• Friederike Helene Unger to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Coppet · Date: 09.12.1808
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friederike Helene Unger
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 09.12.1808
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 651‒652.
  • Incipit: „[1] Berlin d. 9. Dez. 1808
    Wenn Sie den[n] wirklich gestorben sind, hoffe ich, daß bei Eröfnung Ihres Testamentes, der mir längst [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-9
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,IV,e,16
  • Number of Pages: 2 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,8 x 12 cm
[1] Berlin d. 9. Dez. 1808
Wenn Sie den[n] wirklich gestorben sind, hoffe ich, daß bei Eröfnung Ihres Testamentes, der mir längst verheißne Shakespear mir vermacht sein wird, dessen ich mich, nach verfloßner Trauerzeit, herzlich freuen werde. Nun in allem Ernste, mein theurer herzlich verehrter Freund, wie kommt es, daß ich mich auf verschiedner an Sie gerichteten Briefe, keiner Antwort erfreue? Besonders auf den, der mir zur dringenden Geschäft gemacht wurde, den ich in großer Schwäche so gleich mit umgehender Post, wie Sie es wünschten, nach Hannover absendete? Lieber Lieber August Wilhelm Schlegel, es wird mir immer schwerer gemacht, die Shakespear lustigen Uebersetzer zurückzuhalten; sie häufen sich an, und werden ich fürchte, mit einemmale so loßplatzen, daß ich sie nicht länger abwehren kann. Schon habe ich Richard den III. und Heinrich den achten in Händen, von einem jungen Mann, der Talent verräth. Freilich, ein Schlegel verspricht er nicht zu werden: aber wer kann das auch; wo findet sich der Verein von Genie und Kunst wie bei ihm, zusamt dem feinen kritischen Geist. – Nein mein Freund, nicht meinetwegen nicht irgend eines mercantilischen Interresses wegen sage ichs: aber – Sie versündigen sich am Vaterland, an sich selbst, an Deutsche Litteratur, daß Sie so stumm sind! Auf wem soll das arme gewiß in jeder Hinsicht arme Deutschland hoffen und bauen, wenn seine besten Köpfe es verlassen, und ihren Geist in fremden Lande versprudeln, wenn auch nicht verrauchen lassen. – Ein solcher Geist, so ausgestattet, sollte der ganzen Welt, der ganzen Menschheit, nicht einer [2] Frau allein, auch wenn sie das sublimste Weib ist, gehören! – Nun ist des Zanks genug: nun bitte ich; erfüllen Sie Ihr mir so längst gegebenes Wort: schicken Sie mir Manuscript zum Shakespear; daß es zu Ostern erscheinen möge: wir hoffen, daß mit der Rückkehr, nicht der alten, sondern einer bessren Ordnung für Litteratur und Buchhandel, schönre Tage wieder aufgehen werden, um so mehr, da Berlins Glanz durch eine Universität gehoben wird. Ja mein Freund, seit einigen Tagen haben uns unsre aimables vainqueurs verlassen und heut rücken die ersten wiedergeborne Preussen wieder ein. Diese Wiedergeburt die der Kaiserschnitt bewirkte, war eine sehr schmerzhafte Operation; gebe Gott, daß sie unser Heyl gebähre!
Ich bin so frei eine Einlage einzuschliessen, welche ich bitte auf die Post in Geneve abgeben zu lassen.
Ueber Ihre hiesige Bibliothek vernehme ich kein armes Wörtchen mehr, seit ich mich erbot, sie so lange in meinem Hause aufzunehmen, bis sie abgesendet würde? bin ich den[n] so ganz vergessen? ausgeschlossen? für Nichts geachtet? Denken Sie sich mir als Ungers Wittwe, vieleicht daß Ihnen dann einiges Interresse einflößt
Ihre waarhafte
Verehrerin
und Freundin
Fridrike Unger
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[1] Berlin d. 9. Dez. 1808
Wenn Sie den[n] wirklich gestorben sind, hoffe ich, daß bei Eröfnung Ihres Testamentes, der mir längst verheißne Shakespear mir vermacht sein wird, dessen ich mich, nach verfloßner Trauerzeit, herzlich freuen werde. Nun in allem Ernste, mein theurer herzlich verehrter Freund, wie kommt es, daß ich mich auf verschiedner an Sie gerichteten Briefe, keiner Antwort erfreue? Besonders auf den, der mir zur dringenden Geschäft gemacht wurde, den ich in großer Schwäche so gleich mit umgehender Post, wie Sie es wünschten, nach Hannover absendete? Lieber Lieber August Wilhelm Schlegel, es wird mir immer schwerer gemacht, die Shakespear lustigen Uebersetzer zurückzuhalten; sie häufen sich an, und werden ich fürchte, mit einemmale so loßplatzen, daß ich sie nicht länger abwehren kann. Schon habe ich Richard den III. und Heinrich den achten in Händen, von einem jungen Mann, der Talent verräth. Freilich, ein Schlegel verspricht er nicht zu werden: aber wer kann das auch; wo findet sich der Verein von Genie und Kunst wie bei ihm, zusamt dem feinen kritischen Geist. – Nein mein Freund, nicht meinetwegen nicht irgend eines mercantilischen Interresses wegen sage ichs: aber – Sie versündigen sich am Vaterland, an sich selbst, an Deutsche Litteratur, daß Sie so stumm sind! Auf wem soll das arme gewiß in jeder Hinsicht arme Deutschland hoffen und bauen, wenn seine besten Köpfe es verlassen, und ihren Geist in fremden Lande versprudeln, wenn auch nicht verrauchen lassen. – Ein solcher Geist, so ausgestattet, sollte der ganzen Welt, der ganzen Menschheit, nicht einer [2] Frau allein, auch wenn sie das sublimste Weib ist, gehören! – Nun ist des Zanks genug: nun bitte ich; erfüllen Sie Ihr mir so längst gegebenes Wort: schicken Sie mir Manuscript zum Shakespear; daß es zu Ostern erscheinen möge: wir hoffen, daß mit der Rückkehr, nicht der alten, sondern einer bessren Ordnung für Litteratur und Buchhandel, schönre Tage wieder aufgehen werden, um so mehr, da Berlins Glanz durch eine Universität gehoben wird. Ja mein Freund, seit einigen Tagen haben uns unsre aimables vainqueurs verlassen und heut rücken die ersten wiedergeborne Preussen wieder ein. Diese Wiedergeburt die der Kaiserschnitt bewirkte, war eine sehr schmerzhafte Operation; gebe Gott, daß sie unser Heyl gebähre!
Ich bin so frei eine Einlage einzuschliessen, welche ich bitte auf die Post in Geneve abgeben zu lassen.
Ueber Ihre hiesige Bibliothek vernehme ich kein armes Wörtchen mehr, seit ich mich erbot, sie so lange in meinem Hause aufzunehmen, bis sie abgesendet würde? bin ich den[n] so ganz vergessen? ausgeschlossen? für Nichts geachtet? Denken Sie sich mir als Ungers Wittwe, vieleicht daß Ihnen dann einiges Interresse einflößt
Ihre waarhafte
Verehrerin
und Freundin
Fridrike Unger
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