• Luise Wiedemann to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Göttingen · Place of Destination: Amsterdam · Date: 07.05.1793
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Luise Wiedemann
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Göttingen
  • Place of Destination: Amsterdam
  • Date: 07.05.1793
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 370515684
  • Bibliography: Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 1. Leipzig 1913, S. 649‒652.
  • Incipit: „[1] Göttingen, den 7ten May 1793.
    Was werden Sie sagen bei dem Empfang dieses Briefs: daß ich, ich Ihnen schreiben muß an [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34336
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.29,Nr.15
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs. m. U.
  • Format: 22,9 x 19,3 cm
[1] Göttingen, den 7ten May 1793.
Was werden Sie sagen bei dem Empfang dieses Briefs: daß ich, ich Ihnen schreiben muß an Charlottens Stelle. Läst Sie das schwarze Siegel nicht ahnden? Sie ist nicht mehr. Todt, für immer von uns gerissen. [...]
[2] [...]
[3] [...]
Da Sie wissen die vielerley verwickelten Umstände, welche Carolinen bis nach Frankfurth brachten, so sehe ich mich eines traurigen Geschäfts überhoben, und kan gleich dazu schreiten, Ihnen daß zu sagen was ich nun selbst weiß, und was wir zu fürchten oder zu hoffen haben. Dauren kann es noch immer einige Zeit ehe sie befreit wird, aber die Hofnung einer baldigen Untersuchung und einer gerechten ist uns schon viel Trost. Wie trübe, wie schmerzlich ist es nicht nur die Überbringerin trauriger Botschaften zu sein, nie hätte ich geglaubt an solche sonderbare Fügungen und daß ich werden sollte die Erzählerin solcher Vorfälle, ich will Ihren Brief zur Hand nehmen um pünktlich jede Ihrer Fragen zu beantworten, ich hoffe ganz Ihre Wünsche zu erfüllen.
Wir haben unsre Briefe, die gesehn werden dürfen, bisher an den Commendanten Herrn von Blaviere zu Königstein adresirt, dieser eröfnet sie und giebt sie, Sie sehn man muß sich da in Acht nehmen und wägen jedes Wort, welches man schreibt. Briefe, die Dinge enthielten die nicht gesehn werden sollten, adresirten wir an Herr Porsch, doch dieser verläst Frankfurt, nun ist aber Massiair [?], den Sie noch kennen werden von hier aus, in Frankfurt, und dieser besorgt auch die Brife an die Forkel von ihrem Mann, so daß er sie den Damens giebt, ohne daß sie gezwungen sind sie zu zeigen, doch ist es immer beser nichts von Statsangelegenheiten zu schreiben.
Ja wohl hat die gute Caroline nicht so gehandelt wie sie es gethan haben würde bei völliger Gegenwart des Geistes, und ich kann noch nicht begreifen, daß sie nicht Guntersblum verliß, da sie doch da allein waren, selbst [4] der Herzog von Braunschweig hat an Forkel schreiben lassen, daß sie absichtlich von dem Officier allein gelassen sein um ihnen Zeit zu lassen sich aus dem Staube zu machen, daß sie diese und die Gelegenheit in Frankfurt, die man ihnen gegeben, aber nicht benuzt, sei ihre Schuld, übrigens sei [weder] er noch der König von Preußen mit dem Verfahren des Churfürsten von Mainz in dieser Sache zufrieden, aber sie hätten müssen die Gefangnen übergeben, man müsse sich allso an Mainz wenden, nun ist an den Canzler Albini geschriben, an Stadion, dieser hat heute geantwortet: Herr von Mörs wäre schon abgeschickt die Sache zu untersuchen und daß Schicksal der Gefangnen zu mildren. Dieser hat nun auch den Damens erlaubt Luft zu schöpfen in dem Schlosgarten, und es ist ihnen auch nicht der Gebrauch von Feder und Dinte untersagt worden wie anfänglich geschen sollte, aber Stadion schreibt auch, meine Schwester würde nicht frey werden ohne Untersuchung, weil sie angegeben sey von einem Mainzer (gewiß von dem Clausius, des Sie sich aus Carolinens Bericht entsinnen werden), thätigen Antheil genommen zu haben an den dortigen Begebenheiten, ohne Untersuchung könne und dürfe man sie also nicht frey geben. Ist sie sich nun bewust dies nicht gethan zu haben, wie ich überzeugt bin, so kan es nicht lange mehr dauren, und sie ist wieder frey. Was Forster betrift, so weis ich so viel wie nichts von ihm, wenigstens nichts bestimtes, daß er von seiner Frau getrent, werden Sie wissen und vielleicht umständlicher als wir, auch hat Huber an meine Mutter geschrieben aus Dresten und ihr einige Vorschläge gethan, die auch übereinstimten mit dem was schon geschen. Stadion kan übrigens nichts thun und weist auch an Albini, an diesen ist nun, wie ich oben gesagt, gestern vom alten Böhmer geschrieben worden. Gesagt haben wir ihr tausendmal Mainz zu verlassen, auch weiß ich daß es Tatter gethan hat, aber sie konnte, theils wolte sie [5] nicht, ihr Schicksaal ist abscheulich, für sie, für ihren Geist mehr noch wie für jedes andre Weib. Freyheit liebt sie, und daß sie nicht braucht Rechenschaft zu geben von jeder ihrer Handlungen und Schritte, und [wie] steht es nun damit!
