Indeß ist man doch dadurch aufmerksam geworden, es im Englischen zu lesen. Goethe machte es hier bekannter. Sie finden es in Jones Werken; wenn ich nicht irre, in der nach seinem Tod herausgekommenen Sammlung Vol. IV. Es ist ein Sehnsucht und Wohllust athmendes Gedicht. Sollten Sie es nicht gelesen haben, so werden Sie diese Werke doch leicht in Berlin in einer Bibliothek finden können.
Ich kann nicht glauben, daß Goethe einigen Kaltsinn gegen Sie habe. Wegen des Calderon hat er mich einmal gebeten, ihn bei Ihnen zu entschuldigen, daß er nicht gleich darüber geschrieben: habe ich es nicht gethan, so muß ich sehr um Verzeihung bitten: ich erinnere mich, daß er es mir auftrug, nachdem ich eine halbe Stunde vorher einen Brief an Sie abgeschickt hatte, worin ich von seinem Urtheil darüber geschrieben hatte; ich sagte ihm dieß und er dankte mir, es gethan zu haben. Ich kann Ihnen wohl sagen, da Sie keinen weitern Gebrauch davon machen werden, daß er ohnlängst in einem sehr allgemeinen Gespräche von der Kunstausstellungsgeschichte etwas von Impietät sagte, wodurch er auf Urheber zu zielen schien, mit denen er in freundschaftlichen Verbindungen gestanden hatte; allein gewiß hat er dabei an keinen Ihrer unmittelbaren Freunde gedacht (sowie manche, nach dem, was ich von Fr. Tieck gehört habe, diesen und seinen Bruder für die Urheber jenes Berichts ausgegeben haben sollen); wenn dieß Wort, außer der ganz allgemeinen Bedeutung, da er sich, wie Sie wissen, gern die Ansprüche des Alters giebt, eine nähere Beziehung hatte, was ich nicht glaube, so mochte es auf Hartmann zielen, der jetzt allgemeiner für den Verfasser gehalten wird, wie ich gleichfalls von Tieck erfahren habe. Ueber die letztern Arbeiten hat er sich in der besten Laune mit wahrhafter Theilnahme und Billigung geäußert, so daß ich nicht begreife, wie Tieck einigen Grund haben konnte, eine minder gute Stimmung gegen sich bei Goethe vorauszusetzen. Der junge Bode hat es auch mit andern wie mit Ihnen gemacht, z. B. mit Gries, welcher jetzt, Sie werden es kaum denken, sich den Ariosto vorgesetzt hat zu verwässern. Können Sie ihm einen Verleger zuschaffen, so erwerben Sie sich ein großes Verdienst um ihn, obgleich freilich nicht um die Sache. ‒
Caroline bezeugt ihre innigste Theilnahme an den ausgestandenen Uebeln und wünscht die gänzliche Herstellung von Madame Bernhardi bald zu erfahren. Sie würde sich das Vergnügen machen, eine Bouteille von dem excellenten und mit großen Heilkräften begabten Tockayer zu schicken, womit wir durch den ungarischen Baron versehen sind, wenn sie nicht fürchtete, daß die Accise zu viel Unbequemlichkeiten machte. Die an sich höchst erfreuliche Rettung des zarten und liebenswürdigen Knaben freut mich auch sehr für Hufeland, dem ich Sie bitte mich angelegentlich zu empfehlen. ‒ Sie wissen doch, daß Himly nun vollends nach Göttingen berufen ist und geht. So hoch steht jetzt der Preis der tiefen Mittelmäßigkeit.
Hegel empfiehlt sich Ihnen.
Leben Sie wohl, erhalten Sie Ihre Gesundheit und mir Ihre Freundschaft.
Schelling.

P. S. Ich bemerke erst beim Durchlesen, daß ich noch hätte erwähnen sollen, daß außer dem Blanquet von Ihrer Seite nun nichts zu geschehen braucht, um die persönliche Erscheinung zu verbitten. So sind wir von Weimar aus angewiesen worden. Mittelst des Blanquets wird, so viel ich abnehmen kann, da ich selbst über den Gebrauch davon nicht näher unterrichtet bin und die Zeit nicht erlaubte erst weiter sich zu erkundigen, Ihre Stelle vertreten.
