• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Unknown · Date: 28.02.1810
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 28.02.1810
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335973167
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 2. Der Texte zweite Hälfte. 1809‒1844. Bern u.a. ²1969, S. 118‒119.
  • Incipit: „[1] Wien, am 28ten Februar 1810.
    Geliebtester Bruder, schon ist meine vierte Vorlesung glücklich überstanden, zu meiner und wie es scheint auch [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-8
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,II,19
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,5 x 11,7 cm
[1] Wien, am 28ten Februar 1810.
Geliebtester Bruder, schon ist meine vierte Vorlesung glücklich überstanden, zu meiner und wie es scheint auch des zuhörenden oder leidenden Theils Zufriedenheit. Dadurch ist aber freilich auch der Abgang dieses Briefes verspätet worden, da es außer der sehr ernstlichen Vorbereitung des Sorgens, Laufens, Sehens, Sprechens so viel gab, daß es mir oft fast über den Kopf zusammen schlug. Dabei litt ich nicht wenig an meiner Gesundheit. Arbeiten indessen ist doch noch überhaupt das beste in dieser nichtigen Welt. Schon ist mir auch das Herz um vieles leichter, und mit ganzer Begeisterung bin ich meinem Gegenstande ergeben. – Nicht sagen kann ich Dir, mit welcher Sehnsucht, mit welcher ängstlichen Erwartung ich Deinem nächsten Briefe entgegen sehe; nicht nur weil ich schon so gar lange keine Nachricht von Dir erhalten, sondern auch weil ich doch so voll bin von manchem, so vieles zu erzählen, mitzutheilen, mich auszuschütten hätte, was sich nun [2] einmal nicht schreiben läßt. – Und so will ich denn nur wenigstens versuchen, vor allem andern nichts zu übergehen, was Du etwa zu wissen verlangen möchtest. Graf Sickingen ist endlich aus Böhmen zurückgekehrt; er hat das ihm bestimmte Exemplar mit vieler Theilnahme und Dank aufgenommen. Wegen des an den Kaiser zu überreichenden, hat er mir gerathen es durch den Hofbibliothekar J[o]ung oder auch selbst zu thun. (Da er sich nicht dazu erboten, so habe ich es ihm auch nicht antragen wollen.) Aber zu dem letzten besonders müssen nun erst die Tage der Ruhe erwartet werden, da die Feste jetzt alle Aufmerksamkeit verschlingen. Vielleicht, wenn ich mich selbst dazu entschliesse, findet sich eine doppelte Gelegenheit zugleich, bis dahin meine Anstellung, wie ich hoffe, förmlich bestätigt sein wird. – Die erste Abtheilung des 2ten Bandes habe ich noch nicht erhalten und auch erst vor wenigen Tagen 3 Exemplare vom 2ten Theil des Calderon. Ist eines davon für jemand bestimmt? – Wie ich in Ar[3]beiten vergraben bin, kannst Du Dir am deutlichsten daraus vorstellen, daß ich noch nicht die freie, glückliche Stunde gefunden, um mich an der geliebten Brücke von Mantible zu erquicken. – Auch im Lesen muß ich mich ganz auf einiges Historische beschränken, was mir zum Behuf der Vorlesung etwa unentbehrlich ist. Ein neues sehr gutes Werk ist Wilkens teutsche Historie. Adam Müllerʼs Elemente der Staatskunst enthalten zwar nach meinem Bedünken viel Geschrei und wenig Wolle; indessen ist doch die Meinung im Ganzen für unsre Zeit was man die gute nennen muß, so lange keine bessre vorhanden ist. Du verstehst mich schon. Die Staël wird das Buch interessiren. Wenn eher aber erhalten wir denn ihre lettres sur lʼAllemagne, auf die hier alles begierig ist und mit Ungeduld wartet? – Hormayr giebt in Blättern (wöchentlich drei) ein Archiv für Geschichte Geographie pp heraus, was schon die vortreflichsten und merkwürdigsten Materialien aus urkundlichen Schätzen über Karl den Vten und vieles andre enthält. Es wäre der Mühe werth [4] daß Ihr es Euch kommen ließt. – Oder wird dieß nun überall nicht lange mehr Statt finden? – Mit welcher Ungeduld und Unruhe ich Deinem nächsten Briefe entgegensehe!
Graf Ferdinand Palfi, besonders aber Steigentesch haben sich für meine Vorlesungen sehr thätig interessirt. Nebst dem auch Bartoldi (der Neffe der Arnsteiner und Eskeles).
Jetzt da alle Leute tanzen, jubeln und illuminiren habe ich ein wenig Ruhe. Meine nächste Vorlesung ist erst am 9ten März. Dagegen beginnt nun übermorgen die neue Zeitung von der ich aber Gott sei Dank nur den litterarischen Theil zu beherschen habe, und mit dem andern auch nichts zu thun haben mag. – Wolltest du mir für diesen litterarischen Theil einmal ein Geschenk machen, so wünschte ich Du gäbest mir einige Blätter, die dem Adelung der in den oesterreichischen Staaten fast so viel als der Kaiser Joseph gilt, einen kräftigen Todesstoß beibrächten, etwa eine Anzeige von Campes Wörterbuch, oder auch gradezu. Denke überhaupt darauf, ob Du nicht überhaupt litterarische Schnitzel hast, die dazu tauglich wären und die Du mir schenken könntest.