Ich habe Tatter gleich geschrieben und ihm einen ausführlichen Auszug gemacht aus ihrem Briefe, so daß er die völlige Übersicht hat und sehn [kann], daß sie nicht selbst Schuld war: noch habe ich keine Antwort von ihm, und weiß auch nicht bestimmt wo er ist. Die lezten Briefe erhielt ich vor 6 Wochen aus Rom, aber da schrieb er, er würde es bald verlassen, meine Briefe adresire ich an den General Gemelin in Frankfurth, so gehn sie richtig, den dieser weiß immer wo der Prinz sich aufhält. Ja wohl wird ihn hart treffen dieser Schlag, zumal da er unzufriden war mit ihrem Bleiben, und mir schrieb, er dürfe so oft nicht mehr schreiben als sie und er es wünschten, weil er sich sonst um allen seinen Credit bringen könnte. ‒ Man hat auch geredet davon, daß nicht ehender eine Untersuchung sein würde, als bis Mainz in königlichen Händen sei, ob dies gegründet, weiß ich nicht bestimt zu sagen, und wir selbst tappen noch im Finstern umher, von unser Seite geschiet alles um an der Beschleunigung zu arbeiten, auch hoffen wir bis nächsten Posttag auf entschiedenere Nachrichten, sollten diese erfolgen, so gebe ich Ihnen sogleich Nachricht davon. Sollte es Ihnen angenehm sein mir zu antworten oder Sie diese oder jene Frage noch beantwortet wissen wollen, so bin ich bereit es zu thun und hoffe Ihnen erfreulichere Nachrichten geben zu können, wie in diesem Briefe. [...]
[6] [...]
Ich bin Ihre ergebene Luise Michaelis.
[1] Göttingen, den 7ten May 1793.
Was werden Sie sagen bei dem Empfang dieses Briefs: daß ich, ich Ihnen schreiben muß an Charlottens Stelle. Läst Sie das schwarze Siegel nicht ahnden? Sie ist nicht mehr. Todt, für immer von uns gerissen. [...]
[2] [...]
[3] [...]
Da Sie wissen die vielerley verwickelten Umstände, welche Carolinen bis nach Frankfurth brachten, so sehe ich mich eines traurigen Geschäfts überhoben, und kan gleich dazu schreiten, Ihnen daß zu sagen was ich nun selbst weiß, und was wir zu fürchten oder zu hoffen haben. Dauren kann es noch immer einige Zeit ehe sie befreit wird, aber die Hofnung einer baldigen Untersuchung und einer gerechten ist uns schon viel Trost. Wie trübe, wie schmerzlich ist es nicht nur die Überbringerin trauriger Botschaften zu sein, nie hätte ich geglaubt an solche sonderbare Fügungen und daß ich werden sollte die Erzählerin solcher Vorfälle, ich will Ihren Brief zur Hand nehmen um pünktlich jede Ihrer Fragen zu beantworten, ich hoffe ganz Ihre Wünsche zu erfüllen.
Wir haben unsre Briefe, die gesehn werden dürfen, bisher an den Commendanten Herrn von Blaviere zu Königstein adresirt, dieser eröfnet sie und giebt sie, Sie sehn man muß sich da in Acht nehmen und wägen jedes Wort, welches man schreibt. Briefe, die Dinge enthielten die nicht gesehn werden sollten, adresirten wir an Herr Porsch, doch dieser verläst Frankfurt, nun ist aber Massiair [?], den Sie noch kennen werden von hier aus, in Frankfurt, und dieser besorgt auch die Brife an die Forkel von ihrem Mann, so daß er sie den Damens giebt, ohne daß sie gezwungen sind sie zu zeigen, doch ist es immer beser nichts von Statsangelegenheiten zu schreiben.