––––––
Auf den möglichen Fall, daß die Kunstausstellungsbegebenheit bei Goethe irgend einen Eindruck gegen Ihre nähern Freunde und dadurch gegen Sie gemacht hätte, obgleich ich nochmals aufrichtig versichere, daß ich aus seinem Betragen oder Aeußerungen von ihm nicht den geringsten Grund habe dieß anzunehmen ‒ auf diesen Fall also und wenn Ihnen daran liegt, einem solchen möglichen Eindruck bei ihm zu begegnen, bitte ich Sie, da ich es am besten und schicklicher als Sie selbst thun kann und da jede öffentliche Erwähnung als Wiederaufrührung der Sache ihm wahrscheinlich unangenehm wäre, mich zu autorisiren, ihm über diesen Punct auf welche Weise es sich am besten schickt, diejenigen Versicherungen zu geben, die Sie ihm selbst geben können.
––––––
3. Postscript. Ich muß noch melden, was ich immer vergessen habe, daß Rosaʼs declarirter Liebhaber jetzt Herr Geist ist, nachdem die Anfänge dieser Platonischen Verbindung schon vorigen Sommer in Lauchstädt gemacht wurden. Er ist nicht lässig mit Briefen an Demoiselle Rosette Abbt; so viel wir aber abnehmen können, scheint er ziemlich den Lothario unter den Bedienten zu spielen.
––––––
Dante. Paradiso II.
Ihr, die auf leichter Barke schwankend zoget
Voll von des Hörens lockenden Gelüsten
Dem Kiele nach, der singend vor euch woget,
O kehrt zurück zu suchen eure Küsten;
Vertraut dem Meere nicht, daß meine Spuren
Verlierend ihr verirrt in seinen Wüsten.
Nie schnitt ein Schiff durch dieses Wassers Fluren,
Minerva weht, es leitet mich Apoll
Und neue Musen zeigen mir Arkturen.
Ihr andern wenʼgen, die zu Zeiten wohl
Das Haupt erhoben zu der Engel Speise,
Wovon man lebt, doch nimmer dessen voll,
Wagt euer Schifflein folgend meinem Gleise
Durchs tiefe Salz und hinter jenen Wogen,
Die wiederkehren stets auf gleiche Weise.
Die Ruhmbedeckten, die nach Kolchis flogen,
Erstaunten so nicht, als sie sich verkehren
Zum Pflüger sahn den, dem sie nachgezogen.
Das anerschaffne stete Grundbegehren
Des gottgestalten Reiches trug uns schier
Empor so schnell, als ist der Lauf der Sphären.
Beatrix sah nach oben, ich nach ihr;
Vielleicht in so viel Zeit, als los sich schläget
Ein Pfeil vom Bogen, kam ich hin, wo mir
Ein wunderbares Ding den Sinn erreget.
Worauf gewandt zu mir aus naher Ferne
Sie, die nichts flieht, was mir den Geist beweget,
So schön als froh: Willig erhebʼ und gerne,
Mir zuruft, dankbarn Sinn zur ewʼgen Güte,
Die uns verbunden hat dem ersten Sterne.
Mir war es, als ob eine Wolke glühte,
Glanzvoll, dicht, fest und glatt um uns ergossen,
Dem Demant ähnlich, den das Licht durchsprühte.
Die ewʼge Perle hat sich uns erschlossen
Und nahm uns auf, so wie man sieht das Licht
Durch ungetrenntes Wasser gehn und sprossen.
War ich ein Körper und begreift sich nicht,
Wie eine Dimension die andre trägt,
Wenn Körper sich durch Körper drängt und bricht,
So werde nur uns höhʼrer Durst erregt
Zu schaun das Zeichen, welches uns belehret,
Wie menschliche Natur Gott in sich hegt.
Hier wird man sehn, was Glauben sonst gewähret,
Nicht durch Beweis, nein, gleich dem ersten Wahren
Des Menschen, einzig durch sich selbst bewähret.
Den Dank will ich andächtiglich bewahren,
Sprach ich, o selig Bild, dem, dessen Willen
Mich zog von Dingen, welche sterblich waren.
Doch sage, welche dunkle Flecken hüllen
Sich um den Körper, wegen deren viele
Mit Fabeln sich von Kain die Neugier stillen.
Drauf lächelnd sie: Wenn von dem rechten Ziele
Abirren jene, wo der Wahrheit Siegel
Die Sinne nicht eröffnen, lern und fühle:
Daß weil Vernunft hat kurz beschnittne Flügel
Den Sinnen nachzufliegen, du mit nichten
Dir schießen lässest der Verwundrung Zügel;
Doch was du selber denkst, wollst mir berichten.
Drauf ich: Was unten so verschieden blinket,
Machen die Körper so die dünn als dichten.
Dann jene: Was dir jetzund so bedünket,
Will ich dir zeigen alsbald dergestalten,
Daß es vor dir ins Meer des Irrthums sinket.
