• Johann Carl Fürchtegott Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Hannover · Place of Destination: Amsterdam · Date: 07.12.1791
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
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  • Sender: Johann Carl Fürchtegott Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Hannover
  • Place of Destination: Amsterdam
  • Date: 07.12.1791
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34097
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.23,Nr.65
  • Number of Pages: 6S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19,1 x 11,6 cm
  • Incipit: „[1] Hannover den 7 Decb. 1791
    Liebster W., Vielleicht, um zu versuchen, was Generosität bey mir vermag, erklärst Du mich von [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia · Zeil, Sophia
[1] Hannover den 7 Decb. 1791
Liebster W., Vielleicht, um zu versuchen, was Generosität bey mir vermag, erklärst Du mich von aller Briefschuld frey; doch kann ich mich selbst nicht dafür erklären. Ein so langer Stillestand soll so bald nicht wieder kommen; ich schob es immer von einer Zeit zur andern auf, um mehr als ein paar flüchtige Zeilen schreiben zu können, und erst jezt habe ich die Arbeiten mehrentheils aus dem Wege geräumt, die durch meine Reisen einen Aufschub erhalten. – Meine Winterlebensart läßt mir auch nicht viel Zeit übrig; sie ist mit Stunden fast so besetzt, wie bey einem fleisigen Schüler. Wöchentlich habe ich 4 Stunden Unterricht auf dem Claviere; zweymal gehe ich auf die Reitbahn, zweymal nach dem Secret. Wolff, der ein Collegium über Physik liest; und [2] alle Abende ohne Unterschied um 6 höchstens halb sieben Uhr nach Papen, (es müßte dem etwa ein Hinderniß dazwischen kommen) wo wir abwechselnd Werke aus den schönen Wissenschaften, oder philosophische über Gesetzgebung, Politick pp zusammen lesen, welche gemeinschaftliche Lectüre uns sehr viel Vergnügen macht. So gehen denn meine Tage zwar einförmig doch nicht unangenehm hin; Umgang habe ich außerdem nur wenig, fast könnte ich sagen jezt gar nicht, ohne daß solches eben Vorsatz wäre; doch gehe ich Sonntags auf das Concert, wo auch diesen Winter Longarini zum Sänger angenommen ist.
Fritz wird Dir wahrscheinlich meinen Brief über Schillers Recension geschickt haben, den Du halb und halb als einen andern Brief [3] ansehen kannst, da er doch ganz alleine an Dich gerichtet ist. Ich habe lange angestanden, ihn Dir zu schicken, da das raisonnement darin mir keine Genüge leistet; doch Fritz hat es verlangt, und mag es verantworten. Er hat mir einige sehr gute Bemerkungen darüber mitgetheilt, die ich aber noch nicht Zeit gehabt habe, genauer zu prüfen. *Dein Sinngedicht hat mir sehr gefallen. – Wir haben wenige aber sehr angenehme Stunden zusammen in Zerbst gehabt. Die Zeit war zu kurz, und zu zerstreuet, als daß daß ich viel specielles von ihm hätte hören können. Seine An Gesundheit und Heiterkeit des Geistes hat er merklich gewonnen; nur glaube ich nicht, daß beydes schon so fest gegründet sey, daß er, wenn er nicht genau [4] auf sich achtet, nicht einen Rückfall zu besorgen haben sollte. Diese kleine Reise hat mir, wie alle meine kleinen Reisen in diesem Jahre, sehr viel Vergnügen gemacht, und beschäftigt mich noch oft als ein angenehmer Traum. Die Herzlichkeit mit der uns die Zerbster Familie unter sich aufnimmt, macht mir den dortigen Aufenthalt immer sehr werth, allerdings ist auch unsere schöne Cousine dabey zu erwähnen. Jezt ist noch eine andere hübsche Cousine da, doch ich meine die, die du kennst. Auch in Braunschweig sind wir bey Gärtners ganz häuslich und freundschaftlich zusammen gewesen. Du steht bey Crusen und auch in Zerbst in guten Andencken. Kürzlich habe ich Bürgers Academie an Carolinen geschickt, damit Deine neueste Stücke auch dort bekannt werden. Wenn ich nicht irre hat Henriette Dir schon etwa[s] von m. Reise geschrieben; von Braunschw[eig] [5] zurück, machte ich sie wieder mit der kleinen Lehzen, die ich so gern leiden mag. – Um eine förmliche Reisebeschreibung davon zu machen, ist schon viel zu viel Zeit dazwischen verfloßen. – Du hast uns ja auch noch eine versprochen. – Ich bin sehr begierig auf Deine nächsten Briefe, die uns den Ausgang Deiner Verhandlungen melden werden. Pape hat Deinen Brief erhalten.
Hier kömmt endlich die Zweybrücksche Edition vom Vellei. Paterculus. Sie kostet in London 28 g. 27g. Wenn ich es früher gewußt würde ich nicht nöthig gehabt haben, dieß Buch zu verschreiben, da Fritze es auch unter den seinigen hat. Dein Ovid in 2 Octav-[6]Bänden und Dein Sallust ist unter Deinen Büchern nicht anzutreffen; wahrscheinlich befinden sie sich mit in dem Kasten, den Du zurückgelassen, den ich aber, da er zugenagelt ist, ohne weitern Auftrag deshalb nicht öffnen mogte. Unter Fritzen seinen Büchern habe ich auch einen Sallust gefunden, aber nur eine schlechte Nürrenberger Ausgabe, und hielt ich es daher des Postgeldes nicht werth. – Auf Verlangen schicke ich es unfrancirt; ich glaube, es wird nicht wohlfeil seyn. – Auch habe ich mich in London nach Harless Brev. Notit. literatur. Rom erkundigt; es kostet 2 r.