Ja wohl hat die gute Caroline nicht so gehandelt wie sie es gethan haben würde bei völliger Gegenwart des Geistes, und ich kann noch nicht begreifen, daß sie nicht Guntersblum verliß, da sie doch da allein waren, selbst [4] der Herzog von Braunschweig hat an Forkel schreiben lassen, daß sie absichtlich von dem Officier allein gelassen sein um ihnen Zeit zu lassen sich aus dem Staube zu machen, daß sie diese und die Gelegenheit in Frankfurt, die man ihnen gegeben, aber nicht benuzt, sei ihre Schuld, übrigens sei [weder] er noch der König von Preußen mit dem Verfahren des Churfürsten von Mainz in dieser Sache zufrieden, aber sie hätten müssen die Gefangnen übergeben, man müsse sich allso an Mainz wenden, nun ist an den Canzler Albini geschriben, an Stadion, dieser hat heute geantwortet: Herr von Mörs wäre schon abgeschickt die Sache zu untersuchen und daß Schicksal der Gefangnen zu mildren. Dieser hat nun auch den Damens erlaubt Luft zu schöpfen in dem Schlosgarten, und es ist ihnen auch nicht der Gebrauch von Feder und Dinte untersagt worden wie anfänglich geschen sollte, aber Stadion schreibt auch, meine Schwester würde nicht frey werden ohne Untersuchung, weil sie angegeben sey von einem Mainzer (gewiß von dem Clausius, des Sie sich aus Carolinens Bericht entsinnen werden), thätigen Antheil genommen zu haben an den dortigen Begebenheiten, ohne Untersuchung könne und dürfe man sie also nicht frey geben. Ist sie sich nun bewust dies nicht gethan zu haben, wie ich überzeugt bin, so kan es nicht lange mehr dauren, und sie ist wieder frey. Was Forster betrift, so weis ich so viel wie nichts von ihm, wenigstens nichts bestimtes, daß er von seiner Frau getrent, werden Sie wissen und vielleicht umständlicher als wir, auch hat Huber an meine Mutter geschrieben aus Dresten und ihr einige Vorschläge gethan, die auch übereinstimten mit dem was schon geschen. Stadion kan übrigens nichts thun und weist auch an Albini, an diesen ist nun, wie ich oben gesagt, gestern vom alten Böhmer geschrieben worden. Gesagt haben wir ihr tausendmal Mainz zu verlassen, auch weiß ich daß es Tatter gethan hat, aber sie konnte, theils wolte sie [5] nicht, ihr Schicksaal ist abscheulich, für sie, für ihren Geist mehr noch wie für jedes andre Weib. Freyheit liebt sie, und daß sie nicht braucht Rechenschaft zu geben von jeder ihrer Handlungen und Schritte, und [wie] steht es nun damit!
Ich habe Tatter gleich geschrieben und ihm einen ausführlichen Auszug gemacht aus ihrem Briefe, so daß er die völlige Übersicht hat und sehn [kann], daß sie nicht selbst Schuld war: noch habe ich keine Antwort von ihm, und weiß auch nicht bestimmt wo er ist. Die lezten Briefe erhielt ich vor 6 Wochen aus Rom, aber da schrieb er, er würde es bald verlassen, meine Briefe adresire ich an den General Gemelin in Frankfurth, so gehn sie richtig, den dieser weiß immer wo der Prinz sich aufhält. Ja wohl wird ihn hart treffen dieser Schlag, zumal da er unzufriden war mit ihrem Bleiben, und mir schrieb, er dürfe so oft nicht mehr schreiben als sie und er es wünschten, weil er sich sonst um allen seinen Credit bringen könnte. ‒ Man hat auch geredet davon, daß nicht ehender eine Untersuchung sein würde, als bis Mainz in königlichen Händen sei, ob dies gegründet, weiß ich nicht bestimt zu sagen, und wir selbst tappen noch im Finstern umher, von unser Seite geschiet alles um an der Beschleunigung zu arbeiten, auch hoffen wir bis nächsten Posttag auf entschiedenere Nachrichten, sollten diese erfolgen, so gebe ich Ihnen sogleich Nachricht davon. Sollte es Ihnen angenehm sein mir zu antworten oder Sie diese oder jene Frage noch beantwortet wissen wollen, so bin ich bereit es zu thun und hoffe Ihnen erfreulichere Nachrichten geben zu können, wie in diesem Briefe. [...]
[6] [...]
Ich bin Ihre ergebene Luise Michaelis.
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