• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Braunschweig · Date: [Ende Dezember 1800]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Braunschweig
  • Date: [Ende Dezember 1800]
  • Notations: Datum erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 214‒215.
  • Weitere Drucke: Friedrich Schlegels Briefe an seinen Bruder August Wilhelm. Hg. v. Oskar Walzel. Berlin 1890, S. 452‒454.
  • Incipit: „Ich schreibe Dir sogleich wenigstens einige Zeilen um Dir die Versicherung zu geben daß die 40 Rth. an Nieth[ammer] schon am [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34237
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.c,Nr.158
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs. m. U.
  • Format: 18,8 x 11,5 cm
Ich schreibe Dir sogleich wenigstens einige Zeilen um Dir die Versicherung zu geben daß die 40 Rth. an Nieth[ammer] schon am 12ten Novemb [er] bezahlt worden sind. – Aber mit dem vermeynten Irrthum wegen der Hausmiethe, das ist wieder ein Irrthum lieber Freund; wir haben genau desfalls nachgesehn und sie ist allerdings berechnet worden.
Ich weiß durchaus nicht wo Hardenb[erg] ist, werde daher wohl am besten thun, was Du geschickt hast, an die Sidonie zu addreßiren. – Ein herrliches Gedicht. Vielleicht hast Du noch kein so tief individuelles gemacht. –
Der lateinische Hymnus ist göttlich und macht begierig nach mehr in der Art. – Die Katholischen Gedichte aus dem Spanischen sind ganz zu Deiner Disposition. Es freut mich nur daß sie Dir nicht misfallen haben. Noch mehr aber daß Dir das Sylbenmaaß im welken Kranz gefällt. Denn es ist von meiner Erfindung, d.h. ich habe eine neue Combination versucht, aber die Elemente sind freylich alle altromantisch. Nun bin ich zwar darin meiner Sache sehr gewiß daß grade hier die Stelle ist im System der romantischen Sylbenmaaße wo sich etwas ergänzen und neu erfinden läßt. Die Versuche dazu aber sind immer so unsicher daß eine solche Bestätigung sehr willkommen seyn muß. Ich ging von der Idee aus, daß die Lyra und die Coplas de arte mayor dem innern Charakter des Alkäischen und Sapphischen Maaßes wie ihrem Ideal genähert werden müßten, indem ich diesen Dualismus für die Ode oder [bei] dem lyrischen (Pindarischen) Gedicht was zwischen der großen Canzone und dem Liede in der Mitte liegt für objektiv halte. – Um der Lyra diese musikalische Weichheit zu geben, glaubte ich wäre ein starker Gebrauch der encadenadas das beste, und da ich einmal so weit gegangen war erlaubte ich mir auch noch einen guebrado in der letzten Zeile zu brauchen, welches ich in Lyras nie gefunden, aber oft in Coplas wo es herrliche Wirkung thut. Der Envoy ist dann wieder nur ein größerer Guebrado fürs Ganze.
Viewegs Antrag kann ich jetzt weder annehmen noch abschlagen; indessen bleibt er als äußerste Ressourçe. – Ich danke Dir sehr für die Besorgung. –
Nun noch eine Bitte! – Ich habe jetzt alles von Boccaz bekommen und bis auf einige Kleinigkeiten auch gelesen; nur die Teseide fehlt mir. Könntest Du sie mir vielleicht von Br[aunschweig] oder Wolfenbüttel mitbringen? – Blankenburg hat sie gelesen; da sie nun weder in Gött[ingen] noch in Dresd[en] ist, so hat er sie vielleicht daher gehabt. – Ich mache gewiß einen wenn auch nur kurzen Aufsatz über Bocc[az] zu den Charakt[eristiken] und Krit[iken], sollte ich auch die Nacht zu Hülfe nehmen. – Wo ich nicht irre spricht auch Eschenburg so davon als hätte er die Teseide wenigstens gesehen. – Ich lege diese Angelegenheit an Dein Herz. –
Uebrigens ist alles voll von Deinem Kotzebue. Sogar Schiller hat gesagt, er sey recht hübsch, welches für einen Dichter und Kunstrichter der getrocknet aufgegangen ist, allerdings schon viel sagen will. –
Ueber das Triolett habe ich eine große Freude gehabt, wie es so sauber als Visiten charte gedruckt ist. –
Du bleibst immer länger und länger weg. Ich sehne mich sehr einmal mit Dir vom Grunde der Seele zu lachen, und auch manches ernsthaft zu besprechen. Du wirst doch hoffentlich bey mir wohnen? –
Viele Grüße von Doroth[ea]
Dein Friedrich.