Ihr sehet in der achten Sphäre walten
Der Lichter viele, die durch Größʼ und Art
Verschieden sich und mannichfach entfalten.
Wär aller Unterschied nur Dünn und Hart,
So wär es Eine Kraft nur, die sich spaltet,
Hier stark dort schwach, hier grob dort wieder zart.
Allein Natur, die mit den Kräften schaltet,
Nimmt sie als Früchte von verschiednen Bäumen
Formaler Gründe, die sie nie entfaltet.
Wärʼ des verschiednen Lichts in jenen Räumen
Ursache, wie du meinst, das Dünn und Dichte,
So müßtest du von zweien eins mir räumen,
Entweder, daß sich Dünn und Dichtes schichte
Abwechselnd, oder daß an jenen Stellen
Gleichförmig sich die ganze Masse lichte.
Wärʼ wahr das zweite, müßte es erhellen
Bei Finsternis der Sonne, wie wir sehn
Das Licht auch sonst durch andres Dünnes quellen.
Nun siehest du doch dieses nie geschehn.
Drum, kann ich dir das erste widerlegen,
So siehst du deine Meinung ganz zergehn.
Wärʼ jenes wahr, so fänd auf seinen Wegen
Das Licht ein Ziel und käm aufs neu zurücke
Von dem, was seinem Laufe steht entgegen,
So wie die Farbe widerstrahlt dem Blicke
Das Glas, dem Blei den Rücken überziehet;
Allein schon lahm hast du noch eine Krücke.
Denn daß man doch die Stelle dunkel siehet,
Hat, wirst du sagen, seinen Grund darinnen,
Daß weit zurück der Strahl erst rückwärts fliehet.
Allein nun richte einmal deine Sinnen
Auf die Erfahrung, jene einzʼge Quelle,
Von welcher eurer Künste Bäche rinnen.
Drei Spiegel nimm und zwei derselben stelle
Gleich weit von dir, doch ferner noch, ich bitte,
Finde der dritte deiner Augen Helle.
Und hinter dir, in aller dreier Mitte
Steh dir ein Licht, so jene Spiegel zünde,
Daß widerstrahlt der erste, zweite, dritte;
Setz, daß das fernʼre Bild sich enger ründe,
So wirst du nie doch sehn, was du geschlossen,
Daß es den Weg zu deinem Augʼ nicht finde.
Doch jetzt, wie von des Sonnenlichts Geschossen
Die Erdʼ nicht ändert Frischheit noch Gesicht
Befreit des Schnees, der über ihr zerflossen,
Soll solch ein mächtʼger Strahl und Strom von Licht
Den irrthumfreien Geist in dir entzünden,
Daß er sich dir im Auge zitternd bricht.
Drin in des ewʼgen Friedens stillen Gründen
Wälzt sich ein Körper, worin alle Macht
Der Dingʼ und ihre Kräfte sich verbünden.
Der zweite Himmel nach ihm, welcher lacht
Aus so viel Augen, theilt, aufs neu genesen
Von vielen Dingen, jenes Himmels Pracht.
Die weitern Kreise haben auserlesen
Ein jeder sich die Kräfte, die ihm frommen,
Und theilen sie nach Zwecken aus und Wesen.
Du siehst der Welt Organe gehn und kommen
Von Grad zu Grad, wie sie nach unten wirken
Mit dem, was sie von oben sich genommen.
Im Schwung von jenen heiligen Bezirken
Muß, wie des Künstlers Feuʼr in seinem Werke,
Noch wehen der Beweger selig Wirken.
Der hohe Sinn, daß unerforschte Stärke
Den Himmel lenkt, prägt in ihm aus sein Bild
Und drücktʼs ihm auf, daß man sein Siegel merke;
Und wie die Seelʼ in euerm Staube quillt,
Absondernd sich in vielgestalte Glieder,
In die verschiedne Kräfte sie gehüllt,
So die Intelligenz, die auf und nieder
Durch Sterne streut die Gunst, die sie regieret,
Doch immer kreisʼt in ihre Einheit wieder
Verschiedne Kraft verschiedentlich formiret
Die kostbare Materie, die sie wählet
Und die sie, wie das Leben euch, legiret.
Kraft der Natur, von welcher sie beseelet,
Strahlt wie die Freude durch belebtes Auge,
Die Kraft durch Körper, denen sie vermählet;
Nicht daß das Licht in Dünn und Dichtes tauche
Abwechselnd, macht das Helle oder Dunkle,
Nur von des bildenden Principes Hauche
Kommtʼs, daß der Körper trüb sei oder funkle.
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