Dein Dich liebender Bruder
Friedrich
[1] Wien, am 28ten Februar 1810.
Geliebtester Bruder, schon ist meine vierte Vorlesung glücklich überstanden, zu meiner und wie es scheint auch des zuhörenden oder leidenden Theils Zufriedenheit. Dadurch ist aber freilich auch der Abgang dieses Briefes verspätet worden, da es außer der sehr ernstlichen Vorbereitung des Sorgens, Laufens, Sehens, Sprechens so viel gab, daß es mir oft fast über den Kopf zusammen schlug. Dabei litt ich nicht wenig an meiner Gesundheit. Arbeiten indessen ist doch noch überhaupt das beste in dieser nichtigen Welt. Schon ist mir auch das Herz um vieles leichter, und mit ganzer Begeisterung bin ich meinem Gegenstande ergeben. – Nicht sagen kann ich Dir, mit welcher Sehnsucht, mit welcher ängstlichen Erwartung ich Deinem nächsten Briefe entgegen sehe; nicht nur weil ich schon so gar lange keine Nachricht von Dir erhalten, sondern auch weil ich doch so voll bin von manchem, so vieles zu erzählen, mitzutheilen, mich auszuschütten hätte, was sich nun [2] einmal nicht schreiben läßt. – Und so will ich denn nur wenigstens versuchen, vor allem andern nichts zu übergehen, was Du etwa zu wissen verlangen möchtest. Graf Sickingen ist endlich aus Böhmen zurückgekehrt; er hat das ihm bestimmte Exemplar mit vieler Theilnahme und Dank aufgenommen. Wegen des an den Kaiser zu überreichenden, hat er mir gerathen es durch den Hofbibliothekar J[o]ung oder auch selbst zu thun. (Da er sich nicht dazu erboten, so habe ich es ihm auch nicht antragen wollen.) Aber zu dem letzten besonders müssen nun erst die Tage der Ruhe erwartet werden, da die Feste jetzt alle Aufmerksamkeit verschlingen. Vielleicht, wenn ich mich selbst dazu entschliesse, findet sich eine doppelte Gelegenheit zugleich, bis dahin meine Anstellung, wie ich hoffe, förmlich bestätigt sein wird. – Die erste Abtheilung des 2ten Bandes habe ich noch nicht erhalten und auch erst vor wenigen Tagen 3 Exemplare vom 2ten Theil des Calderon. Ist eines davon für jemand bestimmt? – Wie ich in Ar[3]beiten vergraben bin, kannst Du Dir am deutlichsten daraus vorstellen, daß ich noch nicht die freie, glückliche Stunde gefunden, um mich an der geliebten Brücke von Mantible zu erquicken. – Auch im Lesen muß ich mich ganz auf einiges Historische beschränken, was mir zum Behuf der Vorlesung etwa unentbehrlich ist. Ein neues sehr gutes Werk ist Wilkens teutsche Historie. Adam Müllerʼs Elemente der Staatskunst enthalten zwar nach meinem Bedünken viel Geschrei und wenig Wolle; indessen ist doch die Meinung im Ganzen für unsre Zeit was man die gute nennen muß, so lange keine bessre vorhanden ist. Du verstehst mich schon. Die Staël wird das Buch interessiren. Wenn eher aber erhalten wir denn ihre lettres sur lʼAllemagne, auf die hier alles begierig ist und mit Ungeduld wartet? – Hormayr giebt in Blättern (wöchentlich drei) ein Archiv für Geschichte Geographie pp heraus, was schon die vortreflichsten und merkwürdigsten Materialien aus urkundlichen Schätzen über Karl den Vten und vieles andre enthält. Es wäre der Mühe werth [4] daß Ihr es Euch kommen ließt. – Oder wird dieß nun überall nicht lange mehr Statt finden? – Mit welcher Ungeduld und Unruhe ich Deinem nächsten Briefe entgegensehe!
Graf Ferdinand Palfi, besonders aber Steigentesch haben sich für meine Vorlesungen sehr thätig interessirt. Nebst dem auch Bartoldi (der Neffe der Arnsteiner und Eskeles).
Jetzt da alle Leute tanzen, jubeln und illuminiren habe ich ein wenig Ruhe. Meine nächste Vorlesung ist erst am 9ten März. Dagegen beginnt nun übermorgen die neue Zeitung von der ich aber Gott sei Dank nur den litterarischen Theil zu beherschen habe, und mit dem andern auch nichts zu thun haben mag. – Wolltest du mir für diesen litterarischen Theil einmal ein Geschenk machen, so wünschte ich Du gäbest mir einige Blätter, die dem Adelung der in den oesterreichischen Staaten fast so viel als der Kaiser Joseph gilt, einen kräftigen Todesstoß beibrächten, etwa eine Anzeige von Campes Wörterbuch, oder auch gradezu. Denke überhaupt darauf, ob Du nicht überhaupt litterarische Schnitzel hast, die dazu tauglich wären und die Du mir schenken könntest.
Dein Dich liebender Bruder
Friedrich
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