 
Wegen des Götz Merkwürdigkeiten war ich in Verlegenheit weil sie mit auf Deinem Verzeichniß stehn und doch nicht zu finden waren. Desto besser daß diese Aengstlichkeit überflüssig war.
Ich schreibe Dir sogleich wenigstens einige Zeilen um Dir die Versicherung zu geben daß die 40 Rth. an Nieth[ammer] schon am 12ten Novemb [er] bezahlt worden sind. – Aber mit dem vermeynten Irrthum wegen der Hausmiethe, das ist wieder ein Irrthum lieber Freund; wir haben genau desfalls nachgesehn und sie ist allerdings berechnet worden.
Ich weiß durchaus nicht wo Hardenb[erg] ist, werde daher wohl am besten thun, was Du geschickt hast, an die Sidonie zu addreßiren. – Ein herrliches Gedicht. Vielleicht hast Du noch kein so tief individuelles gemacht. –
Der lateinische Hymnus ist göttlich und macht begierig nach mehr in der Art. – Die Katholischen Gedichte aus dem Spanischen sind ganz zu Deiner Disposition. Es freut mich nur daß sie Dir nicht misfallen haben. Noch mehr aber daß Dir das Sylbenmaaß im welken Kranz gefällt. Denn es ist von meiner Erfindung, d.h. ich habe eine neue Combination versucht, aber die Elemente sind freylich alle altromantisch. Nun bin ich zwar darin meiner Sache sehr gewiß daß grade hier die Stelle ist im System der romantischen Sylbenmaaße wo sich etwas ergänzen und neu erfinden läßt. Die Versuche dazu aber sind immer so unsicher daß eine solche Bestätigung sehr willkommen seyn muß. Ich ging von der Idee aus, daß die Lyra und die Coplas de arte mayor dem innern Charakter des Alkäischen und Sapphischen Maaßes wie ihrem Ideal genähert werden müßten, indem ich diesen Dualismus für die Ode oder [bei] dem lyrischen (Pindarischen) Gedicht was zwischen der großen Canzone und dem Liede in der Mitte liegt für objektiv halte. – Um der Lyra diese musikalische Weichheit zu geben, glaubte ich wäre ein starker Gebrauch der encadenadas das beste, und da ich einmal so weit gegangen war erlaubte ich mir auch noch einen guebrado in der letzten Zeile zu brauchen, welches ich in Lyras nie gefunden, aber oft in Coplas wo es herrliche Wirkung thut. Der Envoy ist dann wieder nur ein größerer Guebrado fürs Ganze.
Viewegs Antrag kann ich jetzt weder annehmen noch abschlagen; indessen bleibt er als äußerste Ressourçe. – Ich danke Dir sehr für die Besorgung. –
Nun noch eine Bitte! – Ich habe jetzt alles von Boccaz bekommen und bis auf einige Kleinigkeiten auch gelesen; nur die Teseide fehlt mir. Könntest Du sie mir vielleicht von Br[aunschweig] oder Wolfenbüttel mitbringen? – Blankenburg hat sie gelesen; da sie nun weder in Gött[ingen] noch in Dresd[en] ist, so hat er sie vielleicht daher gehabt. – Ich mache gewiß einen wenn auch nur kurzen Aufsatz über Bocc[az] zu den Charakt[eristiken] und Krit[iken], sollte ich auch die Nacht zu Hülfe nehmen. – Wo ich nicht irre spricht auch Eschenburg so davon als hätte er die Teseide wenigstens gesehen. – Ich lege diese Angelegenheit an Dein Herz. –
Uebrigens ist alles voll von Deinem Kotzebue. Sogar Schiller hat gesagt, er sey recht hübsch, welches für einen Dichter und Kunstrichter der getrocknet aufgegangen ist, allerdings schon viel sagen will. –
Ueber das Triolett habe ich eine große Freude gehabt, wie es so sauber als Visiten charte gedruckt ist. –
Du bleibst immer länger und länger weg. Ich sehne mich sehr einmal mit Dir vom Grunde der Seele zu lachen, und auch manches ernsthaft zu besprechen. Du wirst doch hoffentlich bey mir wohnen? –
Viele Grüße von Doroth[ea]
Dein Friedrich.
 
Wegen des Götz Merkwürdigkeiten war ich in Verlegenheit weil sie mit auf Deinem Verzeichniß stehn und doch nicht zu finden waren. Desto besser daß diese Aengstlichkeit überflüssig war.
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