In Harburg u Dresden befinden sie sich wohl, lebe auch Du wohl u schreib uns bald
Karl Schlegel
[1] Hannover den 7 Decb. 1791
Liebster W., Vielleicht, um zu versuchen, was Generosität bey mir vermag, erklärst Du mich von aller Briefschuld frey; doch kann ich mich selbst nicht dafür erklären. Ein so langer Stillestand soll so bald nicht wieder kommen; ich schob es immer von einer Zeit zur andern auf, um mehr als ein paar flüchtige Zeilen schreiben zu können, und erst jezt habe ich die Arbeiten mehrentheils aus dem Wege geräumt, die durch meine Reisen einen Aufschub erhalten. – Meine Winterlebensart läßt mir auch nicht viel Zeit übrig; sie ist mit Stunden fast so besetzt, wie bey einem fleisigen Schüler. Wöchentlich habe ich 4 Stunden Unterricht auf dem Claviere; zweymal gehe ich auf die Reitbahn, zweymal nach dem Secret. Wolff, der ein Collegium über Physik liest; und [2] alle Abende ohne Unterschied um 6 höchstens halb sieben Uhr nach Papen, (es müßte dem etwa ein Hinderniß dazwischen kommen) wo wir abwechselnd Werke aus den schönen Wissenschaften, oder philosophische über Gesetzgebung, Politick pp zusammen lesen, welche gemeinschaftliche Lectüre uns sehr viel Vergnügen macht. So gehen denn meine Tage zwar einförmig doch nicht unangenehm hin; Umgang habe ich außerdem nur wenig, fast könnte ich sagen jezt gar nicht, ohne daß solches eben Vorsatz wäre; doch gehe ich Sonntags auf das Concert, wo auch diesen Winter Longarini zum Sänger angenommen ist.
Fritz wird Dir wahrscheinlich meinen Brief über Schillers Recension geschickt haben, den Du halb und halb als einen andern Brief [3] ansehen kannst, da er doch ganz alleine an Dich gerichtet ist. Ich habe lange angestanden, ihn Dir zu schicken, da das raisonnement darin mir keine Genüge leistet; doch Fritz hat es verlangt, und mag es verantworten. Er hat mir einige sehr gute Bemerkungen darüber mitgetheilt, die ich aber noch nicht Zeit gehabt habe, genauer zu prüfen. *Dein Sinngedicht hat mir sehr gefallen. – Wir haben wenige aber sehr angenehme Stunden zusammen in Zerbst gehabt. Die Zeit war zu kurz, und zu zerstreuet, als daß daß ich viel specielles von ihm hätte hören können. Seine An Gesundheit und Heiterkeit des Geistes hat er merklich gewonnen; nur glaube ich nicht, daß beydes schon so fest gegründet sey, daß er, wenn er nicht genau [4] auf sich achtet, nicht einen Rückfall zu besorgen haben sollte. Diese kleine Reise hat mir, wie alle meine kleinen Reisen in diesem Jahre, sehr viel Vergnügen gemacht, und beschäftigt mich noch oft als ein angenehmer Traum. Die Herzlichkeit mit der uns die Zerbster Familie unter sich aufnimmt, macht mir den dortigen Aufenthalt immer sehr werth, allerdings ist auch unsere schöne Cousine dabey zu erwähnen. Jezt ist noch eine andere hübsche Cousine da, doch ich meine die, die du kennst. Auch in Braunschweig sind wir bey Gärtners ganz häuslich und freundschaftlich zusammen gewesen. Du steht bey Crusen und auch in Zerbst in guten Andencken. Kürzlich habe ich Bürgers Academie an Carolinen geschickt, damit Deine neueste Stücke auch dort bekannt werden. Wenn ich nicht irre hat Henriette Dir schon etwa[s] von m. Reise geschrieben; von Braunschw[eig] [5] zurück, machte ich sie wieder mit der kleinen Lehzen, die ich so gern leiden mag. – Um eine förmliche Reisebeschreibung davon zu machen, ist schon viel zu viel Zeit dazwischen verfloßen. – Du hast uns ja auch noch eine versprochen. – Ich bin sehr begierig auf Deine nächsten Briefe, die uns den Ausgang Deiner Verhandlungen melden werden. Pape hat Deinen Brief erhalten.
Hier kömmt endlich die Zweybrücksche Edition vom Vellei. Paterculus. Sie kostet in London 28 g. 27g. Wenn ich es früher gewußt würde ich nicht nöthig gehabt haben, dieß Buch zu verschreiben, da Fritze es auch unter den seinigen hat. Dein Ovid in 2 Octav-[6]Bänden und Dein Sallust ist unter Deinen Büchern nicht anzutreffen; wahrscheinlich befinden sie sich mit in dem Kasten, den Du zurückgelassen, den ich aber, da er zugenagelt ist, ohne weitern Auftrag deshalb nicht öffnen mogte. Unter Fritzen seinen Büchern habe ich auch einen Sallust gefunden, aber nur eine schlechte Nürrenberger Ausgabe, und hielt ich es daher des Postgeldes nicht werth. – Auf Verlangen schicke ich es unfrancirt; ich glaube, es wird nicht wohlfeil seyn. – Auch habe ich mich in London nach Harless Brev. Notit. literatur. Rom erkundigt; es kostet 2 r.
In Harburg u Dresden befinden sie sich wohl, lebe auch Du wohl u schreib uns bald
Karl Schlegel
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